Im Interview

Matt Schofield: Blues im Herzen

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(Bild: Christian Tolle)

Der 48-jährige Matt Schofield zählt für viele zu den besten Blues-Gitarristen unserer Zeit. Dennoch fliegt er hierzulande immer noch ein wenig unter dem Radar. Seine Karriere ist geschmückt mit Auszeichnungen: Das britische „Guitar & Bass Magazine” zählt ihn zu den 10 besten britischen Gitarristen aller Zeiten, und die „British Blues Hall of Fame” nahm Matt Schofield auf, nachdem er dreimal in Folge von 2010 bis 2012 von den British Blues Awards zum Gitarristen des Jahres gewählt worden war.

Gerade hat er mit ‚Many Moons, Vol. 1′ im Trio mit Jonny Henderson an der Hammond und Evan Jenkins am Schlagzeug ein neues Album veröffentlicht, nach 11 Jahren Album-Pause sein mittlerweile zehntes. Unermüdlich tourt er um die Welt, gibt Masterclasses und ist auch als Lehrer in zahlreichen Online-Kursen präsent. Während seiner Tour durch die Niederlande gab es die Gelegenheit, den äußerst sympathischen, geerdeten und in Florida lebenden Briten zu treffen.

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Geboren 1977 in Manchester kam der junge Matt schon früh mit dem Blues in Berührung. Sein Vater hatte eine riesige Vinyl-Sammlung und war ein leidenschaftlicher Fan. Matts Vater zog nach Kalifornien, hinterließ dem damals 11 jährigen Sohn aber einen Großteil seiner Sammlung.

Der erste Zündfunke war B. B. King, essentiell war ein Video, welches sich Matt beinahe täglich vor der Schule ansah. Bei dem ersten seiner regelmäßigen Besuche beim Vater in zeigte dieser ihm dann einen weiteren VHS-Mitschnitt von B. B. King mit Albert Collins und Stevie Ray Vaughan.

Matt blickt auf dieses Konzert noch heute voller Faszination zurück. Die Art, wie die drei jammten, hatte etwas Besonderes für ihn – wie eine außergewöhnliche Konversation, eben nur mit Gitarren. Letztlich war es dann aber Stevie Ray Vaughan, dessen Spiel Matt den entscheidenden Zug zur Gitarre ermöglichte. In Folge arbeitete sich Matt durch die großartige Blues-Plattensammlung seines Vaters und saugte als Autodidakt so viel wie möglich auf.

Matt, der Blues wurde dir von deinem Vater quasi in die Wiege gelegt. Hätte er eine andere Vorliebe gehabt, wärst du vielleicht in eine andere musikalische Richtung abgebogen?

Das ist eine gute Frage. Gut möglich, als Fünfjähriger war mein Lieblings-Popstar Shakin’ Stevens. Seine Musik hatte schon diesen Swing und den Shuffle-Groove, auf den ich total abgefahren bin. Auf eine bestimmte Weise kann man sagen, dass ich über den Groove und den Swing für den Blues schon offen war. Und da habe ich mich ja wirklich tief hinein gegraben.

Hatte deine Mutter auch solch eine starke musikalische Leidenschaft?

Nicht so intensiv, aber über sie hatte ich Alben von Hendrix und Cream zum Beispiel. Auf meinem ersten Gig mit 13 habe ich auch Hendrix und Cream gecovert. Später bekam ich ein Interview von Robben Ford in die Hände. Und die erste ‚Robben Ford & The Blue Line’-Scheibe hatte ich mir dann in Folge als Teenager gekauft.

Ich dachte nur: „Wow, was geht denn hier ab?” Nachdem ich vorher auf die traditionellen Blues-Gitarristen schaute, öffnete sich da eine weitere Tür. Und gerade die drei Alben, die Robben mit The Blue Line gemacht hat, waren eine weitere Inspiration. Ich wollte eine Band, die auch diese jazzigen Elemente an allen Instrumenten einbauen kann.

Im Kern Blues, gleichzeitig mit dieser jazzigen Virtuosität. Als ich 15 Jahre alt war, habe ich Robben Ford dann live erlebt und das war wirklich neu für mich. Bis dahin hatte ich B. B. King gesehen oder Dr. John. Ich wollte unbedingt herausfinden, welche anderen Noten da gespielt wurden.

Ich besorgte mir auf Empfehlung Miles Davis ‚Kind Of Blue’ und studierte Unmengen an Transkriptionen in den Gitarren-Magazinen. Das war alles noch vor dem Internet. Mit 18 ungefähr haben ich dann noch diese New-Orleans-Funk-Einflüsse entdeckt.

Hast du dich beim Lernen am Instrument nur auf dein Gehör verlassen?

