Vintage Guitar Stories: 1956 Gibson Les Paul Custom

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(Bild: Franz Holtmann)

Im Kanon der elektrischen Gitarren kann die Les Paul Custom als Beispiel für ein perfekt inszeniertes Instrument gelten. Seinen Rufnamen „Black Beauty“ verdiente sich dieses inzwischen längst klassische Modell zu Recht durch sein superiores Erscheinungsbild.

Nach dem Erfolg der 1952 eingeführten Les Paul Goldtop wollte Gibson den seinerzeit höchst populären Namen Les Paul für den Ausbau zu einer Serie nutzen. Das beliebte Standard-Modell sollte um eine höherwertige und eine preisgünstigere Version ergänzt werden. Das Anfang 1954 als „higher-grade model“ fertiggestellte Les Paul Custom Design wurde zusammen mit der schlichten Les Paul Junior im Juli 1954 auf der NAMM Show in Chicago vorgestellt. Die Les Paul Custom brachte Gibson als Black Beauty auf den Markt, ein Name, der sich auf ihren integren Look mit tiefschwarzem Glanzlack bezog, der von mehrfachen Bindings an Korpus, Hals und Kopfplatte augenfällig inszeniert wurde.

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Große Blockeinlagen aus Perlmutt, ein Split-Diamond-Headstock-Inlay wie bei der Super 400 und rundum vergoldete Hardware bis hin zu den Pole Pieces der Pickups sollten die hohe Klasse des Instruments betonen. Im Gegensatz zur Goldtop handelt es sich bei der Custom allerdings um ein vollständig aus Mahagoni gefertigtes Modell, es verfügt also nicht über eine Decke aus Ahorn. Les Paul stellte sich, was die Konstruktion angeht, gegen Gibson-Chef McCarthy, der im Nachgang die Decke zugunsten eines weicheren Tons für nicht nötig erklärte. Lester behauptete dagegen, dass die Maßgabe entgegen der eigentlichen Planung mit Ahorn-Top im Werk schlicht nicht umgesetzt wurde. Whatever!

Natürlich musste sich auch die Elektrik vom Standard-Modell unterscheiden, und so wurde am Steg zwar ein P-90-Singlecoil in schwarzer Kappe montiert (wie bei der Les Paul Standard), in der Halsposition aber der optisch markante und aufwändig konstruierte Alnico-V-Pickup, benannt nach seinen Magneten. Der Gibson-Katolog von 1955 pries das Instrument folgendermaßen an: „Hier ist das Nonplusultra einer Solid Body Gibson Electric Spanish Guitar. Spieler schwärmen von den extrem niedrigen, glatten Bünden und der flach eingestellten Saitenlage, nennen sie ‚Fretless Wonder‘. Sie zeichnet sich durch einen klaren, resonanten und perlenden Ton aus, mit einer großen Bandbreite an Klangfarben.“

Die Gibson Les Paul Custom hatte einen Einführungspreis von $ 325. Damit war sie deutlich teurer als das bereits am Markt befindliche Les Paul Model (Standard), das 1954 mit $ 225 gelistet war, ganz zu schweigen von der Les Paul Junior mit $ 99,50. Teuer war das für eine Solidbody sogar im Vergleich zu einigen in der gleichen Preisliste befindlichen Gibson-Archtops, wie etwa der ES-175D mit $ 265 oder der ES-295 mit $ 280.

FRETLESS WONDER

Gegen Ende 1957 wurde die Tonabnehmerkonfiguration dann bereits auf drei Humbucker umgestellt. Im Katalog vom März 1958 ist die Custom mit 375 $ gelistet und entsprach damit trotz der drei neuen Tonabnehmer mit zusätzlichen goldenen Kappen dem Preis der Version mit zwei Tonabnehmern aus der vorherigen Preisliste vom Juli 1957. Die Verkäufe der Les Paul Custom waren 1957 bereits rückläufig und gingen trotz der neuen Pickups in den Jahren 1958 und 1959 sogar noch weiter zurück. Der Tiefstand mit nur 189 gefertigten Einheiten im Jahr 1960 leitete das Ende der Produktion des Custom-Modells ein.

