Der Schwarze Korsar

Test: Schecter Corsair Bass

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(Bild: Dieter Stork)

Semiakustik-Bässe haben gegenüber ihren vollbrettigen Brüdern immer ein Nischendasein gefristet. Ihre präsenteste Zeit dürften die 1960er gewesen sein, wo sie in vielen britischen Beat-Bands zu sehen waren. Ganz weg waren sie aber nie, und einen Platz in meinem Herzen haben sie eh. Umso schöner, mal wieder einen testen zu dürfen!

Der Schecter Corsair fällt innerhalb der Nische noch in eine extra Nische, denn Semiakustik-Bässe mit langer Mensur sind noch seltener. Und dann noch mit aktiver Elektronik? Da fällt mir als reguläres Produktionsmodell erstmal nur der Warwick-Lee-Sklar-Star-Bass ein, den ich auch schon zum Test hier hatte.

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ÜBER DIE TOPPEN GEFLAGGT

Der Body ist klassisch geformt, also angelehnt an den Gibson EB-2 und damit ziemlich ausladend. Leider kommt der Bass ganz ohne Tasche oder gar Koffer, es gibt von Schecter auch nichts Passendes. Das sollte man lieber gleich mit einplanen, wenn der Bass auf Reisen gehen soll. Auch die Bauweise ist klassisch. Ganz aus laminiertem Ahorn sind die gewölbte Decke, die Zargen und der wiederum gewölbte Boden. Auch Bindings gibt es, einschichtig in den beiden F-Löchern in der Decke, mehrschichtig um die Korpuskanten.

Auch das Ebenholz-Griffbrett ist eingefasst, mit zwanzig schmalen Jumbo-Bünden bestückt und zudem noch mit Block-Inlays verschönert. Der eingeleimte Hals ist aus dreiteiligem Ahorn, zur Verstärkung sind Graphitstäbe mit eingearbeitet. Da der rückseitige Übergang vom Hals zur Kopfplatte, auch durch die Fräsung für den Zugang zum Zweiwege-Stahlstab, immer empfindlich ist, wurde er hier zur Stabilisierung mit einer Volute ausgeführt. Am Binding wurde auch beim Headstock nicht gespart, er gefällt mir mit seiner geschwungenen, symmetrischen 2/2-Form ausnehmend gut. Eine angemessene Visitenkarte für den Rest des Instruments.

Die offenen Mechaniken sehen von vorne traditionell, von hinten modern aus, und sollen mit ihrer leichten Bauweise der Kopflastigkeit vorbeugen. Ihre Gängigkeit lässt sich mit einer kleinen Inbusschraube justieren.

(Bild: Dieter Stork)

Am anderen Ende werden die Saiten durch ein Stoptailpiece gefädelt und laufen dann mit erwachsenen 19 mm Abstand über eine Tune-O-Matic-mäßige Brücke. An zwei Schrauben kann die Gesamthöhe verstellt werden, jede Saite kann für sich in der Oktave eingestellt werden. Der Einstellspielraum hierfür ist nicht allzu groß, mit den aufgezogenen Ernie-Ball-Saiten (45 auf 105 in Extra Longscale) passt aber alles. Ebenfalls Gibson-esk ist das Pickguard, klassisch mit einer Schraube in der Decke am Griffbrett und einem Metallbügel an der Zarge fixiert. Formal eher von der Les Paul kommend, passt es bestens zur gegenüber dem EB-2 anderen Pickup-Bestückung und -Platzierung.

Die elektrische Ausstattung kommt komplett von EMG. Zwei TBHZ-Pickups sind verbaut, passive Humbucker im Thunderbird-Format. Die vier Potis regeln Volume und Balance sowie aktiv Bässe und Höhen. Eine Möglichkeit, den Bass passiv zu betreiben, gibt es nicht. Begrüßenswert also, dass das Batteriefach auf der Rückseite ohne Werkzeug zu öffnen ist und die Batterie ohne Clip einfach eingelegt werden kann.

An der Verarbeitung ist selbst mit der Lupe betrachtet nichts auszusetzen. Nicht nur ist die Lackierung absolut ebenmäßig ausgeführt, auch die immer kritischen Übergänge zu den Bindings, von denen dieser Bass reichlich zu bieten hat, sind sauber und ohne Farbverläufe.

ÜBER DIE PLANKE!

Ebenso tadellos ist die Bespielbarkeit ab Werk. Nicht nur die 38 mm Breite am exzellent gekerbten Graph-Tech-Sattel, auch die Halsform an sich weckt mit ihrer modernen C-Form Jazz-Bass-Assoziationen. Modern ist auch das flache Griffbrett mit seinem 16”-Radius.

Mit einem Gurt an den konventionellen Pins mit recht großen Tellern, deren vorderer hier nicht am Halsansatz, sondern am oberen Korpushorn befestigt wurde, zeigt sich schnell, dass die Physik nicht überlistet werden mag. Auch mit den leichteren Mechaniken ergibt sich ein Hebel, der die Kopfplatte unweigerlich gen Boden zieht. Für einen Bass dieser Bauart ist das aber tragbar, in den meisten Spielpositionen stabilisiert der fast automatisch aufliegende rechte Unterarm das Instrument. Apropos tragbar – auch wenn der Bass zum größten Teil aus Ahorn und damit einem nicht eben leichten Holz ist, und zudem noch einen Sustainblock über die ganze Korpuslänge hat, fällt das Gewicht mit vier Kilo sehr angenehm aus.

