Schwarz und Gold – ein Klassiker der Gitarrengeschichte. Gibson setzte Ende der 1950er-Jahre ein erstes Ausrufezeichen mit der schwarzen Les Paul Custom samt goldener Hardware, in den 1960ern gefolgt von einer schwarz-goldenen ES-355. Fender widmete sich in den frühen 1980ern ebenfalls diesem Thema mit der Black & Gold Telecaster und Gretsch stellte 1996 die erste Black Falcon vor, drei Jahre früher brachte Yamaha eine SG2000 Black & Gold auf den Markt – und seit 2012 baut auch Duesenberg eine Gitarre in diesem noblen Ornat, die Starplayer TV Custom. Schwarz und Gold – das ist wirklich keine x-beliebige Farbkombination, das ist Attitüde!
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Und nun also der nächste Schritt: die Paloma Custom. Die Paloma, die sich seit 2017 im Katalog der Hannoveraner befindet, ist in seiner neuen Custom-Ausführung ein Statement in Schwarz und Gold, dessen Mehrwert neben dem eleganten Äußeren vor allem aus außergewöhnlichen Pickups besteht.
Denn längst hat der Begriff „Custom“ seine ursprüngliche Bedeutung verloren – einst stand er für ein Einzelstück, maßgefertigt nach den Wünschen des Käufers. Heute signalisiert Custom vor allem eines: einen spürbaren Mehrwert, der ein Instrument klar vom Standard und Mainstream abhebt.
Dies definiert den Anspruch, mit dem wir uns dieser Gitarre nun gespannt zuwenden werden.
BLACK & GOLD & MORE
Die Unterschiede zur bisherigen Paloma erschöpfen sich nicht in schwarzem Lack und vergoldeter Hardware. Vielmehr ist es die neu konzipierte Pickup-Konfiguration samt der erweiterten Schalt- und Regelmöglichkeiten, die dieser Gitarre zurecht das Prädikat „Custom“ verleihen.
(Bild: Andrej Lillak)
Doch schauen wir uns erst die konstruktionstechnischen Gegebenheiten der Paloma Custom an. Der elegante Offset-Body besteht aus Erle, in den ein Ahorn-Hals mit Griffbrett aus indischem Palisander ab dem 15. Bund in einem moderat flachen Winkel eingeleimt ist. Als Griffbrett-Inlays kommen die markanten Wing-Motive zum Einsatz, platziert an den vertrauten Positionen. Die Saiten laufen über einen Sattel aus synthetischem Knochenmaterial – präzise in Form und Höhe geformt – hin zu den hauseigenen Z-Tunern.
Three Steps Ahead! (Bild: Andrej Lillak)
Diese sind in 3:3-Anordnung auf der leicht abgewinkelten Kopfplatte montiert und ermöglichen ein ausgesprochen sauberes Handling beim Saitenwechsel: Die Saiten werden komplett durch die Mechanik geführt, auf der Rückseite abgeschnitten, ein Stück zurückgezogen und anschließend in zwei bis drei Windungen perfekt aufgewickelt. Kein Abmessen der Saitenlänge, keine überstehenden Saitenenden – und ähnlich festgezurrt wie bei Locking-Tuner.
Der Korpus, mit dünn aufgetragenem, tiefschwarzem PUR-Lack versiegelt, steht in klarem Kontrast zur durchgehend vergoldeten Hardware. Es ist wirklich so: Keine andere Farbgebung vereint Eleganz und Rock’n’Roll so deutlich wie das Black & Gold-Thema.
Pickups und Vibrato auf Seite 2 …
(Bild: Andrej Lillak)
FIVE-PACK
Was auf den ersten Blick wie ein klassisches HSH-Pickup-Setup erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als veritables Five-Pack! In der Numerologie steht die 3 für Harmonie und Ganzheit, die 5 hingegen für Vielfalt, Bewegung und Wandlung. Aus 3 mach’ 5 kommentiert die Numerologie der Art: Ein Zustand von Harmonie und Ordnung wandelt sich in einen Zustand der Bewegung und Vielfalt.
Egal, ob man nun der Numerologie etwas abgewinnen kann oder nicht – die Interpretation des Zahlenspiels passt! Denn die Split/King Dual-Coils, die den zentral platzierten Singlecoil mit dem Spitznamen Pearlito flankieren, bestehen technisch gesehen aus je zwei eigenständigen Singlecoils – vereint in einer gemeinsamen Kappe. Und genau diese Pickups sorgen für Bewegung und Vielfalt.
Die Split/King-Pickups sind reinrassige Einspuler, die mit je einer Spule eines echten Humbuckers kombiniert werden. (Bild: Andrej Lillak)
Der Duesenberg Split/King nimmt eine Sonderstellung auf dem Pickup-Markt ein. Die eine Spule ist ein waschechter Singlecoil der mit sechs Stabmagneten ausgestattet ist. Die zweite Spule entspricht konstruktionell mit sechs Stahlstiften (pole pieces) und einem darunter liegenden Barrenmagneten einem halben gewöhnlichen Humbucker. Die „echten“ Singlecoils sind in Richtung Hals platziert, die Spulen sitzen in Richtung Steg, deutlich an den Pole-Pieces zu erkennen.
