Lauschangriff!

Blackhole Stereo King Tube Amp

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Es ist immer gut, wenn man als Hersteller Produkte, die sich durch Alleinstellungsmerkmale auszeichnen, auf den Markt bringen kann. Hier haben wir sowas: den Nachfolger einer ehemals weit verbreiteten, dann aber schnell fast völlig ausgestorbenen Spezies – einen Stereo-Röhrenamp.

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Zu Zeiten der 19″-Racksysteme waren solche Amps gang und gäbe. Heute grassiert die Pedalmania, da braucht man so etwas wie Stereo nicht mehr!? Im Gegenteil, Tremolo, Hall etc. korrekt zweikanalig, das ist doch wie die Sahne auf dem Schokoeis.

Knapp drei Jahre ist es her, dass wir den absoluten Puristenverstärker „Lonely“ von Blackhole vorstellten. Minimalistische Vollröhrentechnik, wenig Bauteile, massig Ton. Seitdem hat sich viel getan. Das damals nicht einmal eine Handvoll Verstärker umfassende Programm ist erheblich angewachsen und bietet nun eine breite Palette, bis hin zu aufwendig technisierten Dreikanalern. Die Firma mit Sitz in Aarau/Schweiz produziert dennoch nicht in großem Rahmen. Sie wird von einem „Einzelkämpfer“ geführt. Sein Name: Matthias Günthart. Er hat sich ganz der manuellen Fertigung in höchster Qualität verschrieben. Was er macht, ist „boutique“ im reinen und ursprünglichen Sinne.

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Gegenkoppelung und Boost sind je Kanal schaltbar. (Bild: Dieter Stork)

Die Idee zur Entwicklung des Stereo King entspringt genau der oben genannten Sachlage. Gitarristen, die Pedalboards benutzen, wollen meist am Ende der Effektgerätekette eine Art lineare Clean/Overdrive-Verstärkung mit höchster Signalgüte und Dynamik. Und ja, wenngleich für viele Gitarristen der Gedanke, das Setup kompakt zu halten große Bedeutung hat, ist Stereo natürlich ein Thema.

Nun, es geht hier beides Hand in Hand, der Stereo King zieht einem beim Transport nicht die Arme lang, ist mit etwas über 15 kg Gewicht für einen Röhrenverstärker noch relativ leicht. Matthias Günthart hat natürlich auch 2×12″-Cabinets im Programm, die dem Konzept folgen. Alternativ kann man den Stereo King als 2×12″-Combo ordern (Preis ca. € 2850). Nicht ganz unwichtige Information in diesem Zusammenhang: Verkauf und Versand der Blackhole-Produkte erfolgen so, dass der Kunde sich über den Import, Zollformalitäten und Zusatzkosten, nicht den Kopf zerbrechen muss.

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2 mal 1 takt

Wenn man doch schon so einen „idealen“ Pedalboard-Amp wie den Lonely im Programm hat, lag es sicher nahe, ihn zum Zweikanaler auszubauen. Reduziertes Konzept, er hat nicht mehr Funktionen zu bieten als Treble, Bass, Volume. Na ja, doch, etwas mehr schon, denn weil die Endstufe im Eintaktbetrieb mit Kathodenbias arbeitet, bietet sich die Möglichkeit, unterschiedliche Röhrentypen zu verwenden, und zwar die EL34, 6L6GC, 5881, KT66, KT77 und 6V6. Wie es sich für einen Puristen gehört, ist auch für die Gleichrichtung der Wechselspannung eine Röhre zuständig, die GZ34. Diese Details hat Matthias Günthart für den Stereo King übernommen und sinnvolle Extras hinzugefügt.

