Schönheit der Hoffnung

König Guitars Esperanza im Test

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MARKANTE ERGEBNISSE

Esperanza, spanisch: Hoffnung, ist für dieses Instrument ein etwas irreführender Begriff. Hoffen und Harren hält manchen zum Narren? Nicht hier, denn auch hohe Erwartungen erfüllt die resonanzstarke Gitarre schon auf den ersten Griff hin. Hoffnung muss man allerdings haben, um der anspruchsvollen Schönen auch gerecht zu werden, denn Esperanza ist nicht ohne Grund auch ein stolzer, weiblicher Vorname.

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Zunächst einmal ist die Gitarre mit lediglich knapp 2,3 kg federleicht. Durch ihre großzügige Formgebung fügt sie sich anstandslos an ihren Spieler, denn der rechte Arm ruht komfortabel auf der hohen und an dieser Stelle gut 4,5 cm breiten Zarge. Dank der relativ weit vorn gesetzten Taille erscheint der Hals besonders nahbar und ist entsprechend leicht zugänglich. Sein höchst angenehm, griffig gestaltetes D-Profil, die makellose Bundierung mit in Perfektion verrundeten Bundenden und der samtige Griff machen das Spiel auf Anhieb zum Vergnügen.

Auch gibt uns das tief gesetzte untere Cutaway ungewohnt lässigen Zugriff bis hinauf zum letzten Bund. Die elegante Haptik wird nun auch noch durch eine besonders luftige Tonentfaltung und bemerkenswert offensive Vitalität unterstützt. Eigenschaften, welche der wohldurchdachten Konstruktion zu danken sind, denn die leichte Bauweise bedingt ein hochresonantes Schwingverhalten, das uns neugierig auf die elektrische Wandlung macht.

Über Staple-Pickups wurde lange nicht nachgedacht. Seth Lover hatte in den 50er-Jahren für Gibson den vom DeArmond Dynasonic inspirierten AlNiCo5-Pickup mit den charakteristischen eckigen Pole Pieces entwickelt, der etwa auf den frühen Les Paul „Black Beauty” Customs zu finden ist. Diesem Tonabnehmer war nur ein kurzes Leben vergönnt, aber heute haben ihn verschiedene Hersteller wieder im Programm.

Die Amber P-90 Staple Pickups sind für die Esperanza eine gute Wahl, transportieren sie doch mit toller Offenheit und Authentizität die perkussiv transparent angelegten Klänge. Der Hals-Pickup lässt harfengleich aufgelöste Akkorde aufleuchten, einzeln gespielte Töne und solistisch abgefeuerte Linien federn dynamisch ab, stehen gut vorn und erhalten vom perkussiv herausgestellten Anschlag starke Kontur. Mehrklänge sind von bestem stimmlichen Ausgleich gekennzeichnet, die Darstellung ist crisp und höchst transparent.

Der Staple-Pickup am Steg zeigt sich deutlich stringenter, lässt es aber ebenfalls nicht an Transparenz mit nun besonders offensivem Höhentop missen. Die tonale Balance in Akkorden ist auch hier gegeben, aber enger gefasst. Spritzig im Spiel mit Akkorden, geht es mit etwas heißeren Röhren dann auch druckvoll und angriffslustig zur Sache. Sehr schön, dynamisch lässt sich mit dem leicht zu animierenden Ton operieren.

Höchst bemerkenswert ist dabei der von harmonisch einfliegenden Obertönen erzeugte Schub bei gehaltenen Noten. Ein Sustain wie organisch angeblasen, in dem sich Farben kraftvoll entfalten. Wo der Hals-Pickup noch Allrounder-Qualitäten zeigte, ja, mit zurückgenommenen Höhen sogar auch ein gewisses Jazz-Appeal vermittelte, da legt der Kollege in Bridge-Position einen deutlich heißeren Vortrag hin. Twang und Surf sind keine Fremdwörter für ihn, wenngleich nicht wirklich angemessene Begriffe.

Aber warum thematisch einengen, was nach kreativer, individueller Auslegung ruft? Natürlich ist das kein Sound für Metal-Fans, und auch keiner für Freunde des gepflegten Handschuhtons, dafür aber einer mit wunderbar individuellem Charme für fast alles dazwischen. Ist es nicht genau das, was wir von einer solch eigenständig erdachten und unikal gefertigten Gitarre erwarten?

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit ihrem hochinteressanten wie speziellen Design Esperanza zeigen die Hamburger Gitarrenbauer wieder einmal ihre hohe Kunstfertigkeit, und die richtet sich an Spieler mit Sinn, Blick und Ohr für das Besondere. Diese akustisch so stimmig und resonanzstark gebaute Gitarre ist nicht nur ungemein leicht im Gewicht, sondern auch angemessen leichtfüßig in der Tonentfaltung, was von den Amber P-90 Staple Pickups mit Transparenz und offenem Gestus elektrisch authentisch gewandelt wird. Im Ausdruck eher feingliedrig und kultiviert, ist sie wohl kaum die erste Wahl für das Verlegen grober Bretter oder das Ausleben aggressiver Angriffslust.

Differenzierte Spielweisen aber, die nach dynamischer Umsetzung und farbreicher Gestaltung verlangen, werden von der Esperanza mit Verve und vitaler Erfüllung der musikalischen Fantasie belohnt. Mario Brüggen und Robin König überflügeln den gewohnten Standard, ohne die konstruktiven und spielpraktischen Grundlagen zu vernachlässigen.

Ihr ausgeklügeltes und detailversessen, unter Verzicht auf Tropenhölzer, wunderbar auf den Punkt gezogenes Design ist kein alltägliches und auch dem entsprechend teuer. Für den einen Spieler, den es zur Entsprechung braucht, kann die Esperanza aber die lang erhoffte Erfüllung seiner Träume sein. Top!

Plus

● Design
● semiakustische Leistenkonstruktion
● Ansprache, Dynamikverhalten
● Amber P-90 Staple Pickups
● transparente Sounds
● Spieleigenschaften
● Verarbeitung

Minus

● teuer – wenngleich nicht unberechtigt

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2025)

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