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TopGearCheck! Special mit Talas: Billy Sheehan & Kire Najdovksi

(Bild: Jeff Gerew)

Kurz zur Vorgeschichte von Talas: In den Achtzigern eilte der amerikanischen Rockband um Ausnahmebassist Billy Sheehan ein phänomenaler Ruf voraus. Die technische Klasse der beteiligten Musiker, das atemberaubende Songwriting und die explosiven Shows bescherten der Gruppe schnell eine große und treue Anhängerschaft. 1985 schloss sich Sheehan dem früheren Van-Halen-Sänger David Lee Roth an, 1988 gründete er zusammen mit Paul Gilbert die Formation Mr. Big.

Für eine langfristige Fortsetzung von Talas war damit keine Zeit mehr, sodass es viele Jahre kaum Bandaktivitäten gab. Vergessen waren Talas dennoch mitnichten, wie sich jetzt zeigt: Sheehan hat die Corona-bedingte Zwangspause genutzt, um Material, das bereits 1985 geschrieben aber nie aufgenommen wurde, neu aufzubereiten. Das Ergebnis: das Album ‚1985‘, das im Titel die Entstehungsperiode der Stücke dokumentiert.

Im Herbst 2022 erschien ‚1985‘ und neben Sheehan sind darauf Schlagzeuger Mark Miller, Gitarrist Mitch Perry (u.a. Asia, MSG) sowie der mittlerweile verstorbene Sänger Phil Naro und der bis dato unbekannte mazedonische Gitarrist Kire Najdovski vertreten. Wir haben in einem großen „Top Gear Check Super Special“ Sheehan und Najdovski zu diesem spannenden Werk befragt!

Billy, in wessen Archiv lagerte das Material von ‚1985‘? Und in welcher Form lag es vor?

Die Songs gehörten bekanntlich zu unserer regulären Live-Show. Deshalb gab es seit 30 Jahren in meinem Archiv eine Menge dieser Aufnahmen.

Wer hat die Songs geschrieben?

Unterschiedlich: ‚On The Take‘ und ‚Crystal Clear‘ stammen von Mitch Perry, ‚Feeling Better‘ und ‚Black & Blue‘ von Phil, der Rest stammt meines Wissens von mir.

Wann habt ihr entschieden, diese Songs aufzunehmen?

Wir gaben ein Benefiz-Konzert, das riesigen Spaß machte und weitere Konzerte nach sich zog. Bei diesen Gigs spielten wir die Songs, daher kam die Frage auf: Weshalb machen wir daraus nicht ein Album? Damit war die Entscheidung gefallen. Wir hatten die Stücke schon früher live gespielt und sie nun für die Reunion-Shows wieder ausgegraben. Zu den Konzerten kamen unfassbar viele Freunde, allein in New York City war es eine Art Familientreffen.

(Bild: Jeff Gerew)

Wurde das Album live im Studio eingespielt, oder auf die klassische Weise, sprich: Track für Track?

Beides. Wir fingen bei Mark Miller an, der sich in seinem Haus ein Studio eingerichtet hat und die Songs durchspielte, während Phil in Toronto den Pilotgesang erst nachträglich einsang, wegen des Lärms im Aufnahmeraum. Danach machte ich in Nashville in meinem Haus weiter. Wir hatten eine bestimmte Software, mit der man ohne Zeitverzögerung live zu den Drums in Toronto spielen konnte. Unser Talkback lief über Zoom, so konnte ich Phil und unseren Engineer Russ Mackay in Toronto sehen, während ich in Nashville saß. Das funktionierte prima, anschließend wurde das Material von Russ gemischt. Auch 1983 wurden die Songs von ‚Sink Your Teeth Into That‘ in Toronto aufgenommen. Damals lebte ich in Buffalo, doch die besseren Studios gab es ganz in meiner Nähe in Toronto.

Habt ihr die Songs per Clicktrack aufgenommen?

Nein, alles wurde frei eingespielt. Bei digitalen Aufnahmen und wenn man editieren möchte, ist der Clicktrack zweifellos eine echte Hilfe, denn man kann an jeder Stelle problemlos schneiden. Früher ging das nicht, weil der Sound der Becken immer überlappte. Es gab nur einige wenige Meister ihres Fachs, die dies irgendwie zu verhindern wussten. Deshalb musste man früher die Drums in einem Rutsch aufnehmen und sich anschließend um die weiteren Instrumente kümmern. Ich weiß noch, als Pat Torpey bei Mr. Big unseren ersten Song ‚Addicted To That Rush‘ eintrommelte, absolut perfekt und in nur einem Take. Bei digitalen Aufnahmen kann man editieren, da hört man die Schnitte nicht. Doch trotz unseres digitalen Equipments entschieden wir, das Album auf traditionelle Weise aufzunehmen. Mark Miller ist ein großartiger Drummer, mit ihm konnten man es gefahrlos wagen.

