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Repair Talk: Custom-Projekt Traumgitarre – Teil 9

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Es ist soweit, wir haben das große Finale erreicht. Das Customprojekt steht in Punkto Montagearbeiten kurz vor dem Abschluss. Neben den großen, umfangreichen Teilarbeiten die erläutert wurden, gibt es aber auch kleinere kompakte Tuning-Aspekte.

Diese benötigen keinen kompletten Repair Talk um tunerfreundlicher zu werden, sollten jedoch für ein schlüssiges Gelingen der Custom-Aufgabe durchaus durchleuchtet werden. Ohne weitere Zeilen zu verlieren geht es – ohne festgelegte Reihenfolge – mit der Montage der Buchse und der Buchsenplatte los.

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Abb. 1: Länger als man denkt: Montierte Klinkenbuchse mit Stecker (Bild: M. Doc Schneider)

Reingleiten ohne zu klemmen

Eigentlich eine ganz banale 2-Schrauben-Montagesituation. Wichtig ist jedoch, dass die Montageschrauben greifen (also genügend weit auf dem Korpus, weit genug entfernt von der Fräskante sitzen) und der Klinkenstecker nach vorne hin genug Platz hat, um ohne Haken und Klemmen über die Feder zu rutschen.

Die Abb.1 zeigt Geschriebenes bildlich. Beim Einstecken des Klinkensteckers braucht die gebogene Feder Raum, um Platz für die einrastende Steckerspitze zu machen. Ist die Einbausituation zu eng, muss die Feder in sich gebogen werden. Das ganze Ein- und Ausstecken geht dann sehr schwer und ruckelig über die Bühne. Gute Resultate erziele ich, wenn ich zunächst Buchse und Blech gemäß Abb.1 vormontiere, also mit der Feder nach unten. Anschließend stecke ich einen Klinkenstecker (es muss kein Kabel sein) ein und setze das Ganze in die Fräsung für die Buchse. Danach vermittele und finde ich eine Position, in der Feder und Stecker genug Platz haben aber auch die Befestigungsschrauben genug Material finden. Ruhig den Stecker mal ein- und ausstecken – ist alles stimmig und hakelfrei: Schraubenlöcher anreißen (Abb.2). Bei weichen Hölzern (Sumpfesche, Erle, etc.) drehe ich die Schraube direkt in das gut vorgestochene Holz. Bei harten Exoten bohre ich den Vorgaben entsprechend vor.

Abb. 2: Positionieren und Anstechen des Buchsenbleches (Bild: M. Doc Schneider)

Fester Knopf für einen guten Halt

Nur ganz kurz erwähnen möchte ich die Montage der Gurtknöpfe. Viele Tuner verlassen sich häufig auf die mitgelieferten Schrauben bei einem Neukauf. Leider sind die oftmals dem Gurtknopf herstellerseitig beigelegten „Zierschräubchen“ nicht in jeder Montagesituation eine verlässliche Befestigungsmethode. Da muss die Erfahrung des Tuners entscheiden, ob das Schräubchen gegen eine Schraube getauscht, das Loch ggf. gedübelt oder eine andere Methode notwendig ist, dem Knopf den notwendigen Halt zu geben. Oftmals habe ich in meiner Werkstatt sehr wackelige Lösungen vorliegen, die immer die Gefahr bergen, bei Gebrauch den Halt aufzugeben.

