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Test: JoYo Bantamp Mini Tube Jackman & Meteor

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JoYo Bantamp Mini Tube Jackman and Meteor Verstärker

 

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„Na, was hast du da wieder für Spielzeug?“ frotzelte meine Holde, als sie die beiden Bantamps auf meinem Tisch entdeckte, „Sind die süß!“ Dabei heißt das doch gar nichts, auch wenn sie klein und bunt sind, können diese Verstärker theoretisch trotzdem ernstzunehmende, coole Sounds liefern. Schließlich ist bei denen sogar eine Röhre am Start.

Na ja, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und eine einzelne Röhre ist noch kein Garant für guten Ton; was die Bantamps wirklich auf Ihrem kleinen Kasten haben, werden wir gleich sehen. Positive Erwartungen schürt die Tatsache, dass sich der chinesische Hersteller binnen relativ kurzer Zeit einen guten Namen gemacht hat, mit niedrigpreisigen Produkten. Effektpedale, Zubehör dafür, Pedal-Controller/-Looper, Amps für Gitarre und Bass, auch Röhrentopteile, Cabinets usw. sind im Programm.

Die Bantamp-Mini-Tube-Serie ist Joyos neuester Streich im Bereich Verstärker. Sechs verschiedene Modelle gibt es derzeit, die in der Ausstattung und den Features identisch sind, aber unterschiedlichen Sound-Ausrichtungen folgen. In den Beschreibungen fällt häufig der Begriff „britisch“, wodurch wiederholt eine Brücke zu Sound-Charakteren von Marshall-Ikonen geschlagen wird. Das Modell Atomic allerdings eifert der Beschreibung nach dem guten alten AC30 von Vox nach. Die übrigen Modelle im Kurzabriss: Joyo bezeichnet den Vivo als heiß- gemachten Briten mit Anleihen beim Brownsound, das Modell Zombie soll einem 150 Watt „Muscle-Amp“ gleichen und sehr hohe Dynamik freimachen, Bluejay ist der Name einer Version, die auf Blues und Jazz ausgerichtet ist.

minimalissimus

Wenn man einmal von der Farbgebung und dem Typenaufdruck absieht, sehen die Bantamp-Modelle identisch aus. Gleiche Technik, gleiche Ausstattung, aber natürlich sollen die Charaktere auch hier unterschiedlich sein. Dem roten Jackman spricht Joyo das Naturell eines klassischen 100-Watt-Britamps zu, der gelbe Meteor interpretiert diese Ausrichtung mit einer modernen High-Gain-Struktur.

Dem Konzept liegt eine Hybridschaltung zu Grunde, die in der Eingangsstufe JFET-Halbleiter und eine 12AX7-Röhre einschließt. Die nominale Leistung von 20 Watt erzeugt eine Class-D-Endstufe; nur mit dieser miniaturisierenden Technik sind solch kleine Geräte mit hoher Ausgangsleistung überhaupt möglich. Und das Netzteil ist natürlich ausgelagert und nimmt so keinen Platz in Anspruch. Man hat zwei Sound-Ebenen zur Wahl, Clean und OD/Overdrive. Per Fußschalter zwischen beiden zu wechseln ist nicht möglich, ein entsprechender Anschluss fehlt. Würde nebenbei bemerkt auch nicht viel nutzen, denn der Lautstärkesprung zwischen den beiden Sound-Modi ist erheblich, bzw. man muss stets am Volume nachfassen, um zu ungefähr gleichen Lautstärken zu kommen. Regelbar sind Vorverstärkung (Gain), Lautstärke (Volume) und die Klangbalance (Tone) im Höhenbereich.

Im Signalverlauf liegt zwischen Vor- und Endstufe ein serieller Einschleifweg mit den Anschlüssen Send und Return. An der Rückseite befindet sich außerdem ein Phones-Ausgang (3,5 mm), der frequenzgangkorrigierte Signale abgibt, also eine Lautsprechersimulation bietet, der DC-Eingang für das Netzteil und ein Lautsprecherausgang, der minimal mit 8 Ohm belastet werden darf. Gleich daneben sehen wir ein ungewöhnliches Detail, eine kleine Antenne (geschraubt angebracht). Wohinter sich ein besonderes Schmankerl der Bantamps verbirgt. Sie sind mit einem 4.0-Bluetooth-Modul ausgestattet, das erlaubt, die Signale drahtlos an einen Computer etc. zu übertragen.

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SMD macht’s möglich: Viel Elektronik auf kleinstem Raum inklusive einer 12AX7 (Bild: Dieter Stork)

Die handlichen Verstärker bewegen sich preislich auf einer Ebene, die unter dem Niveau nicht weniger Effektpedale liegt. Man könnte insofern auf die Idee kommen, dass hinsichtlich der Fertigung, der Qualität und der Bauteile mit dem Rotstift geplant wurde. Erfreulicherweise bewahrheitet sich das nicht. In den sauber und passgenau gefertigten Metallgehäusen ist moderne SMD-Platinentechnik untergebracht. Steckkontakte verbinden die Module, Potis, Schalter und Buchsen sind qualitativ hochwertig. Dass nicht gespart wird, erkennt man auch an der Röhre: Es wird keine „billige“ No-Name-China12AX7 eingebaut, sondern eine selektierte Type vom renommierten US-Hersteller Rubytubes. Diese 12AX7AC5HG findet man auch in Vollröhrenverstärkern der gehobenen Preisklassen. Fazit bis hierhin: Substanz und Fertigung punkten voll im Plus.

energisch

Im Clean-Modus nehmen sich die beiden Modelle nichts. Sie liefern ein in sich ausbalanciertes, gefälliges Klangbild mit eher dezenten denn kräftigen Bassanteilen. Ein kritischer Punkt bei Kleinstverstärkern der unteren Preiskategorie ist nicht selten die Klangqualität der oberen Mitten und der Höhen. Eine gewisse Penetranz, die anstrengend auf die Ohren wirkt, kommt in höherer Lautstärke auf und vergällt den Hörgenuss. Nicht so hier bei Jackman und Meteor. Die beiden spielen davon (nahezu) unbelastet auf und verwöhnen zusätzlich mit gesunder Transparenz und einer guten Dosis Frische in den Höhen. Der Charakter des angeschlossenen Instruments kommt gut zur Geltung.

Die Clean-Kanäle geben sich bei dynamischer Rhythmusarbeit stabil und impulsfest. Nahe der Vollaussteuerung entwickeln sie eine Art Sag, nachgiebiges Einsacken der Ansprache wie bei Röhrenverstärkern, was das Gros der potentiellen Nutzer sicher schätzen wird. Zumal damit parallel eine Verdichtung des Klangbilds einhergeht, die im Klangeindruck Endröhrensättigungen ähnelt. Die Sound-Farbe kann allerdings nur geringfügig verändert werden, weil der Tonregler lediglich eine Höhenblende darstellt bzw. keine besonders effiziente Wirkung erzeugt. Damit kann man den Frequenzgang nicht „verbiegen“. Es reicht für nicht viel mehr als eine ausbalancierende Feinabstimmung bei wechselnden Instrumenten, oder unterschiedlichen Verstärkern.

Verschiedene Gain-Intensitäten: schon damit grenzen sich unsere Testkandidaten im Overdrive-Modus deutlich voneinander ab. Der Jackman liefert wirklich das, was gemeinhin mit dem Begriff Overdrive gemeint ist: Verzerrungen der untersten Stufe, von leicht angezerrt bis in den unteren Crunch-Bereich. Als ideal betrachtet man es hier, wenn Harmoniestrukturen differenziert erkennbar dargestellt werden und eine für Spieler angenehme Reaktivität auf die Spielweise gegeben ist. Weil das den musikalischen Ausdruck fördert/stärkt. Diese Eigenschaften liefert der Jackman recht souverän, wenn man an den Preis denkt, sogar „erschreckend“ gut. Er spielt so gesehen auf hohem Niveau, wenngleich er an die Dichte und Fülle wertiger Analogverstärker nicht heranreicht. Sein Overdrive ist von der erdigen Sorte, erzeugt kaum Sustain und Kompression. Im Klang ist er tatsächlich britisch veranlagt, aber moderat, nicht übermäßig aggressiv oder bissig. Das müsste doch ein guter Kumpel für Blues sein? Ja, auf dem Terrain kann er seine Qualitäten sehr gut ausspielen. Akkorde im Grunge-Rock, Southern-Rock, sowas gehört auch zu seinen Stärken.

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(Bild: Dieter Stork)

Der Meteor scheint im Overdrive-Modus seinem Namen alle Ehre machen zu wollen; er schlägt vernichtend ein. Das ist nur positiv gemeint. Der Klangcharakter strahlt eine gewisse Urgewalt aus und punktet mit Reizen, die an heiße Röhren-Marshalls erinnern. Biss, viel Aggressivität, sensible Obertonansprache, kratzende Höhen wie bei einem JCM800 – aber die Gain-Reserven liegen höher. Riffs und Akkorde erreichen im Sound viel Dichte und hinterlassen mit ihrer kompakten Kraft einen überzeugenden Eindruck. Da auch hier beim Meteor wieder das Sustain kaum unterstützt wird und man im Attack/Anschlag kaum Kompression fühlt, ist der Overdrive-Modus beim Solieren ein barscher Kumpel, der den Spieler so gut wie gar nicht unterstützt. Stramme Gegenwehr, ungnädig, er macht es einem nicht leicht. Man muss sauber hinlangen, sonst gibt es eine Watsche.

