Großmeister aller Klassen?

Hughes & Kettner GrandMeister 36 Head im Test

Anzeige
E-Gitarren-Verstärker, Topteil, von Hughes&Kettner, schwarz-blau
(Bild: Dieter Stork)

 

Hughes & Kettner hat in den letzten Jahren die Welt der Lunchbox-Amps auf den Kopf gestellt. Der handliche und vielseitige TubeMeister wurde zum weltweiten Bestseller. Kaum zu glauben, dass dies zu toppen ist. Doch: Der voll programmierbare GrandMeister stellt alles in den Schatten.

Anzeige

 

 

Wer vor ein paar Jahren vorausgesagt hätte, dass es möglich wäre, einen analogen Vollröhrenamp im Kompakt-Format für einen halben Tausender auf den Markt zu bringen, den hätte man ausgelacht. Der Tube- Meister in seinen Versionen 5, 16 und 36 hat es bewiesen. OK: Aber einen vollprogrammierbaren kompakten Röhren-Amp inklusive Digital-Effekte, der außerdem noch über eine iPad-App steuerbar ist, für einen Straßenpreis von unter € 1000 zu fertigen, das ist unmöglich. Ist es aber nicht: Der GrandMeister 36 steht vor mir und zeigt, was mit der Kombination von alter und neuer Technologie möglich ist; alles mit einer leicht zu bedienenden und absolut übersichtlichen Oberfläche.

Natürlich greift Hughes & Kettner nicht nur in die Trickkiste, sondern kombiniert viele Features aus den vergangenen Jahren in diesem Amp: Switchblade und Coreblade waren die ersten Röhren-Amps, die neue spezielle Potis, Smart Rotary Control genannt, verwendeten, Werte ablesbar und speicherbar machten und damit die Programmierung ermöglichten. Außerdem wird mit dem TSC-System (Tube Safety Control) eine optimale Kontrolle und Anpassung der Endstufenröhren möglich. Und auch die speicherbare Digital-Effektsektion mit Tap-Delay, Reverb und den Modulationseffekten (Flanger, Phaser, Chorus und Tremolo) konnte man dort schon finden. Und natürlich stand der TubeMeister Pate, was Größe, Leistung, und diverse Features wie z. B. das schaltbare Powersoak angeht.

 

hughes_kettner_grandm_1
(Bild: Dieter Stork)

 

Aufbau des Hughes & Kettner GrandMeister 36 Head

Der Amp ist wie der TubeMeister in einem kompakten Metallgehäuse untergebracht, mit Griffschalen an der Seite, geliefert wird er im praktischen Softbag. Die blau beleuchtete Plexiglasfront gibt den Blick auf Trafos und Röhren und das Metallchassis frei. Alles kompakt sauber und ordentlich aufgebaut.

Der analoge Röhren-Amp GrandMeister hat drei Vorstufenröhren, Typ 12AX7, seine 36 Watt Endstufenleistung zieht er aus 4 EL84 Röhren.

Die Ausgangsleistung des Amps ist per Master-Volume regelbar: Dies ist der einzige nicht programmierbare Regler/Schalter an diesem Amp. Die Regler Presence und Resonance beeinflussen die Wiedergabe der Endstufe im Höhen- und Bass-Bereich und der Ansprache, sie sind aber ebenfalls beide programmierbar. Dies ist bei beiden Reglern aber auch abschaltbar, sodass sie als Global EQ über alle Presets hinweg benutzbar sind. Die Endstufenleistung kann durch Endröhrenabschaltung und ein schalt- und programmierbares Powersoak auf 18, 5 oder 1 Watt reduziert werden, zum lautlosen Üben und zum Recorden kann der Ausgang auch komplett stummgeschaltet werden.

 

4 Kanäle

Der GrandMeister bietet vier schaltbare Kanäle, die per Drehschalter angewählt werden: Clean, Crunch, Lead und Ultra. Jeder Kanal kann individuell in Gain (Verzerrung) und Volume geregelt und angepasst werden. Zusätzlich kann die Empfindlichkeit der Kanäle per schaltbarem Booster angehoben werden.

Der Sound der Vorstufen kann durch eine passive Klangregelung mit Bässen, Mitten und Höhenregelung verändert werden. Wie bei H&K üblich, haben die vier Vorstufen vorgetunte Abstimmungen, so dass man bei der Umschaltung schon auf voroptimierte Sounds trifft, die man dann beliebig modifizieren kann.