Die Vorstufe hat er um eine Mittenregelung erweitert, an der Rückseite finden sich außerdem zwei Schaltfunktionen. Boost stellt eine Gain-Anhebung zur Verfügung, mithilfe des Feedback-Schalters kann man die Gegenkoppelung der Endstufe ein-/ausschalten: Mit Gegenkoppelung arbeiten Verstärker im Frequenzgang linearer, ohne – bzw. wenn man sie reduziert – treten Verzerrungen früher, bei geringerer Leistung auf, wodurch das Klangbild anders koloriert wird.

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(Bild: Dieter Stork)

Eine Besonderheit ist außerdem, dass in der Vorstufe der Röhrentyp 6SL7, den man gemeinhin als Vorgänger der 12AX7 bezeichnet, zum Einsatz kommen kann. Man sagt dieser Röhre nach, besonders „süß“ und voluminös zu klingen. Sie wurde z. B. in den Frühzeit-Gibson-Verstärkern verbaut (BR-4/-6, GA-20, GA-50 u. a.) und findet sich auch in alten Ampegs. Aktuell kann man sie in den Poche-Amps von Little Walter finden. Es handelt sich um eine Oktalröhre, d. h. sie braucht/hat hier im Stereo King eine eigene Fassung. In den Novalfassungen stecken bei unserem Testkandidaten 12AX7. Alternativ darf man hier natürlich alle Typen der A?7-Familie benutzen.

Minimalistisch wie sein Konzept ist, kommt der Stereo King pro Kanal mit nur einer Vorstufenröhre aus. Viel Gain kann es da also nicht geben. So ist von vorneherein klar, sollen Röhrensättigungen am Sound Anteil nehmen, dann kann das nur durch hohe Aussteuerungen provoziert werden, die auch die Endröhren in den Grenzbereich bringen. Im Overdrive-Betrieb kann der Stereo King somit keinesfalls ein Leisetreter sein.

Soweit die Technik. Schauen wir uns die Hardware an. Heißt Amp öffnen, Chassis raus. Ah, wie praktisch: Die Rückwand findet Halt über Schnappverschlüsse, einfach abziehen/draufstecken. Geschickt, bzw. die Idee zu Ende gedacht, kommt man so doch schnell an die Endröhren heran, wenn man mit den unterschiedlichen Typen experimentieren will. OK, dann wie üblich unten ein paar Schrauben lösen, raus kommt das Chassis aus dem (Schichtholz-) Gehäuse. Es ist aus Aluminium gefertigt, an den Kanten vernietet, ein stabiler Kasten. Das Innenleben wirft keine Fragen auf.

Der Blick fällt auf die in dieser Qualitätsklasse typischen Bauteile. Silver Micas, Mallory-M150- Koppelkondensatoren, Elkos u. a. von TAD, Alpha Potis, Trafos von Hammond, eine AC-Buchse mit integriertem Netzstörfilter, das volle Programm – Matthias Günthart bleibt sozusagen im Mainstream der Boutique-Kaste. Das Ganze in sehr guter Verarbeitung zusammengefügt, wobei auffällt, dass die Signale in der Vorstufe über abgeschirmte Kabel ihre Wege nehmen – den Aufwand betreibt auch nicht jeder Hersteller. Das Gehäuse steht dem in der Fertigungsqualität in nichts nach.

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(Bild: Dieter Stork)

nur links/rechts?

Ich habe den Lonely oben erwähnt, das sollte aber bitte sehr nicht dahingehend missverstanden werden, dass wir es beim Stereo King mit der gleichen Sound-Kultur zu tun haben. Es gibt da einen ganz wesentlichen Unterschied die Gain-Struktur betreffend. Der Lonely ist in der Lage, dichte, recht intensive Overdrive- bis Crunch-Verzerrungen zu erzeugen, die in Verbindung mit den möglichen unterschiedlichen Röhrenbestückungen markant variabel im Klang sind. Der Stereo King hat diese Fähigkeit nicht, weil die Gain-Reserven erheblich geringer sind.

