Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Line 6 POD X3 (am Bass!)

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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(Bild: Jogi Sweers)

Line 6 POD X3

Vor 25 Jahren kam mit dem AxSys212 das erste Produkt von Line 6 auf den Markt. Dieser große, schwere und sehr technisch aussehende Combo war keineswegs der erste Gitarrenverstärker mit Speicherplätzen, da waren Hughes & Kettner, Peavey und Dynacord schon früher drauf gekommen. Neu war aber, dass hier klassische Verstärker digital nachgebildet werden sollten – das Modeling war geboren!

Ein ganz großer Hit war das auf Anhieb nicht, auch wenn schon die 1997 vorgestellte Flextone-Reihe sich besser verkaufte. All das wurde locker in den Schatten gestellt von dem, was im nächsten Jahr passierte. Getrieben von einer ebenso vehementen wie kreativen Werbekampagne, befeuert durch eine, wie man munkelte künstliche, Knappheit der Ware, verkaufte sich das neue Produkt wie das sprichwörtliche geschnitten Brot.

JEDES BÖHNCHEN GIBT EIN TÖNCHEN

Kein Verstärker diesmal, sondern eine rote Bohne namens POD. Für Bass gab’s erst 2000 eine eigene schwarze Bohne, parallel zum Pod 2.0. So blieb es dann auch, egal ob es die nächste Bohnengeneration war, Pods im 19“-Format, oder als praktische Boden-Multis. Erst mit dem X3, das gleichzeitig die vorletzte Bohne sein sollte, die Line 6 rausbrachte, änderte sich das 2007. In kleidsames Metallic-Rot gehüllt, präsentieren sich hier Presets nicht nur für elektrische Gitarre, auch die Bass-Version ist gleich mit eingebaut. Und nicht nur das, dazu gibt es noch welche für akustische Gitarre und sogar für Gesang – all in one also. Das Gehäuse ist stabil aus Alu, ein großes, gut lesbares Display prangt in der Mitte und gibt Auskunft über das gewählte Preset oder darüber, was man sich an den soliden Potis mit ihren griffigen Knöpfen gerade so zurechtbastelt. Auf üppigen 128 Speicherplätzen können die eigenen Kreationen dann abgelegt werden. Per USB am Rechner angeschlossen, hat man Zugriff auf einen gut gemachten Editor mit grafischen Darstellungen der modellierten Geräte, und kann das X3 auch noch als Interface mit guten Werten (24Bit/96kHz) zum Einspielen nutzen.

(Bild: Jogi Sweers)

SPILLING THE BEANS

Auch live kann sich die Bohne durchaus hören lassen. Die Ausgänge sind sogar symmetrisch, so dass man mit einem Kabel von TRS-Klinke auf XLR auf eine DI-Box verzichten kann. An Eingängen ist neben der obligatorischen Klinke auch einer mit XLR vorhanden. Eigentlich für Mikrofone gedacht, kann er mit passendem Adapter auch für Instrumente verwendet werden.

Was das X3 von früheren Bohnen abhebt, und für Bass besonders geeignet macht, ist die Möglichkeit, zwei Signalstränge parallel zu fahren, auf Wunsch sogar mit getrennten Inputs und Outputs. Setups à la Chris Squire, Billy Sheehan, oder Doug Pinnick sind so virtuell locker nachzubauen, indem man zwei verschiedene Bass-Verstärker oder einen Bass- und einen Gitarren-Amp kombiniert und mit weiteren Effekten verfeinert. Zwar gibt es keinen neumodischen Kram wie Impulse Responses, aber auch die eingebauten Cabs und simulierten Abnahme-Mikrofone liefern mit etwas Geduld beim Einstellen und Experimentieren gute Ergebnisse.

Ganz fantastisch klingt es aber auch, auf Amps jeglicher Art zu verzichten, und stattdessen die für Vocals implementierten Simulationen klassischer Mischpult-Channelstrips zu bemühen. Die machen alleine einen wirklich guten Clean-Ton, oder können wiederum mit einem weiteren Gitarren- oder Bass-„Amp“-Kanal kombiniert werden. Das POD HD als letzte Bohne und Nachfolger des X3, sparte sich leider fast sämtliche Bass-Amps und Mischkonsolen, außerdem kann der XLR-Eingang nur alternativ, aber nicht parallel verwendet werden, was ihn für Bass deutlich unattraktiver macht.

PREISE

Mit etwas Glück bekommt man einen Pod X3 für unter 100 Euro, bei teureren Angeboten ist oft Zubehör wie eine Tasche und eine FBV-Express- oder Shortboard-Fernbedienung dabei, was für den Live-Gebrauch natürlich nützlich ist. Was bekommt man für kleines Geld? Einen solide gemachten Modeler, der einem aktuellen HX Stomp in Sachen Auflösung und Möglichkeiten gar nicht mal so viel nachsteht, wie man bei dem Altersunterschied erwarten würde. Die Bedienung am Gerät ist sehr schön übersichtlich, wirklich überschaubar und wird im Display gut dargestellt. Ansonsten hilft ein Blick in die wie immer sehr unterhaltsam und informativ geschriebene Bedienungsanleitung, die auch online verfügbar ist, sollte der Verkäufer sie nicht mehr haben.

Auch am Rechner geht das Editieren mit der Gearbox flott von der Hand. Gerade wenn man so sieht, was man da einstellt und welche Geräte man in der Signalkette wo eingesetzt hat, kann einem das viel darüber beibringen, was auch bei realer Hardware passiert – ohne, dass man sich eine Armada von Amps, Boxen, Mikros, Bodeneffekten und 19“-Geräten zulegen müsste. Die Bohne selbst ist dabei ziemlich robust, bei den alten Shortboards sollte man darauf achten, dass die Fußschalter alle funktionieren, da müssen schon mal Kontakte ersetzt werden. Die aktuellen FBV3 und deren FBV2-Vorgänger sind leider nicht kompatibel, das FBV Express immerhin schon. So oder so und auch ohne Fußboard dabei: Viel Spaß für wenig Euro!


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2022)

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