Hast du das Album mit deinem Yamaha-Attitude-Bass eingespielt?

Um ehrlich zu sein, weiß ich es gar nicht mehr, weil ich als Produzent der Scheibe in der Zwischenzeit so viele andere Dinge machen musste und ich in meinem Studio ständig für andere Klienten aufnehme. Und dafür nehme ich auch schon mal andere Bässe. Zwar nicht allzu viele, aber ein paar. Manchmal brauche ich ein Low-B-Tuning und nehme einen Sixstring oder stimme meinen regulären Bass in B-E-A-D. Ich müsste also meinen Engineer fragen, welche Bässe ich auf ‚1985‘ gespielt habe. Aber lass mich kurz nachdenken … Mhm, ja, ich bin mir doch ziemlich sicher, dass es tatsächlich mein Attitude-Bass war.

Yamaha Attitude LTD III mit Stereo-Out für die beiden PUs und Hipshot D-Tuner (Bild: Matthias Mineur)

Die gleiche Frage zu den Amps: Ich vermute Line 6 Helix und Pearce-Preamp, oder?

Exakt. Ich habe zwei Studio-Setups: das eine besteht aus dem Helix, ist also digital und klingt großartig. Mit dem Helix habe ich schon hunderte Aufnahmen gemacht. Das andere Setup ist komplett analog und besteht aus dem Pearce-Preamp mit einem alten Ashly-Kompressor aus den Siebzigern, während alles andere Gear aus dieser Zeit lange bereits verschollen ist.

Hast du reguläre Boxen?

Nein. Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit zwei berühmten Produzenten großer Bands, beide sagten: „Wir haben schon seit zehn Jahren keine Mikrofone mehr vor eine Box gestellt.“ Es ist so viel angenehmer und berechenbarer. Ich vergleiche es mitunter mit Wein: Man kann billigen Wein in eine Flasche mit altem Etikett abfüllen und jeder sagt „Was für ein wunderbarer Tropfen!“ Oder man füllt teuren Wein in eine billige Flasche, und alle rümpfen die Nase. Will heißen: Es gibt da eine psychologische Seite.

Glaub mir: Es existiert sicherlich ein Unterschied zwischen modernem Gear und alten Speakern mit sorgfältiger Mikrofonierung, aber ich würde ihn nicht erkennen. Ich besitze einen großartigen 1968er Fender Bassman mit zwei 15“ JBL-Speakern, wie sie damals verbaut wurden. Er klingt großartig! Aber ich habe auch eine Modelling-Version des Bassman, und die klingt genauso gut. Es ist also eine persönliche Entscheidung, welchen Amp man bevorzugt. Viele dieser digitalen Geräte haben einen ebenso guten Sound wie die Originale, und ich denke, darüber wird man sich noch in Jahrzehnten streiten. (lacht)

Splittest du noch immer das Signal der beiden Pickups deines Basses auf zwei unterschiedliche Amps?

Immer! 1971 fing ich damit an. Ich verbaute in meinen Fender P-Bass den Pickup eines Gibson EB-0. Der Gibson EB-0 klang ähnlich wie der Epiphone EB-0, den Paul Samwell-Smith von den Yardbirds in seinem Epiphone-Rivoli-Bass hatte. Als kleiner Junge liebte ich diesen Ton. Aber ich liebte halt auch den Sound des P-Basses, weswegen ich beide Pickups in meinem Bass verbaute. Allerdings wusste ich nicht, wie ich beide PUs miteinander verdrahten sollte, also benutzte ich einfach zwei Outputs. Ich stöpselte sie in die Eingänge meiner Amps, den Bassman und meinen ersten SVT, einen mit hohem EQ, den anderen mit tiefem EQ. Mit zwei Amps war es großartig, denn der eine klang clean und klar, beim anderen schaltete ich ein Distortion-Pedal dazwischen.

