Klingen besser, als ihre Preisschilder vermuten lassen …

Modeling für Sparfüchse: Mooer Preamp Model X (X2) & Cab X2 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Die wirklich kleinen Mooer Effektpedale kennt man nun schon fast seit einem Jahrzehnt und die Asiaten wurden mit ihrem auffälligen Produktdesign zum Vorreiter einer ganzen Welle von Kompaktpedalen. Nun gibt es die neue X2-Serie im normal großen Gehäuse.

Der Look der neuen X2-Pedale wirkt im direkten Vergleich zu den Kompaktpedalen von Mooer weniger auffällig und etwas nüchtern, und das liegt auch an der – für Mooer-Produkte – sehr konservativen Lackierung der Gehäuse in Schneeweiß beim Preamp Model X und wenig sommerlichem Mausgrau beim Cab X2. Tatsächlich scheinen beide Testgeräte etwas hochwertiger verarbeitet zu sein als die kleinen Preamp-Pedale. Mit mechanisch hochwertigen Potis und Potiknöpfen, etlichen mehrfarbig leuchtenden LEDs und einer ausgefuchsten Doppelfußtasterbedienung könnte Mooer mit dieser Serie durchaus Kunden erreichen, die die Produkte dieses Herstellers bisher als Gimmick abgetan haben.

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KONZEPT

Schon im GE-200 Multieffektgerät und seinen Ablegern, sowie in den kleinen Mooer-Preamp-Pedalen, gelang es den Chinesen, die ausgesprochen pragmatisch klingenden, brillanten und relativ tighten Verstärkersimulationen auf Basis der hauseigenen MNRS-Technologie zu etablieren. Und auch die uns zum Test vorliegenden X2-Pedale machen hier keine Ausnahme. Allerdings müssen die X2s, ähnlich wie auch schon die kleinen Vorstufensimulationspedale aus dem Hause Mooer, ohne ein schönes graphisches Interface auskommen.

Trotzdem bieten sie schon beinahe den üblichen Funktionsumfang von kleinen VST Plug-ins: jeweils 14 frei editierbare User-Presets auf Basis von 14 Verstärkern (beim Preamp Model X) bzw. elf Simulationen von typischen E-Gitarre- und Bass-Boxen beim Cab-X2-Pedal. Mit jeweils zwei Fußtastern, einer leuchtenden Store-Taste, fünf teilweise gerasterten Potis und sieben zweifarbig leuchtenden LEDs am linken Gehäuserand, die die Preset-Auswahl signalisieren, sollen die X2-Pedale den Kompromiss aus einem Multieffektgerät mit Amp-Simulation und den Kompaktpedalen darstellen.

Amp-Models beim Preamp Model X (X2) (Bild: Dieter Stork)

Das Preamp-X-Pedal kommt ab Werk mit 14 vorinstallierten Verstärker-Simulationen mit jeweils Clean-Kanal auf dem linken Fußtaster und Crunch-Kanal auf dem rechten Fußtaster. Von Fender über Marshall und Vox bis Soldano und Rectifier sind selbstverständlich alle gefragten, klassischen Verstärker-Typen zu finden. Zudem bietet das Pedal eine interne Boxensimulation mit drei Cabinet-Modellen in mono an. Diese ist deaktivierbar, wenn man den rechten Fußtaster und die Store-Taste gleichzeitig drückt.

Wem das nicht reicht, der darf über die kostenlose Mooer-Studio-Editior-Software andere Modelle der GNR-Amp-Module und GIR-Cabinet-Module auf den Speicherplätzen ablegen. Ähnlich ist es beim Cab X mit seinen elf vorinstallierten Boxensimulationen. Hier darf nach Herzenslust mit Mooer-Cabinet-Simulationen oder auch eigenen Impulsantworten mit bis zu 2048 Samples Länge experimentiert werden. Da bei diesem Pedal sogar zwei Boxen zeitgleich simuliert werden können, ist selbstverständlich eine Wiedergabe in mono oder stereo und auch über den seitlich angebrachten Kopfhörerausgang möglich.

PRAXIS

Wie man bei der Aufzählung der vielen Features, Taster und Knöpfe der beiden X2-Pedale schon erahnen kann, haben wir es hier in keinem Fall mit einfachen Bedienroutinen zu tun, wenn man die Pedale in der Praxis auf dem Pedalboard und während einer Probe oder bei einem Gig nutzen möchte. Über die beiden Fußtaster lassen sich die jeweils 14 Presets der Reihe nach anwählen, eine Direktanwahl bleibt uns Mooer schuldig. Auch die Aufteilung der Presets des Preamp-X-Pedals in Clean-Kanal auf dem einen Fußtaster und Crunch-Kanal auf dem anderen ist sicherlich nicht für jeden Nutzer zweckdienlich. Hier wird man mit dem Editor am Rechner die genaue Belegung der 14 Speicherplätze strategisch den eigenen Bedürfnissen anpassen müssen.

