Eine Reise in die Vergangenheit

Beatlemania: Framus Hootenanny 12-string VNS

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(Bild: Dieter Stork)

1965 schaute nicht nur die Musikerwelt gespannt in den Westen der USA – politisch, kulturell und musikalisch wurden dort radikal neue Wege bestritten, inklusive des Summer of Love. Der Soundtrack dieser neuen Bewegung wurde von Protagonisten wie The Byrds, Eagles, Jefferson Airplane, Buffalo Springfield und vielen anderen mehr geprägt, aber auch von Folk-Ikonen wie Bob Dylan, Joan Baez, Neil Young oder Joni Mitchell – allesamt oftmals begleitet vom silbrigen Klang zwölfsaitiger E- und Akustikgitarren.

Die Beatles, gerade zurück von ihrer phänomenalen 1964er US-Tour, hatten sich von diesen neuen Sounds anstecken lassen und läuteten mit den Sessions zu ihrem Album ‚Help!‘ und dem gleichnamigen Film bewusst eine Zeit des Experimentierens und damit auch zur Anschaffung neuen Equipments ein. Es gab z. B. zwei Fender Stratocaster in Sonic Blue für George Harrison und John Lennon, die den existierenden Fuhrpark aus Rickenbacker 6- und -12-strings und Gretsch-Gitarren um eine neue klangliche Facette bereicherten. Doch die Beatles orientierten sich damals nicht nur westwärts. So wurden neben dem legendären Hohner Pianet auch eine Framus Hootenanny 12-string Akustikgitarre für 42 GBP angeschafft, 1964 im fränkischen Bubenreuth gebaut.

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FAB TWELVE

Framus, in den 1960er Jahren auf dem besten Weg, der größte Gitarrenhersteller Europas zu werden, war der neue, folkige Musiktrend aus den USA ebenfalls nicht verborgen geblieben. Firmenchef Fred Wilfer entwickelte, davon inspiriert, neue, folkige Akustikgitarren, die Konstruktionselemente von Framus-Jazzgitarren mit den Eigenschaften von Framus-Konzertgitarren kombinierten. Das Ergebnis nannte sich Framus „Country Western“ und „Folk-Style“: drei zwölfsaitige Modelle, die sich hauptsächlich in dem verwendeten Holz des Korpus unterschieden: 5/019 Camping King mit Ahornkorpus, 5/097 Folkmeister mit Palisander-Korpus und 5/024 Hootenanny mit Mahagony-Korpus. Alle drei Modelle waren in Sunburst und aufpreispflichtig auch in Natur zu bekommen.

John Lennon setzte seine Ende 1964 gekaufte Hootenanny am 18. Februar 1965 erstmals in den Sessions zum Album ‚Help!‘ bei dem von Bob Dylan inspirierten Song ‚You’ve Got To Hide Your Love Away‘ ein, und in einem der wenigen Overdubs spielte auch George Harrison die Hootenanny. Auch bei dem Titelsong des Albums und Films ‚Help!‘, der am 13. April 1965 in den Abbey Road Studios aufgenommen wurde, spielte Lennon die Hootenanny, die in einer eindrucksvollen, rudimentären Version von ‚You’ve Got To Side Your Love Away‘ auch im Film ab ca. Minute 28:00 zu sehen ist (gitarrebass.de/helpfilm)! Die Hootenanny kam auf dem neuen Album bei ‚You’ve Got to Hide Your Love Away,‘ ‚It’s Only Love‘, ‚I’ve Just Seen a Face‘ und natürlich auf ‚Help!‘ zum Einsatz.

Auf dem ebenfalls 1965 aufgenommenen Folge-Album ‚Rubber Soul‘ hört man die Framus 12-String ebenfalls auf ‚Girl‘ und – von Harrison gespielt – auf ‚Norwegian Wood‘.

Aber was passierte dann mit dieser Framus Hootenanny? John Lennons Framus Hootenanny erlebte das Schicksal einiger legendärer Gitarren – von den größten Bühnen der Welt über ein einsames Dasein auf einem staubigen Dachboden hin zu maximaler Aufmerksamkeit als Mittelpunkt einer großen Auktion.

