Love rules!

Lovepedal Kalamazoo + Amp Eleven + Superlead im Test

Anzeige
Drei Effektpedale von Lovepedal
(Bild: Dieter Stork)

 

Sean Michaels gehört zu den Gründervätern der Boutique-Bewegung auf dem Effekt-Sektor. Ungefähr zu selben Zeit wie Fulltone, zu Beginn der 90er-Jahre, hat er begonnen. Nach eigenem Bekunden, weil er den damals angesagten Rack-Prozessoren die klassischen Sounds nicht entlocken konnte. Seither ist ein besonderes Merkmal seiner Arbeit die ständige Evolution des Programms.

Anzeige

 

 

Bonmot sagte einst „Nur der Wandel ist beständig“ und das könnte das Firmenmotto von Mr. Michaels sein. Pedale kommen ohne Vorwarnung ins Programm und verschwinden urplötzlich wieder von der Bildfläche. Unter Umständen nur um einige Zeit später abgewandelt und/oder optimiert reinkarniert zu werden. Dass das so ist, liegt wohl an Sean Michaels Selbstverständnis, der sich mehr als Künstler denn als Techniker sieht. Wie auch immer, jedenfalls hat er schon so etwas wie Legenden geschaffen, z. B. mit dem COT 50 Boost/Overdrive (Church of Tone), der die alten Sounds von Hendrix und B. Gibbons perfekt auf den Punkt bringt. Bzw. gebracht hat, Vergangenheit, gibt es nämlich nicht mehr. Schräg nicht? Ist heftig nachgefragt, Michaels macht den aber nicht mehr, sondern ein anderes Pedal dieser Natur, namens Tchula, entstanden auf Nachfrage des Blues-Gitarristen Josh Smith. Hoppla, ich seh gerade, die Lovepedals Web-Seite sagt das ist temporär „out of stock“. Crazy…

Was auf der Homepage abgeht, heißt aber nicht unbedingt viel. Hier in Deutschland hat der Vertrieb „Mitanis Sound“ sehr viele Modelle auf Lager, und eben auch solche, die Lovepedal aktuell gar nicht listet. Das trifft z. B. auch auf zwei unserer Testkandidaten zu, Amp Eleven und Superlead; deren Verfügbarkeit ist garantiert.

 

Konstruktion von Lovepedal Kalamazoo, Amp Eleven und Superlead

Konstruktiv schwimmen die Lovepedals im selben Fahrwasser wie das Gros der (aberwitzig) vielen FX-Pedale auf dem Planeten. Metallgehäuse mit abschraubbarer Bodenplatte (zwecks Austausch des 9-Volt-Blocks), lackiert bzw. poliert (Kalamazoo), im Inneren Platinen, die über die Verschraubungen der Potis und Klinkenbuchsen fixiert sind. Die ICs stehen in eigenen, können also im Zweifesfalle im Handumdrehen getauscht werden – wie schön. Die Verarbeitung ist einwandfrei. Ästheten könnte allerdings stören, dass am Amp Eleven die Potiknöpfe mit „langen Hälsen“ weit über dem Gehäuse stehen.

Funktional spielt das natürlich überhaupt keine Rolle. Die Achsen der Potentiometer sind aus Metall und werden so leicht nicht abbrechen.

Alle drei Pedale können wahlweise über eine DC-Buchse von extern gespeist werden. Die On/Off-Fußschalter funktionieren nach dem True-Bypass-Prinzip.

 

Lovepedal Kalamazoo

Bei dem Namen klingelt wohl jedem Gitarristen das Ohr. Der gleichnamige Ort in Michigan/USA ist die Geburtsstätte der Gibson-Gitarren, legendär. Was hat das Pedal damit zu tun? Keine Ahnung, Offizielles gibt es dazu vom Hersteller nicht. Sieht Sean Michaels vielleicht eine Connection wegen der Sounds des Pedals? Wer weiß.

Die Ausstattung umfasst zwei normale Regler für Level und Drive (Ausgangspegel und Verzerrungsintensität). Die beiden Trimmer sind mit Tone und Glass markiert. Letzterer kann lediglich Höhen herausnehmen, meint man zunächst, so wie Tone Richtung Linksanschlag die Mitten aufbläht. Es tut sich aber wesentlich mehr. Die in sich gleichzeitig sehr komplexen und filigranen Verzerrungen des Kalamazoo ändern ihr Obertonverhalten. In Akkorden drängelt sich (Tone) plötzlich häufig die große Terz des Grundtones in der Vordergrund, dreht man den Tonregler auf, nimmt die Dichte der Distortion ab, wird luftiger und neutraler. Nimmt man Glass zurück, wird der Biss zahmer, ja, aber es schummeln sich in den unteren Mitten auch feine Intermodulationen ins Klangbild.

Der entscheidende Punkt ist, dass dem Kalamazoo eine überaus lebendig musikalische Tonformung zueigen ist. Umwerfend, wie ähnlich die Sounds einem hochklassigen Vintage-Amp freundlich britischer Prägung sind. Die Verzerrungen sehr harmonisch, gut mit dem Guitar-Volume zu steuern, ohne dass Lautstärke einbricht, angenehme Ansprache im Attack, und dann dieser Ausklang, changierend und facettenreich. Das Kalamazoo arbeitet einfach in jeder Hinsicht organisch. Und kann in seinem gesamten Spektrum, von subtilen Anzerrungen bis hin zu schon kräftiger Distortion, überzeugen.

