Deep-Purple-Gitarrist & seine Music Man Y2D

Steve Morse im Interview

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In regulären Interviews ist Deep-Purple-Gitarrist Steve Morse zumeist ein eher scheuer und zurückhaltender Mensch, der sich nicht gerne in die (privaten) Karten schauen lässt. Das ändert sich, wenn man ihn zu seiner Lieblingsbeschäftigung befragt: zu seinen Gitarren – vornehmlich Music-Man-Steve-Morse-Y2D-Modelle – zu seinem Sound und zu seiner Fingertechnik.

Deep-Purple-Gitarrist Steve Morse
Deep-Purple-Gitarrist Steve Morse (Bild: CHRIS HAFER, MINEUR)

Auf diese drei Themengruppen angesprochen, fallen dem amerikanischen Ausnahmemusiker eine Menge interessanter Details und Erklärungen ein, die verdeutlichen, weshalb sein eigenes Signature-Instrument von solch herausragender Qualität ist und perfekt auf seine Spieltechnik maßgeschneidert ist. Anlässlich eines Deep-Purple-Konzertes in der Hamburger Barclaycard Arena schauten wir uns seine drei aktuell bevorzugten Gitarren etwas genauer an und ließen uns vom mittlerweile 61-jährigen Steve Morse einige der wichtigsten Einzelheiten erklären.

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Steve, wie sieht rein funktional betrachtet die für dich perfekte Gitarre aus?

Steve Morse: Eigentlich immer noch genauso wie zu Beginn meiner Karriere, als ich weitaus mehr geübt als tatsächlich live gespielt habe. Dementsprechend war das Handling eines Instruments für mich immer schon ein ganz besonders wichtiges Kriterium. Später kamen zusätzlich noch die vielen Reisen hinzu und die Frage, welche Gitarrenform sich am leichtesten transportieren lässt. Meine Music Man Y2D ist im Sitzen wie im Stehen leicht zu spielen und hält immer die perfekte Balance.

Ihre Korpuskanten sind eine Art Kompromiss aus den meist weicheren Konturen einer E-Gitarre und einer schärfer konturierten Akustikgitarre. Das doppelte Cutaway hat positive Auswirkungen auf die Balance, sowohl beim Spielen im Sitzen wie im Stehen. Die kleine Kopfplatte ist von besonders großem Vorteil, weil die Gitarre in einen relativ kleinen Koffer passt und deshalb auch mit ins Flugzeug genommen werden kann. Mit einem normal großen Gigbag hat man dagegen ständig Probleme, wenn man es mit in die Maschine nehmen will. Außerdem wollte ich immer eine besonders leichte Gitarre spielen, denn es gab Zeiten in meinem Leben, in denen ich bis zu sechs Stunden pro Nacht auf der Bühne stand.

Deep Purple & Musis Man Y2D (2)
(Bild: CHRIS HAFER, MINEUR)

Kommen wir zu den Details: Welche Mechaniken bevorzugst du, und was denkst du generell über Locking Tuner, etc.?

Steve Morse: Am Anfang hatten meine Gitarren ausschließlich Standard-Mechaniken. Ich machte mir über deren Nachteile keine großen Gedanken, bis wir eines Tages anfingen, mit Keyboardern zu spielen und die minimalen Tuning-Schwankungen der Standard-Mechaniken stärker zutage traten. Deshalb bestellte ich mir zunächst Import-Mechaniken, ich glaube, sie stammten aus Deutschland, die zwar besser, aber auch deutlich schwerer waren. Als dann die Idee mit den Locking-Tuners aufkam, fand ich sofort Gefallen daran, denn mit ihnen mussten die Saiten nicht mehr so oft um die Mechanik-Achsen gewickelt werden, was immer besser für die Stimmstabilität ist. Für mich also die perfekte Lösung für meine Gitarren.

Was ist mit dem Hals und dem Griffbrett? Welche Bundstäbe verwendest du generell?

