Audiophile Überraschung

Größe ist (nicht) alles: Lehle Mono Volume S im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Über das Lehle Volume muss man nicht viele Worte verlieren. Mit herausragender Qualität und eigenwilliger Optik polarisiert es seit seiner Markteinführung in 2015. Mit einigen spannenden Neuerungen versehen, gibt es nun auch eine kleine Version des Klassikers, die sich im folgenden Praxistest beweisen darf.

Zugegebenermaßen war ich etwas erstaunt, dass das erste kompakte Pedal aus dem Hause Lehle ein Expression-Pedal sein sollte (Test in Ausgabe 12/2021), bedient es doch wohl eine relativ kleine Nische. Nun steht aber auch das von vielen ersehnte, kompakte Volume-Pedal zum Kauf bereit und natürlich teilt es sich Eigenschaften mit sowohl dem Dual Expression als auch dem größeren Gegenstück, dem Mono Volume.

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ÜBERSICHT

Mechanisch hat sich nicht viel verändert, von der Schrumpfkur mal abgesehen. Trotz der kürzeren Wippe lässt sich das Pedal sehr präzise über den großzügigen Regelweg bewegen und bietet über den gesamten Verlauf einen gleichbleibenden Widerstand. Zur Anpassung an die eigenen Bedürfnisse kann dieser über eine Stellschraube unkompliziert erhöht oder reduziert werden. Sehr angenehm fällt dabei auf, wie weich sich das Pedal aus dem Stillstand lösen lässt, selbst bei maximalem Widerstand ist nur ein dezenter Ruck zu vernehmen. Kein Vergleich zu konventionellen Mechaniken mit Zahnstange und -rad.

Zur dauerhaften Befestigung auf dem Board befinden sich in der Bodenplatte Löcher, an denen das Pedal festgeschraubt werden kann. Wer das nicht möchte, nutzt einfach die mitgelieferten Gummifüße oder beklebt die Unterseite klassisch mit Velcro oder Dual Lock. Wie auch bei den anderen Pedalen des Herstellers befinden sich die Anschlüsse allesamt an der Stirnseite, wozu auch der Anschluss für die Versorgungsspannung gehört. Um eine verlustfreie Regulierung der Lautstärke sowie die Bufferung des Signals zu gewährleisten, benötigt das Gerät eine Spannung zwischen 9 und 15 Volt.

(Bild: Dieter Stork)

Anders als Pedale, die keine Betriebsspannung benötigen, arbeitet das Lehle allerdings verschleißfrei, wodurch weder kratzende Potis noch gerissene Bowdenzüge jemals zu einem Problem werden könnten. Und da zur Bufferung auch noch ein optionaler Boost hinzukommt, geht die Notwendigkeit einer Spannungsversorgung absolut klar. Über die USB-C-Buchse kann das Gerät zusätzlich noch als class compliant Midi-Pedal genutzt werden und doppelt am Rechner als Expression-Pedal.

AUDIOPHILE ÜBERRASCHUNG

Verarbeitet wird das Signal, rein analog, von einem hochwertigen VCA, einem spannungsgesteuerten Verstärker. Gesteuert wird dieser von einem Mikrocontroller, der die Daten des verbauten Magnetsensors auswertet und entsprechend in Echtzeit umsetzt. Signalisiert wird die Verarbeitung dieser Daten durch das blaue Aufleuchten der sonst weißen Betriebs-LED unter der Wippe.

Mittels des darunterliegenden Tasters kann zwischen den verschiedenen Betriebsmodi umgeschaltet und bei Bedarf auch eine Kalibrierung des Pedals durchgeführt werden. Sorgen um die Audioqualität muss man sich dabei nicht machen, hörbares Rauschen oder Verzerrungen des Frequenzgangs gehören nicht zu den Eigenschaften des Volume S. Dies gilt auch für den Betrieb als Boost-Pedal, wobei hier 0dB, 5dB und 10dB als Optionen zur Verfügung stehen. Relevante Unterschiede in der Audioqualität konnte ich zwischen den verschiedenen Modi weder hören noch messen.

Eine Ausnahme und „audiophile Überraschung“, so der Hersteller, stellt hier der Betriebsmodus „P4“ dar. Dieser bietet nicht nur ca. zwei weitere dB Verstärkung, sondern auch eine leichte Sättigung des Signals, die sich weniger hören, sondern mehr spüren lässt. Der Sound wird etwas dichter und die Saiten „kleben“ mehr am Finger. Als weitere Option und Beitrag für die gefühlte Spieldynamik eine willkommene Funktion. Äußerst spannend ist auch der P4.1- Betriebsmodus, in dem der 12dBBoost erst aktiviert wird, sobald das Pedal vollständig durchgedrückt wird. Quasi wie ein schaltbarer Solo-Boost.

Deaktiviert wird er durch erneutes Durchdrücken des Pedals, was aufgrund des fehlenden haptischen Feedbacks zumindest bei mir einen Moment der Eingewöhnung erfordert hat. Über die DIR-Buchse kann das gebufferte, aber ansonsten unveränderte Eingangssignal abgezweigt werden, nützlich beispielsweise für das Durchschleifen an ein Stimmgerät oder parallele Signalwege auf dem Pedalboard. Für die Verwendung mit mehreren Verstärkern ist eine zusätzliche galvanische Trennung ratsam.

ALTERNATIVEN

Volume-Pedals gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Grenzt man die Auswahl auf verschleißfrei arbeitende ein, bleiben davon jedoch nicht einmal eine Hand voll übrig. Die Produkte von Morley beispielsweise sind zwar qualitativ ebenfalls sehr gut, nehmen aber deutlich mehr Platz auf dem Pedalboard ein und liegen in der gleichen Preisklasse oder sogar darüber. Für die Kombination aus Signalqualität, Funktionsumfang und mechanischer Qualität sehe ich derzeit wenig bis keine echten Alternativen. Einzig die der kompakteren Bauform geschuldete Inkompatibilität zu „Pancake“- Steckern sollte Erwähnung finden, wobei dies nur zutrifft, wenn alle drei Klinkenbuchsen genutzt werden sollen. Im Betrieb ohne Direktabgriff ist ausreichend Platz für alle gängigen Patchkabel.

RESÜMEE

Wer bis hierhin gelesen hat, wird ahnen, wie das Urteil ausfallen wird. Einigen mag es als Lobhudelei erscheinen, doch das Volume S reiht sich nahtlos in die Familie der durchweg hochwertigen Produkte aus dem Hause Lehle ein. Sicherlich, über die Optik oder den Preis kann man geteilter Meinung sein, am Ende zählen für mich aber immer die Qualität und das Gesamtpaket. Und in dieser Hinsicht gibt es von mir eine klare Empfehlung.

PLUS

  • Signalqualität
  • verschleißfrei
  • Verarbeitung
  • Funktionsumfang


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2022)

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