Oh ja, Overdrive ist möglich, dafür muss man den Amp aber voll aufdrehen, Boost-On ist in dieser Situation Pflicht. Und indem man Feedback-Off wählt, kommt noch eine Prise Zerrschmelz hinzu, begleitet von mehr Biss in den Höhen. Hat etwas vom heiseren Röcheln der Fender Tweed-Amps, wird aber eben nur nahe Vollgas serviert. Was bei 2 x 15 Watt zum Glück noch nicht wirklich laut ist. Mancher wird sich trotzdem versucht fühlen, der Ohrenverträglichkeit mit Power-Soaks nachzuhelfen. Oder man setzt 6V6 in die Endstufen ein, das nimmt dann schon gehörig den Dampf heraus.

Der Arbeitspunkt des Stereo King liegt so gesehen eher im Clean-Bereich. Die Trümpfe seiner Wiedergabe sind die exzellent kraftvolle Dynamik, höchste Transparenz, Präzision in der Darstellung von Details, die jede kleinste Veränderungen im Obertonspektrum des Instruments feinfühlig herausstellt. Sowas nenne ich eine geschmeidige, musikalisch wertvolle Signalbearbeitung.

Wie so oft, wenn Amps solche Qualitäten offerieren, ist die Ansprache auf die Attacks des Spielers geprägt von recht strammer, fester Gegenwehr. Der Hinweis auf die Dynamik ist unter anderem so zu verstehen, dass der Stereo King tieffrequente Impulse/Noten verstärkt, ohne schwammig in die Knie zu gehen. Diese Stabilität im Ton ist natürlich genau das, was für die designierte Anwendung vorteilhaft ist. Effektbeladene Signale sollen ja laut gemacht werden, ohne dass sie verwischen oder undeutlich werden. Diese Aufgabe verrichtet der Stereo King vorbildlich.

Von seinen Vorstufen darf man nicht zu viel erwarten. Die Klangregelungen wirken effizient auf den Sound ein, durchaus klangformend, allerdings nicht besonders intensiv. Man findet in etwa dieselben Bedingungen vor wie bei einem Fender Pro-/Twin-Reverb bzw. dem Clean-Kanal von Super-Sonics usw. Immerhin sind die Klangregelungen so variabel, dass es sich anbietet und Sinn macht, den Stereo King nicht nur als luxuriöse Stereo-Endstufe am Ausgang des Pedalboards zu nutzen.

Wie wäre es, die beiden Kanäle separat unabhängig voneinander zu betrachten? Unterschiedliche Speaker an den Endstufen, auch die Röhrenbestückung individuell gewählt, eine AB-Box vor dem Amp, um die Kanäle wechselweise aufzurufen, das macht in der tonalen Bandbreite sehr viel her. Oder man lässt so eine Konstellation parallel laufen. Machen ja viele Cracks: zwei Amps mit unterschiedlicher Tonfarbe zugleich arbeiten lassen, erhöht die Sound-Tiefe, schärft den Charakter. Prominente Vertreter dieser Vorgehensweise sind z. B. Joe Bonamassa und Rick Valentine von Maroon 5 (cooler Gitarrist, der elegant mit seinem Setup umzugehen weiß). In der Art mit dem Stereo King zu arbeiten, ist aber natürlich nicht ganz dasselbe, wie mit einem Silver-Jubilee-Marshall und einem Divided by 13-Amp durchzustarten. Schon klar, nicht?!

Matthias Günthart bringt noch eine dritte Variante ins Spiel, die ich selbst oft anwende und zugunsten eines „größeren“, transparenteren Gesamtsounds sehr empfehle. Den Anschluss als Dry/Wet-System. Man splitte den Signalweg auf seinem Pedalboard vor den Modulations- und Echo-/Reverb-Pedalen in zwei Wege auf bzw. greife dort eben ein Dry-Signal (post Distortion etc.) ab. Dieses an den einen Kanal anschließen, das vom Ausgang des Pedalboards (hinter Mod, Echo, Reverb … ) an den anderen. Ergibt ein angenehm räumlich wirkendes Pseudostereo-Hörerlebnis.

