Test: Zerberus Guitars Dragon Ltd. Edition

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WAFFENSCHEINPFLICHT

Mit 3,18 kg zählt die Zerberus Dragon Limited zur Klasse „Fliegengewicht“. Am Gurt hängend ist die Kopflastigkeit noch gut zu handhaben, während sich die Dragon im Sitzen ohne Gurt kaum bändigen lässt. Irgendwie rutscht der Body auf meinem Bein ständig nach rechts weg. Die klassische Haltung mit Korpus zwischen den Beinen und linkem Fuß auf einem Bänkchen lässt mich auch nicht wirklich entspannen. Also, Gurt dran und gut ist.

Das nicht zu dünne Halsprofil liegt komfortabel in meiner Hand, die leichtgängigen Regler und der Toggle Switch sind akzeptabel platziert. Jedoch hätte es das ausreichende Platzangebot durchaus erlaubt, die Bedienelemente noch ein wenig enger zusammenzurücken, um Schalter und Tone-Poti noch leichter erreichbar zu machen. Dank der großen Speed-Knöpfe lassen sich die recht zäh agierenden Coilsplit-Schalter noch relativ problemlos hochziehen.

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Die Setneck-Konstruktion gibt sich überaus resonanzfreudig und zeigt erstklassige Dynamik und lang anhaltendes, gleichmäßig abklingendes Sustain. Ihr ausgewogenes, luftig transparentes, spritziges Klangbild hält kraftvolle definierte Bässe, perkussive Mitten, seidig klare Höhen und ein reichhaltiges Obertonspektrum bereit. Brandneu und speziell für die limitierte Zerberus Dragon entwickelt, liefern die Kammerstein-Soulwire1-Humbucker dank Coil-Splitting ein breites Klangangebot.

Outputmäßig rangiert der Hals-Pickup im Bereich von vintage-style PAFs, der Stegkollege tönt indes entgegen meinen Erwartungen trotz mehr als doppeltem Widerstandswert nicht wesentlich lauter. Das längere 24-Bund-Griffbrett beschert dem Neck-Humbucker nicht ganz soviel Fundament wie man das von einem 22er Board kennt. Dafür tönt der Kammerstein hier glockiger, luftiger, obertonreicher, liefert straffere Bässe, zeigt präzise Saitentrennung und ein lebendig perlendes Clean-Klangbild.

Im Split-Modus liefert dessen Halsspule naturgemäß etwas weniger Output, weicht klangcharakterlich nur wenig vom Humbucker ab, tönt jedoch deutlich schlanker und gleichzeitg transparenter. Der Steg-Soulwire-1 ist trotz knackiger Bässe, brillanter Höhen und reicher Obertöne wesentlich mittiger unterwegs, was ihn neben glasklaren Clean- vor allem für durchsetzungsstarke High-Gain-Sounds befähigt. Dessen Stegspule betritt im weitesten Sinne Tele-Terrain. Seine knackige Brillanz empfiehlt sich nicht nur für Country, Chicken Picking und Pedal-Steel-artige Double Stops.

Erwartungsgemäß liegen die wirklichen Stärken der Soulwire-1-Humbucker im Low- und High-Gain-Einsatz, wo sie sich mit singenden sustain-reichen Leads und durchsetzungsstarken Riffs und Chords problemlos im Bandkontext behaupten und dabei dennoch hohe Dynamik an den Tag legen, die sogar spielerische Feinheiten detailliert übertragen.

Mangels E-Fach-Abschirmung erzeugen die Einzelspulen im Zerrbetrieb erhöhtes Brummen. Während das Volume-Poti über seinen gesamten Regelbereich wunderbar kontinuierlich arbeitet, und dessen Treble-Bleed etwaige Höhenverluste in Grenzen hält, beschränkt Master-Tone seine eigentliche Wirkung auf den Bereich zwischen 0 und 2, alles Weitere ist eher marginal.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit der Zerberus Guitars Dragon Ltd. Edition setzt Frank Scheucher ein Geldbörsen-freundliches Konzept in die Tat um: E-Gitarre mit Custom-Shop-Charakter zum erschwinglichen Preis. Und ein echter Eyecatcher ist die Dragon auch noch! Ihre primären Qualitäten sind jedoch klanglicher Natur: Schwingfreude, Dynamik, Sustain, breites Klangangebot, hochwertige Komponenten und top Verarbeitung, was will Mann/Frau mehr.

Als Sahnehaube gibt es noch einen passgenauen Luxuskoffer mit Paisley-Struktur dazu. An das extravagante Design und dessen Ergonomie, welches beim Spielen im Sitzen unbedingt einen Gurt erfordert, musste ich mich allerdings erst gewöhnen. Für den Aufpreis von € 100 bietet Zerberus Guitars auch 30 Dragon-Modelle mit Gotoh FR-Style Vibrato an.

PLUS

● Cleane bis High-Gain-Sounds
● Qualität der Hölzer & Hardware
● Klangvielfalt
● Optik
● Spielbarkeit (mit Gurt)
● Verarbeitung (!)
● Preis/Leistung

MINUS

● Designbedingte Spielbarkeit im Sitzen (ohne Gurt)
● Regelcharakteristik des Tone-Potis

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

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