 

hughes_kettner_grandm_2
(Bild: Dieter Stork)

 

Effekte des Hughes & Kettner GrandMeister 36 Head

Drei Digital-Effekte sind gleichzeitig nutzbar: eine sehr schöne Federhall-Nachbildung (regelbar in der Intensität); Delay, regelbar in Level, Feedback und Delay Time (80 bis 1400 ms; per Tap nur auf dem optionalen FSM-432 MKIII Fußpedal); und zu guter Letzt vier verschiedene Modulationseffekte, die über einen Drehregler angewählt und in der Intensität geregelt werden können.

Bei Linksanschlag der jeweiligen Lautstärkeregler werden die drei Effekte auf Bypass geschaltet und aus dem Signalweg genommen. Wem diese Effekte nicht ausreichen, für den ist ein schaltbarer, serieller Effektweg integriert, dessen Schaltzustand ebenfalls gespeichert werden kann.

Der Schaltzustand des integrierten intelligenten Noisegate kann ebenfalls gespeichert werden; seine Empfindlichkeit wird über einen Regler auf der Amprückseite justiert. Da das Noisegate die Werte am Eingang und hinter dem Preamp misst, kann man normalerweise diese Regler in Mittelstellung lassen und nur Eingreifen, wenn dies durch veränderte äußere Bedingungen nötig wird.

 

Powersoak & Redbox

Eine der wichtigsten Funktion beim Tube-Meister war die Schaltbarkeit der Endstufenleistung. Natürlich greift der GrandMeister darauf zurück: Die 36 Watt Ausgangsleistung kann durch Abschalten zweier Endstufenröhren auf 18 Watt reduziert werden; durch das Umwandeln von Leistung in Wärme kann man auf 5 und 1 Watt herunterregeln oder den Lautsprecher zum stummen Üben oder zum Recorden komplett abschalten, ohne auf die Endstufensättigung zu verzichten. Auch diese 5 Schaltzustände sind voll programmierbar, sodass man diese Einstellungen auch zur Sound-Formung verwenden kann.

Hughes & Kettner hat vor Jahren die Red-Box erfunden. Natürlich wurde diese Einheit in der aktuellen Version auch im GrandMeister integriert. Die DI-Box mit Speakersimulation greift das Signal zwischen Endstufe und Powersoak ab; das Signal ist für die Eingangspegel von Mischpulten optimiert, man kann diese Signal wahlweise für Recordingzwecke und auch für die Live-Abnahme verwenden. Achtung: Das Signal wird vom Masterregler beeinflusst, und auch die Umschaltung von 36 auf 18 Ohm wird weitergeben – was man tatsächlich auch als Boost-Effekt nützen kann.

Über den Preamp-Out kann das Signal des Vorverstärkers an weitere Endstufen weitergeleitet werden, auch ein Stimmgerät kann hier angeschlossen werden.

 

hughes_kettner_grandm_3
(Bild: Dieter Stork)

 

Programmieren des Hughes & Kettner GrandMeister 36 Head

Wie mehrfach betont, sind alle Funktionen (außer Master Volume) auf 128 Plätzen speicherbar. Man stellt den Amp nach Wunsch manuell ein, drückt dann den Store-Taster 2 Sekunden lang. Jetzt wird der angewählte Speicherplatz mit den neuen Werten überschrieben. Die Anwahl der Speicherplätze erfolgt über MIDI. Dazu kann man jeden beliebigen Controller verwenden oder auch den FSM 432 Mk III, der auf den GrandMeister optimiert ist.

Die Schalter am Amp zeigen ihren Zustand ja durch integrierte LEDs an, aber natürlich kann man die Werte der Potis auch ohne externe Hilfsmittel jederzeit auslesen. Man dreht langsam den jeweiligen Regler, wenn die Store LED aufleuchtet, zeigt dies an, dass genau diese Stellung dem programmierten Wert entspricht.

