Test: Tausch Electric Guitars 665 RAW Royal Purple
von Michael Dommers, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Dieter Stork)
Zum 30-jährigen Bestehen seiner Firma hat Rainer Tausch kein spezielles Anniversary-Modell geplant, schließlich sind seine handgefertigten Gitarren ohnehin fast ausnahmslos Custom-Order-Einzelstücke.
Schon früh hat sich der 57-jährige erfolgreich mit der Verwendung heimischer Hölzer im Gitarrenbau befasst, und so landen nur noch höchst selten Exoten in seiner Werkstatt. Bemerkenswert waren und sind u.a. die verlängerten Mensuren seiner Instrumente, deren Maße er pragmatisch als Bezeichnungen für die entsprechenden Gitarren verwendet. Die 665 zählt von Beginn an zu seiner Modellpalette, feiert also ebenfalls ihr 30stes.
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HOHLE BIRNE
Die Bezeichnung RAW steht für Tauschs einfachste Body-Ausführung, die weder Bindings noch Riegelahorndecken noch andere Kosten treibende Upgrades veredeln. Statt derer sorgen stark verrundete Kanten für allgemeinen Trage-, die geschwungene Zarge am Halsübergang für Spielkomfort in den oberen Lagen. Der Korpus, dessen Kammern so gefräst wurden, dass mittig ein durchlaufender Sustainblock erhalten bleibt, besteht aus Birnbaum mit aufgeleimter Birnbaumdecke.
(Bild: Dieter Stork)
Das rückseitige E-Fach deckt eine in Korpusfarbe lackierte Holzplatte präzise Oberkante bündig ab. Zu den hochwertigen E-Komponenten zählt ein Fünfwegschalter mit vier Schaltebenen. Ein verschraubter Göldo-Buchsentopf hält die zuverlässig packende Klinkenbuchse an der Zarge. Security-Lock-Pins sichern den Gurt, die einrastenden Locks zählen zum Lieferumfang.
Verleimter Hals (Bild: Dieter Stork)
Den Fuß des verleimten Ahornhalses hat man dem Zargenverlauf angepasst, sodass sich die höchsten Lagen barrierefrei bespielen lassen. Das in einem aufwendigen Verfahren komplett durchgefärbte feinporige Zwetschgengriffbrett besitzt einen von 9,5″ auf 12,5″ zunehmenden Compound-Radius. Trotz aufgeleimten Griffbretts verschließt ein Zwetschgenstreifen die rückseitige Aufnahmenut des Halsjustierstabs. Inklusive der gerundeten Kanten wurden die 22 extrafetten Jescar-Bünde vorbildlich abgerichtet und poliert. Sidedots und Punkte aus Epoxidharz, die Rainer Tausch wegen der gewünschten Farbe selbst herstellt, erleichtern die Orientierung. Über den sorgfältig aus- und auf optimal niedrige Saitenlage abgerichteten Graph-Tech-Tusq-Sattel erreichen die Saiten präzise und geschmeidig arbeitende Sperzel-Trim-Lok-Tuner.
Sperzel Trim-Lok Tuner (Bild: Dieter Stork)
Deren paarweise gestaggerte Beinwellen und die um 2° rückwärtig geneigte Kopfplatte erübrigen die Verwendung von Saitenniederhaltern, da für ausreichend Druck auf den Sattel gesorgt ist. Oberhalb des Sattel ist der Halsjustierstab problemlos zugänglich.
OPTIMIERTES VIBRATO
Das auf den ersten Blick konventionell erscheinende Vintage-Style-Vibrato birgt etliche auf den Ideen Rainer Tauschs basierende Besonderheiten. So besteht zunächst der Vibratoblock aus dunkel eingefärbtem Zwetschgenholz, in das eine lange Messinghülse mit innen liegendem Gewindedorn eingelassen wurde. Diese dient zur Aufnahme des 5,5 mm starken Edelstahlhebels, der nicht nur präzise in selbige passt, sondern zusätzlich per Innengewinde auf den Dorn geschraubt wird.
Vibratohebel mit Innengewinde (Bild: Dieter Stork)
Auf diese Weise erhält man einen leicht drehbaren Hebel, der auch ohne Teflonmanschette o.ä. absolut spiel- und geräuschfrei sitzt. Auf der Unterseite des Holzblocks nehmen kleine präzise eingelassene Messinghülsen die Endhaken der Zugfedern auf. In der offenen Federkammer wird das abgewinkelte Krallenblech anstelle der üblichen Holzschrauben von Gewindeschrauben gehalten und zusätzlich durch Muttern arretiert. Die stählerne Basisplatte ist mit sechs Stahlreitern des niederländischen Herstellers Highwood Guitar Parts bestückt, deren spezielles Design die Köpfe der oftmals scharfkantigen Madenschrauben vollständig verschwinden lässt, ohne den Justierbereich einzuschränken. By the way: Die Kupferspitze des Vibratohebels dient allein der Ästhetik.
Highwood Strat Saddles (Bild: Dieter Stork)
HÄUSSEL-PICKUPS
Der asymmetrisch gewickelte Tauschbucker wird vom Pickup-Guru Harry Häussel speziell für Tausch Guitars nach Rainers Vorgaben hergestellt, während der Stegnachbar ein Standardprodukt aus selbigem Haus ist. Da die Kappen ohne Plastikrähmchen präzise in den Deckenfräsungen hausen und von 2 Schrauben höhenjustierbar gehalten werden, stellt sich mir die Frage, wie sie angesichts abgewinkelter Beinchen montiert wurden bzw. bei Bedarf gewechselt werden können. Laut Rainer Tausch gestaltet sich dies einfacher als gedacht. Die Montage ist nicht zeitintensiver als die mit konventionellen Rähmchen. In jedem Fall aber sieht dieses Prinzip erheblich eleganter aus als für die Montageschrauben üblicherweise erweiterte Deckenfräsungen.
Elegante Pickup-Montage ohne Rähmchen (Bild: Dieter Stork)
Verwaltet werden die Humbucker mittels Master-Volume- und -Tone-Reglern und einem 5-Wege-Schalter mit 4 Schaltungsebenen:
Position 1: Hals-Humbucker
Position 2: Halsspule Hals-Pickup
Position 3: Hals-Humbucker + Halsspule Steg-Pickup
Position 4: Halsspule Steg-Pickup
Position 5: Steg-Humbucker
Zudem wandeln die Schalterpositionen 2 und 4 das 500k Volume-Poti in ein 250k Poti um.