Der Erfolg des Blues-Rock in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre mit allseits verehrten Les-Paul-Spielern wie Beck, Clapton, Green oder Bloomfield sorgte dann aber dafür, dass die Les Paul Custom zusammen mit der Les Paul Goldtop Mitte 1968 wieder ins Gibson-Programm aufgenommen wurde. Allerdings hatte Gibson bereits 1966 den Kopfplattenwinkel von 17° auf 15° reduziert und der LP Custom dann auch noch eine Ahorndecke verschafft – recht deutliche Veränderungen zum Ursprungs – modell also. Allein im Jahr 1969 verließen dann schon 2353 Exemplare des LP-Custom-Modells das Werk. Das waren deutlich mehr als die aus der gesamten Produktion von ’54 bis Anfang ’61.

Das vorliegende 1956er Modell aus der Sammlung von Gregor Hilden befindet sich in perfektem Erhaltungszustand und verfügt sogar noch über sein originales Black Pebble Case. Mit rund 4 kg ist es auch noch angenehm leicht für eine Custom. Dank einer gut gemachten Neubundierung des sehr griffig gestalteten und bestens verrundeten Halses mit einem Hauch von V im Profil gewährleistet die Gitarre optimale Spielbedingungen und beeindruckt auch akustisch angespielt schon mit einem straffen, offen tönenden und dennoch mittig-warm zentrierten Sound, der es an nichts mangeln lässt.

Die beiden Pickups – Alnico V am Hals 8,8 kOhm; P-90 am Steg 8,3 kOhm – setzen die bestens in ihre Stimmen aufgelösten Akkorde kraftvoll und mit hoher Transparenz um. Besonders stark tönt hier der Alnico V mit seinem wie um einen knorpeligen Kern geschlungenen, dunkel raunenden Ton. Aber auch der P-90 am Steg macht seine Sache, wie eigen – lich immer in diesen 50er-Jahre-Gitarren, trocken, holzig, fucking good.

STATISTIK

Von 1954 bis Anfang 1961 wurden von der Single Cutaway Les Paul Custom rund 2000 Exemplare gefertigt, davon etwa 1000 von der ersten Version mit Singlecoils und weitere 1000 von der Mitte 1957 eingeführten zweiten Version mit drei Humbuckern. 1956 war mit einer Auflage von 589 Einheiten das erfolgreichste Jahr. Am Vintage-Markt sind LP Customs aus den 50er-Jahren nur selten zu finden. In gutem Originalzustand werden sie zur Zeit ab etwa $ 35.000 aufwärts gehandelt. Bei den Modellen mit Humbuckern sind wir mittlerweile schon oberhalb von $ 80.000.

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Diese Gibson LP „Black Beauty“ ist zweifellos eine imposante Erscheinung unter den edlen Solidbody Gitarren jener Ära. Völlig unverständlich jedoch bleibt der hohe Schätzpreis mit Humbucker Pickups oberhalb der 80.000,-$ !

    Und dieser total überzogene globale Hype um eben diese alten Gibson Les Paul´s aus längst vergangener Epoche sorgt in erster Linie doch nur für utopisch hohe Sammlerpreise,die jenseits realer Bewertungen seltener Solidbody Gitarren liegen.

    Wenn man weiß,daß eine besagte „Gibson Black Beauty LP“ einen Einführungspreis von damalig gerade einmal 325,- U.S.$ kostete,wird einem objektiven Sammlerfetischisten sehr schnell klar,daß diese horrenden Preisvorstellungen für diese besagten „Gibson Black Beauty Les Paul´s“ heutzutage absolut irrsinnig sind!

    Seltenheit hin oder her, für den vergleichbaren Preis eines neuen Luxus-Sportwagen Cabrios heutiger Zeit, scheint mir eine Summe oberhalb von 80.000,-$ für eine alte Gibson Les Paul Gitarre doch utopisch! Wer diktiert eigentlich diese enorm hohen Summen für Gitarren dieser Art?

