(Strom-)Kabellose KI-Freiheit
Mooer GE1000Li im Test
von Florian von der Ohe, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
Mooer überzeugt schon seit Jahren mit budgetfreundlichen (Multi-)Effekten und schafft es dabei immer wieder, Innovationen in die Produkte einfließen zu lassen. Der neueste Coup? Natürlich KI. Und ein Akku.
Was man mit künstlicher Intelligenz in einem Multieffekt machen kann? Passend zum Genre eingestellte Equalizer beispielsweise. Ob das mehr als ein Gimmick ist, werden wir uns anschauen. Zweifellos praktisch ist allerdings, dass im GE1000Li ein Lithium-Ionen-Akku verbaut ist, der bis zu sechs Stunden stromkabelfreies Spielen verspricht.
Mooer ist dafür bekannt, viele Sounds und Funktionen zu einem vergleichsweise geringen Preis anzubieten – und genau das tut das Unternehmen auch hier. Die GE1000-Reihe liegt dabei preislich für Mooer-Verhältnisse eher am oberen Ende der Fahnenstange und bringt dementsprechend auch vieles mit: Effekte (inklusive eines EQs mit künstlicher Intelligenz), Amp- und Cab-Simulationen, einen Drumcomputer, einen Looper und darüber hinaus praktische Hardware-Features wie die fünf Fußschalter, um direkt Effekte oder Presets zu wählen, sowie ein Expression-Pedal.
Dank eines 5-Zoll-Touchscreens in Farbe kann alles sehr übersichtlich und komfortabel direkt am Display eingestellt werden. Ein großer Vorteil heutzutage.
Die Anschlüsse sind durchdacht, aber überschaubar. Es gibt einen Input, Stereo-Outputs als Klinke oder XLR, einen FX-Loop, eine kombinierte Buchse für MIDI-In und -Out, einen kleinen Klinkenanschluss für einen Kopfhörer, eine USB-C-Buchse für mögliche Software-Updates und natürlich den Netzteilanschluss.
Bis ich Letzteren überhaupt gebraucht habe, ist einige Zeit vergangen. Denn der integrierte Akku mit 4750 mAh hält das Gerät wirklich eine ganze Weile am Leben. Laut Bedienungsanleitung sollte es für um die sechs Stunden reichen.
In meinem Test waren nach der ersten Stunde gerade mal 10% des Akkus entladen. Es wird wohl auch auf die Prozessorauslastung, die Umgebungstemperatur etc. ankommen. Dennoch sehr erfreulich, dass die sechs Stunden mehr als realistisch wirken.
(Bild: Dieter Stork)
Der erwähnte Touchscreen funktioniert wirklich super, anders kann man es nicht sagen. Er ist groß, bunt, übersichtlich und reagiert gut. Man kann hier beispielsweise einfach auf das Plus-Symbol eines leeren Platzes in der Signalkette tippen und einen Effektblock einfügen.
Wenige Klicks später ist man schon fertig. Die Effektparameter stellt man kinderleicht über virtuelle Potis ein, die sich auch meist sehr gut bedienen lassen. Lediglich bei Extremstellungen der Äußeren hatte mein Finger manchmal etwas wenig Platz auf dem verbleibenden Display.
Unter dem Display gibt es zu jedem Platz der Effektkette nochmal jeweils einen kleinen Hardware-Button, der farbig auch die Art des Effekts anzeigt (z.B. Orange für Reverb, usw.). Auch so kann man den Effekt aufrufen oder bei erneutem Tippen in den Bypass schalten.
Entweder zeigt das Display groß an, in welchem Preset man sich befindet, und darunter klein den Effektweg. Oder man sieht zur Bearbeitung die Effektreihenfolge im Vollbild. Schaltet man mit den linken Bank-Schaltern hoch oder runter, erhält man eine Übersicht der auswählbaren Presets.
Diese steuert man nun mit den Fußschaltern A, B und C direkt an. Drückt man dann innerhalb eines Presets erneut den Fußschalter, wechselt man zu den „Subpatches” (was andere Hersteller „Scenes” oder „Snapshots” nennen) und kann so Effektgruppen innerhalb des Presets umschalten. Drückt man nochmal auf Bank Down, kann man auch ganz direkt die einzelnen Effekte ein- und ausschalten. Also alles drin, und man kommt an alles dran. (Für all das brauchte ich auch nie die Anleitung).
Wem die Fußschalter nicht reichen, der kann auch den kabellosen F4-Fußschalter von Mooer (für knapp € 60) dazukaufen und ihn per Bluetooth koppeln. Über das Display lassen sich ebenfalls mit einfachen Einstellungen die Funktionen des Expression-Pedals regeln.
