Die neue Arbeiterklasse

Fender Hot Rod Amps im Test

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Was in den Siebzigern und Achtzigern der Fender Twin war, ist mittlerweile die Hot-Rod-Serie von Fender: ein echtes Arbeitstier, das einem als vielspielender Musiker jedes Wochenende begegnet. Entweder in der eigenen Backline, bei der Vorband oder als Miet-Verstärker von Clubs oder PA-Verleihen – Fender Hot Rod Amps sind überall!

Fender Hot Rod_07

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Die aktuelle Produktlinie umfasst die vier Amps Pro-Junior, Blues-Junior, Hot Rod Deluxe und und Hot Rod Deville. Hinzu kommt noch das Reissue des Blues Deluxe, der Vorgänger des Hot Rod ohne zusätzliche Gain-Stufe, und ein 1×12 Extension Cabinet, um den kleinen Combos noch mehr Durchschlagskraft zu verleihen. Fender hat bei der neusten Generation (III) diverse Elemente verändert: Neben einem neuen Emblem und einem besser lesbaren Bedienfeld wurde der Fußschalter verkleinert und einige elektronische Details verbessert. Ein feiner abgestimmtes Volume- und Treble-Poti beim Deluxe und DeVille sowie eine Sparkle-Schaltung beim Blues-Junior sollen laut Hersteller für besseren Sound sorgen. Zudem sorgt ein Schwingungsdämpfer bei den zwei 15Watt-Modellen für weniger Vibrationen bei den EL84 Röhren.

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Konstruktion

Auf den ersten Blick vermitteln die Amps klassisches Fender-Flair. Die silberne Frontbespannung und das schwarze Tolex kennt man schon seit der Blackface- Ära der Sechziger. Hinter der klassischen Fassade verbirgt sich aber ein recht modernes Amp-Konzept: Platinenbauweise und kostengünstige Produktion in Mexiko mit den üblichen Sparkonzepten moderner Herstellung. Plastikeingangsbuchse, gesteckte Verbindungen zum Lautsprecher, und ein recht steifer, leicht rutschiger Plastikgriff. Als Live-Musiker würde man sich über eine etwas teurere Ausstattung mit Metallbuchse und gelötetem Speakerkabel sicherlich freuen, kann das aber für ein paar Euro nachrüsten lassen.

Alle Amps sind mit GrooveTubes-Röhren versehen, die in einer Art Metallkäfig sitzen und so besser vor Stö- ßen und Beschädigungen gesichert sind als bei einem Vintage Modell. Die Rückwand bedeckt knapp zwei Drittel der Flä- che, was die Combos fast zu geschlossenen Konstruktionen macht. Sechs Schrauben braucht man, um die Rückwand zu lösen, man hat dann aber direkt Zugang zur Elektronik, was den Service-Techniker freuen dürfte. Leider muss man für den Zugang zu den Buchsen für Speaker, Fuß- schalter und Extension-Speaker den gleichen Aufwand betreiben. Die sind nämlich nur sichtbar, wenn man die Rückwand abschraubt.

Ansonsten heißt es Position in der Bedienungsanleitung nachlesen und dann die Buchse ertasten – sonst landet der Speaker eventuell im Fußschalter-Anschluss, was einem Röhren-Amp schon mal den Garaus machen kann. Der Fußschalter von Deluxe und DeVille macht einen soliden Eindruck und passt mit seinen kompakten Abmessungen gut auf ein Pedalboard.

Pro-Junior

Mit 15 Watt und zwei Reglern für Volume und Tone ist der Pro-Junior der kleinste Verstärker der Serie. Die Bedienung ist selbsterklärend, Hall gibt’s keinen und auch einen Standby-Schalter sucht man vergebens. Mit Volume auf 9h gibt der Amp einen sehr strammen Clean-Ton von sich, der trotz der geringen Gehäuse-Größe ordentlich Bass hat. Der allgemeine Soundcharakter ist nicht von den glasigen Höhen geprägt, die man z. B. bei einem Vintage-Princeton findet. Man erhält eher einen neutralen Ton, der aber gut auf vorgeschaltete Pedale reagiert.

Auch ein stark zerrendes Distortion-Pedal bringt den Ton nicht zum Einknicken, sodass man schon in angenehmer Lautstärke sein Pedalboard als Tonmacher einsetzen kann. Dreht man das Volume-Poti weiter auf, stellt sich ab der 11h-Stellung leichter Crunch ein. das klingt ziemlich rotzig, nach Texas Blues und ist nichts für moderne Schöngeister. Mit der Verzerrung steigt auch der Bassanteil und die Lautstärke deutlich an, fürs Üben zu Hause definitiv schon an der Grenze. Volume auf Rechtsanschlag resultiert in dreckiger Sixties-Zerre.

Je nach angeschlossener Gitarre wird es dem Pro-Junior jetzt zu viel, mit einer Humbucker SG überschlägt sich der Ton und produziert nicht sonderlich musikalische Nebengeräusche. Besser fährt man mit einem nicht ganz aufgedrehten Volume-Regler, denn die Verzerrung steigt ab der 14h- Stellung nur noch leicht an.