Sowas ist aber nur schön für Clubs bzw. Gigs ohne P.A., denn wer will schon Stereo, bei dem das Publikum auf der einen Seite keine Effekte hört, das auf der anderen (zu) viel davon. Der Mann am Mischpult könnte das Setup natürlich Mono fahren, hätte dann sogar den Vorteil, Dry und Wet in der Balance nachzuführen (…aber Vorsicht Kollegen, macht das nur mit FOH-Technikern, von denen ihr wisst, dass die Ahnung haben; sonst ist am Ende vielleicht der eine Kanal zu).

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(Bild: Dieter Stork)

Wir sind fast am Ende. Summieren wir die Fakten auf, können, nein müssen wir mit dem Konzept und den Leistungen des Stereo King sehr zufrieden sein. Moment, habe ich da aus dem Hintergrund ein Veto gehört? Meckereinheit „…der Amp hat keine FX-Wege, das ist aber schwach!“ Moment, dafür können wir nicht einen Minuspunkt vergeben. Das Puristenkonzept mit Eintaktbetrieb in Vollröhrentechnik lässt es wegen der Pegelverhältnisse (hohe Signalstärken) gar nicht zu, funktional sinnvoll einen Einschleifweg zu integrieren. Wollte man dies umsetzen, müssten zusätzliche Röhrenstufen eingebaut werden, womit die Idee des kurzen geradlinigen Signalwegs quasi dahin wäre. Hat also alles schon seinen Sinn, so wie es ist.

alternativen

Wie sich mancher schon gedacht haben wird – es gibt keine. Einen Amp mit diesem Konzept gibt es unseres Wissens derzeit kein zweites Mal auf dem Markt, wobei ausschließlich Produkte aus Serienfertigungen berücksichtigt sind. Bei Firmen, die Custom-Orders umsetzen, ist etwas Vergleichbares vermutlich durchaus zu bekommen.

resümee

Blackhole bewegt sich hinsichtlich der Produktqualität auf einer Ebene mit den „noblen“ US-Boutiquen, wie Tone King, Three Monkees usw. Das beweisen die Machart des Stereo King und seine höchst kultivierten tonalen Fähigkeiten. Wer seinem Ton etwas richtig Gutes angedeihen lassen möchte, sollte diesen Verstärker unbedingt in Erwägung ziehen. Er ist wohlgemerkt ein Spezialist für die Anwendung in Verbindung mit Pedaleffekten bzw. Pedalboards. Handarbeit unter Verwendung sehr hochwertiger Bauteile, das hat natürlich – wir kennen es nicht anders aus der Boutique-Szene – seinen Preis. Zugegeben, einen vergleichsweise hohen, der jedoch unter Berücksichtigung des Marktgefühls zweifelsfrei in Ordnung geht. [1314]

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Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kam ein C414 von AKG zum Einsatz platziert vor einem Creamback im geschlossenen 4×12-Cabinet.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und gemastert.
Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4-T.

Der Stereo King ist beinahe ein reiner Clean-Verstärker. Verzerrungen lässt es sich nur ansatzweise entlocken, milden Overdrive eben. Die Clips 1-4 verdeutlichen, dass der puristische Röhrenverstärker sehr dynamisch anspricht und das Gitarrensignal voluminös und transparent zur Geltung bringt.

Clip 5 habe ich mit Reinhold Bogners Burnley eingespielt um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie markant und kultiviert der Stereo King in Verbindung mit einem (adäquaten) Distortion-Pedal klingt.

Im Clip 6 hören wir mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann. Im Clip 7 hilft ein Okko Diablo den Verzerrungen nach.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…, wenn möglich, bitte laut anhören, über anständige Boxen, nicht Kopfhörer!

Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Den würde ich ja gerne mal mit meinem Trace Elliot Velocette Twin / Gibson Goldtone GA-30RVS vergleichen…
    LG
    :-J

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