Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: DigiTech Screamin’ Blues

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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(Bild: Digitech)

DigiTech Screamin’ Blues

Die sogenannte S-Serie von DigiTech scheut bis heute das Rampenlicht der Pedal-Szenerie. Weder Sammler:innen noch Sound-Kenner:innen scheinen von diesem Thema angetan zu sein. Woran könnte das liegen?

Vielleicht erscheint der Versuch, fremde Pedal-Klassiker zu kopieren, für eine Firma, die sich einst als „America’s Pedal“ etablierte, vielen als zu asiatisch? Oder waren DigiTechs Kopien einfach zu offensichtlich? Schaut man sich das Portfolio dieser Serie an, trifft man auf fünf Zerr-Pedale – und die haben in der Tat nur ein Ziel: Bekannten Klassikern das Wasser abzugraben. Dazu kopierte man nicht nur die Schaltungen, sondern auch – bis auf eine Ausnahme – die Farben der jeweiligen Originale.

Das blaue Screamin’ Blues eifert dem Boss Blues Driver nach, das orangefarbene Hot Head dem Boss DS-1, das grüne Bad Monkey dem Ibanez Tube Screamer TS9, das schwarzrote Death Metal dem Boss MT-2. Lediglich das Grunge weicht äußerlich von seinem Vorbild ab, der ProCo Rat. Aber dieses Pedal hat im Gegensatz zu den anderen seine eigene, spannende Geschichte, die ich in einer anderen Folge dieser Serie erzählen werde.

Schauen wir uns das Screamin’ Blues näher an: schön bluesig kommt hier nicht nur die Farbe, sondern auch das Apostroph im Namen rüber – wir erinnern uns da gerne an Howlin’ Wolf, Screamin’ Jay Hawkins, Lightin’ Hopkins und einige andere mehr, die den Blues mit einem Apostroph im Namen spielten. Also schon mal Daumen hoch für diesen gelungenen Move in der Namensgebung!

DER BESSERE BLUES DRIVER?

Zunächst handelt es sich bei den beiden Blues-Brüdern von DigiTech und Boss um einen zweistufigen Overdrive-Effekt mit 2×2 Si-Clipping-Dioden. Die einstellbare Verstärkung wird mittels FET-Verstärker anstelle der üblichen OPs realisiert. Auch die diversen Festfilter der beiden Geräte sind nahezu identisch.

Doch nach dem Tone- und Level-Einsteller findet sich eine wichtige Ausnahme: Ein zusätzlicher Bass-Regler (Low). Und der erhöht die Flexibilität des Screamin’ Blues enorm. Denn wie bei allen Overdrive-Pedalen dieser Art, werden auch in dieser Schaltung die Bässe vor der eigentlichen Übersteuerung merklich ausgedünnt, damit der verzerrte Sound durchsichtig und möglichst definiert bleibt. Eine gut klingende Bass-Absenkung ist aber auch immer vom Grad der Übersteuerung abhängig. Deshalb sind hier fest eingestellte Filter eine recht unflexible Lösung.

Beim DigiTech-Pedal kann der Bassanteil separat geregelt werden und ermöglicht dadurch individuelle Anpassungen an Singlecoil- und Humbucker-Gitarren oder an unterschiedliche Amps. Hier punktet der Screamin’ Blues gegenüber dem Blues Driver merklich. Der zusätzliche Mixer Out ist ein weiteres modernes Feature, das allen Geräten dieser DigiTech-Serie eigen ist. Hier wird das Output-Signal über ein steilflankiges Tiefpass-Filter fünfter Ordnung geführt, um die Frequenzgang-Charakteristik eines Lautsprechers mit einem durchaus akzeptablen Ergebnis zu emulieren – für die Fälle, in denen ein DI-Signal vonnöten ist.

Die Frage, ob der Screamin’ Blues der bessere Blues Driver ist, darf also aufgrund dieses Ausstattungs-Mehrwerts mit gutem Gewissen bejaht werden. Das Screamin’ Blues liefert also mehr, aber kostet es dann auch weniger?

PREISE

Ja, deutlich! Bei einem Neupreis des Boss Blues Driver von etwas über 80 Euro erscheint der durchschnittliche Gebrauchtpreis von 70 Euro zwar sehr optimistisch, aber günstiger wird es tatsächlich gerade nicht angeboten. Beim Screamin’ Blues pendeln sich hingegen die Gebrauchtpreise bei knapp unter 50 Euro ein, ich habe meine beiden sogar für jeweils 40 Euro erstehen können. Hier kann man also noch für kleines Geld einen richtig guten Blues-Driver-Sound, aber mit größerer Flexibilität erstehen. Ein prächtiger Kleinanzeigen-Held, dieses Pedal von DigiTech!

Hier ein leichtgewichtiges Blues-Pedal mit 369g.
Heavy Metal … mit 671g ist diese Version fast doppelt so schwer wie sein Bruder.

 

Wie gut, dass bei der Preisfindung das Gewicht keine Rolle spielt. Denn wie beim Stallkollegen Bad Monkey konnte ich feststellen, dass unterschiedlich schwere Ausführungen des Screamin’ Blues im Umlauf sind – siehe die Fotos vom offiziellen Wiegen! Klangliche Unterschiede zwischen schweren und leichten oder früheren US- und späteren China-Versionen gibt es jedoch nicht. Hier kann man also bedenkenlos zugreifen!

Danke an Boostin’ Bernd Meiser für seinen technischen Support!

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Habe ein identisches Pedal von C.Giant (als OD-1 “Warm Blues” Overdrive/Distortion bezeichnet). Hat – glaube ich – nur 30 Euronen gekostet und ist für diese Preislage echt in Ordnung.

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