Neben Master-Volume- und Master-Tone-Regler besteht die Schaltung aus einem Fünfweg- und zwei in der Höhe einstellbaren Mini-Schaltern, die die beiden Split/King-Pickups in Singlecoil- bzw. Humbucker-Mode schalten. (Bild: Andrej Lillak)
Für dieses Fünferpack wurde eine neue Schaltung entworfen, das Custom Split/King Wiring. Dazu gehören neben dem Fünfweg-Blade-Schalter zwei kleinere Zweiweg-Toggle-Schalter, die den Modus der beiden Split/Kings vorwählen – entweder Singlecoil- oder Humbucker-Modus, in dem pro Pickup beide Spulen seriell hintereinander geschaltet werden. In Kooperation mit dem Fünfweg-Schalter in Form eines Eyb Megaswitch ergeben sich somit zwölf verschiedene Sounds:
Split/King Steg solo
Split/King Steg- & Pearlito
Split/King Steg & Split/King Hals parallel
Pearlito & Split/King Hals
Split/King Hals solo
Aus diesen fünf Basis-Sounds ergeben sich durch die Singlecoil- und Humbucker-Modi fünf weitere Sounds. Und da die beiden Split/Kings separate Modus-Schalter haben, ergeben sich zwei weitere Kombinationen, wenn die sie in unterschiedlichen Modi arbeiten. Das Ergebnis dieser cleveren Schaltung ist eine maximale Flexibilität bei gleichzeitig klarer Struktur und praxisnaher, live auch schnell umzusetzender Bedienung.
Wie bei Duesenberg üblich, kommen hochwertige, japanische „heavy duty“ Göldo-Potis zum Einsatz: ein linearer 500K inkl. Treble-Bleed für die Lautstärke und ein logarithmischer 250K für Tone.
Alle Pickups sitzen in offenen Kappen. Besonders erwähnenswert ist dabei das Design der Split/King-Kappen, das sowohl funktional wie optisch überzeugt. Ein kleines, aber feines Detail: Statt der üblichen vier Schrauben fixieren hier fünf den Pickup in seinem Rahmen. Die zusätzliche Schraube sorgt für eine exakte, parallele Ausrichtung des Pickups zur Saitenführung.
WELLENREITER
Die Performance des Vibratosystems gehört zu den Paradedisziplin jeder Duesenberg-Gitarre, die mit einem der hauseigenen Systeme ausgestattet ist. Bei der Paloma Custom kommt das Diamond Deluxe Vibrato in seiner kurzen Variante zum Einsatz, das exemplarisch für den aktuellen Stand der Technik in der Klasse der Topmount-Vibratosysteme steht. Zwei exakt fluchtende Achsen laufen absolut spielfrei in geschmeidigen und verschleißfreien Lagern – die Andruckrolle in Teflon-Lagern, die Achse, an der die Saiten befestigt werden, in Rollen-Lagern.
Der Arm ist um 360° drehbar und sowohl in der Länge als auch Höhe individuell einstellbar. Der vordere Teil des Systems liegt auf speziellen Unterlegscheiben auf, um den Saitenwinkel zur Brücke und damit den Reibungsdruck zu reduzieren. Die Saiten selbst werden bequem durch Ösen an der hinteren Achse gezogen und nicht, wie bei anderen Systemen, umständlich auf Stifte gesteckt.
Das Diamond-Deluxe-Vibratosystem arbeitet smooth und gleichzeitig kontrolliert. Von Schimmern bis radikalen Tonhöhen-Veränderungen: Alles geht, alles bleibt stimmstabil. (Bild: Andrej Lillak)
Die Duesenberg Three-Point-Vario-Bridge, eine Art Tune-o-matic, ergänzt das Diamond-Deluxe-System optimal. Ihre Konstruktion, bei der die im 12″-Radius des Griffbrettes gewölbten Edelstahl-Saitenreiter auf nur drei Auflagepunkten ruhen, verhindert deren Kippeln oder Rappeln. Gleichzeitig ist die Brücke auf 4 mm starken Gewindestangen so montiert, dass sie die Trem-Bewegungen sanft mitvollzieht – was natürlich der Stimmstabilität zugutekommt.
In der Summe entsteht im Zusammenspiel von Diamond-Deluxe-Trem-System und Three-Point-Vario-Brücke ein Spielgefühl, das ein direktes und immer kontrolliertes, aber gleichzeitig butterweiches Tremolieren ermöglicht. Von subtilem Schimmern bis hin zu weit ausholenden Bewegungen – alles geht, alles bleibt stabil. Und macht regelrecht trem-süchtig.
Spieleindrücke und Resümee auf Seite 3 …
(Bild: Andrej Lillak)
THREE STEPS AHEAD!