Es kann als normales Volume-Pedal eingesetzt werden, das durch stärkeren Druck in seine Expression-Funktion wechselt. Dies wird auch durch ein Aufleuchten des GE1000-Logos daneben angezeigt. Um einzustellen, was nun gesteuert wird, hält man einfach ein virtuelles Poti länger gedrückt und drückt dann auf „Assign to EXP”.
So kann man das Gain eines Pedals, das Feedback eines Delays oder den Mix eines Reverbs steuern. Es lassen sich auch mehrere Parameter gleichzeitig zuordnen. Wie wär’s zum Beispiel mit stufenlosem Überblenden zum Solo mit mehr Gain und Delay?
Mittels Kalibrierung kann man den Regelweg und den benötigten Druck für den Toe-Switch einstellen. Hier liegt wohl auch mein einziger Kritikpunkt am Mooer: Ich habe es nie geschafft, diesen Druckpunkt richtig einzustellen. Meistens empfand ich, dass es sich zu schnell umschaltet. Ein großer Pluspunkt bei der Bedienung ist der gut ablesbare und groß dargestellte Tuner. Somit sollte es niemandem schwerfallen, schnell zwischendurch zu stimmen.
(Bild: Dieter Stork)
Den meisten dürfte es bereits klar sein, aber wir wollen es hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Die Zeit, in der günstige(re) China-Geräte auch günstig klangen, ist größtenteils vorbei. Das Mooer bewegt sich nicht nur preislich im Mittelfeld, sondern kann sich hier auch klanglich gut positionieren.
Zunächst habe ich es als reines Effektgerät vor meinem Amp getestet. Der „Blood Comp” erinnert mich direkt an King Crimson aus den 80ern. Natürlich habe ich direkt nachgeschaut, worauf er basiert, aber leider verrät das Manual dies nicht eindeutig.
So werde ich ihn nach diesem Test wieder ziehen lassen müssen. Der war wirklich gut! Weiter geht es mit dem „Ana(log) Chorus” und dem „70s Chorus”.
Beide tun genau das, was man hören will und liefern hier überzeugende, analog anmutende Sounds ab. Sehr gut für meine Red Hot Chili Peppers-Eskapaden. Auch Effekte wie ein „Slow Gear”, bei dem der Ton langsam einfadet, sind enthalten. Kein Wunder der Technik, aber das Original von Boss ist mittlerweile so rar, dass über 500 Euro dafür aufgerufen werden.
Einige der Overdrive-Modelle wirken vor meinem echten Amp recht harsch, da passt das Zusammenspiel nicht immer, das kann aber durchaus auch mit analogen Einzelpedalen passieren. Mit dem „Riet” (einem Suhr Riot Clone) funktionierte es aber wunderbar. Soweit ich es vergleichen konnte, klingen die Pedale auch ziemlich nah an ihren originalen Vorbildern. Lediglich manchmal sind sie einen Tick harscher und weniger dynamisch.
Bei den Delays mit angereicherten Effekten hört man dann doch, dass noch etwas Luft nach oben ist. So gibt es mit dem „Crystal” und „Rainbow Delay” zwei Effekttypen, die Shimmer- und Modulationseffekte mit in die Delays einfließen lassen. Das gibt es woanders in sauberer und sphärischer zu hören – aber hier kann man für reine Delay-Pedale natürlich auch so viel zahlen wie für das ganze Mooer.
Also Meckern auf echt hohem Niveau. Coole Ideen wie das „Fuzz Delay” entschädigen einen dann auch sofort wieder. Hier wird den Delays ein Fuzz hinzugemischt. Nutzt man nicht andauernd, aber ist mal was Neues und klingt erstaunlich brauchbar.
Das beworbene Highlight des Pedals ist natürlich der „KI Equalizer”. Angeblich ein „selbstlernender grafischer Equalizer”. Ohne jetzt in den Algorithmus schauen zu können, kann ich natürlich nur vermuten, was genau passiert, denke aber mit „Selbstlernen”, wie man es heutzutage im KI-Umfeld versteht, hat dies wenig zu tun. Vermutlich ist es „nur” lineare Regression, aber was solls, das Ergebnis muss stimmen. Also was passiert hier? Man spielt einige Phrasen und das Mooer zeichnet dies auf.
Wurde genug Input gesammelt (ok, … das nennen sie hier „lernen”), kann man den Typ (Clean, Overdrive, Distortion) und das Genre (bspw. Rock oder Metal) auswählen. Nun probiert der EQ automatisch den passenden Sound zu finden. Bei meiner Metal-Demo resultierte dies in einer deutlichen Reduktion der Mitten, und viel mehr Bässen.