Die Speaker bewegen sich bei tiefen und hohen Frequenzen bekanntlich völlig anders. Deshalb gab es früher bei PA-Systemen für die hohen Frequenzen ja auch die Hörner. Dieses Prinzip hatte ich mir selbst ausgedacht, ich kannte niemanden, der es damals ähnlich machte. Was ich jedoch nicht wusste: Rickenbacker hatten den Rick-O-Sound-Stereo-Output, mit zwei Pickups für zwei verschiedene Amps. Das machten auch John Paul Jones von Led Zeppelin mit seinem Jazzbass und John Entwistle, wovon ich aber nichts wusste. Es musste also tatsächlich eine gute Idee sein, wenn unterschiedliche Musiker unabhängig voneinander zur gleichen Lösung kamen.

Wenn ich jetzt im Studio das Signal splitte, habe ich einen cleanen und einen leicht verzerrten Low-End-Sound, was zusammen sehr nützlich ist. Ich habe viele Jahre in Trios gespielt, in denen es weder Rhythmusgitarre noch Keyboards gab. Wenn ich also einen verzerrten Sound spielte, klang es wie ein weiterer Gitarrist, der Rhythmus spielt. Da fragten uns die Leute: „Habt ihr hinter dem Vorhang einen Keyboarder versteckt?“ Als ich 1993 mit UFO in Polen auf Tour war, stand anschließend in den Reviews: „Da muss ein weiterer Musiker hinter der Bühne versteckt gewesen sein!“ So war es natürlich nicht, insofern wertete ich es als Kompliment.

Kann man auf dem aktuellen Talas-Album irgendwelche Effektpedale hören?

Nur ein klein wenig Overdrive, ansonsten einen Low- und einen Clean-Channel, die durch einen Avalon-747-Preamp direkt ins Pult gehen, sowie einen Distortion-Sound, eine digitale Version meines originalen Setups, der mal direkt, mal analog ins Pult geht. Insofern habe ich drei Sounds, die ich miteinander mische. Seit neuestem habe ich mir wieder einen Eventide Harmonizer zugelegt. Ich wünschte, ich hätte ihn bereits vor der Talas-Produktion besessen. Einen Eventide hatte ich bei Talas schon früher, sodass mein Distortion-Sound in Stereo kam. Selbst wenn man direkt vor der Box stand, klang es, als ob man vier Meter entfernt steht. Den Eventide werde ich auch in Zukunft spielen. Ansonsten: kein Chorus, kein Flanger, keine Delays, und natürlich kein Reverb. Alles relativ trocken gehalten.

Wie sieht deine nähere Zukunft aus? Gibt es trotz des Todes von Phil Naro weitere Talas-Shows? Und was machen The Winery Dogs?

Das neue Album der Winery Dogs ist im Kasten, zurzeit werden gerade die ersten Shows gebucht. Mit Talas würden wir gerne weitere Konzerte geben, sozusagen als Hommage an Phil. Ich liebe die Songs, ich liebe es, mit Mark und Kire zu spielen. Wir haben bereits mit einigen Sängern gesprochen, die sicherlich einen guten Job abliefern würden. Aber wir wissen noch nicht, ob wir es wirklich machen sollten. Als wir bei Mr. Big damals Pat Torpey verloren, spielten wir mit Matt Starr weitere Shows, die bereits vor Pats Tod gebucht waren. Matt war großartig und hat sagenhaft getrommelt, dennoch war es nicht das Gleiche wie mit Pat. Deswegen hat es anschließend keine weiteren Shows mit Mr. Big gegeben. Mal schauen, was die Zukunft bringt. So etwas ist immer eine schwierige Entscheidung, auch für den jeweiligen Nachfolger. Im Fall von Phil wären es verdammt große Stiefel, die sein Nachfolger ausfüllen müsste. Wie gesagt: Noch ist keine Entscheidung gefallen. Aber ich hoffe, dass wir es machen, denn ich liebe die Songs!

KIRE NAJDOVSKI

(Bild: Jeff Gerew)

Nach dem Gespräch mit Sheehan stand uns auch der neue Talas-Gitarrist Kire Najdovski für ein kurzes Interview zur Verfügung. Wir stellen den jungen Mazedonier vor!

Kire, wann und wie bist du zu Talas gekommen?