Steve Morse: Zunächst einmal: Ich mag etwas höhere Bundstäbe als die der Vintage-Gitarren von Fender und Gibson in meinen Anfangsjahren, Mitte der Sechziger. Damals gab es sehr flache Bundstäbe, Gibson warben ja sogar mit dem Slogan „fretless wonder“, was ich damals sehr problematisch fand, weil die Bundstäbe quasi kaum vorhanden waren. Man konnte zwar kinderleicht das Griffbrett rauf und runter rasen, aber Pulls und Bendings, die ja zu meinem Spiel dazugehören, waren enorm schwierig umzusetzen.

Deswegen verwende ich etwas höhere Bundstäbe, auch wenn ab einer gewissen Höhe die Intonation schwieriger zu kontrollieren ist, wenn man die Saiten zu stark niederdrückt. Aber man muss auch hier, wie bei jeder guten Maschine, einen Kompromiss eingehen. Meine Bundstäbe haben also Medium-Jumbo-Format. Das Griffbrett darf bei mir nicht lackiert sein, weil es mir dann mit schwitzenden Händen zu rutschig wird. Man darf sich beim Testen im Musikgeschäft diesbezüglich nicht täuschen lassen, denn natürlich fühlt sich ein lackiertes Griffbrett mit trockenen Fingern sehr angenehm an. Aber wenn man lange Sets auf der Bühne spielt und wenn man schwitzt, werden lackierte Griffbretter problematisch, vor allem bei Bendings.

Natürlich ist Klarlack auf jedem Holz vorteilhaft, um es leichter reinigen zu können, aber für mich ist bei einer Gitarre das Spielgefühl wichtiger als die Kosmetik. Mein Griffbrett besteht aus gewöhnlichem Palisanderholz, auch wenn es etwas weicher ist und irgendwann kleine Macken bekommt, wenn man so viel spielt wie ich. Aktuell sind meine Bünde aus rostfreiem Edelstahl (stainless steel), aber da befinde ich mich noch in der Testphase. Der Hals meiner Gitarre hat 22 Bünde, für mich das perfekte Maß, um den Hals-Pickup genau dort platzieren zu können, wo er meines Erachtens am besten klingt. Dazu hat allerdings jeder seine eigene Meinung.

Die Gitarre besitzt zudem einen sehr leichten Zugang zum Halsstab (Truss Rod) am Griffbrettende, um ihn schnell justieren zu können. Man kann einfach einen Nagel oder einen kleinen Schraubenzieher reinstecken, ihn drehen und bekommt auf einfachste Weise eine sehr exakte Justierung. Es ist wirklich das reinste Kinderspiel. Oben am Hals verwenden wir einen kompensierten Sattel, der für mich deshalb so gut funktioniert, weil er für eine bessere Intonation in den ersten Lagen sorgt. Ich finde es großartig, dass Music Man diesen Sattel auch bei den Serienmodellen einsetzt. Außerdem passt er perfekt zu den Saitensätzen, die ich spiele:

.010er-Sätze für die Open Tunings und .009er Sätze für die Standard-Tunings. Den Radius und die Breite der Hälse habe ich einige Male geändert, und nachdem ich früher die Gibson-Hälse bevorzugt habe, orientiere ich mich heute eher an Fender-Maßen. Den genauen Radius weiß ich gar nicht, aber er beschreibt eine leichte Krümmung und ist definitiv nicht flach. Die Rückseite des Halses ist nicht extrem geformt und alles andere als ein V-Shape. Ich würde das Halsprofil als „Medium-Fender-Standard-Form“ bezeichnen. Das Finish ist nur geölt und gewachst, nicht lackiert. Hier gilt das Gleiche wie beim Griffbrett: Wenn es heiß auf der Bühne wird und die Finger zu schwitzen beginnen, fühlt sich so der Hals nie übermäßig glitschig an. Das Öl und das Wachs sorgen nur dafür, dass der Schweiß nicht ins Holz eindringen kann.

Nächster Punkt: Der Korpus deiner Music Man Y2D.

