Networked Personal Mixer & Multi-Track Recorder myMix im Test

Anzeige
Multi-Track Recorder myMix

Eine neue Geräteart scheint momentan eine Marktnische zu füllen, denn bereits in der Ausgabe 04/2010 hatten wir mit dem JamHub GreenRoom ein ähnliches Tool im Test. Soviel gleich vorweg: Das myMix spielt nicht nur preislich in einer anderen Liga, sondern auch hinsichtlich Konzept und Ausstattung.

 

Anzeige

 

Ein einzelnes myMix-Modul, von dem beispielsweise eine vierköpfige Band vier Stück benötigt, kostet nicht viel weniger als das komplette 7-kanalige JamHub GreenRoom, welches allerdings keine Recording-Möglichkeit bietet. Diese gibt es jedoch im Topmodell “TourBus”, das mit ca. € 777 zu Buche schlägt. Während das JamHub aus einer zentralen Einheit besteht, an die sich z. B. beim TourBus bis zu vier weitere Remote-Module anschließen lassen, kann ein mehrkanaliges myMix-System aus bis zu acht Einzelgeräten bestehen, die via optionalem Fast Ethernet PoE Switch und entsprechender CAT5-Kabel miteinander kommunizieren. Beides zählt nicht zum Lieferumfang und muss gesondert veranschlagt werden. Zwei myMixer lassen sich indes ohne Switch direkt miteinander verbinden. Neugierig? In jedem Fall ein spannendes Teil.

 

Konzept

MyMix ist ein netzwerkfähiges Audio-Mixing-System, das jedem User eine eigene individuelle Monitormischung ermöglicht, unabhängig davon, ob er diese über Kopfhörer, (Wireless-)In-Ear oder Lautsprecher hören möchte.

Es können bis zu acht Geräte simultan betrieben werden, sodass 16 Audiokanäle bzw. acht individuelle Stereo-Mixes zur Verfügung stehen. Sobald ein myMix an das Netzwerk angeschlossen ist, steht dessen Eingangssignal (Mikrofon, Instrument oder Line) auch allen anderen verbundenen Units zur Verfügung. Die individuelle Audiomischung einer jeden Einheit beeinflusst die anderen angeschlossenen Geräte in keiner Weise. Als weiteres Highlight kann MyMix bis zu 18 Audio-Tracks auf einer SD- oder SDHC-Karte aufzeichnen. Zwei Tracks davon sind für eine Stereospur reserviert, die die jeweilige Mischung inklusive aller Effekt-, Panorama-, EQ- und Lautstärkeeinstellungen aufzeichnet. Die übrigen 16 Spuren kommen als unverfälschte Direktsignale von den Vorstufenausgängen und können nach der Aufzeichnung wiedergegeben oder in eine Recording-Software importiert werden, wo sich Overdubs hinzufügen sowie Mischungen und Masterings erstellen lassen. Alle Audiodateien werden im 24-bit WAV-Format mit 48 kHz Sampling Rate aufgenommen.

 

Konstruktion

Das myMix besitzt ein stabiles pultförmiges Kunststoffgehäuse, an dessen Stahlblechstirn die Ethernet- und Netzteilanschlüsse zugänglich sind und je zwei Kombi- (Mic/Instrument/Line) und symmetrische Klinkenbuchsen (Stereo Outs L/R) verschraubt wurden. Den Card-Einschub findet man an der vorderen rechten Gehäuseseite, den 3,5 mm Kopfhöreranschluss und zwei flache Input-Level-Regler an der linken. Vier kleine Gummifüße garantieren sicheren Stand, alternativ lässt sich ein zum Lieferumfang zählender Stativadapter montieren. Vorher muss jedoch ein 3/8″-Reduziergewinde besorgt werden. Herz des myMix ist ein großes leuchtendes Farbdisplay, dessen Helligkeit variabel ist. Ein Jog Wheel mit Bestätigungstaster führt quasi durchs Programm, zusätzlich stehen vier Multifunktions-, ein Mute- und der Recording-Taster zur Verfügung. Deren indirekte Beleuchtung gestattet es, das Gerät auch in völliger Dunkelheit zu bedienen. Links neben dem Display zeigen zwei LEDs die Pegel und etwaige Übersteuerungen der Eingänge an.

 

Praxis

Für welche Einsatzbereiche ist das myMix eigentlich gedacht? Stellen wir uns vor, eine Band möchte mangels Räumlichkeiten zu Hause proben oder aufnehmen und dabei natürlich jedweden Lärm vermeiden. Schön und gut, aber dann müssten Sänger, Sängerinnen, Akustik-Gitarren, Gebläse, Akkordeons, Streicher, Drummer, Perkussionisten etc. eigentlich draußen bleiben. Mit entsprechenden Preamps oder Modeling-Equipment sind E-Gitarren und E-Bässe hingegen willkommen, Keyboards sowieso. Schlagzeuger müssen sich mit Drumpads oder manuell bedienbaren Drumcomputern begnügen, andere mit sogenannten Silent-Acoustic-Guitars, -Strings und -Blasinstrumenten. Schade nur, dass man den Sangesbrüdern und -schwestern keinen Dämpfer in den Hals stecken kann … 😉 Jeder schließt also sein Instrument oder/und Mikrofon sowie Kopfhörer – vorzugsweise In-Ear oder geschlossen – an seinen myMix an, gibt den belegten Inputs Namen, die sofort auch bei allen anderen Teilnehmern im Display erscheinen, wählt den Input Mode (Mono, Dual Mono oder Stereo) und aktiviert bei Bedarf die Phantom Power für Kondensator-Mikrofone. Der Kopfhörerausgang hält übrigens mehr als ausreichende Pegelreserven bereit, sodass speziell bei geschlossenen Systemen Vorsicht geboten ist. Das dezente Summen, welches jedes myMix erzeugt, ist dem ständig aktiven Minilüfter anzulasten. In Betrieb genommen werden die Geräte durch Anschließen des Netzteils oder des CAT5-Kabels, Letzteres sofern der verwendete Ethernet-PoE-Switch ausreichende Spannung liefert (je myMix 15 Watt). Nach ca. 30 Boot-Sekunden ist jede Unit am Start.

