Ich habe mir eine Les Paul gekauft. Sieht sehr sexy aus. Goldtop, Kostüm Shop, leichte Lackrisse – lecker! P-90, 3,89 Kilo schwer, genau richtig, nicht zu leicht, nicht zu schwer. Ein paar Leser werden jetzt enttäuscht vor sich hinmurmeln „noch uninteressanter war neulich nur der Fund einer Gehirnamöbe in Mario Baslers Turnbeutel“ – aber für mich war das eine aufregende Mission.
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Ich habe zwar jahrelang meine Tele & Strat immer wieder mal mit Gibsons betrogen, aber das war nichts Ernstes. Ich war nur geil, wollte ein bisschen andere Formen befummeln und brauchte etwas ruppigeren Dirty Talk außerhalb meines ehelichen Fender-Schlafzimmers. Aber diesmal sollte es nicht nur ein Seitensprung sein, sondern eine Dauerfiliale werden. Also habe ich es mir nicht leicht gemacht und diverse Kandidatinnen umworben. Eine wollte dann unbedingt zu mir – ich fand sie auch sehr attraktiv, also habe ich sie heimgeführt.
DIE ERSTE RICHTIGE PROBE MIT DER NEUEN!
Als erste Amtshandlung entfernte ich dieses hässliche Aufstell-Pickguard. Ja, ihr könnt euch den Wutschaum vorm Mund wieder abwischen, Geschmack ist subjektiv. Auf der Probe suchte ich dauernd nach den Potis (ja, es gibt Gitarristen, die benutzen das Volumepoti und sogar das Tonepoti!), drehte ständig an den falschen Knöppen und kam des Öfteren mit dem Unterarm an den Pickup-Switcher.
Der Schalter nervt!
Doof, wenn man gerade auf dem Bridgepickup einen herrlichen Chuck-Berry-Groove am Hals/Korpusübergang tackert und auf einmal Stille herrscht, weil man mit dem Arm unbeabsichtigt vom Stegpickup auf den runtergeregelten Halspickup umgeschaltet hat. Dieses Soundloch ist so abtörnend wie ein frischer Schurzflecken auf der Saunabank, wo der Sitznachbar offensichtlich ohne Handtuch unter seinem Köttelbunker gesessen hat. Aber ich spiele nun mal sehr gerne am Hals/Korpusübergang und drehe an den Potis, also war mein erster Gedanke: Der Scheiß-Schalter muss weg. Ich opfere ein Tonpoti, mache einen Master-Tone und fülle das entstandene Loch mit dem Pickupswitch! Brilliant! Hoheneder, du verdammtes Genie!
Ich rief sofort Andreas Kloppmann an, um dieser Weltidee den Segen von ganz oben zu verabreichen. Kloppis Begeisterung hielt sich in Grenzen – es war so, als ob man zu Udo Lindenberg gesagt hätte: „Hör mal, lass’ mal den albernen Hut mit den angeklebten Haarfusseln weg – Glatze ist auch cool!“ Er schwieg erst eine halbe Strafminute angesichts meiner vorgeschlagenen Frevelei, dann sagte er mild tadelnd: „Dann hast du aber nicht mehr die Vorteile des 50s-Wiring, das klingt dann nicht mehr authentisch. Außerdem ist der lange Kabelbaum von den Potis zum Switcher wichtig für den typischen Les-Paul-Sound. Wenn wir den kürzen, klingt das sehr anders!“
Oha! Ich kenne diesen Tonfall von ihm, ich sah durch das Telefon sein Stirnrunzeln. Ich lenkte ab: „Na gut, aber die Pickups klingen vernebelt und nuschelig, da müssen andere rein!“ Andreas Stimme entspannte sich: „Wir können ja mal schauen, komm mal rum!“
FEHLKONSTRUKTION LES PAUL!
Auf dem Weg nach Stuhr habe ich nachgedacht, warum ich mir das überhaupt antue. Les Pauls sind doch eigentlich eine bedauerliche Fehlkonstruktion: Sie sind schwer. Wenn sie hinfallen, ist meistens der Kopf ab oder der Hals gebrochen. Dauernd muss man sie wie ein rohes Ei behandeln. Man kann sie nicht mal auf den Bühnenboden oder auf dem Tisch flachlegen, wegen des dusseligen Winkels der Kopfplatte. Die Klampfe zur Probe schnell in den Kofferraum schmeißen, ohne Koffer oder Gigbag? Um Himmels Willen, doch nicht mit einer Les Paul!
Aber mit einer Tele kann man das bedenkenlos machen. Die kann das ab – ich weiß nicht, wie oft ich schon meine Tele auf der Bühne umgeschmissen habe im Eifer des Gefechts! Oder irgendwo gegengedengelt bin, ohne dass etwas Ernsthaftes passiert wäre. Also, warum jetzt wieder dieses ganze Les-Paul-Heckmeck? Des Sounds wegen? Ja, schon, aber nicht wirklich. Es gibt schließlich nichts, was eine gute Telecaster nicht kann: Ob Rock, Soul, Funk, Country, Metal, Blues, Jazz … für jedes Genre findet man einen berühmten Tele-Spieler.
Aber eine P-90-Goldtop sieht eben verdammt sexy aus und hat auch einen legendären Sound! Und warum nicht mit Ende 50 mal der Sexyness einer fantastisch klingenden Goldtop erliegen? Über neue, elegante Sound-Boulevards flanieren, abseits der abgelatschten, allseits bekannten Fender-Bürgersteige? Mein innerer Schweinehund flüsterte mir zickig ins Ohr, dass Goldie aber bisher nur akustisch exzellent klang und elektrisch eher befriedigend – aber ich wies ihn in die Schranken mit dem Hinweis, dass ein Set Kloppmann P-90 dieses Manko beheben würde.
