Thomas Blug vermisst mit seinem Techniker Julian den Dumble (Bild: Udo Pipper)
„Kann man sowas bauen?“ … in dieser Folge können wir uns endlich in die tieferen Sphären des vor zwei Monaten beschriebenen Dumble-Amps begeben, denn ich habe eine Weile gebraucht (und lerne noch … ), um zu verstehen, was Mister Dumble da gemacht hat. Der „Dumble-Tourismus“ dauert derweil an. Zu mir kommen regelmäßig Interessenten, die sich selbst von der Qualität dieser Amps überzeugen wollen.
Und eigentlich ist es fast lustig, all die Musiker über den Amp spielen zu sehen und zu hören, denn meist ist der so genannte Wow-Effekt schon nach den ersten Tönen zu vernehmen. Und ich spreche hier nicht von Leuten, die einen billigen Transistor-Amp gewohnt sind, sondern bereits Two Rocks, Fuchs-Amps, Amplified Nations oder ähnliche Repliken spielen. Und immer scheint der Dumble diese edlen Boutique-Konstrukte noch deutlich zu toppen. Da ist immer mehr Punch, mehr Abbildungsgröße, mehr Tiefe im Sound und vor allem eine überraschende Leichtgängigkeit, die den meisten Dumbles eigentlich nicht nachgesagt wird. Es gibt da Musiker, die etwa spätere Modelle mal kurz testen durften, davon aber eher enttäuscht waren. Die Sounds werden dann als „zu mittig“ oder sogar als „nasal“ beschrieben. Andere zucken mit den Achseln und sagen, man hätte kaum mehr gehört als von einem guten Twin Reverb.
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DIE DUMBLE LEGENDE
Mittlerweile habe ich mich eingehend mit der Dumble-Historie befasst, hunderte Fotos gesammelt und alle möglichen Schaltungen studiert. Die Legende lehrt uns, dass Dumble jeden Amp auf die individuellen Bedürfnisse bestimmter Musiker abgestimmt hätte. Ab etwa 1980 mag da etwas dran sein, aber vorher gab es durchaus konstante Serien, die unverändert gebaut wurden. So etwa die Reihe mit den Seriennummern circa #0020 bis #0040. Der letzte dieser Baureihe wird in manchen Musikerforen als Legende gehandelt. Vielleicht aber auch nur deshalb, weil irgendjemand diesen Amp untersuchen konnte und den Schaltplan ins Netz stellte. Der Amp bei mir zuhause hat die Nummer #0031 und stammt aus dieser legendären Ära. Musiker wie John Mayer, Joe Bonamassa oder Carlos Santana haben solche Amps und schätzen ihren unverkennbaren Sound. Sie klingen deutlich anders als es die späteren Aufnahmen von Robben Ford oder Larry Carlton vermuten lassen. Und das hat Gründe.
Layout-Plan eines späteren 100-Watt-Modells, das in etwa Larry Carltons Dumble entspricht (Bild: Albany)
Da ich mich mit Röhrenverstärkern recht gut auskenne – schließlich repariere und restauriere ich seit dreißig Jahren Vintage-Amps – musste ich mich natürlich sofort fragen, ob man dieses Konstrukt so schlüssig wie möglich nachbauen kann. Denn eigentlich sieht alles darin recht einfach aus. Woher kommt also dieser unvergleichlich gute Ton? Im Moment stehen da etwa 40 Vintage-Amps in meiner Werkstatt, aber keiner reicht auch nur annähernd an die klanglichen Qualitäten der Nummer #0031 heran.
Also setzte ich mich in meine Werkstatt und hab den Amp in nur zwei Wochen absolut authentisch nachgebaut. Als er fertig war, klang er jedoch in keiner Weise wie das Original. Er klang höchstens so gut wie ein Two Rock oder Fuchs-Amp, sprich flacher, etwas dünner und weniger dynamisch. In dieser Zeit bekam ich noch einen so genannten Kitty-Dumble, einen ebenfalls akribischen Nachbau der Kitty-Hawk-Gründer Gundolf und Wolfram Roy.
umgebauter „Kitty-Dumble“ (Bild: Udo Pipper)
Das geschah, weil sie damals den Vertrieb von Dumble Amps für den deutschen Markt führten, aber Dumble nicht genügend Nachschub liefern konnte. Also bauten sie selbst Dumbles, teils mit originalen Bauteilen. Nur die Trafos mussten sie selbst herstellen. Letzteres gelang so gut, dass jener Kitty Dumble fast identisch klang wie das Original in meinem Hör-Raum.
Thomas Blug beim Dumble Test (Bild: Udo Pipper)
Zum Schluss kam Thomas Blug mit seinem Techniker Julian, um dem Mysterium mit allerlei Messtechnik auf den Zahn zu fühlen. Das war sehr, sehr aufschlussreich, denn was man da hörte, war messtechnisch durchaus nachvollziehbar. Die Frequenzdiagramme zeigten einen fast linearen Amp.
