Feinstes Holzwerk

Masterpiece: Warwick Custom Shop Thumb NT 5

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(Bild: DIETER_STORK)

Spoiler-Alarm! Wir nehmen das Fazit zum Warwick CS Thumb NT 5 direkt vorweg: dieser Bass ist perfekt. Warum dann trotzdem den Test lesen? Zum Beispiel um herauszufinden, ob sich diese steile These belegen lässt, oder der Schreiberling nur der verlängerte Arm der Marketingabteilung ist.

Im Custom Shop entstehen aus den spektakulärsten Hölzern die absoluten Topmodelle. Dank einer Leihgabe des Musikhauses Thomann darf ich mich einem CS Thumb NT 5 widmen.

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FEINSTES HOLZWERK

Was ich aus dem luxuriösen Leder-Bag ziehe, ist nicht weniger als atemberaubend, der erste Eindruck umwerfend. Die Konstruktion ist typisch Thumb NT: durchgehender Hals, der von vorne unsichtbar unter der Decke verschwindet. Aus dem riesigen und gutsortierten Holzlager wurde irre gemasertes Swirly Bubinga ausgesucht, was einen zweifarbigen und einteiligen Eindruck vermittelt, tatsächlich aber „nur“ extrem geschickt zusammengesetzt wurde aus einem Streifen über dem durchgehenden Hals und zwei Seitenteilen.

Auch die Rückseite kann sich wirklich sehen lassen, hier gibt es Bubinga Pommelé, eh schon ein sehr schönes Holz, dessen Maserung selten bei Bubinga vorkommt. Um wieviel seltener dann die Swirly-Variante ist … Auch der Deckel des E-Fachs ist aus Pommelé, sauberst eingepasst. Der Wenge-Hals ist dagegen normal, aber auch der ist aufwendig ausgearbeitet. Von den Anleimern an der Kopfplatte abgesehen, ist er 13-teilig: vier Wengestreifen werden mit drei Bubingastreifen gesperrt, die ihrerseits wieder von zwei Ahornstreifen flankiert werden.

(Bild: DIETER_STORK)

Das Griffbrett ist wieder Bubinga Pommelé, so ausgesucht und verarbeitet, dass ein fast nahtloser Anschluss an die Deckenmaserung entsteht, was sich auch auf der Kopfplatte und dem Deckel über dem Stahlstabzugang fortsetzt. Da wurde sich wirklich größte Mühe gegeben! Als Tüpfelchen auf dem i sind auch noch die Mechanikflügel aus diesem Holz und farblich angepasst: heller links, dunkler rechts.

(Bild: Dieter Stork)

So wild die Maserung ist, so sehr aus einem Guss wirkt der Bass durch diese Sorgfalt in allen Details in der Vorderansicht. Gar nicht so einfach, sich von den leckeren Hölzern loszureißen und sich schnödem Metall zu widmen. Aber was ist hier schon schnöde? Nicht nur die Flügel sind speziell, auch die Mechaniken selbst. Die GraphTech Ratio Tuner haben für jede Saite eine eigene Übersetzung, absteigend von 48:1 bis 18:1. Das soll ein gleichmäßiges Stimmgefühl ergeben und gleichzeitig ermöglichen, mit einer Umdrehung um ziemlich genau einen Ganzton zu stimmen.

Zweiteilig mit Saitenhalter zum Einhängen und Brücke mit Justagemöglichkeiten in drei Ebenen aus Messing gefräst, hat sich die klassische Warwick Brücke bestens bewährt. Auf dem Weg dazwischen passieren die Saiten den mit zwei Schräubchen präzise in der Höhe zu verstellenden Just-A-Nut-III-Messingsattel, und 26 extraharte Jumbo-Bronzebünde.

Für die Tonabnahme sorgen aktive MEC-Pickups mit Metal Cover in Brushed Chrome. Da hätte ich persönlich die glänzende Black Chrome Ausführung genommen, aber cool ist es trotzdem. Sehr cool sind auch die präzisen Fräsungen, in denen die PUs sitzen. Der EQ von MEC bietet ein Doppelpoti für Volume und Balance mit Push/Pull-Schalter, mit dem sich der Equalizer ausschalten lässt, womit der Höhenregler im ebenfalls doppelstöckigen Treble/Bass-Poti zum passiven Tonregler wird. Zwischen den beiden steht noch das Mittenpoti für sich. Der Blick ins E-Fach gestaltet sich ebenso leicht wie schwer … Nach Lösen der Gewindeschrauben wird der Deckel von gefederten Stiften hochgedrückt, die es einerseits ermöglichen, die extrem gut eingepasste Abdeckung ohne Aufwand abzunehmen, andererseits kann sie so exakt bündig abschließend justiert werden.