Und das ging so: Ende 1965 schenkte John Lennon die Gitarre Gordon Waller von dem Duo Peter & Gordon, für das Lennon und McCartney einige erfolgreiche Songs geschrieben hatten. Später gab Waller die Gitarre an seinen Road-Manager weiter, der sie auf dem Dachboden seines Hauses lagerte, wo sie 60 Jahre lang ein einsames Dasein fristete – wohl behütet in einem Case der australischen Gitarrenfirma Maton. Bei einem Umzug Anfang 2024 tauchte die Gitarre dann wieder auf und der Sohn des Hausherrn kontaktierte Darren Julien von Julien’s Auctions, um zu berichten, dass bei dem Umzug seiner Eltern dem Dachboden wahrscheinlich eine Gitarre der Beatles gefunden worden wäre – sein Vater hätte ihm früher davon erzählt …

Solche Anrufe bei Auktionshäusern sind durchaus nicht selten, aber in den wenigsten Fällen handelt es sich dann tatsächlich um solch ein legendäres Instrument. Um ganz sicher zu gehen, zog Julien’s Auctions den Beatles-Gear-Experten Andy Babiuk hinzu, um diese Hootenanny mit der Seriennummer 51083 genauer zu untersuchen. Und Babiuk kam zu dem eindeutigen Ergebnis: Diese Gitarre ist die Beatles-Hootenanny! Denn einige charakteristische Merkmale belegten eindeutig, dass es sich um die Gitarre handelt, die auf Fotos der ‚Help!‘- und ‚Rubber Soul‘-Sessions sowie im Film ‚Help!‘ zu sehen sind. Z. B. die dunkleren Flecken im Muster der Rosette, der Verlauf der Decken-Maserung und das Muster des Tortoise-Pickguards. Auch der besagte braune Maton-Koffer mit seinem goldgelben Interieur, der ebenfalls auf einigen alten Fotos zu sehen gewesen war, passte ins Bild. Nachdem auch Ringo Starr persönlich die Gitarre als die wahre Beatles-Hootenanny identifiziert hatte, war man zu 100% sicher, dass diese Gitarre tatsächlich die ist, die ein Stück Musikgeschichte mitgeschrieben hat. Die Framus Hootenanny wurde daraufhin von Julien’s Auctions zur Versteigerung angeboten, und am 29. Mai 2024 für sage und schreibe $ 2.857.500 versteigert …

(Bild: Dieter Stork)

HEUTE

Nicolas Wilfer, Fred Wilfers Enkel und heutiger CEO der von seinem Vater Hans-Peter vor vielen Jahren mit viel Enthusiasmus revitalisierten Firma Framus, wollte dieses legendäre Instrument, das durch den Dachbodenfund und die anschließende Versteigerung in England wieder in das Bewusstsein der Beatles-Fangemeinde gerückt war, nun wieder Musikern und Sammlern zugänglich machen. Anhand von Dokumenten aus dem Framus-Archiv wurden 6- und 12-saitige Modelle mit den genauen Spezifikationen der Originale rekonstruiert, als Anschauungsmaterial diente zudem eine originale Hootenanny aus dem Framus Vintage Museum in Markneukirchen. Framus sagt, dass alle Anstrengungen unternommen worden sind, um sicherzustellen, dass diese Instrumente unter Berücksichtigung der heutigen Herstellungsprozesse so authentisch wie möglich gebaut sind. Und als dann nach Begutachtung der Gitarre sowohl Yoko Ono als auch der Estate of John Lennon Framus die offizielle Erlaubnis erteilt hatte, diese Gitarre auf den Markt zu bringen und in dem Zusammenhang auch John Lennons Name zu verwenden, konnte das Abenteuer Hootenanny 2.0 starten.

Die Konstruktion dieser Gitarre ist tatsächlich einzigartig, denn hier werden, wie von Fred Wilfer seinerzeit ausgedacht, Baumerkmale von Konzert- und Archtop-Gitarren miteinander kombiniert. Die Archtop-Herkunft zeigt sich im Trapez-Saitenhalter und dem in der Höhe verstellbaren Aufsatzsteg aus Palisander mit einfacher Metall-Stegeinlage, die wie beim Vintage-Vorbild aus einem Stück Bunddraht besteht.