Klar, kann man machen. Man darf dann das Ergebnis auch noch selbst anpassen, das unterste Band ist allerdings bei 100Hz angesiedelt, was ich gerne deutlich tiefer hätte. Ich denke für alle, die ihren Sound halbwegs gefunden haben, wird dieses Feature weniger interessant sein. Aber um einem eine Idee von möglichen Optimierungen oder neue Impulse zu geben, ist es sicher ganz spannend.
Nun geht es an die Amp-Sounds. Im Mooer finden sich die Preamps von 52 klassischen und 28 Boutique-Amps. Unter den Klassikern sind Simulationen von Fender, Engl, Mesa, Orange, Vox, Marshall, Tone King, Custom Audio, Suhr etc. In der Boutique-Abteilung finden sich teils die gleichen Firmen (Fender, Vox, Marshall, …) aber auch Dumble und Divided By 13. Und dann gibt es noch „ganze Amps”. Hier ein ähnliches Bild: Fender, Vox, Marshall, etc.
Die Einteilung scheint ein wenig willkürlich, aber was solls, Hauptsache es klingt. Und damit das gut funktioniert, sollte man tunlichst bei den Preamps noch den Poweramp-Block wählen. Hier gibt es elf verschiedene zur Auswahl.
Sie unterscheiden sich durch die virtuellen Röhren (EL34, EL84, 6L6, …) und den Hersteller (Suhr, Mesa, …). Eigentlich ganz cool, hier einen Fender-Preamp mit einer EL34-Endstufe kombinieren zu können. Ich hoffe nur, dass das nicht viele neue Nutzer verwirrt.
Der Klang ist durchweg gut. Die Amps reagieren, wie man es von ihren Vorbildern kennt, mal dynamischer, mal komprimierter und man findet schnell seine Favoriten. Der SLO 100 ist so etwas wie mein Standard-Demo-Amp, dessen Klang ich hier sofort als gut getroffen wiedererkenne. Auch die EVH-5150-III-Amps klingen, wie man sich das vorstellt, und ein 59er Fender räumt ohnehin das ganze Feld auf.
Das Laden von externen Impulsantworten ist ganz einfach per Mooer-Studio-Software möglich und erweitert das Klangspektrum nochmals enorm. Klar, hier habe ich über die Jahre meine Favoriten gesammelt und kann dann 1:1 vergleichen. Lädt man die (gratis) Modelle von Lichtlärm Audio oder Science Amps, wird das hier nochmal ein ganz anderes Gerät. Wie immer eine klare Empfehlung: Erstmal IRs finden, die einem zusagen, und dann den Rest des Sounds tweaken.

Mit den internen Amps harmonieren die Overdrives auch nochmal deutlich besser. Irgendwie harmonischer und runder, weniger beißend und kämpfend. Und das im positiven Sinne.
KONKURRENZ
Mooer stellt natürlich auch günstigere Geräte her. So fehlen dem GE200 einige Funktionen und es hat weniger Knöpfe und Schalter, kostet dafür aber auch nur etwas über 200 Euro und klingt ähnlich gut. Wer nur Effekte sucht, der ist vielleicht mit einem Line 6 HX One für rund 250 Euro total glücklich.
Es kann viel weniger, klingt aber hochwertiger. Auch die asiatische Konkurrenz von Hotone, Flamma, Valeton etc. wartet mit preiswerten und ziemlich umfassend ausgestatteten Produkten auf. Mooer macht sich selbst hier mit dem normalen GE1000 (ohne Akku) Konkurrenz, da es deutlich günstiger ist.
Und wenn man sich nach oben orientiert, bekommt man für rund 500 Euro schon ein Neural DSP Nano Cortex für die Amp-Sounds, ein HX Effects für Effekte oder für etwas mehr ein Pod GO Wireless für beides.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Was Mooer hier zum aufgerufenen Preis anbietet, ist wirklich stark. Amps, Effekte, Drums, Looper – alles da. Und dann auch noch mit einem wirklich großen Akku der stundenlanges Spielen ohne Netzteil ermöglicht.
Die Sounds sind gut und dank des großen Farbdisplays ist die Bedienung kinderleicht. Muss man doch mal an den Rechner, gibt es eine gute Editor-Software. Kurzum: Das Gerät macht wirklich Spaß und erfüllt sehr viele Ansprüche – und das zu einem erschwinglichen Preis.
Plus
● Bedienung
● Display
● Akku
● Format
Minus
● Schaltpunkt des Expression Pedals nicht gut einstellbar

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)
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