    Im Grunde verschwinden solche uralten Gitarren letztendlich doch bei irgendeinem reichen Sammler im Tresor,und fristen dort vor der Öffentlichkeit verwahrt ein jämmerliches Dasein.
    Etliche Gitarren aus jener Zeit verschwinden somit dann aus der Sicht der Öffentlichkeit,und werden lediglich als lukratives Anlage Objekt der Begierde bei potenten Privatsammlern gehortet. Da wäre es doch wohl besser, wenn sie unter sicherem Panzerglas strengstens bewacht in einem Gitarrenmuseum von der Allgemeinheit bestaunt werden könnten. Als Option könnten solche wertvollen Gitarren sogar noch live auf der Bühne unter strenger Bewachung eines renommierten Sicherheitsdienstes in unmittelbarer Nähe gespielt werden,-oder etwa nicht? Eigentlich wurden doch alle Gitarren zum Bespielen gefertigt.So sahen es ja auch die Gitarrenhersteller.
    Spätestens jetzt wird anscheinend klar,wie stressig der Besitz einer solchen Gitarren Rarität werden kann,stets und ständig in der nervigen Angst und Sorge leben zu müssen,daß einer extrem seltenen Gitarre vielleicht irgend etwas Unvorhergesehenes passiert,womit der Besitz eines solchen Schatzes schlußendlich einfach nur einem purem Stresspotenzial zugrunde liegt.

    Trotzdem empfinde ich eine betagte „Gibson Black Beauty“ als sehr interessant und besonders schön anzusehen. Schade nur, daß Gitarren Raritäten evtl. zukünftig kaum noch in Erscheinung treten werden,da sie bekanntlich ja so rar geworden sind. Was kostet eigentlich derzeit ein neuer originaler Nachbau der berühmten „Gibson Black Beauty?“
    Ich bin da momentan nicht auf dem aktuellen Stand,sorry.

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    1. Letztendlich bestimmt der Käufer den Preis, andernfalls würden Gitarren in der Preisdimension ja nicht gehandelt. Gegenüber einer 59er Standard sind 80.000€ noch ein Schnäppchen. Man bepreist so, wie der Käufer gewillt ist zu zahlen. Ist bei Briefmarken, Münzen, Oldtimern etc. nicht anders. Natürlich laufen diese Geschäfte hauptsächlich über zahlungskräftiges Klientel, das am Beispiel Gitarren meist kein Spieler ist, und somit das Instrument im Klimaschrank endet. Rühmliche Ausnahme dieser Praxis ist Kirk Hammett von Metallica, der sich vor einigen Jahren die 59er Standard namens “Greeny” für einen angeblich exorbitanten Preis einverleibt hat und auch live bei Konzerten spielt. Diese Gitarre hatte bereits zwei sehr berühmte Vorbesitzer: Peter Green und Gary Moore, was hier den Preis natürlich nochmals in die Höhe trieb.
      Alles eine Frage des “Habenwollenfaktors” sofern es das Budget erlaubt.

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      1. Diese abnorme Summe von über 80.000 $ ist ja völlig utopisch.
        Auch wenn es damalig nur einige wenige Exemplare gab,so tendiert diese Preisschätzung ins Astronomische.

        Ich kann über solche abstrusen Dinge nur noch den Kopf schütteln,denn die Wertigkeit eines solchen uralten Saiteninstruments orientiert sich hier ja nicht mehr an der außergewöhnlichen Materialqualität,bzw. auch nicht an der besonderen Klangeigenschaft,sondern rein spekulativ an den höchsten Profit,den stinkreiche Sammler,die noch nicht einmal selbst Gitarre spielen können,bereit sind zu zahlen,um sie dann irgendwann als Anlageobjekt gewinnbringend zu veräußern.

        Fast genau so wie heutige dubiose Immobilienverkäufe,einzig mit dem Unterschied,daß die Relation einer steinalten Gitarre bezüglich ihrer realen Werteinschätzung zum überzogenen Verkaufspreis jeder Grundlage entbehrt. Oder wie sonst ist es zu erklären,daß eine fabrikneue Gitarre,die in den frühen 1954er-Jahren mit gerade einmal 225,-$ gelistet war,dato preislich für eine derart hohe Summe angeboten wird,daß jedem Menschen dabei übel wird?

        Fehlt eigentlich nur noch,daß eine bestimmte alte Gitarre von einem bekannten (verstorbenen) Gitarristen gespielt wurde,die vorher vielleicht sogar bei einem Live-Event in ihre Einzelteile zerlegt wurde. Leider gibt es so etwas ja wirklich,wie wir längst wissen.
        Über so viel Schwachsinn fällt mir jetzt absolut nichts mehr dazu ein. Bin sehr froh darüber,daß ich seit Jahrzehnten bezahlbare Gitarren benutze,die sehr gut klingen,stets pfleglich behandelt werden,und nicht dem künstlichen Hype unterliegen,irgendwann wegen ihrer Seltenheit in einem Panzerschrank verwahrt werden zu müssen.

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