Erheblich aufgewertet
Klassiker reloaded: Peavey Classic 20 112 Combo im Test
von Michael Dommers, Artikel aus dem Archiv
POWER ON
Nach Betätigen des Netzschalters leuchtet die große rote Pilot Lamp dermaßen hell, dass die beiden zunächst roten T.S.I.-LEDs, die den Status der Endröhren während des Aufheizens und eventuelle Fehlfunktionen beim Vollbetrieb signalisieren sollen, im Standby-Modus nicht zu erkennen sind. Erst der Standby-Switch lässt sie gut sichtbar grün aufleuchten, was den fehlerfreien Betrieb des Classic 20 anzeigt. Der Clean Channel besitzt – abhängig von der Output-Power-Wahl – eine Menge Headroom. Während ihm PAF-Style-Humbucker im 20-Watt-Betrieb etwa bis Volume 7 warme ausgewogene Clean-Sounds mit luftiger Transparenz und geschmeidigen Höhen entlocken, vernehme ich beim selben Setting im 1-Watt-Modus sahnigen, im 5-Watt-Betrieb dezenteren, sehr akzentuierten Crunch.
Während der Clean-Kanal eindeutig Vintage-Flair versprüht, gibt sich der Lead Channel mit viel Gain moderner. Er kann aggressiv beißen und stellt Akkorde wunderbar harmonisch dar. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl bietet er sogar Low-Gain-Crunch-Sounds, wenn man nämlich Pre-Gain auf eins und Post-Gain nach Bedarf einstellt. Seine Stärken liegen jedoch unbestritten im Mid- bis High-Gain. Beides zeichnet sich durch harmonische Distortion, Letzteres durch enormes Sustain aus, das jedem solierenden Hardrocker Freudentränen entlocken dürfte. Die beide Kanäle gleichzeitig bedienende passive 3-Band-Klangreglung zeigt reichlich Effizienz, sogar im High-Gain-Betrieb. Mit ca. 3400 ms Decay Time macht der eingebaute Digitalhall selbst bei spendabler Zumischung eine gute Figur.
Die ausschließlich fußschaltbare Boost-Funktion fettet den Sound nicht nur ein wenig an, sondern bewirkt auf beiden Kanälen eine Pegelanhebung von etwa 4dB, mangels Herstellerangaben gemessen mit der Pegelanzeige meines Mixers – Angabe natürlich ohne Gewähr. Für einen praktikablen Solo-Boost reicht das erfahrungsgemäß nicht aus, zumal sich die Wirkung mit zunehmender Verzerrung abschwächt.
Sowohl dem D.I.- als auch dem Phones- und dem USB-Out hat Peavey die Frequenzkorrektur MSDI spendiert, die praxisnah und geschmackvoll abgestimmt wurde und daher klanglich absolut überzeugt. Dank der installierten Lastwiderstände kann bei Bedarf der Lautsprecher komplett abgeschaltet werden ohne der Endstufe zu schaden.
Die fußschaltbare serielle FX Loop lässt sich nicht nur für externe Effekte nutzen. Wünscht man sich beispielsweise eine praktikablere Anhebung des Ausgangspegels als der bordeigene Boost, wären hier zusätzliche Booster (passive wie z.B. der Rath-Amp Solo Switch oder Minus-Booster, oder aktive wie Graphic EQs oder Clean Booster) eine gute Alternative.
In Verbindung mit dem stabilen Plywood-Gehäuse überträgt der Sheffield Zwölfzöller die Sounds sehr differenziert und transparent und verleiht dem Class 20 Combo ordentlich Druck und Klangfülle.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Schon Peaveys Classic-Amps der 90er-Jahre waren und sind auch heute noch unter Gitarristen höchst beliebt. Die mit zusätzlichen praktischen Features erheblich aufgewerteten aktuellen Classic-Modelle erweisen sich klanglich nicht nur als absolut ebenbürtig, sondern sind dank Leistungsreduzierung, frequenzkorrigierter D.I.-, Phones- und USB-Ausgänge sowie vier Fußschaltfunktionen wesentlich vielseitiger einsetzbar. Zudem bietet sich der Clean Channel als exzellente Pedal Platform an. Kurz: Ein toller leistungsstarker Amp, nicht nur für Club-Gigs, zudem top verarbeitet und zum fairen Preis.
Plus
● Sounds
● Dynamik & Transparenz
● nebengeräuscharm
● praktische Features
● umfangreiche Ausstattung
● flexibel einsetzbar
● Verarbeitung
● Preis-Leistungs-Verhältnis
Minus
● Rote T.S.I.-LEDs zu schwach
● Boost fürs Solieren nicht stark genug

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)
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