Nur das Nötigste!

Drei Regler, keine Extras: Orange MK Ultra im Test

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(Bild: Orange Amplification)

KLANG

Der Verstärker ist so reduziert, dass er den Gitarristen und sein Instrument ins Scheinwerferlicht bringt und nicht seinen Sound aufdrückt. Für einen tief im Blues-Rock verwurzelten, hochtalentierten Gitarristen wie Marcus King ist das die Gelegenheit, seinem Spiel Ausdruck und Leben zu verleihen. Durch Zurückregeln des Potentiometers an der Gitarre lässt sich der Ton der jeweiligen Tonabnehmer stets verschlanken und bezüglich der Verzerrung bis hin zu Dirty-Clean oder völligen Clean-Sounds reduzieren – eine essentielle Komponente im Spiel von Marcus King. Gleichzeitig sollte man nicht erwarten, direkt wie Marcus King zu klingen, nur weil man seinen Signature-Verstärker spielt. Der Ton kommt nun einmal aus den Fingern und genau das wird hier besonders deutlich.

Klanglich würde ich den MK Ultra als spezialisiert, aber unerwartet vielseitig beschreiben. Er ist einerseits Pedalplattform, aber eben auch ein Verstärker, der das nahtlos wechselnde Rhythmus- und Solospiel von King unterstützt und dabei die wichtige Dynamik des Anschlags, sei es durch Plektrum oder mit den Fingern, und natürlich den Klang der Gitarre selbst rüberbringt. Bei Marcus King funktioniert das etwa bestens mit seiner Gibson ES-345, einer Les Paul oder einer Telecaster.

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Der Grundton ist abhängig von der Position des Deep-Reglers eher füllig klassisch, kräftig und durchsetzungsfähig in den Mitten sowie ein wenig schmutzig und grob. Andererseits lässt sich der Verstärker aber durchaus straff und rockiger justieren, indem man den Deep-Regler auf Linksanschlag stellt und gegebenenfalls zusätzlich Bässe vor dem Eingang ausfiltert.

Am anderen Ende des Frequenzspektrums ist der MK Ultra nie harsch und durchaus schnell ansprechend. Ein moderner Metal-Amp will er erwartungsgemäß aber ganz sicher nicht sein. Ohne jegliche Pedale habe ich den MK Ultra zunächst mit einer semiakustischen Höfner Nightingale und einer EII Mystique an unterschiedlichen Celestions (Greenback Reissues, G12H-100) gespielt. Dabei wird schnell wird klar, dass der Verstärker den Charakter der gesamten Signalkette vom Spieler bis zur Box genau widerspiegelt.

King selbst nutzt etliche Pedale vor seinem Verstärker. Neben Wah, Modulationseffekten, Delay und Reverb kommen dabei auch Boost-, Overdrive- und Fuzz-Pedale zum Einsatz. Exemplarisch testete ich einen Klon Centaur RI, einen Friedman BE OD Deluxe und EHX Big Muff π Green Russian RI und erhielt dabei stets stimmige Ergebnisse, bei denen die Verzerrung der Pedale mit der Endstufe verschmolz. Die Dynamik bleibt auch in diesem Szenario außergewöhnlich. Nur mit dem Poti der Gitarre und dem Anschlag gelangt man in Clean-Gefilde, wobei der Green Russian zugegeben deutlich schwerer zu zähmen und weniger dynamisch agierte. Ich würden meinen, dass man mit dem MK Ultra stets eine richtig gute Plattform für seinen Lieblingszerrer finden wird. Etwas schwieriger dürfte es aufgrund der puristischen Regelmöglichkeiten allerdings werden, wenn man unterschiedliche Verzerrer-Pedale im Wechsel verwenden möchte.

(Bild: Orange Amplification)

RESÜMEE

Der MK Ultra ist nicht nur Marcus King auf den Leib geschneidert, sondern ganz sicher auch ein ungewöhnlicher Verstärker, der sämtlichen Ballast zugunsten eines Klangbilds mit Vintage-Note über Bord wirft. Orange nutzt dabei ein konsequent reduziertes Design, um einen ausgesprochen dynamischen, lebendigen und durchaus flexiblen Ton zu erreichen, der die jeweilige Spielweise und das eingesetzte Instrument klar zu Geltung bringt und gleichzeitig eine rundum überzeugende Plattform für die eigenen Pedale bietet. Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 2999 Euro ist der limitierte und von Hand gebaute MK Ultra ganz sicher kein Produkt für jeden Musiker, sondern ein ganz bewusstes Angebot an Puristen.

PLUS

  • hervorragende Umsetzung von Spielweise und Dynamik
  • sehr gute Pedalplattform
(Bild: Gitarre & Bass)

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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