Wie klingen die Amp und Boxensimulationen denn eigentlich? Wer schon mal die kleinen Mooer-Preamp-Pedale oder ein GE-200 gespielt hat, kennt die pragmatische Klangästhetik der Chinesen bereits. Mooer legt sich in den Simulationen auf ein modernes, in den richtigen Frequenzen stark komprimiertes, recht crisp und tight klingendes Klangbild fest, das unerfahrenen Gitarristen oder programmierfaulen Menschen (wie dem Schreiber dieser Zeilen) einen nahezu fertig klingenden und vor allem mixdienlichen und ausgesprochen durchsetzungsfreudigen Gitarren-Sound liefert, der sich gegen Becken, Snare, Kick Drum und andere Störsignale zu behaupten weiß.

Dass mit diesem grundsätzlich tighten Klangbild sogar die Simulationen der cleanen Amps zu extrem technischen und schnellen Spielweisen einladen, kann für einige Gitarristen durchaus ein weiterer Vorteil dieser leichten Vereinfachung des Gitarrensignals sein, ist allerdings für ausdrucksstark und dynamisch spielende Musiker eher ein Nachteil.

Boxen-Modelle des Cab X2 (Bild: Dieter Stork)

Bei den Boxensimulationen des Cab X verhält es sich ähnlich und auch hier fällt im direkten Vergleich zu den handelsüblichen Alternativen auf, dass das Instrumentensignal sofort plausibel in Playbacks funktioniert. Auch in der Kombination mit einem Line-Out-Signal einer Röhrenvorstufe oder Overdrive-Pedalen klingt der Cab X2 relativ offen in den oberen Mitten und etwas straffer in den tiefen Mitten, als vergleichbare IR Loader.

Neben den Hi- und Low-Cut Reglern, ergibt vor allem der Latency-Regler Sinn, sofern man den Cab X2 parallel zu echten physischen Lautsprecherboxen betreibt. Hier kann im Handumdrehen für ein phasenkorrektes Gesamtbild gesorgt werden. Bei unserem Test habe ich das Cab X2 beispielsweise als Alternative zu einem Box of Doom Isolation Cabinet mit einem echten Celestion G12M betrieben und konnte sowohl das simulierte Signal, als auch das Signal der Mikrofone vor dem G12M zueinander in korrekter Phasenlage aufzeichnen. Hiermit qualifiziert sich das Mooer Cab X2 auch als cleveres Homerecording-Werkzeug zur Erweiterung des bestehenden Rigs.

Einen kleinen Nachteil bietet dieses Feature leider, denn beim Preset-Wechsel hört man immer wieder ganz kurz ein ausgeprägtes Phasing und das lenkt nicht nur massiv beim Spielen und beim Vergleichen von Sounds ab, sondern würde auch im Live-Betrieb etwas sonderbar wirken.

ALTERNATIVEN

Ein Tech-21-SansAmp-Pedal, das völlig analog ist, daher allerdings auch nicht die Möglichkeit bietet, Speicherplätze mit eigenen Sounds zu belegen, kann durchaus sehr ähnlich klingen, wie einige der digitalen Amp-Simulationen im Mooer-Preamp-Model-X und BOSS hat vor zehn Jahren, im Rahmen der 20er-Serie mit zwei Fußtastern, ein GP-20 Amp Factory Pedal angeboten, das tatsächlich als Second-Hand-Pedal bei eBay zu moderaten Preisen angeboten wird.

Ein sehr viel hochwertiger verarbeitetes und realistischer klingendes, aber auch erheblich teureres „Amp-in-a-Box“-Pedal für das Pedalboard bietet Strymon mit dem Iridium an.

Zum Cab-X2-Pedal gibt es nicht ganz so viele Alternativen. Die BluGuitar BluBox und der Engl Cabloader sind die etablierten Markenprodukte, die man sich statt des Mooer Cab X2 kaufen könnte, sofern man auf dessen Stereo-Funktionalität und das Latency Feature verzichten kann.

RESÜMEE

Beide Mooer Pedale überzeugen mit einem gesunden Preis-Leistungs-Verhältnis, klingen besser, als ihre Preisschilder vermuten lassen und bieten sehr viel Spielspaß für kleines Geld. Das Cab X2 bietet mit seinem einfachen, aber sehr effizient funktionierenden Latency-Regler, einen echten Mehrwert anderen Boxensimulationspedalen gegenüber, und lediglich die etwas umständliche Bedienung der Pedale bei der Preset-Auswahl per Fußtaster trübt das Gesamtbild.

PLUS

  • moderne Sounds
  • Latency-Regler (Cab X2)
  • Editor-Software

MINUS

  • Phasing beim Preset-Wechsel (Cab X2)


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)

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