 

MIDI Board FSM-432 MK III

Das Fußboard wird über ein spezielles 7poliges MIDI-Kabel mit dem Amp verbunden und wird so auch mit Strom versorgt. Es gibt MIDI-in, MIDI-out und einen Mode-Schalter. Außerdem können zwei Expression-Pedale (z. B. Standard Schweller) angeschlossen werden, die 25 verschiedene Funktionen des GrandMeisters regeln können, wie z. B. Gain, Delay Time, Lautstärke. Das Board hat zwei Schaltzustände:

Preset: Funktion zur Anwahl der Presets, unterteilt in 32 Bänke und jeweils vier Presets A, B, C und D. Über den TAP-Taster kann man in diesem Modus die Delayzeit eintippen

Stompbox: Hier werden keine Presets abgerufen, sondern die vier Ampkanäle können per Tasten A – D nun direkt angewählt werden, außerdem sind die Modulationseffekte, das Delay und der Boost per Fußschalter an/ausschaltbar. (Bei diesem Modus muss man das Tap-Tempo des Delays am Amp einstellen.) Der GrandMeister merkt sich in diesem Mode die jeweils zuletzt im jeweiligen Kanal eingestellten Werte, man muss also keine neuen Presets für diesen Mode programmieren bzw. andere überschreiben. (Aber natürlich ist es trotzdem möglich, indem man sich vier freie Plätze sucht und diese Werte dort ablegt).

 

iPad-App

Wäre es nicht toll, wenn wir, die Tablets-Generation, eine App hätten, mit der man den GrandMeister fernbedienen könnte? Man könnte alle Werte ablesen, auf alle Regler und Schalter zugreifen, die Delay-Zeit ablesen oder das Tempo eintippen und sogar den Presets eigene Namen geben. Man stelle sich vor, das iPad ist am Mikroständer befestigt, und man kann mal eben von seinem Platz auf der Bühne den Sound modifizieren? Zukunftsvision? Nein, es ist Realität. Die iPad-App „Hughes & Kettner GM 36 Remote“ (kostenlos im Apple-AppStore) bietet genau das Gewünschte. Zur Zeit leider noch nicht drahtlos, aber man muss ja auch noch Wünsche für die Zukunft haben. Zum Anschluss benötigt man ein MIDI-Interface fürs iPad (z. B. IK Multimedia iRig MIDI, € 45 inkl. Spezialkabel, bei iPad 4 auch noch einen Apple Lightning auf 30-Pin Adapter, € 24,99). Man verbindet MIDI-Out mit dem Input des Amps bzw. des Fußboards FSM-432 und den MIDI-Out des Amp mit dem MIDI-IN des iPad-Adapters. Fertig, funktioniert alles wunderbar und einwandfrei. Fast, denn zwei kleine Bugs der App (Delay-Werte, Preset-Namen-Edit) werden gerade noch gefixt, aber das sind nur unwesentliche Kleinigkeiten.

 

hughes_kettner_grandm_4
(Bild: Dieter Stork)

 

Der Hughes & Kettner GrandMeister 36 Head in der Praxis

Der einfachste Test, einen Amp mit dieser Vielseitigkeit auf Herz und Nieren zu prüfen, ist erst mal die Bedienungsanleitung zur Seite zu legen und zu schauen, wie weit man ohne kommt. Ergebnis: Test bestanden. Alle offensichtlichen Funktionen und Möglichkeiten des GrandMeisters erklären sich fast von selbst. Nur wenn es ans Eingemachte geht, dann lohnt es sich, das Manual intensiv zu lesen, es ist sehr gut geschrieben und gibt noch viele zusätzliche Tipps, die man dann doch nicht intuitiv findet. Das gleiche gilt für den Fußschalter, der noch ein paar sinnvolle aber wichtige Details preisgibt, wenn man sich weitergehend informiert (z. B. Direct Mode, der auch beim Bank-Umschalten das neue Preset direkt anwählt, oder die MIDI-Zuweisung der Continous Controller).

Klanglich ist der GrandMeister an den Tube-Meister 36 angelehnt, jedoch wurde die Vorstufe modifiziert, und sie wirkt offener, satter und noch vielseitiger, was sich natürlich bei der Programmierbarkeit anbietet. Der analoge GrandMeister-Sound hat viele Variationsmöglichkeiten, von klassisch clean, über sanft angecruncht, und harten Marshall-Crunch bis zu High-Gain und Metall-Sounds in großer Bandbreite. Das Gain-Spektrum ist sehr weit, und so kann man schon mit dem Crunch Kanal sehr schöne, zerrige Leadsounds erreichen (Lukather bei Toto), der Lead Kanal bietet sehr viel Raum nach oben, und der Ultra liefert das, was er sagt, nämlich ultraviel Zerre, aber immer mit gut akzentuiertem Attack. Die Klangregelung und die Masterregelung mit Presence und Resonance sind weitreichend, und man kann damit auch unterschiedlichste Boxen (von 1x 12 bis 4x 12) abstimmen. Die Effekte sind praxisgerecht gewählt, und wer die Chance hat, sich durch die Werkspresets, die von unterschiedlichen Musikern programmiert wurde, zu testen, der merkt, wie viele Modifikationen auch beim Effekt möglich sind. Beeindruckend.