Blues-Junior

Der Blues-Junior hat die gleiche Wattzahl wie sein kleinster Kollege, ist aber mit 3- Band-EQ, Master-Volume und Reverb technisch besser ausgestattet. Mit etwas weniger Bässen als der Pro-Junior sorgt der Blues-Junior bis zur 9h-Stellung des Volume-Reglers für echte Cleansounds, die man auch für Funk-Licks o. ä. verwenden kann. Generell finden sich mehr Fender-Sparkle und Höhen im Ton, die man mit der Klangregelung noch feiner abstimmen kann. Der Volume-Regler wird seinem Namen gerecht und sorgt nicht nur für Gain, sondern gibt mit höheren Einstellungen auch dem Master-Regler mehr Spielraum.

Wirklich cleane Sounds sind deswegen nur in äußerst moderater Lautstärke möglich, denn selbst bei voll aufgedrehtem Master benötigt man einen dezent spielenden Drummer, um gehört zu werden. Ab Volume auf 12h cruncht der Blues-Junior an. Sein Zerrton ist freundlicher und besser beherrschbar als der des Pro. Metal-Sounds sollte man nicht erwarten, der immer noch bissige Klang reicht für Blues und Roots-Rock aber völlig aus. Vorgeschaltete Pedale verbinden sich gut mit der Zerre, sodass man mit einem Tube Screamer aus dem Rhythmus-Crunch einen Lead-Sound machen kann. Weniger überzeugend klingt der Hall.

Im ersten Drittel des Regelbereichs sorgt die kurze Hallspirale für etwas Raum, danach wird es äußerst verwaschen. Originalsignal und Hall verbinden sich nicht wirklich, sodass ein sehr langer Nachhall entsteht. Das führt nicht zu Surfsounds, sondern wirkt eher künstlich und undifferenziert.

Hot Rod Deluxe

Mit der Größe der Amps steigt auch die Anzahl der Features. Der Hot Rod Deluxe verfügt über zwei Eingänge, zwei Kanäle, die sich eine Klangregelung teilen und einen Einschleifweg. Hinzu kommen auch ein Standby-Schalter und ein Presence Regler. Mit 40 Watt ist er lauter und robuster als die 15-Watt Junior-Amps und hat deutlich mehr cleanen Headroom. Bis zur Mittelstellung des VolumeReglers bleibt es nun wirklich unverzerrt. Der Ton ist etwas dumpfer als beim Blues-Junior und hat mehr vom fetten Bassverhalten des Pro-Juniors, wirkt aber weniger topfig. Die Ansprache ist direkt und von einer gewissen Härte geprägt und lässt sich auch nicht durch den ab Volume auf 12h einsetzenden Crunch vertreiben.

Der Hot Rod Deluxe ist kein Blackface-Amp, der aufbricht und in den Bässen weich wird, sondern bildet den Gitarrenton recht stramm ab. Das mag − nur mit Amp und Gitarre − etwas steif klingen, ist aber eine hervorragende Basis für Pedale. Wenn diese gut eingestellt und kombiniert sind, macht der Hot Rod Deluxe sie einfach lauter – ein Verstärker im wahrsten Sinne des Wortes, der die weiße Leinwand für die Farben des Effektboards bietet. Die fehlenden glitzernden Fender-Höhen verwandeln sich jetzt sogar in einen Vorteil – selbst dünne Singlecoils klingen mit dem passenden Zerrpedal angenehm und neigen nicht zu schrillen Höhen.

Auch der Hall ist besser abgestimmt, verbindet sich mit dem Originalsound und liefert das, was man von einem Federhall erwartet – warmen Vintage Reverb. Der zweite Kanal hat zwei Gain-Stufen. Stufe 1 produziert moderate Zerre, die schon weniger rau klingt als beim Blues-Junior. Man sollte allerdings beim Master etwas Gas geben, in niedrigen Settings wird der Ton schnell kratzig. Die höhere Gain-Stufe reicht dann schon bis in Hard-Rock-Gefilde. Der Ton ist relativ offen und lässt sich auch mit dem Master gut in dezente Lautstärken runterregeln ohne giftig zu klingen. Die Verzerrung reicht für Coverbands, moderaten Rock und Fusionsounds. Für Hi-Gain muss man ein Pedal bemühen, um die zusätzliche Verzerrung aus dem Verstärker zu kitzeln.

Blues Deluxe Reissue

Der Blues Deluxe war der Vorgänger des Hot Rod Deluxe und auf den ersten Blick unterscheiden sich die zwei Modelle hauptsächlich in optischer Hinsicht. Der Blues Deluxe vermittelt mit dem Tweed Bezug, dem braunen Metallschild und der silbernen Bedienplatte mehr RetroFeeling als die relativ nüchtern aussehende Hot-Rod-Variante. Unpraktisch, aber stilecht ist die umgekehrte Anbringung und Funktionsweise der Regler. Die Zeiten, in denen man die Amps an den Bühnenrand stellte und von hinten bediente, ist selbst in den konsequentesten Retro-Zirkeln vorbei. So muss man um den Amp herumlaufen oder sich eben daran gewöhnen alles quasi auf dem Kopf stehend bedienen zu müssen.

