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TopGearCheck! Special mit Vivian Campbell

(Bild: Matthias Mineur)

Interviews mit dem nordirischen Gitarristen Vivian Campbell sind immer besonders angenehme Gespräche. Denn der 59-Jährige ist trotz seiner riesigen Erfolge mit Bands wie Def Leppard, Thin Lizzy, Dio, Whitesnake, Riverdogs, Shadow King oder Last In Line ein bemerkenswert bescheidener und überaus freundlicher Zeitgenosse geblieben.

Mehr noch: Seine Aura, sein Habitus, sein zugewandter Blick und seine respektvolle Wortwahl weisen ihn als zutiefst geerdeten Musiker aus, der seine Stärken genau kennt und deshalb auch kleine Schwächen oder Unfertigkeiten unumwunden eingestehen kann. Auch deshalb ist er in allen seinen Bands ein geschätzter Kollege, dessen Spiel nach wie vor atemberaubend klingt und der soeben auf dem neuen Def-Leppard-Album ‚Diamond Star Halos‘ ein weiteres Mal sein sicheres Gespür für wunderbar filigrane, stets songdienliche Soli bewiesen hat.

Wir haben Campbell kontaktiert, um uns natürlich als erstes über seinen derzeitigen Gesundheitszustand zu erkundigen (bei ihm wurde im Juni 2013 Leukämie diagnostiziert, seitdem befindet er sich in Behandlung) und ihn dann in einem ‚Top Gear Check Special‘ über Def Leppard, seine Gitarren und seine technische Ausrüstung zu befragen.

Hallo Vivian, wie geht es dir gesundheitlich? Ich finde, du siehst ausgezeichnet aus!

Danke, es geht mir sehr gut. Du kennst ja das alte Sprichwort: Unkraut vergeht nicht! (lacht)

Na ja, als Unkraut würde ich dich nicht unbedingt bezeichnen. Sondern stattdessen lieber als glänzenden Gitarristen, der in vielen Bands seine Extraklasse regelmäßig unter Beweis stellt.

Oh danke, ein sehr nettes Kompliment. Und ja, es könnte tatsächlich stimmen, denn meine Kollegen von Def Leppard äußern sich in ihren Interviews derzeit ausgesprochen positiv über meine Soli auf ‚Diamond Star Halos‘. Das freut mich natürlich sehr.

Schwörst du noch immer auf das gleiche Equipment wie vor ein paar Jahren, als wir uns im Rahmen einer Def-Leppard-Show in Köln getroffen haben?

Ehrlich gesagt kenne ich mich mit meinem Live-Gear bei Def Leppard kaum aus. Das Equipment liegt komplett in den Händen unserer Techniker. Man fühlt sich bei Def Leppard sowieso immer etwas von seinem Gear getrennt, weil unsere Techniker, also auch die von Sav und Phil (Rick Savage, Bass & Phil Collen, Gitarre, Anm. d. Verf.), für uns die Knöpfe drücken. Hinzu kommt, dass es in dieser Band viel zu viel Equipment gibt, um als Musiker den Überblick zu behalten. Zumal ich technisch sowieso nicht sehr versiert bin.

Mein Standardwitz gegenüber meinem Gitarrentechniker ist: „Meine Verantwortung für das, was auf der Bühne passiert, endet an der Ausgangsbuchse meiner Gitarre.“ Ich spiele einfach nur mein Instrument, um den Rest müssen sich dann andere kümmern. Ehrlich gesagt weiß ich nicht einmal so genau, wie man mein Rack einschaltet. Seitdem wir auf Fractal Audio umgestellt haben, habe ich keine Ahnung, wie all das Gear zusammenhängt. Ich glaube, ich bin noch nie durch das gesamte Menü des Systems gegangen. Meine Techniker programmieren für mich sämtliche Presets, und ich sage ihnen dann, wovon ich eventuell noch etwas mehr oder etwas weniger brauche.

