Schräg

Bassline Re:Belle Multiscale im Test

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Ein gutes Design passt sich an die Bedürfnisse seiner Nutzer an, wozu in Zeiten von 7-, 8- und 9-Saiter-Gitarren natürlich auch eine Bomben-H-Saite beim Bass gehört. Bassline folgt den Rufen seiner Kunden und bietet sein Vintage/Modern-Re:Belle-Modell nun auch als Multiscale-Version an.

Bassline ReBelle Multiscale_02
(Bild: Dieter Stork)

Das Konzept der schrägen Bünde ist mittlerweile voll in Deutschland angekommen. Man sieht es bei Le Fay, Marleaux, Bassart, Devil‘s Choice und nun endlich auch bei Bassline. Eigentlich kein Wunder, denn man muss nicht erst in einer brettharten Metal-Kapelle mit absurd tiefen Stimmungen spielen, um die Vorzüge des Multi-Scale-Designs (oder auch Fanned-Frets) zu schätzen. Durch das gefächerte Griffbrett schwingen die Saiten auf unterschiedlichen Längen: Während sich die hohen Drähte auf eher kurzen Mensuren wohl fühlen, profitieren die tiefen – und im Besonderen die H-Saite – von einem längeren Hals. Das Prinzip kennt jeder vom Konzertflügel, dessen Bauform sich eben dieses physikalische Prinzip zunutze macht.

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Bassline bietet gegen einen Aufpreis von € 715 sein Re:Belle-Modell mit einer 34″-36″-Fächerungen an – auf Wunsch sind auch radikalen 34″-37″ realisierbar, was den Maßen entspricht, mit denen Dingwall, die Vorreiter des Fanned-Fret-Designs, populär geworden sind. Eine derartig lange H-Saite stellt jedoch die Greifhand in den Tiefen Lagen vor eine echte Herausforderung, weshalb sich die Krefelder nach einigen Prototypen mit der 34″-36″-Mensur für den besten Kompromiss aus Tonausbeute und Spielbarkeit entschieden haben.

Konstruktion

Als erstes fällt auf, dass Bassline die Korpusform des Re:Belles an die zwangsläufig schräg monierte Brücke anpassen musste. Wo vorher eine schlichte, Fenderartige Rundung war, läuft der Body nun ein Stück weiter aus, um Raum für die schwarzen Einzelreiter von ETS zu schaffen. Nahe des rechten Gurtpins ergibt sich dadurch ein kleiner Zipfel, der die auffällige Silhouette des Basses einen Tick moderner und auch eleganter erscheinen lässt. Für den zweiteiligen Korpus kommt wild gemaserte Sumpfesche zum Einsatz; großzügige Arm- und Bauch-Shapings finden sich auf Vorder- und Rückseite. Die dunkle Matt-Lackierung hört auf den Namen Anthracite Burst und ist hauchdünn aufgetragen, sodass die Oberflächenstruktur des Holzes voll erhalten bleibt.

Perfekt auf die Farbe des Halses wurde das große Creme-Perloid Schlagbrett abgestimmt, auf dem neben einem riesigen Volume-Poti auch die am oberen Korpushorn positionierten Regler für die Pickup-Auswahl bzw. die aktive 2-BandElektronik sitzen. Letztere kommt aus dem Hause Noll und veredelt den Ton der extra für diesen Bass angefertigten Delano-P/J-Pickups. Der Griffbrett-Fächerung folgend, wurden die passiven und komplett brummfreien Aggregate schräg montiert – kein Problem, denn unter den geschlossenen Kappen verbergen sich magnetisierte Stahl-Klingen, die mit jedem noch so exotischen String-Spacing fertig werden.

Hals und Griffbrett der Re:Belle-SeriesBässe werden bei Bassline standardmäßig aus europäischer Hainbuche gebaut – so auch bei unserem Multiscale. Das helle Holz geht auf den ersten Blick fast als Ahorn durch und soll auch klanglich kaum vom Industrie-Klassiker zu unterscheiden sein. 24 Jumbo-Bünde sowie ein fetter Nullbund bevölkern das schräge Griffbrett; sechs Schrauben halten den einteiligen matt-lackierten Hals in der extrem präzise gearbeiteten Halstasche.

Bei der langgestreckten Kopfplatte treffen wir auf fünf ultraleichte Vintage-Style Hipshot-Mechaniken aus asiatischer Produktion. Die schwarzen, in Lizenz gefertigten Tuner sind optisch und mechanisch quasi nicht von den teureren USA-Originalen zu unterscheiden, tragen jedoch unterm Strich zu einer günstigeren Kosten-Kalkulation bei. Der benachbarte vierfach-Saitenniederhalter sorgt für ausreichend Druck auf dem Nullbund, arretierbare Gurthalter runden die hochwertige Ausstattung ab.