Die Split/King-Pickups sind reinrassige Einspuler, die mit je einer Spule eines echten Humbuckers kombiniert werden.
Neben Master-Volume- und Master-Tone-Regler besteht die Schaltung aus einem Fünfweg- und zwei in der Höhe einstellbaren Mini-Schaltern, die die beiden Split/King-Pickups in Singlecoil- bzw. Humbucker-Mode schalten.
Das Diamond-Deluxe-Vibratosystem arbeitet smooth und gleichzeitig kontrolliert. Von Schimmern bis radikalen Tonhöhen-Veränderungen: Alles geht, alles bleibt stimmstabil.
SPIELEN!
Fließende Konturen an Vorder- und Rückseite des Korpus bringen Spieler und Gitarre körperlich eng zusammen. Nichts stört den Spielfluss – dafür sorgen das komfortable Halsprofil, das Griffbrett-Binding und die präzise Bundierung, bei der die Basisarbeit per Plek-Maschine und Feinschliff sowie Politur von Hand erfolgt. Kurz gesagt: Alles, was nicht vom persönlichen Geschmack abhängt, hat Duesenberg voll im Griff.
Schon unverstärkt beeindruckt die Paloma Custom mit strahlenden, satten Obertönen über einem sonoren, definierten Bass – das weckt Erwartungen an den Amp-Sound. Und was aus den Speakern kommt, ist vor allem eins: frisch! Diese Pickups klingen wirklich nach Singlecoils – weil sie echte Singlecoils sind und keine kastrierten Humbucker, so wie in vielen Split-Schaltungen.
Das große Herz der Paloma schlägt deutlich im Einspuler-Takt, und die Pickup-Konfiguration erinnert an eine Stratocaster mit Fünfweg-Schalter samt zwei sehr hohl-knackigen Zwischenpositionen. Nur dass statt des mittleren Pickups die parallel geschalteten Hals- und Steg-Pickups hier einen offenen, perligen, prägnanten Kombi-Sound formen. Werden beide Split/Kings in den Humbucker-Modus geschaltet, setzt der Ton etwas mehr Fülle an und zeigt weichere Höhen. So bekommen wir einen fetten, runden Hals-Sound, einen dynamischen, breitbandigen Kombi-Ton mit toller Präsenz – und einen kräftigen Steg-Humbucker, der sich gern mit ausgebreiteten Ellenbogen vordrängt.
Die Zwischenpositionen erreichen eine ungewohnte Tiefe in der Güte „Quack Deluxe“, und natürlich erfüllen die Split/Kings als Humbucker auch ihre ursprüngliche Bestimmung, denn sie brummen nicht. Also genau das, was Seth Lover für Gibson und Ray Butts für Gretsch im Sinn hatten, als sie 1957 zeitgleich ihre Erfindungen PAF und FilterTron vorstellten: kein Brummen, um dem Konkurrenten Fender die lange Nase zeigen zu können.
Unterm Strich liefert die Paloma Custom großartige, laute und fette Singlecoil- wie auch Singlecoil-artige Humbucker-Sounds in Hülle und Fülle, und nur ein Beigeschmack bleibt: Nach dieser Testsession klangen meine eigenen Gitarren wie brave Messdiener – und damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
RESÜMEE
Three Steps Ahead – so lautet das bekannte Duesenberg-Motto. Gemeint sind die dreistufigen Designelemente, die sich von der Kopfplatte bis zum Buchsenblech durchziehen und jeder Duesenberg ihr unverwechselbares Profil geben. Das Motto kann man aber auch als selbstbewusste Botschaft an die Konkurrenz deuten: Kaum ein Hersteller führt so stringent eine eigene Linie zwischen Tradition und Moderne.
Bei der Paloma Custom bekommt dieser Leitsatz noch eine weitere Bedeutung: Drei Pickups und eine ausgeklügelte Schaltung weiten das Klangspektrum deutlich aus – ein echter Schritt nach vorn, nicht nur in Sachen Flexibilität, sondern auch in der Qualität. Vor gut einem Jahr sorgte Duesenberg mit der Joey Landreth Signature für Aufsehen – ebenfalls eine Paloma mit anderer Pickup-Bestückung. Auch ohne seine Signature jemals gespielt zu haben, kann ich nun nachvollziehen, warum Landreth ausgerechnet dieses Modell aus dem Duesenberg-Programm wählte, auch wenn sie nur einen Split/King besitzt: Diese Pickups liefern genau die Sounds, die er und viele andere schätzen. Nämlich kraftvolle, dynamische Singlecoil- und transparente, low-gainige Humbucker-Sounds in hoher Güte.
In Kombination mit der spielerischen Leichtigkeit der Gitarre (habt ihr die gemessene Saitenlage gesehen, siehe „Übersicht“?) und dem hervorragenden Diamond Deluxe Vibratosystem ist die Paloma Custom eine rundum überzeugende E-Gitarre, wie man sie selten von der Stange bekommt. Eben Custom. Mein dringlicher Tipp: Einfach selbst anspielen! ●