Zwar funktioniert der GrandMeister auch ohne das FSM-432 MKIII, aber ich halte es für sehr empfehlenswert, es direkt mit zu erwerben. Gut ist die Möglichkeit, je nach Anwendungsbereich, wahlweise Preset oder den Stompbox Mod zu wählen.

Man kann die integrierte Red-Box nicht mehr loben, als wir es schon immer getan haben, denn sie funktioniert außerordentlich gut, beim Recorden wie auch Live. Die Frequenzkorrektur ist wirklich gut gelungen.

Na ja, und die iPad-Steuerung ist einfach genial. Wünschen wir uns für die Zukunft, dass sie durch Wireless-Betrieb noch variabler einsetzbarer wird.

 

Resümee

Unglaublich, was der Hughes & Kettner GrandMeister 36 alles zu bieten hat: ein Rundum-Komplett-Paket mit allen erdenklichen Features, Anwendungsmöglichkeiten und vor allem Sound, Sound & Sound. Eine perfekte Kombination von Tradition und Moderne, und das alles zu einem super Verkaufspreis.

 

Übersicht

Fabrikat: Hughes&Kettner

Modell: Grandmaster 36 Head

Gerätetyp: E-Gitarren-Verstärker, Topteil, vierkanalig/mono, integrierte Digital-Effekte, MIDI-Steuerung, Endstufe 4× EL84, Vorstufe 3× E12AX7

Made in: China

Leistung: ca. 36 Watt

Mechanik: Metall-Gehäuse, Griffschalen a. d. Seite

Anschlüsse: Front: Input; Rückseite: Speaker-Outs (8 – 16 Ohm), Red Box Out (XLR), FX-Send, -Return, Line Out, MIDI-In, -Out/Thru, Netzbuchse (integr. Sicherungshalter)

Regler: Front: Gain (Intensity), Volume (Mod-FX-Type) Bass (Delay time), Mid (Feedback), Treble (Delay Level), Reverb, Presence, Resonance, Master-Volume, Rücks.: Noise-Gate-Sensivity

Schalter/Taster: Front: Channel-Select (Clean, Crunch, Lead, Ultra), Boost, Noise-Gate, FX-Loop-On, Store, FX-Access, Mains, Standby; Rücks.: Power Soak (18, 5, 1 W, stumm), Red Box Speaker Cabinet Type (Classic/modern)

Effekte: Reverb, Delay, Mod-FX (wahlweise Chorus/Flanger/Tremolo/Phaser)

Einschleifweg: mono seriell Besonderheiten: Total-Recall-Programmierung, Fernbedienung via MIDI oder Fußpedal, TSC Endröhrenüberwachung (automatisches Matching, Fehlerstromdetektor)

Gewicht: ca. 7,7 kg

Maße: ca. 446 × 171 × 152 BHT/mm

Zubehör: Softbag, iPad App, Netzkabel; Fußschaltpedal FSM-432 MK III mit ca. 9 m Kabel (nicht im Lieferumfang),

Vertrieb: Music & Sales

66606 St. Wendel

www.hughes-and-kettner.com

Preise: GrandMaster 36 Head: ca. 1179

FSM 432 MK III: 169

 

Plus

  • Preis
  • Sounds & Soundvariationen
  • Programmierbarkeit
  • intuitive Bedienung
  • ausführliche Bedienungsanleitung
  • TSC Endröhrenüberwachung
  • Noisegate
  • Red Box
  • iPad App
  • Fußboard mit 2 Modes
Produkt: Treble Booster im Test
Treble Booster im Test
Der Treble Booster war in den 60er und 70er Jahren das Effektgerät schlechthin. Hol dir jetzt 4 Gratis-Testberichte zum Sound-Wunder!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren