Wegweiser in die Zukunft

Auf zu neuen Galaxien: Soldano Astro-20 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Da schau einer an! Ein neuer – wirklich neuer – Amp aus dem Hause Soldano. Das hat es lange nicht gegeben. Seit Mike Soldano seine Firma 2019 an Boutique Amps Distribution verkauft hat, gibt es zwar den SLO-100 wieder als MKII, den SLO-30, das SLO-Pedal und den Mini-SLO im Programm, gleichwohl sind diese Entwicklungen doch eher als Interpretationen des legendären SLO-Sounds anzusehen. Mit dem Astro-20 bringt Soldano nun ein neues Design auf den Markt. Vollgepackt mit Features, Sounds und mit einem integrierten, DSP-gesteuerten Interface für Endstufensimulation samt Impulse Responses wird der Weg in die Zukunft beschritten. Das macht auf jeden Fall neugierig.

Mike Soldano steht dabei Boutique Amps Distribution heute immer noch als Berater zur Verfügung. Klar, wenn auf dem Amp Soldano steht, soll auch „der“ Soldano-Sound rauskommen. Schließlich ist dieser Sound Teil der Rock-, Blues und Pop-Geschichte geworden. Als in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts die Zeit der modifizierten Marshalls so richtig Fahrt aufnahm, schlug seine Eigenentwicklung, der Soldano SLO 100, in der Amp-Szene 1987 ein wie eine Bombe. Mike hatte – wie wir heute wissen – einen absoluten Klassiker, einen Verstärkermeilenstein kreiert. Die Stars standen Schlange in seinem kleinen Shop in Los Angeles: Howard Leese, Michael Landau, Matthias Jabs, Lou Reed, Eric Clapton, Steve Lukather, Mark Knopfler, Warren Haynes und viele, viele mehr waren Mikes Kunden. Logisch, dass sich in Folge dieser Sound auf vielen legendären Aufnahmen verewigte. Van Halens ‚F.U.C.K.‘, Dire Straits ‚On Every Street‘ oder Eric Claptons ‚24 Nights‘ oder ‚Journeyman‘ sind Beispiele aus unterschiedlichen Genres. Es gibt unzählige mehr. Fast vier Jahrzehnte später hat dieser originäre Sound immer noch Suchtpotential. Aber die Zeiten haben sich geändert. Kaum jemand braucht noch 100-Watt-Topteile, die Zeiten von großen Recording-Studios sind auch vorbei. Da kommt der Astro-20 gerade recht. Mit 20 Watt nomineller Leistung, drei Kanälen, vier Soundmodi (die hier „Galaxy“ heißen) und der Möglichkeit, über das integrierte DSP-gesteuerte Interface mit Endstufensimulation und Impulse Responses (inkl. Software-Editor) direkt aufzunehmen, ist der Sprung ins Hier und Jetzt gemacht.

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FEATURES UND AUFBAU

Der dreikanalige Astro-20 wird in den USA gefertigt und bietet vier Sound-Galaxien: Clean, Blue, Purple und Red. Die cleane Galaxy liegt immer im Clean-Kanal, die Galaxien Blue, Purple und Red können wahlweise den Kanälen Overdrive 1 und/oder Overdrive 2 zugeordnet werden. Das rechts gelegene STAR-Display zeigt in entsprechender Farbe die aktive Galaxy. Mit dem mitgelieferten 4-Tasten-MIDI-Fußschalter lassen sich vier individuelle Soundeinstellungen ansteuern.

Das klingt erst mal komplex, ist es aber nicht. Vor allem ist der Astro-20 im Kern ein intuitiv zu bedienender Vollröhren-Amp. Zwei 6V6-Endstufenröhren sorgen für die 20 Watt Leistung, vier 12AX7-Röhren arbeiten in der Vorstufe. Das übersichtliche Design der Frontplatte erlaubt auch das manuelle Einstellen beliebiger Kombinationen von Kanälen und Galaxien über jeweilige Mini-Schalter sowie der Impulse Responses. Diese lassen sich über einen weiteren Mini-Schalter am STAR-Display auswählen oder auch ganz für den XLR-Recording-Out in den Bypass versetzen.

Über die Editor-Software, die man auf Soldanos Webseite herunterladen muss, lassen sich zudem eigene Impulse Responses nutzen, die in den Astro-20 hochgeladen werden können. Das ist prima, so sind auch hier individuelle Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Dabei ist die Oberfläche des Editors intuitiv zu bedienen, die Organisation der IR-Bibliothek ist kinderleicht. Zudem lassen sich sich aufgrund der MIDI-Implementierung über den Editor bis zu 128 Presets anlegen, die optional über einen externen MIDI-Controller abgerufen werden können – sofern man diese Unmengen überhaupt braucht. Denn die Einstellungen der Klangregelung werden nicht mit abgespeichert. In einem Preset werden Kanal, Galaxy und IR festgehalten.

(Bild: Dieter Stork)

Ein ganz wesentliches Plus: Der Astro-20 kann auch ohne angeschlossene Lautsprecherbox betrieben werden. Dazu muss das Lautsprecherkabel vom Speaker-Ausgang des Amps entfernt werden und das Master-Volume in Nullstellung stehen. Dann ist der Astro-20 sicher. Eine sinnvolle Anwendung, etwa wenn man direkt aufnehmen, das Amp-Signal live mit Impulse Responses zum FOH schicken oder zu Hause über den rückseitig gelegenen Kopfhörerausgang nachbarschafts- und familienfreundlich üben möchte.

Noch ein schneller Blick auf die weiteren Bedienelemente: Vorn befinden sich Input, Volume und Tone mit zugehörigem Dreifach-Bright-Schalter für den Clean-Kanal. Gain 1, Gain 2 und Volume 1, Volume 2 regeln den Zerrgrad und die Lautstärke für die Overdrive-Kanäle. Dabei teilen sich die beiden Overdrive-Kanäle eine Dreibandklangregelung aus Bass, Middle und Treble. In der Master-Sektion stehen Master-Volume, Presence sowie ein in drei Stufen justierbarer Depth-Mini-Schalter für wahlweise schlanke, mittlere oder ausgeprägte Low-End-Wiedergabe zur Verfügung.

(Bild: Dieter Stork)

Auf der Rückseite findet man den Netzanschluss, Power-Schalter, 7-Pin-MIDI-Anschluss, USB, einen symmetrischen XLR-Ausgang mit Push-Schalter für Ground-Lift, einen Stereo-Klinken-Kopfhörerausgang nebst Lautstärke-Regelung, den FX-Loop-Send und -Return sowie 4-Ohm- (2 x 8 Ohm), 8-Ohm- (2 x 16 Ohm) und 16-OhmSpeaker-Ausgänge. Für einen Röhrenverstärker mit den Ausmaßen von ca. 48cm x 23cm x 25cm und einem Gewicht von rund 12 kg ist der Astro-20 trotz seiner umfangreichen Ausstattung ein eher handlicher Kollege geblieben.

(Bild: Dieter Stork)

INNEN

Ein Blick ins Innere zeigt hochwertige Verarbeitung: Auf der Hauptplatine findet sich die Elektronik für den Verstärker, auf der zweiten hinteren liegen im Wesentlichen das DSP-gesteuerte Interface und die MIDI-Steuerung. Logisch, dass beide Platinen im Soldano-typischen Lila aufwarten. Die Verarbeitung ist makellos und sollte es bei einem Amp dieser Preisklasse und der Markenreputation auch sein. Im Falle eines Röhrenwechsels gelangt man schnell über das mit zwei Schrauben befestigte rückseitige Gitter heran. Die Ausgangsübertrager sind offenbar selbst entwickelt, sie tragen fett das Soldano-Label. Die V1-Vorstufenröhre ist mit Stahlblechkappe geschützt und stammt von JJ Electronics, V2 bis V4 sind von B.A.D. selbst gelabelte 12AX7HG, die fest und sicher in ihren Sockeln sitzen. Die beiden 6V6GT-Endröhren sind von Electro Harmonix aus russischer Herstellung.

Sound, Praxis und Resümee auf Seite 2

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