Im Test

Mehr ist mehr: Becos FX CompIQ YUNA Pro

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(Bild: Becos FX)

Die Kompressoren von Becos werden vor allem in der Basswelt mittlerweile als eine Art Geheimtipp gehandelt und punkten mit funktionalem Design, durchdachten Features und einer Bandbreite, die von chirurgisch präzise bis wunderbar rotzig überzeugen kann. Der Neuzugang YUNA Pro zieht dabei Inspiration von legendären Studiogeräten und bringt gleichzeitig Funktionen, die das Gerät deutlich von der Masse abheben.

Über die Jahre durfte ich bereits mehrere Geräte der mittlerweile österreichischen Firma Becos FX testen (siehe Ausgaben 06/2020 und 12/2020) und war dabei nicht nur angetan, sondern begeistert. Signal-, Klang- und Fertigungsqualität waren stets nicht nur tadellos, sondern beeindruckend hoch.

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Der Grundgedanke der CompIQ-Baureihe besteht darin, alle notwendigen Optionen für den Eingriff ins Klanggeschehen zu bieten und dabei je nach Gerät auch eine mehr oder weniger intuitive Klangformung zu ermöglichen.

MEHR!

YUNA soll dabei den Spagat zwischen intuitiver Bedienung und hoher Präzision meistern. Beim Design erlaubt man sich eine Hommage an den DBX163, dessen einziger Regler schlichtweg mit „more” beschriftet ist. Und so ist auch die bei Becos sonst sehr konkret und technisch gehaltene Beschriftung der Potis beim YUNA eher qualitativ als quantitativ ausgeführt.

Das Poti für die Ratio ist mit „less” und „more” beschriftet und das Timing-Poti ist mit „FASR” bzw. „SAFR” beschriftet, was für „fast attack slow release” bzw. „slow attack fast release” steht. Genaue Beschreibungen der Potis inklusive Zahlenwerten können dem ausführlichen Handbuch entnommen werden, das dem Gerät nebst einem Plektrum auch beiliegt.

Grundsätzlich folgt die Gestaltung aber der Designsprache des Herstellers: schwarz gepulvertes Hammond-Gehäuse mit weißem, schnörkellosem Aufdruck. Die Verarbeitung ist wie gewohnt auf einem hohen Niveau. Es wackelt absolut nichts und alle Potis haben einen angenehmen, nicht zu hohen Drehwiderstand. Selbst die Mini-Schalter wackeln kein Stück, obwohl sie nicht mit dem Gehäuse verschraubt sind und die flachen LED der Gain-Reduction-Anzeige schließen bündig mit dem Metall ab. Für Interessierte gibt der Hersteller auf seinen Social-Media-Kanälen regelmäßig einen Einblick in seine detailverliebte Fertigung.

Was hebt YUNA nun von anderen Kompressoren ab? Neben der Option, auf den Batteriebetrieb verzichten und stattdessen einen Trafo-symmetrierten DI-Ausgang bestellen zu können, sind es vor allem die diversen Filter-Möglichkeiten des Pedals sowie die Option, den Detektor des Kompressors zwischen positiver und negativer Rückkopplung umschalten zu können. Letzteres ist mir in einem analogen Pedalkompressor noch nicht begegnet.

(Bild: Becos FX)

UNTER DER HAUBE

Da hier doch einige unübliche Funktionen unter einem Dach untergebracht werden, möchte ich sie einmal vorstellen, damit das Handbuch nicht zum Nachschlagewerk bei der Lektüre dieses Berichts wird.

Compression: Hierbei handelt es sich schlichtweg um die Ratio des Kompressors, also wie stark das Signal „plattgedrückt” wird.

Gain: Makeup-Gain zum Einstellen der Ausgangslautstärke, dieses Poti hat keinen Einfluss auf die Kompression!

Mix: Poti zum Einstellen des Wet/Dry-Mischverhältnisses.

