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Blues Bootcamp: Greg Koch

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(Bild: Gaier)

Greetings and salutations, my dearest Bluesfriends! Na, was geht ab bei euch? Ich hoffe, ihr hattet Spaß mit dem Solo und den Ideen der letzten Episode zum Thema Joe Bonamassa und einigen seiner Lieblingskonzepte. In dieser Episode möchte ich mich mal um den vielleicht besten „unbekannten” Gitarristen auf diesem Planeten kümmern – Greg Koch.

WER IST DIESER GREG KOCH?

Greg Koch (*1966 in Milwaukee, Wisconsin) ist ein amerikanischer Gitarrist, Sänger, Komponist und Musikpädagoge. Er ist bekannt für seinen einzigartigen Stil, der Elemente aus Blues, Rock, Country, Jazz und Funk mühelos miteinander verbindet. Der 2-Meter-Mann ist durch seine jahrelange, unermüdliche Präsenz unter Gitarristen sehr bekannt − außerhalb dieses Zirkels tragischerweise nicht.

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Man kennt ihn entweder durch seine enge Zusammenarbeit als Clinician für Fender, Fishman, Koch Amps, Reverend Guitars, seine zahlreichen DVD- und Lehrbuchveröffentlichungen oder seine mehr als 4000 YouTube-Clips für den amerikanischen Musikladen Wildwood Guitars. Dazu kommen ein gutes Dutzend Alben mit eigener Musik und viele, VIELE Live Shows rund um den Erdball. Seine Virtuosität und seine manchmal schon grenzwertig witzige Art sind legendär.

PERSÖNLICHE EINFLÜSSE

Koch beginnt früh Gitarre zu spielen und ist wie viele Gitarristen seiner Generation zuerst stark von Musikern wie Jimi Hendrix, Albert King, Jeff Beck, Eric Clapton, Roy Buchanan und Danny Gatton inspiriert. Später, während seines Jazz-Gitarren-Studiums, kommen noch Gitarristen wie Wes Montgomery und George Benson hinzu. Neben seiner beeindruckenden Technik sind es sein Humor, seine kreative Musikalität und sein unverwechselbarer Sound, die ihn zu einem „Gitarristen für Gitarristen” machen.

EQUIPMENT UND SOUND

Wie bei jemandem, der seit Jahren eng mit der Musikinstrumentenindustrie zusammenarbeitet, zu erwarten ist, gibt es jede Menge Equipment, das zumindest zum Teil von GK mitentwickelt wurde. Gitarren, Effektgeräte, Amps … das ganze Programm. Kernelemente und ein guter Startpunkt dürften eine Telecaster, ein cleaner Fender-Style-Amp und etwas Overdrive sein.

CHARAKTERISTISCHE STILELEMENTE

Ich verfolge Greg Koch schon recht lange. Was mich von Anfang an wirklich stark beeindruckt hat, war weniger diese wahnsinnige Kontrolle und Virtuosität, sondern seine beeindruckende stilistische Echtheit. Was meine ich genau damit? Vor einigen Jahren habe ich auf YouTube einige Clips entdeckt, die mich wirklich beeindruckt haben.

Es waren Live-Auftritte in einem eigentlich recht unglamourösen Rahmen − wie einer Art Sommerfest oder so. Dabei wechselte er bei den Songs die Instrumente, von Strat zu Tele, zu 335 und zurück. Beeindruckend war, dass er auf jedem dieser unterschiedlichen Instrumente immer nur das spielte, was zu diesem Instrumententyp gehörte.

Also auf der Telecaster klang es wie ein Lexikon des Tele-Vokabulars, auf der Strat und 335 ähnlich. Da verirrte sich kein Stevie-Ray-Vaughan-Lick auf die 335 oder die Tele und keine Danny-Gatton-Phrase auf die Strat. Minutenlang. Das fand ich beeindruckend. Es war echt. Das gehörte einfach so.