Bedeutet das, dass die meisten deiner früheren Effektgeräte, wie etwa Rocktron Intellifex, Cry Baby DCR 2SR oder TC Electronic TC 2290, durch das Fractal-System ersetzt wurden?

Ja, ich glaube, dass wir alles ersetzt bzw. ersatzlos gestrichen haben. Das Fractal ist absolut raffiniert aufgebaut, aber auch das weiß ich eigentlich nur vom Hörensagen, denn mit ihm gezielt beschäftigt habe ich mich, offen gestanden, noch nie.

Deshalb greifst du bei Last In Line auf ein deutlich simpleres System zurück.

Exakt. Bei Last In Line sind es nur eine oder zwei Gitarren, dazu mein ENGL-Top, eine 4x12er-Box und ein Kabel, mehr benötige ich dort nicht. Es ist gewissermaßen das genaue Gegenteil der Situation bei Def Leppard, was allerdings auch mit dem unterschiedlichen musikalischen Profil beider Bands zusammenhängt.

Bei Def Leppard geht es vor allem um jede Menge Gesänge, auch mit deiner Stimme. Die Leppard-Gitarren sind den Gesängen eher untergeordnet, nicht wahr?

Ja, so ist es. Bei Last In Line singe ich nicht, dort konzentriere ich mich ausschließlich aufs Gitarrenspielen. Dies hängt ja auch mit der Musik an sich zusammen: Last In Line begann, wie du weißt, als Dio-Coverband. Und bei Dio waren vor allem starke Riffs gefragt. Bei Def Leppard steht der mehrstimmige Gesang im Mittelpunkt meiner Aufgaben. Ich singe unfassbar viel bei Leppard, während die Gitarrenarbeit eher etwas simpler gehalten ist.

Bei Last In Line gibt’s hingegen nur dich mit deiner Gitarre!

Richtig. Eine Gitarre, ein Amp sowie ein Grundsound, der Abend für Abend nur ein wenig per EQ an die jeweilige Akustik des Raums angepasst wird. Den Rest erledige ich mit den Fingern, beziehungsweise mit dem Pickup-Switcher meiner schwarzen Gibson Les Paul.

TOP GEAR CHECK

Nach dem eher kurzen, aber sehr interessanten Gespräch stand uns Campbell dann noch für eine Spezialausgabe unserer ‚Top Gear Check‘-Serie zur Verfügung. Hier seine Empfehlungen, die natürlich mit Gibson Les Pauls beginnen:

„Zunächst einmal: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich bei meinen Gitarren immer mal wieder andere oder neuere Modelle ausprobiere und mit auf Tournee nehme. Allerdings gibt es ein paar wenige Gibson Les Pauls, die ich bei Def Leppard seit Jahren nahezu immer dabeihabe und auf die ich absolut stehe. Darunter meine Gibson Les Paul Silver Sparkle, Baujahr 1978, plus meine Gibson Les Paul Studio White, Baujahr 1996 und eine Gibson Les Paul 1958 Reissue in Cherry Burst, Baujahr 2006 mit DiMarzio-Super-3-Tonabnehmern.

Les Pauls sind generell sehr fundamentale E-Gitarren. Ich mag ihre feste Brücke, die der Gitarre etwas sehr Solides gibt. Außerdem bin ich mit diesen Modellen aufgewachsen, meine erste richtige Gitarre war eine Les Paul. Später, in den 80er, wollte natürlich jeder wie Eddie Van Halen spielen, und dafür brauchte man ein Floyd-Rose-Vibratos.

Deshalb habe ich in dieser Zeit Fender-Hot-Rod- oder Charvel-Stratocaster gespielt. Doch anschließend kehrte ich zur Les Paul zurück, weil sie einfach fleischiger klingt. Außerdem ist sie von ihrer Ergonomie her für mich besser geeignet, mit einer deutlich größeren Gewichtung auf den Hals als bei das bei Stratocaster-Modellen der Fall ist. Ich denke, wer wirklich gut Gitarre spielen kann, für den sind Les Pauls die richtige Wahl.

