Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Peavey Classic 30 1×12 Combo

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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Peavey Classic 30 1×12 Combo

(Bild: Peavey)

Der kleine Bruder des Peavey Delta Blues trägt seinen Namen nicht zu Unrecht – er ist ein moderner Klassiker. Aufgrund seines markanten Designs wird dieser kleine Classic 30 Combo jedoch gerne unterschätzt. Der Amp rockt mehr, als dass er bluest.

Der Look eines Verstärkers sollte im Optimalfall schon auf den Klang hinweisen und tatsächlich sieht das bei der aktuellen Variante des Peavey Classic 30, einem relativ kleinen, gelben Tweed Kasten mit verchromtem Bedienpanel – leicht versenkt in der Gehäuse-Oberseite – und schwarzen Chickenhead-Potiknöpfen, einem klassischen Tragegriff aus Kunstleder sowie dem dunkelbraunen Frontbespannstoff vor dem Zwölf-Zoll-Lautsprecher, nahezu alles verdächtig nach einer recht einfallslosen Fender-Blues-Junior- oder Blues-Deluxe-Kopie aus. Genau das ist allerdings ein weit verbreiteter Irrtum, denn der Peavey Classic 30 hat im zweiten Kanal erheblich mehr Gain als die beiden Fender-Verstärker und bedient ein vollkommen anderes Klangspektrum in den Mitten.

TECHNIK

Mit zwei fußschalbaren Kanälen auf der Basis von drei 12AX7- Vorstufenröhren, einem sehr neutralen, seriellen Einschleifweg, einem ebenfalls fußschaltbaren Gain-Boost und einem regelbaren Federhall, bietet der Peavey für einen kleinen Röhrencombo eine grundsolide Ausstattung.

Sogar etwas mehr als 30 Watt aus vier EL84 werden beim Peavey Classic 30 durch einen hauseigenen 12-Zoll-Maverick-Lautsprecher wiedergegeben, und mit seinen kompakten Abmessungen und einem Gewicht von knapp 18 Kilogramm ist der Verstärker durchaus als mobiles Kraftpaket für den Poberaum und auch für Clubshows nutzbar.

SOUNDS

Grundsätzlich ist der Peavey unabhängig von Instrumententyp und Genre sehr gut nutzbar als Pedalboard-Plattform, denn sein erster Kanal bleibt auch bei hohen Lautstärken noch immer sehr druckvoll, und der im Classic 30 verwendete Peavey-Maverick-Speaker liefert erstaunlich viel Stabilität in den Tiefmitten. Der Combo klingt auch im Overdrive-Kanal weitaus größer und kräftiger, aber auch komprimierter und daher sehr viel dunkler, als vergleichbare Verstärker aus dem Süden Kaliforniens.

Tatsächlich zeigt das Klangbild des Classic 30 mit seiner Gutmütigkeit am Finger des Instrumentalisten, seiner angenehmen Kompression, den lebhaften Obertonreihen und dem grundlegend belegten, schmierigen Mittenbild, eher Ähnlichkeiten mit einem Mesa/Boogie F30 oder sogar einem Diezel-Einstein-Combo, als dass es an einen Fender Blues Deluxe oder gar Blues Junior erinnern würde.

Die durch den Gain-Boost freigegebene Verzerrung des Classic 30 reicht durchaus für moderne Spieltechniken, und auch mit Strat- oder Tele-Singlecoils darf hier nach Herzenslust geshredded werden, was die Sweep-Arpeggios hergeben. Einzig ein richtig tighter, moderner Metal-Rhythmusgitarren-Sound kann diesem Kanal nicht ohne Hilfsmittel abgerungen werden, aber das ist bei einem 1x12er-Open-Back-Combo nicht von den Gain-Reserven abhängig, sondern eben dem Gehäuse geschuldet.