Timing: Hier wird es langsam interessant. Anstelle von separaten Attack- und Release-Potis sind beide Parameter in einem Poti untergebracht und werden gegenläufig eingestellt. Ein kurzes Attack hat so ein langsames Release zur Folge und vice versa. Das ist für die meisten Anwendungsfälle eines Pedalkompressors eine sinnvolle Belegung. Mit dem „Speed”-Schalter kann zwischen einem trägen und einem schnellen Verhalten gewechselt werden.

X-EQ: Hierbei handelt es sich um einen Tilt-EQ, der je nach Stellung des „EQ-Pivot”-Schalters alles oberhalb der Frequenz (300 oder 1000 Hz) anhebt und alles Darunterliegende absenkt oder je nach Drehrichtung eben genau andersherum.

SCF: Einstellung für das Sidechain-Filter. Die Sidechain ist der Detektorkreis im Kompressor. Es ist gängige Praxis, im Detektorsignal Bässe abzusenken, damit der Kompressor nicht auf jede kleine Bewegung in den Tiefbässen reagiert. Bei YUNA kann zum kreativen Einsatz der Detektor aber nicht nur unempfindlicher, sondern mittels Boost auch empfindlicher eingestellt werden. Wichtig ist hierbei, dass dieses Filter keinen direkten Einfluss auf den Klang hat und nicht mit Multiband-Kompression verwechselt werden sollte. Im Inneren des Pedals erlauben zwei Jumper und DIP-Schalter weitere Anpassungsmöglichkeiten:

Voicing: Die DIP-Schalter drücken dem Signal bei Bedarf einen fixen EQ auf. Hierbei stehen nebst einer Neutralstellung eine Anhebung der Höhen, eine Absenkung in den Mitten und die Kombination aus beidem zur Verfügung.

RMS: Über diesen Jumper wird die Grundempfindlichkeit für den Detektor eingestellt. -30dBu ist für sehr outputschwache Instrumente gedacht, während das -10dBu Setting sich für Instrumente mit hohem Output oder Studioequipment eignet. Ab Werk sind -20dBu eingestellt.

FEED: Mit dem oberen Jumper ist der Wechsel zwischen positiver (FF) und negativer (FB) Rückkopplung im Detektor möglich. Im FF-Modus arbeitet der Kompressor sehr präzise, im FB-Modus kommt je nach Einstellung mehr „Charakter” hinzu, die Arbeitsweise wird roher und intensiver. Bei langsamem Attack sorgt diese Einstellung dafür, dass der Kompressor das Signal zeitweise sogar auf unter Threshold drückt und somit für eine besonders starke Betonung des Notenanfangs sorgt. In der Grafik ist das gut ersichtlich. Nachdem der Pegel stark ansteigt, greift der Kompressor und reduziert das Signal auf den Threshold. Im FF-Modus erfolgt dieser Prozess genau und präzise. Im FB-Modus sind Überschwinger erkennbar, bei dem das Signal kurz zu stark gedrückt wird, das ist die Senke in der Grafik.

(Bild: Becos FX)

ZWEI GESICHTER

Insbesondere die Umschaltung des FF- bzw. FB-Modus hat starke Auswirkungen auf den Klang und das Spielgefühl. Im FF-Modus erfolgt die Kompression präzise und dank Soft-Knee sehr musikalisch. Im schnellsten Setting kann YUNA auch als rudimentärer Limiter benutzt werden, als harter Brickwall eignet sich das Pedal allerdings nicht. In moderaten Einstellungen des Compression-Potis können eher schnelle Settings genutzt werden, um Spitzen abzufangen und den Sound musikalisch zu homogenisieren.

Besonders attackreichen Sounds, etwa beim Slapping oder Plektrum-Spiel, wird auch im schnellsten Setting der Transient nicht vollständig weggedrückt, wodurch dem Ton eine gewisse Lebendigkeit und Natürlichkeit bleibt. Für die zusätzliche Rückgewinnung des natürlichen Spielgefühls bietet sich das Mix-Poti an, mit dem unkomprimiertes Signal wieder beigemischt werden kann.