Neben der Verwendung bei Proben oder Aufnahmen kann das myMix auch bei Club-Gigs für persönliches Monitoring und zugleich als Mischpult eingesetzt werden. Dabei liefern die Line-Ausgänge eines Gerätes die Stereosignale für P.A.-Endstufen oder Aktivlautsprecher. In großen Hallen ist eine zusätzliche Unit erforderlich, deren Inputs einen vom FOH-Pult erstellten Drum-Mix erhalten, die Signale aller anderen Instrumente und Mikrofone werden via D.I./Split-Boxen sowohl jedem myMix als auch dem FOH-Pult zugeführt. Auf diese Weise ist das Personal Monitoring uneingeschränkt nutzbar, zudem sind auf Knopfdruck jederzeit spontane Mitschnitte möglich.

Extrem vereinfacht wird die Arbeit mit dem myMix dadurch, dass jedes Gerät automatisch die Eingangskanäle und deren Modi aller am Ethernet Switch angeschlossenen Units anzeigt. Trennt man eines oder mehrere Geräte von der Stromversorgung, verschwinden deren Eingänge sofort von den übrigen Displays. Jeder der angezeigten Kanäle lässt sich solo oder auch stumm schalten. Möchte man sein eigenes Gerät komplett inklusive Kopfhörer kurzzeitig verstummen lassen, betätigt man einfach den Haupt-Mute-Taster. Jeweils ein Druck auf den REC-Taster startet eine Aufnahme oder beendet sie. Aufgezeichnet wird stets eine Stereospur inklusive der eingestellten Effekte – also exakt das, was man hört. Gleichzeitig legt das myMix Einzelspuren aller Direktsignale an, die später mit Recording-Software bearbeitet und gemischt werden können. Vor der Wiedergabe einer Aufzeichnung, hier „Session“ genannt, muss diese zunächst gespeichert werden. Löschen kann man sie jederzeit, wenn auch nur alle Tracks einer Session gleichzeitig, da einzelspurbezogene Overdubs, Ein- und Ausstiege usw. der Recording-Software vorbehalten sind. Die Wiedergabe erfolgt exklusiv auf dem aufzeichnenden Gerät, alternativ kann man dessen Outputs auch mit den Inputs eines zweiten myMix verbinden. Während der Wiedergabe steht das Datenrad zum Vor- und Rückspulen zur Verfügung.

Für jeden Einsatzbereich (z. B. Probe Band A, Probe Band B, Club-Gig, Hallen-Gig, Recording usw.) lassen sich bis zu 20 Profile mit allen relevanten Voreinstellungen anlegen und betiteln. Ist eine Speicherkarte eingesteckt, zeigt das Display diese mitsamt ihrer restlichen Kapazität in Stunden, Minuten und Sekunden an. Eine 4 GB SD-Karte speichert bei 18 Audio-Tracks im Dual- Mono-Mode laut Display 1:16:15 Stunden Material.

Die überschaubare Menüstruktur erlaubt mit Hilfe des Datenrades, der Direkttaster und des informativen Displays gleichermaßen einfache wie intuitive Bedienung. Achtung: Eine verzerrt eingestellte Singlecoil-Gitarre fängt sich ähnlich wie von einem Computer-Monitor in der Nähe des myMix deutlich vernehmbare Einstreugeräusche ein.

 

Resümee

Mit dem myMix setzen die amerikanischen Entwickler nicht nur Maßstäbe, sondern stoßen auch in neue Preisregionen vor. Das netzwerkfähige Rehearsal-, Personal-Monitoring-und Multi-Track-Recording-System bietet ungeheuer flexible Einsatzmöglichkeiten, hochwertige Effekte und exzellente Aufnahmequalität auf bis zu 18 Spuren, die sich nachträglich mit einer Recording-Software umfassend bearbeiten lassen. Dank seines informativen Groß-Displays, seiner überschaubaren Menüstruktur und der wenigen Bedienelemente, lässt sich das hochwertig verarbeitete myMix kinderleicht und intuitiv handhaben. Stellt sich die Frage, ob das zweifellos geniale Tool in Anbetracht der Anschaffungs- und Zusatzkosten (Ethernet Switch, CAT5-Kabel und Speicherkarten optional) von über € 2000 z. B. für eine vierköpfige Band interessant bleibt.

Produkt: Kemper Amp Special
Kemper Amp Special
Der große Kemper Amp Testbericht! Kemper Amp – High-Tech in neuer Evolutionsstufe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren