One round shoulder

Gibson HP-415 W im Test

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Traditionelle Basis und moderne Features, Trademark-Sound und zeitgemäße Bühnentauglichkeit – all dies soll in der High-Performance-Serie vereint werden.

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(Bild: Dieter Stork)

Traditionshersteller haben es in dieser Hinsicht ja wirklich nicht leicht, denn der heiß geliebte Spirit von Instrumenten, die seit einem halben Jahrhundert oder länger erfolgreich sind, darf nicht verloren gehen. Wie weit also die Schraube drehen? Legt man hier eine J-45 zu Grunde, so hat Gibson bei der HP-415 W schon ein ganz schönes Stück weit an dieser gedreht. Let’s have a close look.

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Kein Mahagoni, kein Palisander

Schaut man sich den Holz-Mix an, so ist im Vergleich mit dem Vorbild nur das Deckenholz geblieben: Sitka-Fichte in AAQualität ist nach wie vor gesetzt. Die Decke dieser Round Shoulder Dreadnought unterscheidet sich aber – naturblond und mit Cutaway – dennoch deutlich von der einer üblichen J-45. Beim Korpus liegt ein markanter Unterschied in der Zargentiefe: Mit 92 – 101 mm zeigt sich die HP-415 deutlich verschlankt.

Als Holz kommt hier wunderschön gemaserte Walnuss zum Einsatz. Auch Steg und Griffbrett sind daraus gefertigt, der Hals ist aus Ahorn (zweiteilig mit Walnussstreifen). Die Gibson ist somit vollständig aus nordamerikanischen Hölzern gebaut – da bekommt der Ausspruch „America first“ endlich mal eine rundum positive Auslegung. Zurück zum Steg: Der ist sehr schlank, und bietet gerade genug Platz für sechs Saiten-Pins und die längenkompensierte Stegeinlage aus Tusq. Klassische 628 mm später überqueren die Saiten den Sattel aus gleichem Material und finden Halt bei den gekapselten Grover- Mechaniken mit kleinen Wirbeln. Hier an der – selbstverständlich schwarzen – Kopfplattenoberseite findet sich dann auch der Zugang zum Halsstellstab unter dem typischen Trussrod-Cover in Glockenform.

Endgültig zur Bühnengitarre wird die Gibson dann mittels des vielfach bewährten Preamp/Pickup-Systems „Element“ aus dem Hause L.R.Baggs. Es hält sich – mit nur einem kleinen Volume-Rädchen innen am Schalllochrand – optisch dezent im Hintergrund. Die HP-415 W ist, inklusive Halsrückseite, tadellos auf Hochglanz lackiert, bestens eingestellt und abgerichtet – und kommt in einem maßgeschneiderten Qualitätskoffer mit Manual und allerhand Case- Candies zum neuen Besitzer. Feines Paket.

Spielkomfort mit *

High Performance heißt die Serie, und das soll keine hohle Floskel sein. Alles ist hier auf schnelle, leichte, bequeme und ermüdungsfreie Bespielbarkeit ausgelegt. Mit der etwas schlankeren Zarge liegt die Gitarre gut am Spieler, der rechte Arm hat trotzdem genügend Auflage. Der Mapleneck hat ein interessantes Profil (Advanced Comfort) – irgendwo zwischen C und D – mit recht viel Fleisch auf den Rippen. Jedenfalls im Vergleich zu meiner J-45, die ich hier immer mal zu Rate ziehe – quasi als Vorher-Modell. Der Anpack ist schon gewöhnungsbedürftig, Daumen- und Handballen liegen ganz anders an. Das ist aber keine Kritik, der Hals ist klasse. Mit der eher kurzen Mensur und den flachen, perfekt polierten Bünden spielt sich die Gibson wie von selbst. Das Cutaway ebnet den Weg für Soli bis zum hohen C.

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(Bild: Dieter Stork)

Und der Klang? Diese Gibson, mit all ihren Änderungen und Weiterentwicklungen, klingt wie eine Gibson. Gute Nachricht, oder? Dieser abgehangene, trockene, Song-dienliche LoFi-Charakter den ein Gibson-Fan liebt, seit er das erste Mal ‚Country Honk‘ von den Stones gehört hat, wird hier geliefert. Aber die HP- 415 legt das – mit einer Extra-Portion Klangfrische und Attack – auf ihre eigene Art und Weise aus. Gewohnt holzig-derb, dabei aber quick-lebendig und knackig in der Ansprache, springt der Sound hervor. Ich ziehe wieder meine J-45 zum Vergleich heran: ja, die HP hat die Gene ihrer Vorgänger, klingt aber etwas heller, leichter, kein Wunder bei den verwendeten Hölzern. Das L.R.Baggs-Element-System transferiert das Klangbild ganz natürlich und unkompliziert ins Elektrische, da vermisse ich keinen einzigen Regler oder Fader. Kein Schnickschnack, passt, klingt – fertig. So muss das sein.

Resümee

So anders, und doch so typisch Gibson. Ohne Tropenhölzer, Made in USA, ein Bühnen-Workhorse mit toller Bespielbarkeit. Ein treff- und stilsicher weiterentwickelter Steelstring-Klassiker zum verträglichen Preis. Antesten!

Plus

  • modernisierter Klassiker
  • Schonung von Tropenhölzern
  • Hölzer, Hardware, Lackierung
  • Bespielbarkeit und Handling
  • markanter A- und E-Sound
  • Preis/Leistung

Aus Gitarre & Bass 06/2017

Produkt: Gitarre & Bass 5/2024
Gitarre & Bass 5/2024
IM TEST: Hopf Saturn 23 +++ Squier Esquire Deluxe +++ Ibanez GIO GRGR330EX +++ Gretsch Deltoluxe Parlor +++ Brooks EB-PL NoirDarkglass M200 & AO200 +++ Bogner Über Ultra +++ Line 6 HX One +++ Walrus Audio Silt +++ Mackie ShowBox

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