Kann viel und macht Spaß

Hybrides Gesamtpaket: Underdog Chuck im Test

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PRAXIS: WOHNZIMMER, PROBERAUM UND STUDIO

Die eigentliche Frage ist ja, ob der Chuck sein Produktversprechen hält. Schließlich schickt er sich an, eine „Alles-in-einem-Lösung“ zu sein, die im Wesentlichen Röhrensound gepaart mit relevanten Effekten für vielfältige Situationen bereithält. Das bedeutet: Im Folgenden darf er sich direkt an einer Box, per XLR im Studio sowie als Audiointerface beweisen.

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Das Herz ist die analoge Vorstufe ergänzt mit dem analogen Booster. Underdog betont, dass sie beim Sounddesign nicht auf gängige Vorbilder geschielt haben, sondern den Chuck nach eigener Einschätzung konfiguriert haben. Herausgekommen sind zehn Grundsounds, die von glasklar bis bretthart reichen und so ziemlich jede Facette dazwischen abdecken. Der Clean-Modus bietet für meine Ohren amerikanisch geprägte Klänge, die von clean bis zu schmatzigen Breakup-Sounds reichen können. Der Booster liefert hier eine willkommene klangliche Addition. Im Classic-Modus haben wir es mit schönem, schmatzigen Crunch bis hin zu rauem, britisch angehauchtem Rock-Punch zu tun, der bereits bis in High-Gain-Gefilde reicht. Die verschiedenen Voicings bieten feine, unterschiedliche Nuancen und Gain-Reserven. Die Metal-Fraktion wird spätestens im Modern-Modus fündig, denn der Chuck „chugt“, wenn er soll. Auch hier erlauben die vier verschiedenen Voicings eine entsprechende Auswahl, die ans Ziel führt. Durch Justierung von Preamp-Gain und Amp-Volume sowie dem ersten Equalizer lassen sich diese schon sehr guten tonalen Grundsounds pro Preset entsprechend abstimmen. Zudem liegt am Ende noch der globale Master-EQ, mit dem man den letzten Schliff vornehmen kann. Das ist sicher hilfreich, denn je nachdem, ob man den Chuck direkt in eine Box, ins FOH-Pult oder an Studio-Monitore spielt, ist das ein exzellentes Werkzeug für die finale klangliche Anpassung.

(Bild: Dieter Stork)

Zusammengefasst: Die Röhrenvorstufe deckt eine Vielzahl gängiger Sounds ab. In Kombination mit dem analogen Booster stehen sieben Presets zur Verfügung, die keine Wünsche offenlassen. Ein Wort zum Spielgefühl: Eine spürbare Latenz ist nicht festzustellen und der Chuck reagiert dynamisch und unmittelbar auf das Spiel. Er fühlt sich absolut authentisch unter den Fingern an. Prima.

Wenn man ihn direkt über eine Box spielt – hier bei mir über eine 4×12 mit 16 Ohm –, reduziert sich die Leistung der Endstufe um rund ein Viertel. Die Box selbst strahlt natürlich großflächig ab. Das Volumen aus dann rund sechs Watt genügt auch für zu Hause und lässt auch die Nachbarn teilhaben. Bei voller Endstufen-Power kann es für Proben mit nicht allzu lauten Bandkollegen vielleicht ausreichen. Sofern es aber in einem lauteren Kontext zur Sache geht, empfiehlt es sich mindestens, den Chuck mit einer 4-Ohm Box zu betreiben um a.) den besten Sound und b.) die volle Leistung zur Verfügung zu haben. Der Vollständigkeit halber sei erklärt, dass der Chuck ganz bewusst auf eine 25-Watt-Endstufe setzt, denn dies ist auf das kompakte Konzept zurückzuführen. Eine größere Endstufe hätte laut Underdog neue Anforderungen an die Kühlung und die Größe des Geräts gestellt. Eine Lösung ist: Neben der Nutzung über die Class-D-Endstufe kann der Chuck parallel noch in die PA- oder Monitoranlage geschickt werden. Damit wäre dann die Gitarrenbox zum Beispiel der persönliche Monitor. Das funktioniert ebenfalls sehr gut, da sich die Impulse Responses den verschiedenen Anschlüssen zuweisen lassen. Im Beispiel: Betrieb mit externer Box direkt und die XLR/Klinkenausgänge inkl. Impulse Responses.

Die Ausgänge lassen sich unabhängig voneinander regeln und IRs können individuell zugewiesen werden.

Stichwort Direktbetrieb: In diesem Fall spielt die Class-D-Endstufe keine Rolle. Über die XLR-Ausgänge geht es direkt ins Pult. Hier kommt der Chuck so richtig zur Geltung. Die digitale Poweramp-Simulation überzeugt mit echtem Feel. Mit zwei Impulse Responses, die im Panorama frei wählbar sind, kann man den Sound wahlweise spreizen und ihm Breite verleihen. Dabei gilt natürlich, dass ein Speaker bzw. dessen digitales Abbild durch Impulse Responses den stärksten EQ-Eingriff in den Sound darstellt. Das erhöht die klanglichen Optionen um ein Vielfaches. Bereits die mitgelieferten, hauseigenen Impulse Responses (IRs) von Underdog liefern gute Ergebnisse. Mein Eindruck ist, dass es sich hierbei um Abbilder verschiedener Varianten von Greenbacks und V30s handelt. Die IR-Namen lassen jedoch keinen Rückschluss auf die verwendeten Cabinets zu. Das Wunderbare ist, dass man eigene IRs (44,1 kHz bis 192 kHz werden unterstützt, intern 48 kHz, 24 Bit) ins Gerät laden kann und somit jeder seine Lieblings-IRs verwenden kann. Ganz praxisorientiert gedacht: Mit dem Editor hat man zügig sieben Presets kreiert – entweder mit den mitgelieferten IRs oder mit selbst erstellten bzw. externen IRs – und ist schnell ausgehfertig.

Kommen wir zur Effektsektion: Bei den Werkspresets war mir der Effektanteil teilweise zu stark, aber das ist natürlich Geschmackssache. Über den Expert-Modus im Editor lassen sich jedoch vorzügliche Räume, schöne Echos/Delays und schwebende Chorus-Sounds ausgezeichneter Qualität einstellen.

In den Expert Settings lassen sich die Effekte feinjustieren.

Auch hier gilt: Einmal eingestellt und abgespeichert, hat man ein „Set-and-Forget“-Preset. Einzig das Wah, welches wie ein Auto-Wah agiert und in vier verschiedenen Modi arbeiten kann, kann nicht ganz überzeugen. Es liegt wie alle digitalen Effekte im Signalweg hinter der Vorstufe, was klanglich einen Kompromiss darstellt. Gegen den Sound eines Wah, das vor der Vorstufe platziert ist, steht es zurück. Wenn jemand sein Lieblings-Pedal doch als Post-Preamp-Effekt nutzen möchte, gelingt dies mit dem exzellenten Effektweg ebenso einfach wie klangneutral. Gleiches gilt auch für etwaige Lieblingszerrpedale. Denn Pedal-Effekte vor dem Frontend werden vom Chuck gerne angenommen. Im Falle des Falles hat man sogar die Stromversorgung dafür schon am Chuck parat.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass der Chuck auch als Audio-Interface über USB funktioniert. Die Installation des Treibers gelang mühelos und im Ergebnis stehen zwei Ein- und Ausgänge über USB in Verbindung mit einer DAW zur Verfügung. Für direkte Aufnahmen über USB umgeht man somit die D/A-Wandlung am analogen Ausgang des Chucks, was zu einer weiteren leichten Verbesserung des aufgenommenen Signals führt.

RESÜMEE

Mit dem Chuck von Underdog betritt eine neue Marke die Szene. Hier wurde eine kompakte Röhren-DSP-Hybrid-Lösung für Live- und Studio-Anwendungen geschaffen, die sich nicht nur für zu Hause eignet. Zwar ist man anfangs von den vielen Parameter-Variablen etwas erschlagen, doch erlaubt der Software-Editor letztendlich eine schnelle und intuitive erste Bedienung. Also keine Angst vor dem Erstkontakt! Wesentlich ist, dass sich der Chuck wie ein Röhrenverstärker anfühlt und anhört. In ihm schlummert eine breite tonale Palette, die von dynamischen Clean- und Crunch- über Hi-Gain- bis hin zu modernen Ultra-Hi-Gain-Sounds reicht. Drei Sound-Modi, zehn Voicings und umfangreiche Möglichkeiten, den Ton zusätzlich mit dem analogen Booster anzudicken, mit dem EQ zu formen und über den Master-EQ an das Backend abzustimmen, bringen den Chuck in puncto Sounds sehr souverän über die Ziellinie. In der Effektsektion hat sich Underdog auf die wesentlichen Kandidaten fokussiert: Die Qualität der Reverb-, Delay- und Chorus-Effekte ist sehr gut. Lediglich das Wah fällt im Vergleich zu einem analogen Wah (vor einem Amp) ein wenig ab. Hervorragend arbeiten die Power-Amp-Simulation und der integrierte, doppelte IR-Loader. Auch die umfangreiche Anschlussperipherie mit Effektweg, USB-Interface, Stereo-Anschlüssen (XLR und Klinke) für FOH oder das Mischpult, Kopfhörer-Anschluss, Aux-In, MIDI-Implementierung und integriertem Tuner lässt keine Wünsche offen.

Für das Spielen zu Hause oder bei Sessions in gemäßigter Lautstärke reicht die Class-D-Endstufe mit 25 Watt aus. Möchte man den Chuck jedoch allein mit einer externen Box nutzen und bei höheren Pegeln spielen, ist unter Umständen mehr Power erforderlich, zum Beispiel in Form einer aktiven FRFR-Box. Kurzum: Der Chuck kann viel und macht Spaß. Mit € 1649 ist er auf den ersten Blick kein günstiger Kollege. Zieht man jedoch die Qualität des Produkts, die Fertigung „Made in Germany“ sowie die umfangreiche Ausstattung und die gebotenen Lösungen in Betracht, so geht das Preis-/Leistungsverhältnis in Ordnung. ●

Plus

● Verarbeitung
● Ausstattung
● als USB-Audio-Interface nutzbar
● Editor-Software
● doppelter IR-Loader
● Röhrensounds
● Effekte

Minus

● Wah-Effekt kann nicht ganz mithalten


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2025)

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