Abb. 3: Positionieren des Schlagbrettes, um die äußeren Saiten magnetisch einzufangen (Bild: M. Doc Schneider)

Polepieces einfangen

Beim Projekt wurden die alten Schraublöcher zur Schlagbrettmontage verdübelt und somit eine „frische“ Situation zur Montage geschaffen. Das kann man nun zu Optimierungszwecken in diesem Stadium nutzen. Platziert man das fertig bestückte und angeschlossene Schlagbrett auf dem E-Fach, hat man in der Regel noch etwas Spiel, um das Schlagbrett hin- und herzubewegen. Spannt man die beiden äußeren Saiten auf, kann man nun die Position der Polepieces in Bezug zu den Saiten verändern (Abb.3). So kann man häufig (nicht immer) den Abnahmebereich der Tonabnehmer an die Position der äußeren Saiten anpassen und so verhindern, dass diese aus dem optimalen Abnahmebereich fallen, also später eventuell etwas leiser abgenommen werden. Das wird durch Bauteiltoleranzen selten 100-prozentig optimal erreicht, aber wenn schon mal die Option besteht, sollte man diese auch nutzen und das Bestmögliche aus dem Projekt herauskitzeln. Liegt das Schlagbrett gut, können auch hier die Schraublöcher zentrisch vorgestochen werden. Wie beim Buchsenblech nehmen weiche Hölzer die Schrauben direkt auf, Harthölzer sollten ggf. vorgebohrt werden.

Abb. 4: Typischer Vintage Saitenniederhalter… (Bild: M. Doc Schneider)

Kopfschmuck mit Funktion

Weiter geht es quasi am anderen Ende des Projektes: Auf der Kopfplatte. Dort findet man bei Halskonstruktionen ohne abgewinkelte Kopfplatte kleine Bauteile mit großer Aufgabe (Abb.4/Pfeil). Es handelt sich um die sogenannten Saitenniederhalter (Englisch: String Tree) oder in der größeren Variante auch Tension Bar (meistens bei Floyd Systemen). Diese Bauteile haben die Aufgabe, die Saite am Sattel mit genügend Druck nach unten zu versorgen, damit diese im Sattel sauber abgestoppt wird (Abb.5).

Abb. 5: … der am Sattel für genug Druck sorgt (Bild: M. Doc Schneider)

Wird sie nicht fest abgestoppt, hat die Saite einen nasalen, störenden Oberton, der etwas an eine Sitar erinnert. Bei der E/A- und häufig D-Saite stellt sich die Problematik nicht, da der Saitenverlauf hin zur Mechanik meistens steil genug ist. Die weiter nach hinten liegenden Mechaniken für die G, h- und e-Saite liefern nur einen recht flachen Winkel und somit werden die entsprechenden Saiten in der Regel nicht sauber abgestoppt. Es gibt natürlich Gegenmaßnahmen. So zum Beispiel gestaggerte, also unterschiedlich hohe Mechaniken, die den hohen Saiten etwas mehr Winkel geben (Abb.6/links).

Abb. 6: Alternative Druckerzeugung (Bild: M. Doc Schneider)

Man kann auch durch entsprechendes Wickeln der Saite auf den Mechanikachsen den Winkel in einem gewissen Umfang beeinflussen. Es gibt viel zu experimentieren, Teilerfolge sind auch durchaus möglich, jedoch ist der Niederhalter die vorhersehbarste und für mich auch tonal die beste Lösung (tonal in diesem Kontext heißt: Sauber abgestoppt/ ohne schwammige, nasale Leersaite).

Abb. 7: Zu viel des Guten: Viel Druck = Reibung = Verstimmungsprobleme (Bild: M. Doc Schneider)

Wie bei so vielen Lösungen kann man aber auch in Punkto Druck am Sattel über das Ziel hinausschießen. Einfach 2 Niederhalter platt auf die Kopfplatte setzen (Abb.7) erzeugt zwar Druck aber auch Reibung. Bei Gitarren ohne Vibrato kann diese Reibung bis zu einem gewissen Punkt in Kauf genommen werden. Bei Projekten mit Vibrato müssen Reibung und Druck in ein ergebnisorientiertes Verhältnis gebracht werden. Der Markt bietet reibungsarme Niederhalter aus Grafit an. Technisch OK, sind sie jedoch optisch bei Vintage-orientierten Projektherren nicht durchzusetzen.