Steht das Timing-Poti rechts von zwölf Uhr, wird immer mehr vom Notenbeginn unkomprimiert durchgelassen, was den Sound perkussiver werden lässt. Für die Extraportion Punch beim Slappen oder aggressiven Spielstilen die richtige Wahl. Auch Tapping kann so effektiv in den Vordergrund gehoben oder der Sound insgesamt aggressiver eingestellt werden.

Wird der Jumper nun auf FB umgesteckt, verändert sich erst einmal nicht so viel, sofern das Timing links von zwölf Uhr steht. Bei langsamen Einstellungen des Attacks hingegen kommt der eben beschriebene Effekt noch deutlich stärker zum Tragen. Durch den zusätzlichen Überschwinger beim Wegdrücken des Signals wirkt der Notenanfang noch deutlich prägnanter als im eher zahmen FF-Modus. Bei milderen Einstellungen wirkt das Signal hier grundsätzlich etwas lebendiger und roher. So hat man mit beiden Optionen eine gute Vorauswahl des Grundcharakters.

Zur Abrundung des Tons kommt ein Tilt-EQ zum Einsatz. Die Reichweite der Klangveränderung ist dabei nicht brachial, aber mit ±6dB auf jeder Seite praxistauglich und erlaubt es so, dem Klang mehr Fülle oder Draht bzw. Offenheit zu verleihen. Der Kompressor selbst färbt den Ton nicht hörbar, allerdings bieten die DIP-Schalter im Innern die Möglichkeit, eine grundsätzliche Klangfärbung zu aktivieren. In Kombination mit dem regelbaren EQ ergibt sich eine recht große Bandbreite an Klangmöglichkeiten, die für einen Kompressor mehr als respektabel ist.

Mir gelingt es kaum, schlechte Sounds mit YUNA zu produzieren. Klar, wer alles auf 11 dreht, braucht sich nicht wundern. Aber bei normalem Gebrauch zeigt sich das Gerät beeindruckend gutmütig ohne dabei platt, steril oder uninteressant zu klingen oder gar an Präzision einzubüßen. Wechsel von clicky-clacky Slap- und Tap-Gewitter zu runden, schiebenden Achtelläufen sind mit einem oder maximal zwei Drehungen an den Potis umgesetzt.

Wer das Pedal mit DI-Ausgang anstelle eines Batteriefachs bestellt hat, kann das Gerät so sogar als vollwertigen Preamp nutzen. Dass bei der Fülle an Funktionen bei vergleichsweise kompaktem Formfaktor kein Platz mehr für einen XLR-Ausgang war und der DI-Out daher als Klinke ausgeführt ist, ist zu verschmerzen. Per Jumper kann sogar ein GND-Lift aktiviert werden, um Brummschleifen zu unterbinden.

(Bild: Becos FX)

RESÜMEE

Die CompIQ-Serie von Becos hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Nicht nur sind alle Modelle uneingeschränkt empfehlenswert, der Testbericht zum Twain und Stella war auch mein erster für dieses Magazin. Daher freut es mich, dass sich Becos FX auch mit YUNA treu bleibt und mit herausragender Qualität sowie ausgereiften Funktionen zu überzeugen weiß. Obwohl die Grundfunktionen der Kompressoren natürlich sehr ähnlich sind, unterscheiden sie sich teils sehr drastisch durch Zusatzfunktionen in der Soundgestaltung.

Mit diversen Filter-Optionen und Feedback-Modi bietet YUNA Eingriffe in das Klanggeschehen, die hauptsächlich teurem Studio-Equipment und Plug-ins vorbehalten sind. Preamp-Qualitäten bringt das Gerät ganz nebenbei auch noch mit. Ein Muss für alle Kompressor-Fans!

Plus

● Funktionsumfang
● Durchdachtes Konzept
● Vielfältiger Klang

Minus

● Viele Optionen nur über interne Schalter und Jumper erreichbar

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2025)

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