Kreator: Neuer Doku-Film ‘Hate & Hope’

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(Bild: Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Der abendfüllende Film ‚Kreator – Hate & Hope’ (Veröffentlichung 4. September 2025) zeichnet die über 40-jährige Karriere der international erfolgreichsten deutschen Thrash-Metal-Band nach. Wir unterhielten uns im Vorfeld der Weltpremiere beim Filmfest München mit Bandgründer, Gitarrist und Sänger Mille Petrozza sowie Regisseurin, Autorin und Produzentin Cordula Kablitz-Post über Professionalität, die Notwendigkeit des Tourens insbesondere in musikalischen Nischen und Klischees im Heavy Metal.

Interview

Wie seid ihr beide zueinander gekommen? Cordula, du hast unter anderem Filme über die Toten Hosen und Scooter gemacht, aber noch nie etwas mit einer Metal-Band.

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Cordula: Ich wollte schon vor vielen Jahren im Rahmen von „Durch die Nacht mit…” eine Metal-Sendung machen, was leider nie geklappt hat. Darum habe ich mich sehr gefreut, als eine Anfrage von Kreators Management wegen einer Doku über die Band kam. Das war auch eine Herausforderung, weil es sich um eine geschlossene Welt handelt, zu der man nicht so einfach Zugang findet.

Mille: Wir wollten das mit Cordula machen, weil wir wussten, dass sie sehr respekt- und liebevoll mit dem Thema umgehen würde. Untergrundmusik und Subkulturen wurden schon oft klischeehaft dargestellt, aber wir wollten zeigen, wie die weltweite Metal-Community funktioniert, ohne sie kitschig darzustellen.

Wie erklärt ihr den Status, den Kreator heute genießen?

Mille: Das hat viel damit zu tun, dass wir sehr viel touren und arbeiten. Wir reisen überallhin, damit die Fans uns live sehen können. Das zahlt sich irgendwann aus, denn die Leute kommen wieder, weil sie Bock haben, noch mehr Konzerte zu sehen.

Cordula: Du hast ja auch mal gesagt, dass man sich zum Beispiel ständig in den USA blickenlassen muss, weil man dort ansonsten vergessen wird. Ihr seid häufig dort, und zwar nicht nur in großen Städten wie L.A., sondern auch in kleineren.

Mille: Und das muss man auch wollen, es ist eine Lebensaufgabe und das, was ich eigentlich immer tun wollte. Bis auf die Reisen und den Stress zwischendurch, etwa das Warten oder die Schikanen an Flughäfen, macht es auch wirklich Spaß. Es ist mein Traumberuf.

Cordula: Was ich auch von Kreators Weggefährten gehört habe: Während andere Thrash-Bands, die auch im Film vorkommen, lieber Partys feierten, waren Kreator im Proberaum und feilten an ihren Songs, um richtig gute Alben zu machen.

Mille: Na, ja, wir waren schon sehr diszipliniert, haben aber natürlich auch gefeiert und tun das bis heute. Die Band ist also keine spaßbefreite Zone, sondern meint es sehr ernst mit der Musik. Man möchte halt, dass die Musik und die Performance „schön” werden, dass sie etwas auslösen bei den Leuten. Dorthin haben sich die Prioritäten im Lauf der Jahre immer weiter verschoben; wir konzentrieren uns darauf, dass alles geil wird. Partys sind sowieso ein bisschen überbewertet.

Das hat sicherlich auch mit dem Alter zu tun, oder?

Mille: Ja, aber wenn man bei dieser Art von Musik in irgendeiner Form körperlich beeinträchtigt ist, weil man noch unter einem Kater leidet oder im schlimmsten Fall sogar vor einem Konzert getrunken hat, funktioniert es auf der Bühne einfach nicht. Ich würde sagen, dass die meisten Bands im Thrash-Metal-Bereich keinen Alkohol vor Auftritten trinken, zumindest kann ich mir das nicht vorstellen.

Das wäre kontraproduktiv und würde auch der Power entgegenwirken, die man bei Konzerten erzeugen muss. Bei Spaßpunk oder bestimmten anderen Arten von Musik kann man sicherlich auch leicht alkoholisiert live spielen, doch bei dem, was wir machen, ist es meiner Meinung nach immer besser, wenn man hundertprozentig fokussiert ist.

Ich habe in den frühen Jahren der Band auch experimentiert; ich rede jetzt ungefähr von 1988, da habe ich mal versucht, Speed zu nehmen und dann raus auf die Bühne zu gehen. Das war eine völlige Katastrophe, weil daraufhin alles nur noch schneller und noch unübersichtlicher wurde, also haben wir es gleich wieder bleibenlassen. Speed war eine durchaus weitverbreitete Droge, und man hat sich so ein bisschen mitreißen lassen.