Die Idee dahinter war, die Qualitäten dieses Amps auch in Thomas’ kommende Wunderwaffe, den „Amp X“, zu integrieren. Ein Prozess, der noch etwas Arbeit erfordert, aber sicher irgendwann von Erfolg gekrönt sein wird, denn Thomas hat auch extrem gute Ohren. Und zum Schluss sind es eben die Ohren, die darüber entscheiden, ob da Inspiration und Kunsterhöhung stattfinden oder eben einfach nur „laute Gitarre“.
DIE MAGIE DER TECHNIK
Beginnen wir aber ganz von vorn: Wie ist dieser Dumble eigentlich aufgebaut und woher holt er seine Magie?
Alexander Dumble selbst sagte mir vor vielen Jahren am Telefon: „Wenn du einen guten Gitarren-Amp bauen willst, sorge vor allem dafür, dass deine Vorstufen ziemlich exakt 200 Volt Anodenspannung haben. Da liegt aller Anfang eines guten Amps.“ Ich habe dann Amps durchgemessen und festgestellt, dass zwei meiner Lieblings-Amps (Vintage Marshall JTM 45 und Vintage Fender Deluxe Reverb) ziemlich genau diese Spannungen in der Vorstufe hatten. Dazu kombiniert Dumble ein relativ stark stabilisiertes Netzteil. Die B+ Elkos waren zunächst wie beim Fender Twin Reverb zwei 100uF in Reihe geschaltet, später dann zwei 300uF-Elkos. Auch der Rest der Endstufe gleicht einem 70er-Jahre-Silverface-Fender-Amp. In der Treiberstufe finden wir fast exakt die gleichen Werte und eine 12AT7 für mehr Klarheit in der Wiedergabe. Die 6L6 Röhren laufen an circa 450 Volt und haben einen Ruhestrom von etwa 28 mA. Auch die Gegenkopplung hat den üblichen 820-Ohm-Widerstand und ist damit überraschend hoch. Solche Endstufen zerren wenig bis kaum.
Layout-Plan der frühen Dumble Silverface-Serie (Bild: Albany)
In der Vorstufe werden Höhen, Mitten und Bässe jedoch diskret von 330 pF für Höhen, 0.01 für Mitten und 0.1 für die Bässe gesteuert. Das Mitten-Poti hat sagenhafte 250 kOhm und ist damit deutlich regelfreudiger als mit einem Fender üblichen 10K-Poti. Zusätzlich gibt es an der Amp-Front drei Switches für Bright, Deep und Rock/Jazz, die jedoch nicht auf den Sound einwirken, wenn der dritte Schalter auf „Rock“ geschaltet ist und die anderen beiden nicht aktiviert sind. Auf vielen Dumble-Fotos ist zu erkennen, dass viele User ihre Amps genauso spielen. Nur John Mayer hat stets den Deep-Schalter aktiviert. Dieser bewirkt wieder diese „scooped-mid“-Charakteristik, die für alle Fender Amps so typisch ist und macht den Amps also wieder weniger linear.
Auffällig ist dabei noch die Wahl der Vorstufen-Kathoden-Elkos, die nur 5uF haben und damit deutlich mehr Bässe entkoppeln als die 25uF-Typen bei Fender. Dennoch klingt ein Dumble aber „unfassbar fett“.
Die Overdrive-Sektion ist extrem einfach gestaltet. Das Besondere ist dabei, dass die Overdrive-Röhre hinter dem Clean-Kanal gesetzt wurde und nicht wie etwa bei Mesa/Boogie davor. Daher bleibt der Amp auch im Overdrive-Modus extrem klar und konturiert. Am ersten Gitter der zweiten Röhre befindet sich die eigentliche Overdrive-Sektion mit einem 33k-Widerstand, der bei späteren Modellen durch ein 100k-Trim-Poti ersetzt wurde, damit man die Übersteuerung nach eigenem Geschmack justieren kann, und zwei 100K-Widerständen an den Anoden, die dann durch relativ kleine (0.05 und 0.01uF) Kondensatoren in Reihe mit zwei Widerständen (100k und 1 Meg) entkoppelt werden. Vor allen vier Gittern der Vorstufe sitzen 22k-beziehungsweise 56k-Gitterwiderstände. Grob betrachtet wirklich ein etwas getunter Fender-Amp aus den Siebzigern.
Diesen Amp nachzubauen, war also keine all zu große Herausforderung. Die Feinabstimmung sollte mich aber in der Folge beinahe um den Verstand bringen. Denn hier steckt wahrlich des Pudels Kern. Man benötigt durchaus dieselben Bauteile, ordentlich Fingerspitzengefühl und vor allem sehr, sehr viel Geduld und Zeit. Mir wurde in der Folge klar, warum Dumble oft ein oder zwei Jahre benötigte, um einen Amp fertig zu stellen. Dazu mehr in der nächsten Ausgabe. ●