Gute Lösung! Warum ist der Deckel aber dann so schwer? Er ist nur außen aus Holz, innen aber aus einer dicken Lage Metall. Die schirmt ab und trägt gleichzeitig einen Akku samt Ladeplatine. Das erklärt auch den USB-Anschluss nebst LED im Deckel. Einmal aufgeladen soll er den Bass bis zu 240 Stunden mit Strom versorgen können. Gut, dass der Akku schnell geladen ist, und eine Alternative zur Verfügung steht, denn die Verbindung zur Elektronik stellt ein Multistecker her, der alternativ mit einem 9V-Block im E-Fach verbunden werden kann. Ich bin gespannt, ob sich der 3,7V-Akku auf die Dynamik auswirkt.

(Bild: DIETER_STORK)

STRAMMER DAUMEN

Am Gurt mit den passenden Warwick Security Locks pendelt sich der Bass mit seinem langen Hals und kompakten Korpus dank des höheren Gewichts in der Waagerechten ein. Durchaus beherrschbar mit gutem Gurt und sogar weniger schlimm als bei manchem normaler geschnittenen Bass. Wohl fühlt sich der Thumb eher in mittleren bis höheren Tragepositionen, und zu klein sollte man nicht sein, um die tiefen Lagen bequem erreichen zu können.

Mit den ungewohnt fein drehenden Mechaniken ist Stimmen ein Kinderspiel, erfüllen sie denn auch die Gleichung 1 Umdrehung = 1 Ganzton? Tun sie nicht. Mit einer Umdrehung lande ich auf allen Saiten zu tief, oder umgekehrt: für einen Ganzton runter brauche ich keine volle Umdrehung der Mechanik. Sei‘s drum, man kann präzise mit ihnen stimmen und die Stimmung halten sie auch. Der Hals liegt mit seinem flachen C und 45-mm-Sattel enorm gut in der Hand und fühlt sich dank des Öl- und Wachs-Finishes herrlich holzig an.

Die Saitenlage ist perfekt und die Bünde nicht nur so eingesetzt, dass die Bundenden die Griffbrettkanten nicht durchbrechen, sondern auch so abgerichtet und verrundet, dass das Spielen eine helle Freude ist! Die schwarzen Dots geben gute Orientierung bis in die gut erreichbaren allerhöchsten Lagen, der durchgehende Hals mit sanftem Anstieg zum Body und das extreme untere Hörnchen machen‘s möglich.

Den EQ schalte ich zunächst aus, um am Amp den direkten Pickup-Ton zu hören. Was wenig überrascht: Trotz eines JJ-Pärchens klingt es nicht nach J-Bass. Was überraschen könnte: Obwohl die beiden sehr eng zusammenliegen, gibt es größere Sound-Vielfalt als man meinen sollte. Schon der sehr stegnahe PU überrascht mit achtbarer Tragfähigkeit und großer Exaktheit in der Wiedergabe. Der minimal weiter gen Hals gelegene kommt einem traditionellen Ton noch am nächsten mit mehr Bass und Mitten, während die Kombination aus beiden durch die Mittenauslöschungen glasige, lispelnde Höhen präsentiert, mit fließenden Übergängen am Balance-Poti. Die passive Höhenblende macht dazu einen guten Job beim Abrunden des Sounds.

Immer dabei, wie auch schon beim trockenen Anspiel zu hören, sind ein sehr direkter Punch und knurrende Tiefmitten, die auch im aktiven Modus bleiben. In Neutralstellung, durch Bohrungen in den oberen Potiknöpfen resp. Madenschrauben in den unteren auch optisch nachvollziehbar markiert, ändert sich am Ton nix.

Die Einsatzfrequenzen stehen dem Thumb ausgesprochen gut. Mit dem Bass bei 100 Hz kann sorglos der Druck erhöht werden – wenn die Anlage das denn zulässt. Mit trockener Ansprache, die mit bewunderungswürdiger Präzision bis in den tiefsten Keller auf der H-Saite geht, bleibt jegliches Wummern außen vor. Der Höhenregler setzt bei 10 kHz weit oben dem ohnehin nicht höhenarmen Sound noch Glanzlichter auf und holt jede Note, jedes Spielgeräusch ganz nah ran – oder entschärft den knalligen Ton, der komplexe Akkorde auch noch in tiefen Lagen sauber abbilden kann.

Auch die Mitten sitzen mit 900 Hz recht hoch, was sehr gut zu den immer präsenten Tiefmitten passt, die den typischen Thumb-Ton mitprägen. Der bleibt übrigens in Klang und Dynamik gleich, egal ob per Akku oder 9V-Block befeuert.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Edle Hölzer, mit Bedacht ausgesucht und zusammengefügt, perfekt verarbeitet und mit exzellenter Hardware und Elektronik versehen, so präsentiert sich der Warwick Custom Shop Thumb NT 5. Daraus resultiert perfekte Bespielbarkeit und ein ebensolcher Ton, mit beeindruckender Tonentfaltung bis in die tiefsten Lagen auf der H-Saite, und das bei normaler 34″-Mensur. Davor kann ich nur den Hut ziehen. Preislich liegt der Bass in exklusiven Gefilden, der verglichen mit etlichen US-Marken aber völlig vertretbar ist. Der zukünftigen Käuferin oder dem zukünftigen Käufer an dieser Stelle schon mal meinen Glückwunsch!

PLUS

  • Hölzer & Optik
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Sound

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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