PREISE & LANGZEIT-PERFORMANCE

Der Classic 30 hat sich nach etlichen Jahren als Produkt im Peavey-Sortiment etabliert und ist fast überall als Neuware aber eben auch als Second-Hand-Verstärker zu bekommen. Zwei Kleinigkeiten sollte man beim Gebrauchtkauf beachten: Die beiden Drucktaster für die manuelle Kanalumschaltung und den Gain Boost auf der Oberseite des Chassis quittieren gerne mal ihren Dienst. Oftmals klemmen diese Taster in einer Position fest und eine Reparatur ist zeitraubend, da man die Bauteile nicht einfach erreichen kann und den Combo fast ganz auseinander bauen muss, um sie säubern, neu justieren oder gar austauschen zu können.

Zudem sind vier EL84 in einem 1x12er-Combo, der zweimal die Woche ein paar Stunden bei Bandlautstärke im Proberaum gespielt wird, schon nach ein bis zwei Jahren ganz ordentlich gebraucht und ein regelmäßiger Endstufenröhrenwechsel empfiehlt sich.

Grundsätzlich kauft man sich bei diesem Produkt aber keine tickende Zeitbombe und wird sehr viel Freude an diesem pragmatischen Combo haben, den man auf dem Gebrauchtmarkt schon zwischen 300 bis 400 Euro findet.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2021)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. ..einer der unterbewertetsten Amps, die es gibt; habe auch einen: ein Arbeitstier mit gutem Sound; dem Fender Deluxe Reverb (den habe ich auch) (fast) gleichwertig – je nach Soundgeschmack… – und der kostet gebraucht so ziemlich das Doppelte….

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  2. Ein entscheidendes Detail für die Brauchbarkeit ist die Endstufenbestückung. Mit 4EL 84 ist man in den meisten Situationen gut ausgestattet. In Clubs ist das genau die Leistung, die man braucht, um Laut genug zu sein, aber der Amp läuft bereits auf einer Belastungsstufe, auf der er gut klingt. Viele Amps, die sich 25 Watt aufs Panel schreiben und dann mit nur 2 EL 84 bestückt sind,
    können mit einer mittelmäßig lauten Band bereits nicht mehr mithalten.

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  3. Kann Manfred nur zustimmen. Eine breite Varianz an Sounds, robust, und immer auf den Punkt. Kann mit der ‘Markenware’ durchaus mithalten, nach meinem Dafürhalten ist er mir sogar lieber als ein Deluxe. Nur die Röhren, das stimmt schon, die werden ziemlich gebraten. Da muss man öfter ran als bei vergleichbaren Amps.

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  4. Ich habe seit 15 Jahren einen Classic 30 gelegentlich im Einsatz und bin immer wieder vom warmen Klang angetan. Bei der Auswahl des Verstärkers hatte ich auch einen Fender-Verstärker ausprobiert. Der hat meine Ohren so ermüdet, dass ich ihn nach 15 Minuten nicht mehr anhören wollte. Den Peavey kann ich den ganzen Tag hören.
    Kurz nach der Anschaffung des Peavey habe ich einen komischen Klang wahrgenommen, den ich mit den Endstufen-Röhren in Verbindung gebracht habe; ein Austausch dieser hat nur auf meinen Geldbeutel einen Auswirkung gehabt. Dann habe ich eine mechanische Einrichtung gefunden, die an den Röhren montiert wird, um Vibrationen zu reduzieren. Das hat das Problem gelöst.
    Bei meinem (vermutlich älteren) Exemplar, der etwas anders aussieht, als im Bild oben, war der Gain-Boost noch nicht mit Fußschalter steuerbar; der Doppelschalter hat Kanal und Reverb geschaltet. Da ich den Nutzen eines Ein/ Aus-Schalters für den Reverb noch nie verstanden habe, habe ich irgendwann den Anschluß für den Fußschalter so umbauen lassen, dass der Kanal und der Gain-Boost per Fuß schaltbar sind.

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    1. Habe auch das vibrieren der Röhren… wo kann man die Halterung die das rasseln verhindert kaufen… danke für eine Antwort

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  5. Habe wie Eric Thomas noch das ältere Modell. Dürfte aus den mittleren 90ern stammen und sieht noch etwas anders aus (gelber und mehr nach Fender Tweed Deluxe). Der Amp war mal nur als Übungsamp zuhause gedacht, stand immer mal auch rum, aber er ist neben all den anderen Amps doch geblieben. Einer der vielseitigsten Amps und vielleicht der Beste von Peavey.

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