Abb. 8: Druckregulierer: Unterlegring zur Höhenverstellung des String Trees (Bild: M. Doc Schneider)

Da helfen kleine Metallringe (Abb.8 – liegen oft den Niederhaltern beim Neukauf bei) durch eine Veränderung der Aufbauhöhe Druck und Reibung auch bei Vintage orientierten Bauteilen aufeinander abzustimmen.

Abb. 9: Montage des String Trees (Bild: M. Doc Schneider)

Zur Montage des Niederhalters platziere ich diesen auf den entsprechenden Saiten und steche die Position mit einer Stechspitze an (Abb.9/links). Beim anschließenden Bohren begrenzt ein auf den Bohrer aufgeklebter Kleberstreifen die Bohrtiefe (Abb.9/rechts). Anschrauben – fertig.

Praxistipp: Manchmal sind die mitgelieferten Distanzringe (Abb.8) zu lang. Gerade bei dem eventuellen String Tree im Bereich D/G-Saite kommt so nicht genügend Druck auf den Sattel. Ich wähle dann transparenten Silikonschlauch (kennt man von der Pickup-Montage) und ersetze die Metallstücke durch kurze, stauchbare Schlauchabschnitte. Das klingt zunächst optisch völlig inakzeptabel, wird aber meistens durchgewunken, da die transparenten, kurzen und gestauchten Schlauchstücke als solche gar nicht auffallen aber mit ihrer Funktion überzeugen.

Abb. 10: Alternative mit Zapfen: American Standard String Tree (Bild: M. Doc Schneider)

Sehr gut arbeiten auch die American Standard Niederhalter der Firma Fender (Abb.10 – gibt es im Fachhandel zu kaufen). Die runde Saitenführung erzeugt nur sehr wenig Reibung. Die Niederhalter haben zwar einen zusätzlichen Montagezapfen (benötigen also eine zusätzliche Bohrung), liefern aber eine sehr gute Funktion. Da die D-Saite kaum Druckunterstützung benötigt, entferne ich die entsprechende Führung am 2. String Tree (Abb.11), sodass nur die kritischen e-, hund G-Saiten mit Druck zum sauberen Ton geführt werden. Beim Projekt waren die Vorgaben kundenseitig auf Vintage-String-Trees vorgegeben. Diese wurden montiert (s.o.) und die Gitarre wurde besaitet.

Abb. 11: Reibungsarme String Tree Variante (Bild: M. Doc Schneider)

Karton und Tüten sind leer, die Hardwareverpackungen sind geplündert – das Projekt ist von der Montage her offensichtlich im Ziel angekommen (Abb.12) und macht schon mal einen guten Eindruck.

Abb. 12: Ready to Rock: Die fertige Custom-Gitarre (Bild: M. Doc Schneider)

Mit Tuning zum Spass

Trotz erlesener Zutaten und lehrbuchhafter Montage kommt – und das ist etwas enttäuschend – noch kein richtiger Spielspaß auf. Genau das ist der Punkt, an dem der Tuner erkennt, dass zum Bau eines guten Instrumentes mehr gehört als nur das Verquicken von Bauteilen. Es bedarf noch eines umfassenden Finetunings, um den Partsmix in ein gut spielbares Instrument zu verwandeln. Bünde abrichten, Sattel überarbeiten, komplett einstellen, etc. sind notwendig, um den Bau des Projektes würdig an das Ziel zu bringen. Diese wichtigen Arbeitsschritte sind schon im Zuge der Neubundierung erläutert worden (G&B 4/18 bis 2/19) – die relevanten Repair-Talk-Ausgaben können bei Bedarf mit Hintergrundinfo helfen.

Jetzt wird erst einmal aufgeräumt, Verpackungsmüll umweltgerecht entsorgt und dann geht es hier in der nächsten Folge ganz frisch weiter…

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2019)

Produkt: Fender Stratocaster
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