Japan Vintage: Aria Pro II FA-03 von 1993

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Dass in Japan in den 1970er-Jahren hervorragende Archtops gebaut wurden, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Im Zuge der Lawsuit-Androhung von Gibson produzierten Firmen wie Ibanez, Yamaha und Aria dann ab den 80ern auch eigene Modelle, zwar immer noch an Gibson-Klassiker wie die ES-175 oder L-5 angelehnt, aber mit teils sehr individuellen Features.

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(Bild: Lothar Trampert)

CUSTOM SHOP JAPAN

Aria hatte Anfang der 1990er-Jahre dann für kurze Zeit eine ganz besondere Archtop auf dem Markt, die wunderschöne Pro II FA-03, die in Punkto Korpus-Design und Kopfplattenform dezent eigene Wege ging – und zu den wenigen japanischen Jazz-Gitarren mit massiver Decke zählt. Dieses Instrument wurde vermutlich nur 1993 gebaut; im 1992er Katalog waren mit der Aria Pro II FA-02S ein rein akustisches Modell und mit der FA-01S eine Archtop mit Piezo-Pickup und 3-Band-Klangreglung im Angebot, beide mit massiver Decke.

Diese relativ seltenen Instrumente wurden vom Aria Custom Shop gebaut, der sein ganz eigenes Logo hatte und bis heute hochwertige Instrumente produziert – siehe www.ariacustomshop.jp. „Aria Handcraft Workshop“ steht in goldener Schrift unter dem geschwungenen Aria-Logo auf dem braunen Edelkoffer, in dem, gebettet in weinroten, schillernden Samt, eine wirklich schöne Gitarre liegt.

Klassische Archtop-Qualitäten sind hier kombiniert mit einem ungewöhnlichen Saitenhalter und einer ebenso speziellen Kopfplatte, die nach oben etwas schmaler wird und mit einer eigenen Open-Book-Variante abschließt. Auf der Rückseite sitzen sechs geschlossene Einzelmechaniken mit ovalen Perlmuttflügeln. Die gesamte Hardware der Gitarre ist goldfarben.

KONSTRUKTION

Auf dem dreiteiligen Hals (zwei ganz schmale Furnierstreifen mitgerechnet, ist er fünfteilig) sitzt ein Ebenholzgriffbrett mit 20 Medium-Bünden und neun rechteckigen Perlmutteinlagen. Die Mensurlänge beträgt 650 Millimeter. Am Halsende sitzt ein schwebend montierter Mini-Humbucker (Typ Johnny Smith oder George Benson), die Saiten verlaufen weiter über einen höhenverstellbaren, geschnitzten Steg aus Ebenholz zu dem bereits erwähnten, massiven Tailpiece.

Der Pickup hat eine Impedanz von 6,5 kOhm und gibt den spritzigen Grund-Sound der Gitarre mit Wärme wieder. Sein Ausgangskabel führt über die auf dem dunkelbraunen mit fünffachem Binding eingefassten Tortoise-Pickguard sitzenden Volume- und Tone-Regler durch das untere F-Loch zur Ausgangsbuchse, die sich auf der hinteren Zarge befindet.

Die Aria Pro II FA-03 ist in einem zarten Two-Tone Sunburst lackiert. Die Decke besteht aus massiver Fichte, Zargen und Boden aus Bergahorn-Laminat (aka Sycamore). Mit ihrem 16″-Korpus, einer Zargentiefe von knapp 8 Zentimetern und einem Gewicht von 2,8 kg ist diese Gitarre sehr handlich ausgefallen, lässt sich aber auch im Sitzen noch wunderbar spielen – fast mit L-5-Feeling, was ja z. B. bei einer Ibanez GB10 etwas auf der Strecke bleibt.

DIE DECKE

 

Die allermeisten in dieser Kolumne erwähnten japanischen Archtops, sowohl Kopien bekannter Klassiker wie auch eigene Kreationen, haben, im Gegensatz zur Gibson-Oberliga, keine massiven Decken. Hört man das bei rein akustischem Spiel meist noch raus, ist es oft bei verstärktem Einsatz kaum noch relevant – da überwiegt fast schon der Vorteil, unempfindlicher im Rückkopplungsverhalten zu sein. Die hier gefeierte Aria Pro II FA-03 ist in dem Punkt ein echtes Sensibelchen, und sie fängt schon bei mittleren Lautstärken schnell zu hupen an, wenn man im falschen Winkel zum abstrahlenden Speaker sitzt. Für laute Fusion-Combos ist sie definitiv nicht geeignet, in leisen Trio-Formaten, im Duo oder Solo zeigt sie dagegen viele Feinheiten im Ton – sie klingt einfach gut.

Das hier vorgestellte Modell wurde mit Flatwounds von Thomastik (.012er-Satz) besaitet. Diese Gitarre klingt und schwingt wirklich gut, und ich hatte sie neulich im Direktvergleich mit einer wirklich großartigen Mittsiebziger-ES-175-Kopie des japanischen Labels McCormic. Dieser voll laminierte Klassiker klang auch beachtlich und je nach Einstellung gar nicht so anders. Nur gehupt hat er nicht. Während die McCormic-ES-175 mit kraftvollem Anschlag sehr gut zurecht kam, zeigte sich die Aria da sensibler, was aber auch noch durch die momentan sehr flach eingestellte Saitenlage unterstützt wird. Sie kommt mit dezenterem Attack besser zurecht.

Aber mal ehrlich: Wer hört bei klassischen Aufnahmen von Joe Pass, Attila Zoller, Tal Farlow oder Scotty Moore schon raus, ob die Decke wie gewachsen, gepresst, geschnitzt oder aus verleimten Holzschichten besteht? Letztendlich sind Gitarren Einzelereignisse, komplexe Wesen, so unterschiedlich wie komplexe Menschen. Und wie sich Menschen und Instrumente verändern können, wenn sie auf den passenden Partner treffen, ist unglaublich …

 

ARIA GUITARS JAPAN

Ursprünglich hat diese Aria Pro II FA-03 Anfang der 90er-Jahre mal 220.000 Yen gekostet, was nach derzeitigem Kurs umgerechnet 1550 Euro sind – und in dieser Preisregion bewegt sie sich auch heute noch: 1300 bis 1600 Euro. Ein hochwertiges Instrument zu einem wirklich angemessenen Preis, der damals die amerikanische Konkurrenz schwitzen ließ. Und vergleicht man mal die Verarbeitungsqualität und die Lackierung mancher ES-175 oder ES-335 aus den späten 80er- und frühen 90er-Jahren mit teureren japanischen Fabrikaten, sehen die US-Produkte oft alt aus.

Trotzdem kosten sie auch aus diesen Problemdekaden immer noch zweimal so viel wie eine gute Ibanez AS200, eine GB20 oder diese Aria Pro II FA-03. Wie bereits in einem früheren Artikel dieser Reihe erwähnt, stand die Marke Aria in punkto Jazz-Gitarren lange etwas im Schatten von Ibanez, was sich aber in den letzten Jahren geändert hat. So sind die L-5-/Super-400-Modelle PE180 und PE190 inzwischen sehr gesucht, besonders begehrt sind die Robert-Conti-Signatures, gewidmet dem gleichnamigen, bei uns weniger bekannten, 1945 in Philadelphia geborenen BeBop-Gitarristen.

Ein Qualitätsmerkmal zeichnet diese älteren Aria-Gitarren aus: Sie wurden in den 1970erJahren in Japan von Matsumoku hergestellt – und in dieser Zeit hat man auch bei Serienmodellen ein hohes Qualitäts-Level etabliert, das später im Aria Handcraft Workshop noch mal überboten wurde. Die Aria Pro II FA-03 ist ein originelles und wirklich hochwertiges Instrument, das bei sensiblem Umgang mit seinen Eigenheiten aufblüht. Diese Gitarre inspiriert und macht Spaß!

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2022 Digital
Gitarre & Bass 5/2022 Digital
IM TEST: Zoom B6 +++ Framus Wolf Hoffmann WH-1+++ Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O +++ Sandberg California Central +++ Origin Effects Bassrig +++ Lava ME 2 Freeboost & ME 3 +++ One Control Strawberry Red +++ Fender Player Plus Meteora HH & Active Meteora Bass +++ Marshall 2525H & JVMC212 Black Snakeskin LTD

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Sehr informativer Bericht! Ich besitze auch eine alte Aria Pro II,-allerdings das Modell TA 50 (aus der damaligen Titan-Serie) mit Sycamore Decke und Boden,und kann die hohe Fertigungsqualität dieser damals bei Matsumoku in Japan gebauten Gitarren gerne bestätigen! Es sind wirklich wundervoll klingende Gitarren.

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