Aus dem Jazzgitarren-Kontext entlehnt: Aufsatzsteg und Trapez-Saitenhalter (Bild: Dieter Stork)

Von der Klassikgitarre kommt hingegen das breite und flache Griffbrett, die „Round Shoulder“-Korpus-Silhouette und die insbesondere für eine 12-saitige Gitarre recht moderate Korpusgröße. Die massive Sitka-Fichtendecke sitzt auf einem Korpus aus massivem Sapele-Mahagoni, und die Fichtenbeleistung der Decke wurde dahingehend optimiert, einen möglichst warmen, aber gleichzeitig auch lauten Klang zu realisieren, der sich deutlich von anderen 12-string Akustik-Sounds unterscheidet, deren Ziel es in der Regel ist, mächtig, satt und Orchester-like zu erklingen.

Die Rosette um das Schallloch ist genau wie beim Vintage-Original aus einzelnen Holzstücken zusammengesetzt, damals wie heute ein auffälliges und optisch gelungenes Merkmal der Hootenanny. Ebenfalls wie damals ist die Gitarre ist in zwei Farben zu bekommen: Natural und Vintage Sunburst, heute bietet Framus sogar pro Finish drei verschiedene Ausführungen an: Vintage Tinted Satin, Vintage Tinten High Polish und Vintage Tinted Nitro. Mir liegt für diesen Artikel die ursprünglichste und auch preisgünstigste Form der 12-string Hootenanny vor – die in Vintage Tinted Satin, also der Typ VSN.

Die Hootenanny wird ohne Pickguard ausgeliefert. Im Koffer befinden sich jedoch je eine schwarze und eine Vintage-korrekte Version in Tortoise zur Auswahl, die einfach per doppelseitigem Klebeband auf die Decke geklebt werden können. 1964 war das Pickguard übrigens noch ganz pragmatisch auf die Decke geschraubt worden.

Ein schwarzes und ein Tortoise-Pickguard zum Aufkleben liegen bei. (Bild: Dieter Stork)

Per Dovetail-Verbindung ist der Mahagoni-Hals in den Korpus eingeleimt, und das breite und flache Palisander-Griffbrett geht am zwölften seiner insgesamt 19 Bünde in den Korpus über. Am anderen Ende des einteiligen Mahagoni-Halses finden wir wie beim Original einen zusätzlichen Nullbund vor dem Knochensattel, 12 Kluson-type Mechaniken mit Kunststoff-Knöpfen und ein aus Messing gearbeitetes, eingelegtes Firmenlogo. Statt des im Original schlicht-schwarzen Trussrod-Cover setzt man hier auf ein auffälliges, aus vergoldetem Metall.

Messing-Logo, Messing-Trussrodcover, Knochensattel und Nullbund (Bild: Dieter Stork)

Sound und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

SOUND

Es ist schon schön, eine so handliche 12-string in der Hand zu haben. Die meisten Spezies dieser Art sind ja mit großen Korpusformen wie Dreadnought oder Jumbo unterwegs – da kann es schon mal eng im Gitarrenhaushalt werden. Nicht so mit der Hootenanny – die greift man sich gerne mal einfach zwischendurch, vor allem dann, wenn man dabei ist, am heimischen Desktop Musik aufzunehmen. Und schwupp – da ist sie schon mal schnell und ganz spontan auf einem Track gelandet!

Doch schauen wir uns jetzt mal ganz sachlich die Kleine näher an, unter besonderer Berücksichtigung der beiden Problempunkte, die 12-saitige Gitarren auszeichnen – Intonation und Bespielbarkeit. Und in diesen beiden Punkten ist die kleine Hootenanny tatsächlich vorbildlich! Die Saitenlage über dem flachen Griffbrett ist richtig flach (siehe die gemessenen Werte in der Übersicht!), die Saiten der einzelnen Paare liegen schön eng nebeneinander und auch die Intonation passt so gut, dass ein befreites Spielen auch in den Lagen oberhalb des siebten Bundes ohne Katzenjammer möglich ist.

