Sternenfeuer

Guild Starfire II ST im Test

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„You Really Got Me“ … das Eröffnungs-Riff dieses vielleicht ersten Powerchord-Songs überhaupt elektrisiert noch heute. Gespielt hatte es 1964 Dave Davies bei den Kinks angeblich auf einer semiakustischen Harmony Meteor, live war er aber immer mit einer Guild Starfire zu sehen.

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Das gute alte Sternenfeuer der 60erJahre soll mit den aktuellen Starfire-Ausgaben nun wieder neu angefacht werden, die aktuell in verschiedenen Ausführungen mit Stoptail oder Guild Vibrato Tailpiece in Single- oder Double-Cutaway-Versionen zu haben sind.

Konstruktion

Die Guild Starfire II ist eine Thinline-Gitarre mit charakteristisch spitzem Florentine Cutaway. Der in leichte Wölbung gepresste flache Korpus aus laminiertem Mahagoni von lediglich 42 mm Stärke am Halsansatz ist rundum mit einfachen Ivory-White-Bindings eingefasst. Der Blick durch die zwei recht geschmackvoll geschnittenen f-Löcher bestätigt, dass wir es mit einer richtiggehenden Hollowbody zu tun haben; lediglich der Bereich unterhalb der Brücke ist von einem T-förmigen Holzblock unterbaut. Der in Höhe des 14. Bundes eingeleimte Hals aus Mahagoni, dessen großflächiger Kopf unterhalb der ersten drei Bünde angeschäftet wurde, bekam ein Griffbrett aus Palisander, in das 20 ordentlich abgerichtete Narrow Jumbo Bünde und Perloid Dots zur Lagenkennung eingesetzt wurden.

Der abgewinkelte Kopf ist mit hübschen offenen Vintage-Style-Mechaniken samt Butterbean Knobs ausgestattet und gewährt auch Zugriff auf den Halsstab hinter dem Sattel aus Knochen. Am Korpus laufen die Saiten (628 mm Mensurlänge) über eine Tune-o-matic Bridge, bevor sie von einem Stopbar Tailpiece gekontert werden. Die beiden in schwarzen Rähmchen aufgehängten LB-1 Little Bucker mit Alnico- 5-Magneten der Starfire II sind Replicas von Guilds originalen Smaller Size Humbuckern, die sich von der Größe her zwischen einem vollen und einem Mini-Humbucker bewegen. Geschaltet werden die Tonabnehmer ganz konventionell mit einem auf die Decke oben vorn gesetzten Dreiwege-Toggle-Switch, verwaltet von individuellen Volume- und Tone-Reglern (500K-Pots). Die in gutem koreanischem Industriestandard verarbeitete Gitarre ist rundum mit High Gloss Natural Finish versiegelt.

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Scharfer Look mit Florentine Cutaway (Bild: Dieter Stork)

Praxis

Classic Vibe, Vintage Tone – „Früher war alles besser“-Begriffe, die immer bemüht werden, wenn man rückgriffig Anschluss sucht an die ach so guten alten Zeiten. Macht man das, weil einem nichts mehr einfällt, oder weil der gelungene Anfang auch schon wieder das frühe Ende war? Nein, wir reden von immer noch wirksamen Prägungen, von Fußabdrücken im Sedimentgestein unserer Hörgewohnheiten und bitte: stehen große Ideen nicht immer am Anfang einer Karriere, die danach oft genug lediglich verwaltet wird? Spielte nicht auch der junge Clapton im Vergleich zu heute ungemein inspirierter, klang gefährlicher, fand traumwandlerisch zu großartigen melodischen Ideen und hatte er nicht jenen Traum-Sound, den nachzubilden heute so schwer fällt (nur er, der ihn schuf, sucht den offenbar nicht mehr)?

Genug der Sinnsuche, nur dies noch: heute steht uns in Sachen Equipment ja wirklich alles zur Verfügung, was wir zur Erfüllung unserer musikalischen Träume brauchen und wer zu einem Instrument wie der Starfire greift, der hat wohl schon gewisse Bilder im Kopf. Das vorliegende Modell Starfire II bietet zunächst einmal moderne, will sagen komfortable Spieleigenschaften dank eines sehr angenehm profilierten Halses bei gut, aber nicht gerade aufregend flach eingerichteter Saitenlage (ginge problemlos noch was tiefer).