Weil der Bassbereich bei den Bantamps schlank geformt ist, empfiehlt es sich, eine Box zu verwenden, die in den unteren Frequenzen eher etwas zu dick aufträgt, als dass sie zurückhaltend agiert. Eine 1×10″-Box mit Minimalabmessungen ist den Verstärkern also kein guter Partner. Zumindest wenn man an den (Line-) Einsatz in einer Band denkt. Spielen die Kollegen nicht bedenkenlos laut, können die Bantamps in diesen Anwendungssituationen durchaus bestehen. Im Zweifel empfehle ich im Einschleifweg ein Equalizer-Pedal auszuprobieren (gebraucht ab ca. EUR 40 zu bekommen), das einerseits schlagartig zu einer Luxusklangregelung verhilft und zum anderen den Bassbereich „aufpäppeln“ kann.

Bei der Nutzung zu Hause fürs Üben oder Recording liegen die Maßstäbe anders – da sind die Verstärker definitiv autarke Stand-Alone-Lösungen. Die Speaker-Simulation erlaubt qualitativ hochwertige Aufnahmen ohne Mikrofon. Die Frequenzgangkorrektur ist also zweifelsfrei praxisfreundlich. Dazu sollte man aber wissen: Im Vergleich zur Wiedergabe über Lautsprecher hat das Klangbild in den oberen Mitten einen starken Peak, der durchaus den Sound-Charakter verändert. Außerdem sind die Höhen schwächer, sprich die Simulation kappt das obere Ende des Sound-Spektrums ziemlich resolut.

Zuletzt noch ein Hinweis: Der FX-Weg ist beim Meteor im Overdrive-Betrieb nahe der Gain-Obergrenze ziemlich hochpegelig. Das ist unpraktisch, denn je nachdem welche Geräte verwendet werden, kann dies problematisch sein. Weil eventuell der Eingang des FX-Geräts übersteuert wird, oder, wenn man dort mit einem Level-Poti gegensteuert, am Return-Input des Meteor nicht mehr genug Pegel zur Vollaussteuerung ankommt.

alternativen

Die Luft ist dünn in diesem Preissegment, die Bantamps stehen recht einsam auf weiter Flur. Es gibt aber doch ernstzunehmende Konkurrenten. Bluetooth haben sie nicht, aber der Micro Terror von Orange sowie der High-Gain-Rocker Piranha Micro Head von Peavey können als Alternative zumindest für den Meteor betrachtet werden.

resümee

Klein, praktisch, gut. In der Tat, so maximal kompakt wie sie sind, bieten die Bantamps doch hohen Nutzwert. Die Basis dessen sind eine gemessen am technischen Konzept erfreulich kultivierte Sound-Formung und die hohe Leistungsausbeute der Endstufe. Live/Bühne, Homerecording, Üben still im Kämmerlein … wer nicht viel Geld ausgeben will, findet im Meteor und/oder dem Jackman ein im wahrsten Sinne des Wortes preiswertes Allround-Tool.

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Hinweise zu den Soundfiles

Für die Aufnahmen kam ein C414 von AKG zum Einsatz, nahe platziert, ungefähr fünf Zentimeter off-axis, vor dem Celestion G12H meiner 4×12-Referenzbox.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und gemastert. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuerte die Raumsimulationen bei.

Das Instrument ist eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg).

Clips 1 bis 6: Die Amps bieten zwei Sound-Ebenen, Clean und Lead. Im Clean-Modus geben sich Jackman und Meteor nichts. Deshalb sind die ersten beiden Audioclips nicht spezifisch markiert.

Es folgen je zwei Sound-Beispiele  im Lead-Modus.

Clip 7 bis 11: Zum einen ist in verschiedenen Konstellationen mein „Referenz-Riff“ (RefRiff) zu hören, das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter (die Verzerrungen selbst sind hier gemeint, nicht die Frequenzkurve) der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann. Zum anderen sind drei Clips darunter, die verdeutlichen wie Meteor und Jackman im D.I.-Verfahren abgenommen klingen; Quelle ist der Headphones-Ausgang.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer!

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten. [2046]

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2017)

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