Tatsächlich ja, ich hatte nie Unterricht. Ich kann auch nicht vom Blatt spielen. Unzählige Male habe ich Kassetten vor- und zurückgespult oder die Plattennadel angehoben, um mir bestimmte Parts raus zu hören. Das wichtigste für mich war aber, sofort mit einer Band zu spielen.

Mit Freunden aus der Schule habe ich mit 13 mein erstes Trio gegründet und jeden Abend nach der Schule Songs geprobt. Mein Fokus ist es bis heute, in einer tollen Band zu spielen. Das war mir immer wichtiger als irgendein eindrucksvoller Gitarrist zu sein. Die Interaktion und die Energie, die daraus entsteht, ist mein Antrieb.

Mit 19 zog ich nach London und sehr kurz wurde ich dort auch mal für Pop-Studio-Sessions angefragt. Ich bin aber nicht gut darin, etwas auf Nachfrage zu spielen, was den Vorstellungen eines Produzenten entspricht. Ich improvisiere im Moment und solche Studio-Session-Settings sind nichts für mich.

Vor kurzem hast du ‚Many Moons Vol. 1′. veröffentlicht. 11 Jahre nach ‚Far As I Can See’. Warum hat es so lange gedauert?

(Lacht) Ja. Darauf gibt es keine einfache Antwort und es hat mehrere Gründe. Die Veränderungen in der Musik-Industrie machen es für mich nicht leichter. Ich wollte keinesfalls wieder in irgendwelchen Verpflichtungen finanzieller Art verhaftet sein. Darum mache ich das jetzt alles in Eigenregie.

Das Ironische ist, dass wir mit den Aufnahmen schon 2018 angefangen hatten. Ich war aber mit den ursprünglichen Takes nicht ganz zufrieden. Die Songtempi fühlten sich nicht hundertprozentig an. Dann kam Covid und ich habe Jonny und Evan zwei Jahre nicht gesehen. Die beiden leben in Großbritannien und ich ja in den USA.

Als Covid vorbei war, ist dann meine Mutter verstorben. Also stand meine erste Reise nach Großbritannien unter diesem Fokus. Schließlich haben wir es dann Ende 2022 geschafft, unsere Terminkalender zusammen zu bringen und die Aufnahmen endlich zu starten.

Das neue Album heißt ‚Many Moons Vol. 1′. Das bedeutet, dass es auch Vol. 2 geben wird, oder?

Ja. Wir haben noch mehr Songs aufgenommen, von denen ich denke, dass sie ein paar Extras wie eine Bläser-Sektion, Akustikgitarren und meine Partnerin Christine Tambakis als ergänzende Sängerin benötigen. Für diese Scheibe wollte ich es aber bei diesen acht Songs belassen. So wie dieses Album jetzt ist, kommt es aus einem Guss.

Und: Es passt auch auf eine einzelne Vinyl, die wir in Kürze auch haben werden. Für Volume 2 werden wir wie gesagt noch ein paar weitere Dinge hinzufügen, gleichzeitig mit diesem Trio als Basis. Jetzt, da ich alles selbst veröffentlicht habe, habe ich die organisatorische Blaupause verinnerlicht. Das wird dann für Volume 2 auch einfacher (lacht)…

Lass uns noch über Gitarren und dein Equipment sprechen. Du bist ja ein leidenschaftlicher Strat-Spieler.

Ja, meine 61er Sunburst Stratocaster ist meine Nummer eins. Auf Tour nehme ich sie aber nicht mehr mit, zumindest nicht wenn ich fliegen muss. In den USA habe ich sie dabei, wenn ich an der Ostküste unterwegs bin. In der Vergangenheit hatte ich zudem eine Beziehung mit einem britischen Hersteller, aus der ich mich aber gelöst habe.

1963 Fender Stratocaster (Bild: Christian Tolle)

Ich will da nicht ins Detail gehen, aber im Ergebnis war es für mich besser, dieses Kapitel abzuschließen. Folglich wollte ich eine weitere, alte Stratocaster. Mit Hilfe meines Gitarrentechnikers in den USA kam dann eine 63er zu mir, die ich jetzt dabei habe.

Diese Gitarre hatte ein paar „Issues”, so dass sie noch bezahlbar war. Ursprünglich war sie rot und benötigte zudem noch etwas Arbeit und Zuneigung. Sie hat ein weißes Refinish erhalten und eine Neubundierung mit Medium-Jumbo-Bünden. Jetzt ist sie eine verdammt coole Gitarre.

Also mehr ein Player als ein Sammlerstück …

Genau. Es geht mir auch nicht darum, dass meine Sunburst 61er besser oder schlechter ist als diese hier. Sie sind unterschiedlich. Ich spiele meine 61er Sunburst schon mehr als die Hälfte meines Lebens. Als ich meine ersten paar Alben gemacht habe, hatte ich sowieso nur eine Gitarre, ein Overdrive-Pedal und einen Verstärker: Die 61er Sunburst Strat, das erste Menatone Red Snapper Overdive und einen 64er Fender Super Reverb.