Das dürfte bis heute so geblieben sein, bloß dass die Drogen vielleicht andere sind. Jedenfalls kommt man damit langfristig nicht weit.

Mille: Ja, genau. Ich möchte das ja noch sehr lange tun, genau das ist mein Ziel – so lange wie möglich Musik zu machen und dabei gesund zu bleiben. Wenn du mich fragst, ist es dabei gesunder Menschenverstand, sich nicht andauernd abzuschießen.

Ihr habt wahrscheinlich eine Weile gebraucht, um euch auf Tour diese Infrastruktur so zurechtzulegen, dass ihr jetzt nicht in klapprigen Kleinbussen schlafen müsst oder am jeweiligen Auftrittsort vor der Show proben könnt. Ist das auch ein wichtiger Faktor, wenn es um Langlebigkeit geht?

Mille: Sicher, wobei wir aber schon noch in Bussen übernachten können, wenn es sein muss, und das auch nach wie vor tun. Es ist aber natürlich bequemer, das nicht zu machen, sondern auf dem Niveau zu touren wie jetzt gerade. Dafür bin ich auch unheimlich dankbar. Es ist nicht so, dass ich das alles selbstverständlich hinnehme, auch wenn wir es uns erarbeitet haben, sogar einen eigenen Proberaum mitzunehmen, wenn wir in Europa unterwegs sind. Das ist schon sehr komfortabel, und dadurch wird die Performance auch besser.

Eine klassische Banddokumentation ist es nicht unbedingt, weil ihr beispielsweise die Diskografie nicht chronologisch abwickelt, sondern euch vielmehr auf die einzelnen Charaktere der aktuellen Besetzung in verschiedenen Situationen konzentriert.

Mille: Wenn man alles so abarbeitet, ist es tatsächlich ein reines Fan-Thema, wohingegen die ganzen Details für ein größeres Publikum weniger interessant sind als das übergeordnete Ganze. Solche chronologischen Geschichten finde ich öde, die hat man schon tausendmal gesehen, oft auch als Bonusmaterial auf DVDs, die einem Album beiliegen.

Cordula: Mille hält die Band ja stark zusammen, und so wie ich es verstanden habe, hält er die aktuelle Konstellation auch für die beste, die Kreator je hatte. Mein Anspruch bestand darin, einfach zu schauen, was auf der Bühne abgeht. Das wollten wir so gut wie möglich abbilden, auch mit verschiedenen Kameras und einer Moshpit-Cam. Das fand ich unheimlich wichtig, immerhin sind die Fans genauso ein Teil des gesamten Konzerterlebnisses wie die Band selbst. Und dann wollte ich die Interaktion zwischen ihnen und den Musikern zeigen.

Der Filmtitel bringt die Band hervorragend auf den Punkt.

Mille: Wir haben lange darüber diskutiert und hatten erst einen anderen, der ähnlich war, aber ‚Hate & Hope’ ist besser. Und er passt ja auch echt gut, denn Hoffnung steckte schon immer in Kreator.

So etwas wie ‚Dystopie und Hoffnung’ war uns aber zu kompliziert, wohingegen die Alliteration sehr prägnant klingt. Es gab auch Stimmen, die dagegen waren, weil das Wort „Hass” in der heutigen Zeit einen merkwürdigen Beigeschmack hat, doch wenn wir bei Kreator über Hass sprechen, bedeutet das, negative Emotionen in etwas Positives umzuwandeln. „Hate” wird wegen einiger Songtitel und Texte auch mit der Band assoziiert.

Was sollen die Menschen, die den Film sehen, für sich daraus mitnehmen, wie sieht das Feedback für euch idealerweise aus?

Cordula: Ich hoffe, dass sich seine Qualität herumspricht, dass alle sagen: „Hey, der gefällt uns gut, geht da rein. Er ist unterhaltsam, und gleichzeitig erfahrt ihr noch etwas über eine coole Band.” Das wäre mein Wunsch – und dass manche Leute ihre Scheu ablegen und nicht ins Kino gehen, nur weil es um Metal geht und sie Metal eigentlich nicht mögen. Ich glaube nämlich, dass ein breiteres Publikum Zugang zu dem Film findet.

Mille: Mein Wunsch ist einfach, dass sich die Leute gut unterhalten fühlen, ob sie nun aus dem Metal kommen oder nicht, Fans von uns sind oder gar keine Ahnung von Kreator haben. Schließlich zelebriert der Film nicht nur die Band, sondern auch die Metal-Welt als solche. Und schaut ihn euch wirklich am besten im Kino an, weil der Sound großartig ist, darauf haben wir besonderen Wert gelegt; es muss knallen, damit man Bock bekommt, uns live zu sehen oder unsere Platten zu hören.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2025)

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