Klar kann es auch mal witzig sein, genau diesen Crossover zu praktizieren. Wenn man ehrlich ist, besteht das eigene Gitarrenspiel in der Regel ohnehin aus einem Sammelsurium an Elementen, und die individuelle Vermischung dieser ist ja auch reizvoll. Diese beeindruckende Anhäufung von stilistischen Elementen und Echtheit, die zu einem Instrumententyp gehören, fand ich nicht nur beeindruckend, sondern auch inspirierend.

Taucht man in die letzten Alben von GK etwas ein, hat man das Gefühl, einen großen Teil der Rock- und Blues-Idiomatik versammelt in absoluter Perfektion zu hören. Besonders das aktuelle „Blues”-Album ist in dieser Hinsicht ein absoluter Hörgenuss (siehe meine Spotify Blues Bootcamp Playlist dazu).

Es fühlt sich so an, als würde man eine hochkonzentrierte Ansammlung aller essentiellen und stilprägenden Elemente der wichtigsten Künstler des Genres im Sekundentakt verabreicht bekommen. Es gibt für dieses Vokabular übrigens ein empfehlenswertes Buch von ihm – Brave New Blues Guitar. Get it. In den vergangenen 36 Folgen vom Blues Bootcamp findest du auch jede Menge Infos dazu.

Diese Informationen sind natürlich irgendwie erschlagend und nicht jeder findet sie so interessant wie ich. Da taucht die Frage auf, ob es denn eigentlich auch sehr typische Elemente für Greg Kochs Spiel gibt, die schnell umsetzbar sind und trotzdem Greg-Koch-Flair haben. Natürlich!

Wie schon in der letzten Folge zu Joe Bonamassa gilt auch diesmal: Man kann in diesem Umfang natürlich nur auf wenige Elemente eingehen. Aber: Let’s do it! Diesmal sind es drei. Es geht los mit …

FAKE CHORD MELODY SPIEL

Dieses Konzept habe ich zum ersten Mal bei meinem ehemaligen GIT-Lehrer Steve Trovato gesehen. Die Idee ist denkbar einfach: Man spielt vorzugsweise auf der hohen E-Saite oder der H-Saite eine pentatonische Tonleiter. In Beispiel 1 a und b findest du die A-Bluestonleiter jeweils entlang dieser beiden Saiten. Unter dieser hohen Melodienote baust du nun einen Akkord. In Beispiel 2 ist dies ein Molldreiklang. Wenn wir vom Grundton A der Tonleiter ausgehen, wäre dies in diesem Moment ein F#m-Dreiklang.

Über den Akkord A7, über den das Ganze ja gespielt wird, wäre dies ein A6- oder A13-Klang. Ohne Rücksicht auf die Tonart verschiebst nun diesen Akkord entlang der Bluesskala. Dadurch entstehen viele interessante Akkorderweiterungen – deren Namen wir an dieser allerdings komplett ignorieren, sondern einfach nur ihren Klang genießen können.

In Beispiel 3 findest du dasselbe Konzept, nur diesmal mit einem Vierklang. In Beispiel 4 habe ich ein kurzes Blueslick mit diesem Konzept bearbeitet.

RELEASE BEND CHORDS

Das erste Lick von Greg Koch, das mir ein erstauntes „Hä?” entlockt hat war, als er Akkordwechsel dadurch einleitete, dass er den gesamten folgenden Zielakkord ungefähr einen halben Ton nach oben gezogen hatte, um ihn dann pünktlich zur 1 des nächsten Taktes zu entspannen und zu „landen”. Sozusagen ein Release-Bend auf mehreren Saiten gleichzeitig (Siehe Bild 1).

Release-Bend auf mehreren Saiten gleichzeitig (Bild: Peter Fischer)

Das ist ähnlich wie die Approach-Chords aus Ausgabe 02/2023, nur diesmal mit Saitenziehen. Rein körperlich und mechanisch ist das nicht unbedingt einfach, aber es klingt sehr überraschend und schön nach einer Pedalsteel-Gitarre. Nicht zu dicke Saiten und etwas höhere Bundstäbchen erleichtern dieses Konzept übrigens enorm.

Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass es nahezu unmöglich ist, alle Saiten wirklich in tune zu ziehen. Aber das ist auch überhaupt nicht nötig, um den „Lande-Effekt” dieser Idee zu erzeugen. Meiner Meinung nach ein wirklich origineller Klang (siehe Beispiel 5).

CHICKEN PICKING

Ein sehr wichtiges und fast omnipräsentes Element in Greg Kochs Stil ist die Country-Gitarre. Nun ist dieses Thema an sich ja schon ergiebig genug, um eine mehrteilige Serie damit zu füllen. Ich möchte in diesem Rahmen daher auf ein Klischee bzw. eine Spieltechnik eingehen, die oft von GK eingesetzt wird und die erheblich zu der Funkyness seines Styles beiträgt: Chicken Picking.

Damit sind die abgestoppten, percussiven Noten gemeint, die man fast in jedem Country Solo entdecken kann. This is how u do it: Als Einstieg nehmen wir wieder eine Bluestonleiter, diesmal aber wieder konventionell in der fünften Lage. Schritt 1: rechter Daumen und Zeigefinger halten die G-Saite wie auf Bild 2 fest.

Bild 2: Der Zeigefinger stoppt die Saite ab (Bild: Peter Fischer)

Dann schlägt der Daumen die Saite an. Es entsteht nur ein „Klick”, da der Zeigefinger die Saite ja noch abstoppt (Bild 3). Dann zupft der Zeigefinger die Saite und der gegriffene Ton erklingt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Greg die Saite nicht mit dem Daumen, sondern mit dem Pick anschlägt und nicht den Zeige-, sondern den Mittelfinger verwendet.

Bild 3: Rechter Daumen und Zeigefinger halten die G-Saite fest (Bild: Peter Fischer)

Dadurch kann er diese Spieltechnik ohne das Pick in der Hand verschwinden zu lassen, fließend und übergangslos in sein Spiel integrieren. Ich habe das auch ausprobiert, aber mir dabei mehrmals den Fingernagel des Mittelfingers eingerissen und es daher wieder gelassen. In Beispiel 6 findest du eine kurze Übung dazu.

Auf den Fotos sieht es übrigens so aus, als würde ich mit dem Handgelenk eine Art Buckel machen. Das ist nur für das Foto, damit man einen guten Blick auf das Detail hat. Im Normalfall liegt das Handgelenk auf den Saiten und der Decke auf.

WAS KANN MAN VON GREG KOCH LERNEN?

Greg Koch ist das perfekte Beispiel dafür, wie sich Liebe zum Detail und eine Wertschätzung und das eingehende Erforschen sehr unterschiedlicher Musikstile zu einem beeindruckenden Spielstil zusammenfinden können. Auch der von mir oben erwähnte Ansatz, Material und Ideen nach Instrumententypen geordnet zu vertiefen und zu kultivieren, hat sich (zumindest für mich) als sehr effektiv erwiesen. Einfach mal ausprobieren, ist vielleicht mal ein frischer Übungsansatz.

Hier ist wie gewohnt die Analyse des Solos der heutigen Episode:

  • Takt 1: Eine typische Einstiegsphrase im Stil von Albert Collins
  • Takt 2: Fake Chord Melody!
  • Takt 4 bis 6: Chord Bends mit D9 und F#m7b5 und zwei Trick-Bending-Licks
  • Takt 7 und 8: Bluesy Chicken Picking
  • Takt 9: ein Double-Stop-Lick das man, so oder so ähnlich auch bei Brent Mason finden Könnte
  • Takt 10: siehe Takt 9
  • Takt 11: ein Hauch von Albert King liegt in der Luft
  • Takt 12: ein weiteres Country Klischee

So viel für heute. Viel Erfolg beim Üben und auch sonst so. Haltet durch und bleibt echt. Immer.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)

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