Auch technisch gibt es Unterschiede: Der Cleankanal ist anders ausgelegt, die zweite Gainstufe fehlt und als Speaker arbeitet ein 12″ Fender Special Design Speaker anstelle des im Hot Rod benutzen Celestion. Schon beim ersten Anspielen wird klar, dass diese technischen Unterschiede auch zu hören sind. Der Cleankanal klingt deutlich wärmer und druckvoller als bei der Hot-Rod-Version. Der Ton ist zwar immer noch stramm und knackig im Bass, bricht aber schon ab Volume auf 12h angenehm auf. Leichte Zerre ist zu hören, die feinfühlig auf den Anschlag reagiert und mit dem Presence-Regler und Bright-Schalter gut in den Brillanzen auf Gitarre und Geschmack angepasst werden kann. Der Charakter ist bluesig und verleiht Akkorden oder Hendrix-Fills genau den Crunch, den man in diesem Genre braucht.

Im Direktvergleich klingt der Hot Rod bei gleicher Einstellung cleaner, mit weniger Bass und einem neutraleren, moderneren Charakter. Ab der Mittelstellung des Volume-Reglers steigt die Lautstärke nicht mehr besonders an, dafür aber die Verzerrung. Hardrock-Klänge sind aber auch bei Rechtsanschlag nicht zu vernehmen, der Amp bleibt seinem im Namen erwähnten Stil bis zum Schluss treu. Der Zerrkanal bietet nur in gewissen Einstellungen angenehme Sounds. Master auf 9 und den Drive zwischen 12-15 h liefert Crunch, der den höheren Volume-Regionen des Clean-Kanals nahe kommt.

Dank des Master-Volume-Reglers kann man die Lautstärke etwas moderater gestalten. Drive auf Rechtsanschlag resultiert in einem mittigen, leicht quäkigen Ton, der weder im Rock- noch im BluesBereich eine besonders nützliche Figur abgibt. Da macht es mehr Sinn, den Blues Deluxe wie einen Vintage Amp einzusetzen: man stellt den Amp leicht zerrend ein, regelt für cleanere Sounds das Gitarren-Volume herunter und fürs Solo schaltet man auf den angecrunchten Amp noch ein oder zwei Verzerrer.

Hot Rod DeVille

Der Hot Rod DeVille hat die gleichen Features wie der Hot Rod Deluxe, aber eine andere Speakerbestückung. Vier Fender Special Design-Lautsprecher sorgen zusammen mit 20 zusätzlichen Watt für einen ganz anderen Klangcharakter. Die Cleansounds klingen nicht ganz so fett und „boomy“, dafür glasiger in den Höhen, was den DeVille mehr in Richtung des klassischen Fender-Tons gehen lässt. Der schlankere Frequenzgang bekommt auch dem Hall sehr gut, der weit aufgedreht die kalifornische Sonne scheinen lässt – oder profaner gesagt jetzt auch authentische Surf- und Ambientsounds liefert ohne den Ton matschig klingen zu lassen.

Auch die Zerrsounds klingen erwachsener, mehr Mitten und Punch verleihen Powerchords und Riffs einen netten Seventies-Touch, das Spielgefühl tendiert schon mehr Richtung Box als zum Combo, den man am Start hat. Das Thema Zimmerlautstärke ist dann zwar hinfällig, aber mithilfe des gut abgestimmten Masterreglers kann man den DeVille für weniger Gitarren-orientierte Tonmänner in moderate dB-Regionen bringen. Für die andere Richtung – mehr Lautstärke – steht noch eine Anschlussmöglichkeit für eine Zusatzbox zur Verfügung.

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Resümee

Mit der Hot Rod-Serie liefert Fender bühnentaugliche Amps zum moderaten Preis. Das Motto der Fender Website („Hot Rod Amps sind die perfekte Plattform für Musiker auf der Suche nach dem individuellen Sound“) ist dabei ein guter Ansatz, um zu verstehen, wie man diese Amps einsetzen sollte: Nicht als Tonformer, sondern eher als gut klingende Lautmacher bzw. Verstärker im klassischen Sinne, die eine Ausgangsbasis für vorgeschaltete Pedale und unterschiedliche Gitarren bieten.

Im Vergleich zu Vintage-Modellen klingen die Hot-Rod-Modelle einen Tick flacher und neutraler, was sie aber universeller macht. Für mich am interessantesten klangen dabei das größte und kleinste Modell der Serie: Der DeVille, weil er am nächsten am echten Fender Ton dran ist und zusätzlich einen guten Rock-Zerrton liefert. Und der ProJunior, weil er so simpel zu bedienen ist und eine äußerst dreckige Verzerrung liefert, die auch für Aufnahmen interessant sein kann. Für Blues-Musiker interessant ist auch der Blues Deluxe, der im Cleankanal wie ein Vintage-Amp einsetzbar ist und eine etwas altmodischere Sound-Charakteristik besitzt.

Fender Hot Rod_profil

Produkt: Jazz Amp
Jazz Amp
Realität oder Illusion?

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