 

lovepedal_kalamazoo_amp_eleven_superlead_1
Overdrive mit vorgeschaltetem Booster (Bild: Dieter Stork)

 

Lovepedal Amp Eleven

Ein Verstärker auf „11“ gedreht: Genau, die Reise geht ins Land der Röhrensättigung. Für viele Spieler ist ein Amp, der am Sweetspot seiner Übersteuerung arbeitet, nach wie vor das Nonplusultra. Dem eifert Amp Eleven nach. Level und Drive, Trimmer für Bass und Tone. Hier kann man fast clean spielen, aber das eigentliche Metier sind Overdrive-Sounds. Wie beim Kalamazoo ist die Tonformung wieder ausgesprochen elegant und musikalisch wertvoll. Toll, wie sensibel die Zerrintensität der Spielweise folgt und das Instrument mit all seinen Details zur Geltung kommt.

Praktisch: Der Bassregler ist in der Lage, massiv nachzulegen, ohne dass man Qualität im Overdrive einbüßt. Selbst magerste Gitarren kriegen so ordentlich was auf die Rippen. Ergänzt wird die Overdrive-Sektion durch einen im Pegel regelbaren (Clean-) Booster mit eigenem Fußschalter. Er ist dem Amp Eleven vorgeschaltet. So passiert dasselbe, was man mit Röhrenverstärkern so gerne macht, sie mit einem Booster/Vorverstärker heißer anfahren. Womit hier aber sicher nicht gemeint ist, das Overdrive-Maximum der „Amp“-Sektion noch einmal extrem weiter voll über die Klippe zu bringen; zu viel Rauschen ist/wäre die Folge. Es geht eher darum Overdrive in zwei Abstufungen abrufen zu können, z. B. nach dem Rhythm/Lead-Muster.

Um den Charakter des Amp Eleven zu beschreiben, kann man von einem amerikanischen Grundtimbre sprechen, in etwa Blackface-Fender, feingliedrig aber offensiv attackierend, angenehm harmonisch, moderater SRV-Touch. Klasse für Blues, Rhythm-Parts à la Maroon 5, oder auch leicht Punkiges, man denke z. B. an die zivileren Riffs von Green Day. Das Pedal spricht auf Singlecoils und fette Humbucker gleichermaßen vorteilhaft an.

 

Lovepedal Superlead

Der Name ist Programm? Das Pedal ist quasi eine Hommage an die legendären Marshalls der Plexi-Frontpanel-Ära? Mit die teuersten Vintage-Amps überhaupt. Ach nee, und jetzt maßt sich jemand an, deren Edel-Ton mal ebenso mit einer kleinen Kiste nachbilden zu können?! Na ja, so eng darf man das nicht sehen. Lovepedal zitiert nirgendwo eine direkte Verwandtschaft. Man lese den Namen besser so, „super Lead(-Sound)“, sprich super Solo-Ton, dann wird ein Schuh draus. Und man darf hernach auch gerne an die alten Marshalls denken, denn die Klangfarben dieses Distortion-Pedals sind markant britisch. Gerade bei moderater Distortion, ohne den zuschaltbaren Mid-Boost, geht das Pedal kernig in die Richtung der traditionellen Klangkultur. Kratzig in die Höhen, da ist diese eigenwillige Luftigkeit aber auch reichlich Brachiales im Druck. Der Ton wirkt superstabil und kraftvoll, hat wieder diese Lebendigkeit, die dem Ohr vorgaukelt, einen echten Röhren- Amp zu hören. Es ist wirklich frappierend. Das Wechselspiel in subtilen Obertonfeinheiten macht in der Hinsicht viel aus.

Am Ende seines Regelwegs vollführt Drive einen Sprung und legt satt Gain nach. Befand man sich vorher auf der Ebene für satte Riffs und nur mehr oder weniger angezerrte Solonoten, steht denen nun echte Distortion zur Verfügung. Aber wartet bis der Mid-Boost durchstartet! Das Pedal zeigt ein anderes Gesicht, Zähne fletschen, viel mehr Biss, die Adern treten hervor, offensivere Attitüde, nein, kein High-Gain-Zerren, aber der Ton ist raumgreifend, einigermaßen Sustain-fördernd, sehr homogen im Ausklang, und äußerst tragfähig. Wegen des weiten Drive-Regelbereichs ist im Übrigen auch mit dem Mid-Boost möglich, weit in die Defensive zu gehen. In dem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Tone-Regler letztlich mehr macht, als nur die Höhen zu dosieren. Die oberen Mitten ändern sich auf dem letzten Drittel (nach rechts) maßgeblich, sodass sich in größerem Rahmen die Klangfarbe ändert. Heißt unterm Strich, dass das Superlead-Pedal nicht nur gnadenlos „röhrt“ sondern auch ziemlich variabel ist.

 

Resümee

Den Lovepedals eilt ein guter Ruf voraus. Unsere drei Testkandidaten zeigen, warum das so ist. Sie arbeiten ausgesprochen elegant, indem sie lebendige und röhrenähnliche Distortion erzeugen, filigran auf den Spieler ansprechen und klanglich reichlich Bandbreite zeigen. Auch die Verarbeitung überzeugt. Ganz klar, unter diesen Umständen muss man das Preis-/Leistungsverhältnis als ganz und gar unkritisch einstufen. Prädikat: Sehr empfehlenswert.

 

lovepedal_kalamazoo_amp_eleven_superlead_uebersicht

 

Plus

  • Sounds, Qualität + Bandbreite
  • sehr harmonische bzw. charakterstarke Verzerrungen
  • Attack, Dynamik
  • geringe Nebengeräusche
  • Verarbeitung/Bauteile-Qualität
Produkt: Treble Booster im Test
Treble Booster im Test
Der Treble Booster war in den 60er und 70er Jahren das Effektgerät schlechthin. Hol dir jetzt 4 Gratis-Testberichte zum Sound-Wunder!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren