Im Interview

Mark Morton: Lamb-of-God-Gitarrist auf Solowegen

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(Bild: Travis Shinn)

Mark Morton überrascht auf seinem zweiten Soloalbum ‘Without The Pain’ (Snakefarm Records) mit einer Mischung aus Southern- und Blues-Rock und einem Happen Country-Rock. Die zehn Songs hat der US-amerikanische Musiker, der sich selbst als Fan der Rolling Stones und von Led Zeppelin bekennt, aber auch Black Crowes und Blackberry Smoke liebt, mit Josh Wilbur (Lamb of God, Korn, Megadeth) produziert. Wir trafen Mark im Rahmen des ‘Country to Country’-Festivals in Berlin, um mit ihm über dieses wahrhaft kollaborative Werk zu sprechen.

Die Kernband umfasst Morton an der Gitarre, Tim Lefebvre (David Bowie, Tedeschi Trucks Band) am Bass, Gary Novak (Allan Holdsworth, Alanis Morissette) am Schlagzeug und Adam MacDougall (The Black Crowes, Macy Gray) an den Keyboards. Hinzu kommen Gastspiele der Gitarristen Tyler Bryant, Grace Bowers und Jared James Nichols.

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Vor allem aber wartet ‘Without The Pain’ mit einer bemerkenswerten Anzahl an Sängern auf, die aus dem Rock-, Country- und Americana-Bereich stammen. Matt James (Blacktop Mojo), Jaren Johnston (The Cadillac Three), Jason Isbell, Cody Jinks, Travis Denning, Charlie Starr (Blackberry Smoke), Troy Sanders (Mastodon), Travis Denning, Neil Fallon (Clutch) und Nikki Lane.

Zunächst einmal meine Gratulation zu einem wirklich großartigen Album! Wie lange hast du Ideen für die Songs gesammelt?

Vielen Dank, ich bin wirklich stolz darauf. Zunächst einmal höre ich diese Art von Musik bereits mein gesamtes Leben lang. Selbst wenn ich heute zuhause bin, höre ich zur Entspannung Country, Southern Rock, Blues … So gesehen habe ich bereits mein ganzes Leben auf dieses Album gewartet. Was die tatsächliche Komposition betrifft, hat der Entstehungsprozess vor zwei oder drei Jahren begonnen.

Gibt es eine bestimmte Methode, mit der du neue Ideen entwickelst?

Hinter der Frage steckt die faszinierende Idee nach einer Formel. Zumindest für mich gibt es aber keinen eindeutigen Weg. Ich verfasse Texte und ich komponiere Musik. Teilweise passiert das gleichzeitig, oft muss ich aber erst ausprobieren, welche Elemente zusammenpassen. Somit nimmt ein neuer Song auf ganz unterschiedliche Wege Gestalt an. Beispielsweise habe ich nach dem Aufwachen regelmäßig Musik in meinem Kopf, die wiederum Ideen auslösen kann.

Ein anderes Mal passiert es, wenn ich eine Gitarre in der Hand habe. Ich sehe da also keine feste Methodik. Meiner Meinung nach ist der Schlüssel für einen Komponisten vielmehr seine Offenheit. Es gibt aber auch Situationen, in denen beispielsweise drei Songs bis August fertig sein müssen. Das gefällt mir nicht unbedingt, aber es gehört zum Geschäft, wenn du ein neues Album planst. Und es kann zu guten Ergebnissen führen, weil man sich angesichts des feststehenden Termins zu bestimmten Dingen bekennen muss.

Es gibt dieses Zitat von Brian Eno, dass ein gutes Album auf der Basis eines Budgets und einer festen Deadline entsteht. Abseits davon ist es für mich so, dass ich neue Ideen unbedingt dokumentieren muss, um sie nicht zu vergessen. Ich springe dann immer auf sage: „Ich bin in 15 Minuten zurück!”. Oftmals archiviere ich meine Idee dann als Audioaufnahme auf meinem Smartphone. Wenn ich mehr Zeit habe, nehme ich sie in meinem kleinen Studio zuhause in erweiterter Form auf.

Hast du die Titel für ‘Without The Pain’ dann auch in deinem Studio ausgearbeitet?

Nur manche Titel. Viele Titel entstanden aber auch mit meinen jeweiligen Co-Autoren, etwa Jaren Johnston oder Travis Denning. Außerdem habe ich viel mit Josh Wilbur gearbeitet, der das Album produziert hat. Die meisten meiner Partner haben zumindest eine Workstation zuhause, an der wir gemeinsam arbeiten konnten. Diese Arbeiten fanden häufig in Nashville statt. Ich selbst lebe ich Richmond (Virginia).

Anschließend haben wir die Musik gemeinsam im Studio 666 von Dave Grohl in Kalifornien eingespielt – Schlagzeug, Bass und ich an der Rhythmusgitarre in einem Raum. Die meisten Vocals wurden hingegen im 1979-Studio in Nashville aufgenommen ebenso ein paar Overdubs. Wenige weitere Overdubs habe ich zuhause bei mir ergänzt.

Somit hattest du ein Playback, mit dem du mit den jeweiligen Sängern und Sängerinnen arbeiten konntest.

Genau. Das ist eine gängige Arbeitsweise und bringt das Projekt effektiv voran, weil man nicht aufeinander warten braucht. Die Aufnahmen mit der Band selbst waren mit vier bis fünf Tagen ziemlich schnell im Kasten. Dabei haben wir mein Ziel, gemeinsam einen Titel pro Tag einzuspielen, sogar übertroffen. Die Musiker sind sehr Session-erfahren.

Ich habe ihnen vorab Demos der Titel zukommen lassen. Sie haben dann gefragt, wie eng sie sich bei der Performance an diese Vorgabe halten sollen. Mir war es wichtig, dass wir bei den Aufnahmen wie bei einem Jam zusammenspielen. Das hat sie erleichtert, den in vielen Sessions sind genau diese Freiheiten nicht erwünscht. Ich finde, dass man genau das hört. Bei Lamb of God gibt es natürlich weniger Freiheiten. Aufgrund der Stilistik und der vielen Noten ist es eher so, dass man einen Part exakt auf den Punkt einspielen muss.

Kanntest du die Sänger und Gastmusiker allesamt?

Einige, aber nicht alle. So habe ich beispielsweise ein paar großartige Shreds von Grace Bowers auf Instagram gesehen und sie dann eingeladen. Auch Tyler Bryant habe ich einfach gefragt. Jason Isbell und Travis Denning kenne ich bereits eine Weile. Der ganze Ablauf war aber weniger fest geplant, als sich das hier anhört. Viele Kooperationen haben sich ergeben, während „die Suppe gekocht wurde”.

Gleichzeitig hört sich das Album „wie aus einem Guss” an.

Ja, das liegt auch daran, dass die Basis mit einer Band gemeinsam in einem Studio eingespielt wurde. Hinzu kommt, dass das Album natürlich von einer Person mit diesem Ziel gemischt wurde.

Lass uns über dein Equipment sprechen.

Klar, ich habe eine Reihe unterschiedlicher Instrumente gespielt. Meine Hauptinstrumente waren dabei eine Gibson Les Paul R9 von 2018 und eine Gibson ES-335. Für die Overdubs habe ich zusätzlich ein paar ältere Gibsons genutzt, etwa eine Les Paul Junior von 1957.

Auf ‘Hell & Back’ hört man zudem eine Fender Strat von 1960. Im 1979-Studio in Los Angeles hatte ich allerdings nur besagte Les Paul R9 dabei und lieh mir ein weiteres Instrument von Gibson aus.

Bei den Verstärkern setzt du auf Mesa Boogie, richtig?

Aktuell spiele ich einen Badlander und stehe immer noch auf den Mark IV. Das gilt aber eher für die Live-Arbeit mit Lamb of God. Auf ‘Without The Pain’ waren andere Klänge gefragt. So habe ich ältere Verstärker eingesetzt, darunter einen gemoddeten Marshall von Dave Friedman und einen alten Fender Bassman. Letzteren habe ich mit dem Acapulco Gold von Earthquaker Devices kombiniert – das hört man gut auf dem Titeltrack des Albums, auf dem ich eine ES-335 gespielt habe.

Auch in dieser Richtung war das Projekt nicht komplett durchgeplant. Ich habe benutzt, was im Studio vorhanden war, mir einen guten Sound gesucht und los ging es. Ich finde in den meisten Fällen gute Klänge in einem Röhrenverstärker. Ich wollte es einfach halten. Ich habe den Musikern meine Demos mit echtem Schlagzeug vorgespielt, wir haben darüber gesprochen und uns dann an die Jams gemacht. Und als wir soweit waren, sind wir direkt zur Aufnahme übergegangen.

Modeler sind also eher kein Thema für dich?

Auch da habe ich schon einiges benutzt. Der Quad Cortex soll etwa gute Sounds liefern. Ich meine aber, dass es dennoch keine 1:1-Kopie ist. Insbesondere bei der Dynamik scheint mir die aktuelle Technik noch nicht am Ziel, wohl aber auf einem guten Weg dahin. Man muss als Musiker auf Tour auch realistisch sein: Wenn du beispielsweise eine einzige Show in Indonesien spielst, willst du dann wirklich deine Verstärker und dein Rack für teures Geld auf Reisen schicken?

Gleichzeitig möchtest du dich aber auch nicht auf gemietetes Equipment verlassen. Dann nimmst du natürlich den Modeler, der ziemlich gut klingt und ins Handgepäck passt. Und mit zwei Modelern bin ich sogar ganz auf der sicheren Seite. Dazu haben wir unseren eigenen Tonmischer, mit dem ich mich absprechen kann.

Mark, ich danke dir für das Gespräch! Dürfen wir uns zeitnah auf Live-Shows freuen?

Bisher gab es nur eine Show. Ich hoffe aber, dass wir noch etliche Gigs oder gar eine Tournee spielen werden, wenn auch mit einer anderen Band. Mit Lamb of God gibt es aktuell noch keine Pläne für Deutschland, aber es dürfte nicht mehr ewig dauern. Wir sind hierzulande zwar erfolgreich, aber bei weitem nicht so groß wie beispielsweise in Schweden.

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)

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