THE MAGIC OF KLOPPI!
Zu Besuch bei Kloppi
Wer jetzt geifernd „Schleichwerbung“ zischt, dem sei gesagt: Ich habe schon P-90s von Häussel, Lollar, Curtis Novak, Seymour Duncan sowie Lindy Fralin gekauft und gespielt. Die waren alle richtig gut! Aber Andreas ist mein Freund und er betrachtet die Gitarre und mich ganzheitlich: Für ihn ist alles wichtig – Pickups, Potis, die Hölzer, die Elektronik (Kabel, Potis, Wiring), wie ich spiele und welchen Sound ich eigentlich suche.
Andreas hat immer das ganze große Puzzle mit allen Teilen auf dem Schirm. Sein Beruf ist seine Passion, sein Lebensinhalt. Robben Ford hat das neulich in einer Folge von That Pedal Show über den legendären Alexander Dumble genau so erzählt: Der Mann hat Amps gelebt! Andreas Kloppmann ist nicht nur ein Pickuphersteller – er lebt Gitarren, daher kommt für mich seine Magie!
DIE VERWANDLUNG
Obwohl ich es bestimmt schon über 30 mal erlebt habe, bin ich immer wieder begeistert von dem Prozess, den ich „die Verwandlung“ nenne: Andreas nimmt sich die Gitarre und spielt sie akustisch. Dann kommt das erste Urteil. Dieses Mal spielte er ein paar Chords & Licks auf der Goldtop, stand auf und hielt mir die Hand hin: Herzlichen Glückwunsch zu dieser fantastischen Gitarre! Ich war stolz wie Oskar!
Dann scheuchte er sie über den Amp und fragte: „Was gefällt dir nicht?“ Ich spielte kurz und wiederholte meine Diagnose: Etwas „vernebelt“, zu wenig Klarheit und zu nuschelig in den Mitten. Dann spielte ich zur Demonstration ein paar Licks auf seiner 59er Les Paul Special, um meine Kritik zu untermauern. Kloppi nickte und legte los: Die Potis wurden vermessen, das Wiring der Kondensatoren gecheckt.
O-Ton: „Die Kondensatoren klingen gut, aber die müssen andersrum gedreht und eingelötet werden. Spiel noch mal und merk dir das!“ Ich spielte, gab ihm die Goldtop zurück und er drehte die Kondensatoren. Danach war ein Teil des „Nebels“ verzogen. Dann maß er die Volumen-Potis aus, beide sollten mindestens 550kOhm messen. Beide hatten aber gerade mal 416kOhm. Shame on you, Gibson Custom Shop – eine sauteure Gitarre mit beschissenen Potis! Maue Endkontrolle für ein Flagschiff-Produkt – echt peinlich!
Also wurden gute Potis mit den richtigen Werten eingebaut. Die Ton-Potis waren auch unter 500, aber noch ok.! Als nächstes kam ein SB52-Set in die Gitarre. Das klang mit den richtigen Potis richtig fresh und gar nicht mehr nuschelig. Zumindest der Stegpickup hatte Klarheit, aber trotzdem diesen herrlichen, fetten P-90 Growl, der beim runterregeln clean und etwas schlanker wird. Geil!
Der Halspickup war mir aber im Vergleich zum Sound des Neckpickups seiner ’59 Special zu mächtig und nicht glasig genug. Also wurde das Anschlusskabel des Pickup 2cm gekürzt und ein anderer Kondensator (Mallory 150) verlötet. Wieder besser, aber ich war immer noch nicht zufrieden. Also bekam mein SB-52-Halspickup andere Magnete … und dann ging die Sonne auf! „Näher kommen wir nicht an den Sound der alten Special ran, das sind unterschiedliche Gitarren, hier ist Endstation!“, brummte Meister Kloppmann zufrieden. Ich war mehr als glücklich mit der ganzheitlichen Verwandlung! Mein Fazit: Potis, Kabel, Elektrik, Kondensatoren, Pickups, Magneten – alles macht Sound, wer nur die Pickups wechselt lässt die Hälfte liegen!
Der neue Mallory-Kondensator
WIN-WIN!
In der Zwischenzeit war Prof. Peter Weihe, die deutsche Gitarrenlegende auch bei Kloppmann Electrics eingetroffen. Peter zu treffen macht immer Spaß, denn er hat nicht nur viel Interessantes zu erzählen, er kann auch sehr gut zuhören! Er spielte ebenfalls ein paar Licks auf meiner Goldtop, gab sie mir lächelnd zurück und meinte: Gut! Na, bidde!
Dann saßen wir zu dritt zwei Stunden am Tisch und philosophierten über das Leben. Alte Stories wurden von allen Beteiligten rausgekramt und mit Leidenschaft erzählt. Die Zeit verging wie im Flug. Als ich mich bei Andreas zum Abschied bedankte, bedankte er sich auch bei mir. Ich war erstaunt, er klärte mich auf: „Ich habe wieder was gelernt heute. Wegen dir! Vielleicht muss ich noch ein anderes P-90-Set rausbringen, der Sound den du auf dem Halspickup gesucht hast, liegt abseits vom SB-52 und SB-62. Wenn wieder ein Kunde sowas sucht, weiß ich jetzt besser, was zu tun ist!“
Ich umarmte ihn: „Andreas, das ist Win-Win!“ Mal gucken, ob Goldie eine Dauerfiliale wird. An der Optik lag es nie … und der Sound ist seit der Verwandlung über alle Zweifel erhaben! Vielleicht schmeiße ich sie einfach mal probeweise ohne Case in den Kofferraum …