Steve Morse: Der Korpus besteht aus Pappelholz, denn die ursprüngliche Idee war, eine möglichst leichte Gitarre zu bauen. Auf dem Pappel-Body sitzt eine Ahorndecke, durch die meine Gitarre einen kräftigeren Rock-Sound bekommt. Das Ahorn erhöht zwar etwas das Gewicht, gibt der Gitarre aber auch ihren charakteristischen Sound, der in Richtung typischer Humbucker-Gitarren tendiert. Die Volume- und Tone-Potis sind 250-Ohm-Typen und so konzipiert, dass sie sehr feinfühlig auf Veränderungen reagieren. Wobei die Charakteristik des Tone-Potis, wenn man es schnell bedient, wie ein WahWah-Pedal wirkt.

Diesen Effekt setze ich sehr häufig ein, weil ich ihn ausgesprochen gerne mag. Die Positionen der beiden Potis haben für mich eine enorme Bedeutung, denn während ich spiele, bediene ich beide Potis pausenlos. Also muss ich sie schnell und ergonomisch optimal erreichen können. Diese beiden Potis, ihre Positionen und ihre Arbeitsweisen haben für mich die gleiche Bedeutung wie die Qualität der Pickups oder die Art, wie ich spiele. Bei den Tonabnehmern handelt es sich – ich weiß: das ist nicht sehr einfallsreich – um meine Signature-Pickups von DiMarzio. Aber die Positionen der Pickups sind mindestens genauso wichtig wie die Pickups selbst.

Den Singlecoil, der sich direkt neben dem Bridge-PU befindet, setze ich ziemlich oft ein. Er ist nicht besonders laut, wirkt sich aber deutlich auf die Klangcharakteristik der Gitarre aus. Stelle dir dieses Szenario vor: Ich spiele einen Rhythmus-Part mit dem Bridge-Humbucker über ein Overdrive-Pedal und drehe dann das Volume-Poti von 10 runter auf 2; dabei gehen eine Menge Höhen verloren und es klingt dadurch etwas dumpf. Nun schalte ich den Singlecoil hinzu, der mir eine gute Klangcharakteristik bietet – plus die Höhen, die dem Humbucker verloren gegangen sind. Solche kleinen Tricks wende ich pausenlos an. Außerdem gibt mir dieser Pickup in Verbindung mit dem Humbucker einen wunderbaren Funk-Sound, den ich bei Rhythmus-Parts und bei Country-Tunes sehr mag.

Ich habe noch ein paar Fragen zu deinem Spiel. Schlägst du hart an? Wie erzeugst du dein unverkennbares Vibrato? An welchen Stellen brauchst du ein langes Sustain?

Steve Morse: Wenn ich Melodien spiele, sind Bendings und Vibrato für den Ausdruck der Gitarre natürlich von enormer Bedeutung. Wenn man das nicht machen würde, würde es nach einem Keyboard klingen, das mit gesampelten Gitarren-Sounds spielt. Erst durch Bendings und durch das Vibrato bekommt mein Spiel einen ähnlich persönlichen Ausdruck wie die Stimme eines Sängers.

Das ist übrigens auch die beste Art, Bendings zu lernen: Man orientiert sich einfach an der Technik eines Sängers und beobachtet, wie er am Ende eines Tons ein Vibrato anfügt, egal, ob er den Ton nach unten oder nach oben zieht. Es gibt weitere Möglichkeiten, seinen Sound interessanter zu machen, von Legato-Spiel bis Alternate Picking. Meistens spiele ich mit Plektrum, und nur dann mit Fingern, wenn ich polyphone Parts oder Slide spiele, weil ich dann die Saiten besser treffe. Übrigens probiere ich zur Zeit ganz unterschiedliche Handpositionen aus, um mir selbst etwas mehr Durchhaltevermögen und weniger Druck auf mein Handgelenk zu geben.

Gleichzeitig mache ich oft Fingerübungen für die linke Hand, um auch deren Finger für Hammer-Ons und Pull-Offs an jeder Position des Griffbrettes zu stärken. Die meisten Soli spiele ich mit Alternate Picking, auch wenn dies dann ein Anschlag pro Ton pro Saite bedeutet.

 Vielen Dank Steve, für die detaillierten Erklärungen!

 

 

Neben Steve morse haben wir auch seinen Gitarrentechniker Tommy Alderson zu diesem Thema befragt:

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