Die Tonentfaltung ist demgemäß sauber, die Saiten schwingen frei aus. Wer nicht, wie Neil Young, möglichst bis aufs Griffbrett runter gespielte Bünde bevorzugt, dem könnten auch diese hohen NarrowJumbo-Bünde gefallen. Schmaler Dicker? Komischer Begriff, aber die Bünde sind bestens abgerichtet und auf ihnen spielt es sich einfach richtig gut. Das akustische Tonambiente der Thinline ist, wie erwartet, geprägt von der Hollowbody-Konstruktion: anschlagsbetont knackig, perkussiv, konturstark und recht laut.

Am Amp klingt die Starfire II wie versprochen originell. Die LB-1 Little Bucker transportieren die anschlagsbetonten Sounds mit angenehm schlank luftiger Tongestalt. Spritzig und mit dynamischer Beweglichkeit lassen sich zunächst bei klar eingestelltem Verstärker auch schon über den Hals-Pickup gespielt bestens konturierte Linien oder Powerchords inszenieren. Das Klangbild gefällt mit gut gezügelten Bässen und offener Darstellung, vor allem aber durch den knackigen Puls, mit dem die Aktion federnd umgesetzt wird. Schalten wir den Steg-Pickup zu, so erhöht sich der Glanz und eine leichte Kehligkeit sorgt für zusätzliche Transparenz. Das gilt für beide Pickups auch im Zerrmodus.

Der Little Bucker am Hals tönt rund und offen, allerdings auch eher unspektakulär. In maßvoller Lautstärke geht hier einiges, darüber hinaus ist aber wegen des hohlen Korpus‘ mit Rückkopplungen zu rechnen. Bemerkenswert charaktervoll gibt sich der Steg-Pickup. Schon in der Abteilung Clean übersetzt er mit genau jener knochig holzigen, für eine Slimline Hollowbody typischen Tonfarbe, die oben schon im Song-Beispiel genannt wurde. Diesen leicht punkigen, wunderbar akzentuiert abfedernden Attack muss man einfach lieben. Aber darauf wollen wir diesen Pickup in seinen Möglichkeiten gar nicht beschränken, denn er läuft mit anzerrendem, aber sogar auch mit heißer gefahrenem Amp erst zu wahrer Größe auf. Obschon immer noch eingeschränkt in der Lautstärke, punktet er mit wunderbar zubeißender Attitüde. Das ist Twang auf einer etwas anderen Ebene, aber immer mit einer gewissen Luft unter den Flügeln.

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LB-1 Little Bucker Pickups (Bild: Dieter Stork)

Resümee

Die Starfire II ist Teil des Erweckungsprogramms, mit dem Guild an gute alte Zeiten anschließt, Zeiten in denen der frühe Rock noch Zähne zeigte. Die Aufgabe wurde höchst erfolgreich gelöst, denn diese Gitarre erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen ohne jeden Zweifel. Den Rahmen können wir aber auch gerne und leicht erweitern, könnten doch auch Blues-Rock-Fans und all jene jungen Spieler auf den Geschmack kommen, die Gefallen finden, sagen wir mal an Bands aus dem Dunstkreis von Jack White oder den Black Keys, kurz an allem was Spaß mit Retro-Bezügen erzeugt. Das Starfire-Modell ist mehr als nur ordentlich verarbeitet, verfügt über originelle Sounds mit perkussiv akzentuiertem Klangbild, wobei der frech zuschnappende StegPickup nochmals besondere Erwähnung finden soll, und es lässt sich gut spielen, auch wenn beim vorliegenden Exemplar die Saitenlage nicht unbedingt flach eingerichtet wurde. Ob dich diese Art von Sternenfeuer anmacht? Probier‘s halt aus!

Plus

  • klassisches HollowbodyDesign
  • Schwingverhalten
  • LB-1 Little Bucker
  • originelle Sounds
  • Hals/Bundierung
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

Minus

  • nicht für hohe Lautstärken geeignet

 

Starfire II_profil

Produkt: Gitarre & Bass 9/2022 Digital
Gitarre & Bass 9/2022 Digital
Im Test: Soldano SLO Mini +++ Harley Benton JJ-45OP und JP-45OP +++ Jensen Speakers Impulse Responses +++ Maybach Stradovari S61 „True Specs“ Masterbuild +++ LTD Phoenix-1000 +++ Epiphone B.B. King Lucille Bone White LTD & ES-335 +++ Keeley Electronics Halo Andy Timmons +++ Universal Audio UAFX Woodrow '55, Ruby '63 & Dream '65 +++ Baton Rouge X11S/FJE-AB Acoustic

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