(Bild: Dieter Stork)
Hm, noch ein Wah? Ok, es sieht gut aus, aber was lässt sich zu diesem Thema eigentlich noch hinzufügen, was nicht schon von vielen anderen gesagt wurde? Das Flattley The Wah gibt darauf einige pfiffige Antworten.
Bei Flattley handelt es sich um eine klitzekleine, aber feine englische Boutique-Pedalschmiede. Hier werden nicht nur die Augen mit einzigartigen, wunderschönen Grafiken verwöhnt, sondern auch gewitzte und sinnvolle Detaillösungen angeboten – selbst bei Geräten, bei denen man Innovation nun wirklich nicht mehr erwartet hätte. Und das alles mit reinster, kleinteiliger Handarbeit.
In unserem Test ihrer Marshall-JTM45-Interpretation waren wir bereits voll des Lobs – nun wollen wir mal sehen, was uns „The Wah” bietet.
60S PSYCHEDELIC
Das The Wah empfiehlt sich mit einer wunderschönen, bei jedem Exemplar einzigartigen Öl-Lackierung, die sofort die psychedelischen Vibes der 1960er Jahre heraufbeschwört. Wie alle anderen Flattley-Pedale wurde auch dieses von Phoebe, der Tochter des Hauses, liebevoll gestaltet. Neben dem trippigen Outfit ist es auch mit einem rock’n’rolligen Totenkopf-Design erhältlich.
Beim ersten Griff in die Kiste fällt das geringe Gewicht des The Wah auf. Mit 923 Gramm ist es deutlich leichter als mein Dunlop Kirk Hammett Cry Baby (1.482 Gramm) und wird nur vom Electro-Harmonix Wailer Wah (688 Gramm) in meinem Portfolio geschlagen – das ist aber auch aus plünnigem Kunststoff.
Unter der schönen Haube tuckert ein „Twin T Resonant Filter”, der im Verbund mit einem eigens für Flattley angefertigten 100-kΩ-Poti für den smoothen Sound des Wahs sorgen soll. Dieser wurde angeblich nur von einigen besonderen Wahs aus den 1960er Jahren verwendet. Ein weiteres cleveres Detail ist die Statusanzeige des Pedals. Wir alle kennen das Problem mit den meisten Wahs: Es gibt kein Lämpchen, das den Betrieb anzeigt. Deshalb weiß man nicht immer sofort, ob das Gerät überhaupt an ist.
Eine deutlich sichtbare LED am Kopfende blendet mitunter den Spieler. Also hat Paul Flattley eine transparente Scheibe zwischen Gehäuse und Bodenplatte des The Wha angebracht, die von vier blauen LEDs an jeder Seite von innen angestrahlt wird. Dadurch zieht sich bei Betrieb ein sanfter blauer Lichtring um den unteren Rand des Geräts. Das ist nicht nur schön, sondern auch praktisch. Das Teil läuft mit einem 9V-Netzteil oder einer Batterie. Schalten wir es mal ein.
(Bild: Dieter Stork)
IST ES AN?
So, die LED-Anzeige gibt eindeutig zu verstehen, dass das The Wah in Betrieb ist. Das Pedal ist komplett „durchgetreten” … aber der Sound … der ist nicht wirklich anders als im ausgeschalteten Zustand. Was ist da los? Tja, das ist kein Bug, sondern ein Feature! Denn das The Wah bearbeitet die Frequenzen des Signals anders, als man es von den meisten Wahs gewohnt ist. Die normalerweise bei Wahs hervortretenden, mitunter beißenden Höhen werden deutlich beschnitten, während die Bässe unangetastet bleiben.
Die Mitten werden je nach Pedalstellung hervorgehoben. Der Effekt: Bei durchgetretenem Pedal entspricht der gehörte Sound fast 1:1 dem Klang im ausgeschalteten Zustand. Nur eine leicht kehlige Note schleicht sich mit rein.
Insgesamt liefert das The Wah einen samtigen Sound, als würde ein vollmundiger Rotwein an die Ohren schwappen. Die Soli lassen sich sehr gefühlvoll modulieren, ohne dabei beißend und aggressiv hervorzustechen. Bei melancholischen Akkorden – etwa in der Ballade aus den 1960ern oder dem Portishead-Cover aus den 1990ern – wabert der Fuß ganz weich in den Takt ab.
Verzerrer an, „Money for Nothing” angestimmt – ja, das funktioniert, aber mit einer sehr kultivierten und etwas fetteren Klangnote, wenn man das Pedal gut austariert „parkt”. Das The Wah richtet sich somit an alle, die vom Bass-Cut eines herkömmlichen Wahs genervt sind und eigentlich einen eher sanften Filtersweep benötigen. Umgekehrt ist das The Wah damit aber auch für alle ungeeignet, die den quengeligen Sound anderer Wahs bevorzugen.
Wer das Wah für funky Rhythmusgitarre à la „Shaft” oder „Papa Was a Rolling Stone” nutzen will, braucht den harten „Knack” im Anschlag, um sich in der Rhythmusgruppe (und im Zweifel auch noch gegen einen Bläsersatz) Gehör zu verschaffen. Und wer sich wie Kirk Hammett im wüstesten Thrash-Geballer durchsetzen muss, dem sei ebenso wie Mr. Shaft dann doch zu einem anderen Wah geraten.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Das The Wah von Flattley überzeugt nicht nur mit seiner aufregenden Optik, sondern auch mit seinem geringen Gewicht, seinen durchdachten Features, wie der umlaufenden LED-Anzeige, und seinem extrem smoothen Tonverhalten. Ob man möchte, dass ein Wah genau so klingt, bleibt dem Geschmack des jeweiligen Anwenders überlassen.
Es eignet sich eher für jemanden, der eine sanfte Filterung unter Beibehaltung der Bässe benötigt und sich nicht gegen eine laute Band mittels Wah-Einsatz durchsetzen muss. Qualitativ ist es auf jeden Fall überzeugend – und das muss es angesichts des Preises auch sein. Letzterer ist allerdings bei der edlen Handarbeit angemessen.
Plus
● Toller, aber sehr eigener Klang
● Umlaufende LED-Anzeige
● Geringes Gewicht
● Verarbeitung
● Optik

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)