Das hängt mit dem zusammen, worüber wir zu Beginn gesprochen haben – dem Fokus auf das Spielen mit der Band. Ich brauchte einfach nur eines von jedem, um Alben zu machen und Gigs zu spielen. Ich sehne mich nicht unbedingt nach 10 oder gar 100 Gitarren.

Der Punkt war, dass ich eine Gitarre wollte, mit der ich wirklich gerne spiele. Und ich habe immer nur eine Gitarre für den Gig gespielt. Auch auf dieser Tour habe ich nur diese eine 63er Stratocaster dabei. Mit einer Strat kann ich alles bewerkstelligen, um mich auszudrücken.

Du hast eine langjährige Verbindung mit Two-Rock Amplifiers, 2012 gab es sogar ein eigenes Signature-Modell.

Ja, meinen ersten Two Rock hatte ich 2005 in den Niederlanden bei Haar Guitars gekauft. Jetzt spiele ich den Classic Reverb Signature: Ein Einkanaler, den ich auf „edge of breakup” eingestellt habe und der damit eine sehr dynamische Plattform bietet, vergleichbar mit einem Fender Super Reverb auf Stellung sechs.

Two Rock bauen wirklich großartige Amps. Eli Lester ist schon lange ein guter Freund, schon bevor er die Company 2016 übernommen hatte. Er hat die Amps und das Portfolio auch wieder zurück zu exzellenter Qualität gebracht. Das war schon irre, als mich Eli anrief und meinte: „Du, ich habe gerade Two Rock gekauft …”.

Two Rock Classic Reverb Signature (Bild: Christian Tolle)

Dein Pedalboard hier auf Tour ist sehr minimalistisch.

Ja, denn ich brauche nicht viel. Ich kaskadiere gern und arbeite zudem ständig mit dem Volumen-Poti der Gitarre: Mein Mad Professor Supreme hat zwei Gain-Modi. Dabei ist die eine Seite mehr auf den Hals-Pickup zugeschnitten und die andere auf den Steg-Pickup.

Dazu habe ich von Vemuram deren Budi-G Boost bekommen. Das besondere an dem ist, dass er die anderen Pedale nicht komprimiert, folglich kann ich ihn entweder allein nutzen oder mit dem Supreme stacken. Auf dem Album bei ‚Measure Of A Man’ hörst Du den Budi-G allein direkt in den Amp. Der ist wirklich sehr vielseitig und transparent.

Daneben nutze ich seit ewigen Zeiten das Mad Professor Deep Blue Delay in ein und derselben Einstellung. Es ist ein bisschen länger eingestellt als ein Slapback-Delay. Sehr subtil und eher unauffällig. Aber wenn ich es ausschalte, fehlt etwas im Sound.

Für etwas abgefahrene Effekte kommt spontan und eher selten ein Harmonious Monk von JAM Pedals zum Einsatz. Das ist ein spaciges Tremolo, das einen Vibe-Charakter á la Jimi Hendrix ermöglicht. Das ist es an Effekten, Reverb kommt aus dem Amp und sonst steckt nur noch ein Sonic Research Tuner auf dem Pedalboard.

Matts Pedalboard mit Mad Professor Supreme, JAM Pedals Harmonious Monk, Mad Professor Deep Blue Delay & Sonic Research Turbo Tuner ST-300 Mini (Bild: Christian Tolle)

Wichtig ist noch mein Brown Box Voltage Attentuator von AmpRx. Der stabilisiert zwischen 225 – 240 Volt. Ich stelle ihn meist auf 225 Volt, in der Einstellung klingt es hier am besten. Gestern Abend lagen weit über 240 Volt auf der Leitung, da bin ich über so ein Gerät immer dankbar. Zum einen will ich den Amp nicht hochjagen und zum anderen kann ich damit auch den Sound optimieren.

AmpRx BrownBox Input Voltage Attenuator (Bild: Christian Tolle)

Du nimmst beide Speaker deiner 2×12 Box ab. Verwendest du unterschiedliche Speaker in dieser Box?

Ja, in dieser Two Rock 2×12 ist ein Speaker von Two Rock selbst und ein alter Rola Celestion G12-80, den ich in den Niederlanden über eine Online-Kleinanzeige gekauft habe. Ich mag diesen alten Celestion-Sound. Die Kombination mit dem sehr klar klingenden Two-Rock und dem Schmutz des Celestion sagt mir sehr zu und ich probiere das jetzt mal eine Zeit lang aus.

Matt, vielen Dank für das Gespräch.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2025)

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