Sehr empfehlen kann ich jedoch auch die Yamaha SG 2000, ich selbst besitze eine in Black Standard, Baujahr 2007, mit Fralin-P100-Pickups. Eine sehr schöne Gitarre, die toll klingt, bei mir zurzeit aber nur selten erste Wahl ist, weil sie ergonomisch nicht perfekt zu meinem Körperbau passt. Daher sind meine Finger beim Spielen nicht immer in der für sie komfortabelsten Position. Aber die Qualität der Yamaha-SG ist tadellos, und sie klingt wirklich hervorragend.

Gleiches kann ich auch über meine Collings Double Cutaway sagen, mein Modell stammt von 2011 und hat ebenfalls einen Fralin P100 in der Bridge-Position. Eine wirklich wunderbare, kleine Gitarre, die ich von Zeit zu Zeit immer mal wieder hervorhole und mit ihr spiele. Sie ist angenehm leicht, hat trotzdem einen kraftvollen Klang und kommt alternativ zu meiner 56er Gibson Les Paul Reissue mit dem P100-Pickup häufig zum Einsatz. Das einzige Problem ist – wenn man das überhaupt als Problem bezeichnen sollte – die Position des Pickup-Switch zwischen Tone- und Volume-Regler. Dadurch ist er nicht immer so leicht zu erreichen und zu handhaben. Das ist – wie ich finde – bei einer Les Paul besser gelöst.

Last but not least, was Gitarren betrifft: Ich liebe meine Akustikgitarre, eine Gibson J100 aus dem Jahr 1999 mit Fishman-Ellipse-System. Sie lässt sich wunderbar einfach spielen, klingt sehr klar und transparent. Mit ihr habe ich schon viele Shows bestritten und sie auch im Studio häufig eingesetzt.

Gibson LP Custom Silver Sparkle, Baujahr 1978
Gibson Les Paul Studio White, Baujahr 1996
2006er Gibson Les Paul Cherry Burst 1958 Reissue mit DiMarzio Super 3
Diese Les Paul steht normalerweise im Hard Rock Cafe Belfast
Collings Double Cutaway, Baujahr 2011, mit Fralin P100 in der Bridge
Yamaha SG2000 Black Standard, Baujahr 2007 mit Fralin P100
Gibson J100, Baujahr 1999, mit Fishman-Ellipse-Elektronik

 

Bei den Amps habe ich bei Def Leppard über viele Jahre zwei Marshall JMP-1 in Kombination mit einem Engl E850/100 verwendet, dazu den Palmer Speaker-Simulator PDI-05 und als Wireless-System ein Shure UR4D+.

Seit etwa vier Jahren haben wir, also auch Phil und Sav, auf Fractal Audio umgerüstet. Wie schon im Interview erwähnt, macht das Fractal viele andere Gerätschaften überflüssig, weil darin eine unfassbar große Menge an Sounds und Effekten programmiert ist. Allerdings muss man sich auch intensiv damit beschäftigen, wenn man sämtliche Features nutzen möchte.

Sein früheres Def Leppard-Rack, der Übergang zu Fractal Audio (Bild: Matthias Mineur)

Da ich damit überfordert wäre, schwöre ich bei Last In Line auf meinen Engl Ritchie Blackmore Signature plus eine 4x12er -Engl-Box. Ein tolles und wunderbar warm klingendes Topteil, das ich bei Last In Line ständig mit auf Tournee nehme. Es ist einfach zu bedienen, hat genügend Druck und Leistung auch für größere Bühnen und – in Verbindung mit meiner schwarzen 77er Gibson Les Paul – genau den Sound, den ich bei Last In Line benötige.

Und als einziges Gitarreneffektgerät liegt bei den Konzerten von Last In Line immer mein Dunlop Cry Baby vor mir auf der Bühne. Mehr brauche ich nicht, diese Kombination reicht mir für die gesamte Show.“

(Story: Matthias Mineur)

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