Ungewöhnlich – ein flaches Griffbrett wie das einer Konzertgitarre. (Bild: Dieter Stork)

Klanglich will die Hootenanny vor allem eins: Laut sein! Denn darauf ist ihre Konstruktion ausgerichtet, orchestraler Schönklang ist für andere … Und Lautstärke gelingt ihr in höchstem Maße – so schlägt die kleine Hootenanny mühelos die riesige Guild Jumbo 12-string meiner Frau in die Flucht. Die auf Lautstärke optimierte Bauweise bringt es natürlich mit sich, dass weder ein breites, warm klingendes Bass-Fundament noch ein strahlend-knuspriges Obertongeschimmer am Start ist, sondern ein mittiges, griffiges Klangerlebnis, das keine Probleme hat, sich in einem Gesamt-Sound Gehör zu verschaffen. Dieser spezielle Sound ist genauso ungewöhnlich wie die ganze Gitarre – und dieser Charakter ist einer, den man so schnell nicht vergisst.

Schön, dass die Beatles, die sich damals auch andere 12-Strings hätten kaufen können, die Vorzüge der Hootenanny erkannten und sie optimal in ihren Songs eingesetzt haben.

Zum Schluss bleibt nur noch die Frage zu klären: Was bedeutet eigentlich „Hootenanny“? Ein Hootenanny ist ein lockeres, nicht-kommerzielles Musizieren in geselliger Runde – vom Lagerfeuer bis zur Jam-Session. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Schottischen, fand in den 1960er-Jahren in der kalifornischen Folk-Szene große Verbreitung und ging von dort aus um die Welt.

RESÜMEE

Die neue Framus Hootenanny beschert uns eine interessante Reise in die Vergangenheit – in jene Zeit, als optimistische Folk-Musik aus Kalifornien die Hitparaden weltweit erstürmte und deren typischer Klang, u. a. mit der Hilfe von 12-saitigen Gitarren, en vogue wurde. Auch Instrumente aus unserem Land waren mit dabei, als aus dem Folk die ikonischen Sounds der neuen Beat- und Rock-Bewegung aus England entstanden. Paul McCartneys Höfner-Bass, Bill Wymans Framus Star Bass und John Lennons Framus Hootenanny haben in den 1960er-Jahren riesengroße Geschichten geschrieben – und das, weil sie einen bestimmten Charakter verkörperten, den etwa große amerikanische Instrumenten-Hersteller nicht im Programm hatten. Und genau darin liegt auch die Stärke der Framus Hootenanny von heute.

Wer bekannte Beatles-Songs wie „Help!“ oder „You’ve Hot To Hide Your Love Away“ authentisch wiedergeben will, kommt an ihr kaum vorbei, denn sie liefert exakt jenen Sound, der diese Klassiker um die Welt getragen hat. Auch jenseits aller Beatlemania bietet die Hootenanny viele Einsatzmöglichkeiten, etwa im Studio, wo sie sich dank ihrer frechen Ausgewogenheit hervorragend einfügt, ohne mit Bass- oder Höhen-Sperenzchen die Frequenzbereiche anderer Instrumente zu stören. Dabei ist sie – sobald man sich an das breite, flache Griffbrett gewöhnt hat – so leicht zu spielen, dass es eine wahre Freude ist.

Schön, dass es dieses charakterstarke Instrument wieder gibt – und noch schöner, dass es in zwei Farbgebungen (Natural, Sunburst) in je drei Versionen (Tinted, Tinted Hochglanz und Tinted Nitro) angeboten wird. Hört sie euch vor Ort im Musikladen an, nehmt ein paar Freunde mit und veranstaltet zu Ehren (und mit) dieser kleinen, großen Gitarre ein zünftiges Hootenanny! ●

Plus

● Historischer Background
● Lautstärke
● Charakter
● Spielbarkeit
● Intonation
● Verarbeitung


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)

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