Bassline ReBelle Multiscale_03
(Bild: Dieter Stork)

Praxis

Spielkomfort ist bei einem Fivestring mit derart langem Hals sicher ein sensibles Thema – nicht so jedoch bei unserem Multiscale: Das langgezogene Korpushorn positioniert den Re:Belle optimal am Gurt – man muss nicht mal die linke Hand so viel weiter ausstrecken als gewohnt. Kopflastigkeit ist für den durchdachten Bassline gar kein Thema und auch die 4,2 kg Gewicht gehen für so einen Prachtkerl völlig in Ordnung. Einzig der hohe Abstand der Bundstäbchen in den tiefen Lagen der H-Saite ist nicht ohne, aber das liegt nun mal in der Natur der Sache. An die schrägen Bünde gewöhnt man sich schnell, besonders wenn man gar nicht darüber nachdenkt – man braucht vielleicht 10-15 Minuten um sich zu akklimatisieren.

Die flache, schepperfreie Saitenlage, das nicht zu dünne Halsprofil und der großzügige Saitenabstand von 19 mm unterstützen zupackendes Spiel und filigrane Solo-Arbeit gleichermaßen; durch das weit ausgeschnittene untere Cutaway und den ergonomisch verrundeten Hals/Korpus-Übergang sind auch die obersten Lagen gut erreichbar.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist es, bei stegnahem Spiel den schräg eingebauten J-Tonabnehmer als Daumenstütze zu nutzen, aber auch daran kann man sich gewöhnen … Schon unverstärkt fällt die wirklich gnadenlos gute H-Saite des MultiscaleRe:Belles auf: Kristallklar, reich an Obertönen und auch bei gegriffenen Noten tadellos artikuliert, setzt sie Maßstäbe, die für normale Longscale-Bässe kaum zu erreichen sind. Quer übers Griffbrett spricht das neue Modell ausgesprochen gleichmäßig an, wobei die Hainbuche den Sound einen Tick kompakter und komprimierter in Szene setzt, als man es von Ahorn gewohnt ist.

Der resonante Sumpfesche-Body unterstützt das ausgesprochen detailreiche und aufgeräumte Klangbild mit einem Schuss Tiefmitten, was wiederum gut zum Vintage/ModernKonzept passt. Am Amp setzen die unscheinbaren Delanos die kalkulierte Urgewalt mit klassischem P/J-Charakter um – allerdings mit einem leicht modernen Touch. Der Halspickup klingt besonders mit zugeschalteter Aktiv-Elektronik edler, breitbandiger aber auch glatter und gefälliger als sein historisches Vorbild – quasi eine Art Edel-P-Sound. Mit gezogenem Volume-Regler (Passiv-Modus) wird das Ganze merklich oldschooliger und charakterstärker, wobei das leicht aufgepumpte Voicing der Delanos stets erhalten bleibt. Die Kombination beider Pickups kommt ultra-trocken mit gehypten Bässen und Brillanzen – perfekt für modernen Funk, Soul oder auch Metal. Knallige Slaps, funky Finger-Style und nagelndes Plektrum-Gehacke kann der Re:Belle gleichermaßen gut – wer noch mehr Attack, Wucht oder umgekehrt den Ton etwas zähmen will, bemüht einfach den sehr effizient arbeitenden 2-Band-EQ.

Der verhältnismäßig fette Stegtonabnehmer bietet zuletzt zwar eine Menge Knack, wird jedoch für Freunde jacoesker Nörgel-Sounds keinen alten Jazz-Bass ersetzen. Wer darauf verzichten kann, bekommt dafür einen sehr universellen und erstaunlich kompetenten Steg-Ton an die Hand, den man mit etwas Hilfe vom EQ auch getrost als tragfähigen Rhythmus-Sound nutzen kann.

Bassline ReBelle Multiscale_04
(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Basslines Re:Belle geht mit der tadellosen Multiscale-Umsetzung einen weiteren Schritt Richtung Moderne. Was die neue Version an Mojo und Oldschool-Vibe einbüßt, macht sie mit enormem Detailreichtum, fabelhafter Ton-Artikulation, und natürlich einer bombastischen H-Saite wieder wett. Dass sich das Ganze nicht nur tonal extrem flexibel, sondern auch mit perfekter Spielbarkeit präsentiert, ist weiß Gott keine Selbstverständlichkeit. Der Aufpreis für die schrägen Bünde ist nicht ohne, dafür bekommt man jedoch ein brillant auf den Punkt gebrachtes Profi-Gerät.

 

Plus

  • vorbildliche Verarbeitung
  • hochwertige Ausstattung
  • Multiscale-Konzept
  • Spielbarkeit/Komfort
  • ausgewogener Universal-Sound
  • erstklassige H-Saite

Minus

  • hoher Aufpreis für Multiscale-Option

 

Bassline ReBelle Multiscale_profil

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