Ich bin Mitte 2017 bei Talas eingestiegen, nachdem die Original-Bandmitglieder Anfang des Jahres erstmals über die Möglichkeit einer Reunion-Show gesprochen hatten. Zunächst hatten sie ihre früheren Gitarristen aus den Achtzigern kontaktiert, die jedoch nicht verfügbar waren. Deshalb entschieden sie, einen lokalen Gitarristen aus Rochester zu verpflichten. Phil Naro und die Talas-Managerin Lisa Inzana waren sich einig, dass ich die beste Wahl sei. Ich bin ihnen unendlich dankbar, dass sie mir die Möglichkeit gegeben haben, Teil dieser legendären Band zu werden.

Was wusstest du vorher über Talas?

Ich kam im Januar 2006 in die USA, nach Rochester in New York. In den späten Siebzigern und frühen Achtzigern waren Talas dort die absoluten Lokalmatadore. Bis heute haben sie landesweit eine riesige Fangemeinde. Ich traf Phil Naro, wir wurden schnell enge Freunde. Ich wusste, dass Billy, einer der begnadetsten Bassisten der Welt, bei Talas und in einigen meiner absoluten Lieblingsbands gespielt hat bzw. immer noch spielt, mit Gitarristen, die ich sehr bewundere.

Erinnerst du dich an deine ersten Gitarren, Verstärker und Effektgeräte? Besitzt du sie noch?

Tatsächlich besitze ich immer noch die allererste Akustikgitarre, die meine Eltern meinem Bruder gekauft haben. Sie befindet sich im Haus meiner Mutter in Mazedonien. Viele E-Gitarren, Pedale und Verstärker folgten und ich wünschte, ich hätte einiges davon behalten. Ich bereue es, einen Plexi Marshall Super Lead 100 Halfstack verschenkt zu haben, der mir und meinem Bruder in den frühen Neunzigern gehörte.

Was macht es so besonders, mit Weltklasse-Musikern wie Billy Sheehan oder Mark Miller zu spielen? Welches sind die speziellen Herausforderungen?

Mit Könnern wie Billy und Mark zu spielen ist das Beste, was einem Musiker passieren kann. Es ist aufregend und macht riesigen Spaß. Aber man hat auch eine große Verantwortung, denn man muss mit ihnen Schritt halten können. Es gibt eine goldene Regel, abgesehen davon, dass man ein guter Musiker sein sollte: Man muss seine Hausaufgaben machen! Und genau das habe ich getan. Billy und Mark sind nicht nur Monstermusiker und bilden meiner Meinung nach eine der besten Rhythmusgruppen der Welt, sondern sind sehr bodenständig und umgänglich. Wir haben viel Spaß auf und hinter der Bühne! Leider ist Phil im vergangenen Mai an Krebs gestorben. Eine sehr unglückliche Situation für alle. Wir vermissen ihn sehr.

Warst du an ‚1985‘ auch kompositorisch beteiligt?

Nein, sämtliche Songs wurden bereits in den Achtzigern geschrieben, aber nie im Studio aufgenommen. Auf der neuen Scheibe spielen wir sie fast genauso wie in unseren Shows. Was meine Gitarrenparts betrifft, so habe ich bei einigen Songs kleine Modifikationen vorgenommen und zusätzliche Ideen entwickelt, die sehr gut funktioniert haben. Natürlich habe ich in meinem eigenen charakteristischen Stil gespielt, den typischen Talas-Vibe und -Sound aber dennoch beibehalten. Die Soli sind allerdings meine eigene Kreation.

Welches Equipment hast du verwendet?

Für sämtliche Gitarrenparts und Sounds habe ich den Kemper Profiler PowerHead verwendet. Alle Signale wurden direkt aufgenommen. Für den überwiegenden Teil habe ich Bogner- und Soldano-Presets gewählt und die Gitarren bei allen Songs gedoppelt. Die meisten Stücke habe ich mit meiner 2015er Les Paul Custom Shop R8 VOS in Cherry Sunburst eingespielt.

Wie lange haben die Aufnahmen gedauert?

Um sämtliche Gitarrenparts in Billys Homestudio in Nashville einzuspielen, habe ich etwa zweieinhalb Tage benötigt. Von den insgesamt 18 Demos, die wir zuvor gemacht hatten, wurden 15 Songs aufgenommen, zwölf von ihnen sind schließlich auf dem Album gelandet.

Was machst du aktuell?

Derzeit arbeite ich in Rochester an verschiedenen Projekten. Außerdem habe ich meine eigene Kire Najdovski Band, ein Trio, das Instrumentalmusik macht. Demnächst beginne ich, an neuem Material für mein drittes Soloalbum zu arbeiten.

(Story: Matthias Mineur)

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