Der Corsair darf gleich mal mit zur Bandprobe, wo man es schon gewohnt ist, dass ich immer wieder mit anderen Bässen auftauche. Schon die Optik findet großen Anklang, elegantes Understatement mit Attitüde, die klangliche Performance hält locker mit. Eine passive Option hat der Bass leider nicht, also geht es gleich aktiv los, mit Balance und beiden Klangreglern in der Mittelstellung. Puh, die beiden Vokabeln, die mir sofort in den Sinn schießen, sind „Souveränität“ und „Autorität“.

(Bild: Dieter Stork)

Dichte Bässe und knackige Höhen sorgen für einen tragfähigen, vollen Ton mit einem Hauch Piano-Saite, der bestens zur optischen Größe passt. Runder wird der Klang mit runtergedrehten Höhen, bleibt aber schön definiert. Aufdrehen ist für meinen Geschmack (und an meiner Anlage) gar nicht nötig, geht aber ohne Nebengeräusche und ohne zisselig zu werden. Schon mit neutralem Treble kann der Corsair einen großartigen Slap-Sound. Hätte ich vor, das öfter zu nutzen, würde ich allerdings das Schlagbrett abbauen, das ist sonst beim Anreißen der G-Saite im Weg. Bei allen anderen Spieltechniken stört es nicht im Geringsten.

Bewegt man den Balance-Regler aus seiner etwas schwach rastenden Mittelstellung, ergibt sich ein ordentlicher Mittenschub. Wie zu erwarten, fällt der beim Hals-Pickup höher angesiedelt aus als beim tiefmittigeren Stegabnehmer. Bei beiden erweist sich der Bassregler als sehr nützlich, um den Steg-Pickup fundamental zu unterfüttern oder für einen extraknackigen Preci-esken Ton am Hals. Das erinnert mich an meinen (unmodifizierten, passiven) Früh-90er-Thunderbird. Und tatsächlich: Auch wenn der Gibson noch ruppiger in den Mitten zu Werke geht, die grundsätzliche Klangfarbe ist eine ähnliche. Damit lässt sich in der Band doch optisch wie klanglich ein souveräner Auftritt hinlegen!

 

RESÜMEE

Ein absolut überzeugender, moderner Semiakustikbass kommt da aus dem Hause Schecter. Tadellos in Indonesien gefertigt, aufwendig ausstaffiert und ausgestattet mit bewährter und beliebter EMG-Elektronik, kann der ausladende Corsair-Bass als locker bespielbarer Longscale-Bass punkten. Am Bass selbst gibt es nichts auszusetzen, wünschen würde ich mir höchstens die Option, ihn passiv schalten zu können. Was ich mir noch mehr wünschen würde, wäre ein gutes Gigbag oder gar ein Koffer, das bekommen zum Beispiel Guild oder Warwick auch hin. Immerhin liegt der Listenpreis bei gut 1900 Euro, wofür Schecter aber auch einigen Aufwand betreibt, den man beim Corsair auch sieht, fühlt und hört.

PLUS

● Sound
● Verarbeitung
● Optik
● Pickups und EQ
● Werkseinstellung
● Bespielbarkeit

MINUS

● ohne Gigbag oder Koffer

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

Produkt: Jack Bruce 1943 – 2014
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Kinderarbeit aus Indonesien , ohne Koffer, aber 1.900 EUR

    Lach mich tot…..

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    1. Moin Franz,

      hast Du weitere Infos zur Kinderarbeit in Indonesien? Den fehlenden Koffer habe ich bemängelt, den Preis finde ich auch stolz. Im Laden kosten die Bässe allerdings weniger und den Lee Sklar, den ich als einzige direkte Alternative sehe, habe ich auch erwähnt… Der hat die bessere Hardware und ein Gigbag bei deutlich günstigerem Preis, dafür aber eine einfachere Elektronik und einen anderen Ton.

      Beste Grüße,

      Jogi

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  2. Hallo, also bei 1929,00 € UVP für einen Bass, der in Indonesien gefertigt wurde und nicht passiv schaltbar ist und eine eher einfache hardwareausstattung hat, frage ich mich wie abgehoben oder gesponsort man als Tester sein muss, um hier das Preis-Leistungsverhältnis nicht beim Namen zu nennen, das ist unterirdisch !!! Weil jeder Handwerker glaubt, als Raubritter auftreten zu können oder der Handel seine Preise willkürlich erhöht, muss man doch nicht solche unverschämten Aufrufe für ein Produkt aus einem Billiglohnland als vertretbar hinnehmen !!!

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    1. Moin Friedrich,

      billig ist Indonesien mittlerweile nicht mehr, kuck mal, was zum Beispiel Strandberg Instrumente kosten.
      Den Preis finde ich auch stolz, im Laden kosten die Bässe allerdings weniger und den Lee Sklar, den ich als einzige direkte Alternative sehe, habe ich auch erwähnt… Der hat die bessere Hardware und ein Gigbag bei deutlich günstigerem Preis, dafür aber eine einfachere, ebenfalls permantent aktive Elektronik und einen anderen Ton. Daß der Bass ohne Bag oder Koffer kommt (und Schecter auch nichts im Angebot hat) habe ich bemängelt, die fehlende Passiv-Option steht da auch…
      Das Preis/Leistungsverhältnis zu bejubeln fände ich auch fragwürdig, aber guten Gegenwert bietet der ziemlich alternativlose Corsair definitiv. Wieviel einem das wert ist, ist eine persönliche Entscheidung.

      Beste Grüße,

      Jogi

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