Workshop

Solo Basics: Lines von Davis, Benson und Henderson – Recordame 2

Anzeige
(Bild: Shutterstock / Gansstock)

Nachdem wir die Form und die Akkorde von ‚Recordame‘ jetzt kennen, können wir uns der Improvisation zuwenden. Aber ein Tipp vorweg: An erster Stelle steht das Thema, das z.B. im alten Real Book abgedruckt ist und auch in einigen YouTube-Videos mit Noten und Tabs vorgestellt wird.

Das Thema ist bei jedem Standard ein wichtiger und unverzichtbarer Bezugspunkt für ein gelungenes Solo. Beim Aufbau eines eigenen Vokabulars für die Improvisation ist von zentraler Bedeutung, dass man Konzepte, Lines und Licks nicht nur auf einen Song bezogen anwenden kann, sondern lernt, diese auf andere Songs und harmonische Umgebungen zu übertragen.

Anzeige

Die Takte 1-4 von ‚Recordame‘ sind in A-Dorisch, die Takte 5-7 dann in C-Dorisch. Und analog zu den Chord-Voicings in der letzten Folge können wir die Lines von Miles Davis und George Benson über ‚So What‘ (G&B 02/2025) importieren. Dafür ist allerdings etwas „Tweaking“ angesagt:

– Rhythmik: Die in ‚So What‘ gespielten swingenden Achtel werden jetzt binär, also in geraden Achteln gespielt.

– Die Lines in D-Dorisch werden zuerst nach A-Dorisch, also eine reine Quinte nach oben bzw. eine reine Quart nach unten, und dann nach C-Dorisch, also einen Ganzton nach unten transponiert. Ich wiederhole mich hier gerne, wenn ich nochmal betone, wie wichtig es ist, Lines und Licks durch den Quintenzirkel, also durch alle Tonarten zu spielen. Dieser Prozess ist ein Turbo-Booster für die Griffbrett-Orientierung und wirkt wahre Wunder. Übertragen auf A-Dorisch geht das so:

|| A | D | G | C | F / Bb | Eb | Ab | Db | Gb/F# | B | E || A

Beispiel 1 zeigt den Import der Miles-Davis-Line. Günstig ist, dass die Line jeweils mit dem Grundton A bzw. C beginnt.

In Beispiel 2 seht ihr den gleichen Prozess angewandt auf die George-Benson-Line. Diese beginnt allerdings mit der Quinte E von A-Dorisch bzw. G von C-Dorisch.

In Beispiel 3 lernen wir einen Chorus von Joe Henderson, dem Komponisten von ‚Recordame‘ kennen. Jetzt geht es durch die ganze Form. Der Chorus stammt von der CD ‚Mystified‘ des US-Pianisten Tom Grant (1978). Joe Henderson hat das Stück in den verschiedensten Besetzungen sein ganzes Leben lang gespielt und immer wieder neu interpretiert. Auf YouTube wird man schnell fündig. Bei dem Chorus, mit dem er sein Solo beginnt, fasziniert der Einsatz von Pausen und Motivik. Die Phrasierung lässt sich an der Gitarre mit Legato-Techniken imitieren.

Beispiel 4 schaut einem legendären Musiker der Jazz-Geschichte, dem Pianisten Tommy Flanagan über die Schulter. Da Pianisten ja jeden Ton einzeln anschlagen, kann man in bester Pat-Martino-Manier ebenfalls jeden Ton anschlagen – Legato bleibt hier außen vor. Eine Analyse des verwendeten Tonmaterials ist in allen Notenbeispielen eingetragen. In der nächsten Folge geht es dann um Strategien für die schnell wechselnden II-V-I-Verbindungen in ‚Recordame‘.

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.