Heimarbeiter

Test: Mooer SD75

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(Bild: Dieter Stork)

Mooers Modeling Technologie wurde von den Chinesen nun in einen Combo-Amp gegossen. Garniert wurde das Ganze mit diversen Effekten und einer 75-Watt-Transistor-Endstufe.

Mooer hat in den letzten Jahren insbesondere durch die günstigen Preamp-Modeling-Pedale von sich reden gemacht. Wer ein solches Pedal für unter € 100 suchte, kam fast nicht an der chinesischen Firma vorbei. Da ist der Schritt in die Welt der Modeling-Combos naheliegend: Man kombiniert die bestehende Technologie mit einer Endstufe und einem Lautsprecher und gießt sie in ein schickes Gehäuse. Prinzipiell sollte die Rechnung aufgehen, allerdings ist der Combo-Markt deutlich besser mit Konkurrenz gefüllt, als der, der günstigen Bodenpedale.

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HARDWARE & ANSCHLÜSSE

Der SD75 kommt für einen 1×12-Combo recht ausladend daher, wiegt mit seinen rund 16 kg aber nicht übertrieben viel. Optisch wartet er mit einem dezenten Two-Tone-Look auf. Das graue und weiße Tolex ist hierbei jeweils ordentlich aufgebracht und auch sonst weist die Verarbeitung keine Mängel auf.

Auf der Rückseite des Combos finden sich neben Netzteilanschluss und Ein-/Aus-Schalter auch die Buchse für den Anschluss eines weiteren Lautsprechers, sowie Send- und Return-Buchsen für externe Effekte. Das Signal kann hier auch über ein XLR-Kabel abgegriffen werden. Wahlweise kann hierbei eine Boxensimulation anliegen und ein Ground Lift geschaltet werden. Zuletzt findet sich noch eine USB-Buchse für mögliche Firmware Updates.

Von oben betrachtet merkt man schnell, dass es sich hier nicht um einen normalen (Röhren-)Combo handelt. So viele Buttons sind dann doch eher selten anzutreffen. Allerdings hat Mooer sich hier wirklich Mühe gegeben dennoch eine einfache Bedienbarkeit zu gewährleisten: Die üblichen Regler wie Gain, Volume, Bass, Middle, Treble, Presence und Master gibt es direkt als normale Potis.

Man könnte den Amp also auch sein ganzes Leben lang nur mit einer Simulation nutzen und spielen, als wäre es ein gewöhnlicher Amp. Dass man hier ordentlich Potential verschenken würde, zeigt sich schnell durch die insgesamt 16 Buttons. Auf der linken Seite erlauben sie den Zugriff auf vier Presets, sowie zehn Bänke. Insgesamt lassen sich also 40 Presets speichern. Auch der Looper und die Rhythmus-Sektion lassen sich hier aktivieren.

Rechts vom Display hat man Direktzugriff auf die Blöcke der Signalkette: Overdrive, Amp, Modulation, Delay und Reverb. Darunter finden sich noch Buttons um den Tuner zu aktivieren, Presets zu speichern oder Systemeinstellungen zu ändern. Zum Lieferumfang gehört auch der „Air Switch“, ein kleiner, leichter vierfach-Fußschalter, welcher ohne jegliche Kabel auskommt und es einem erlaubt zwischen den Bänken und Presets zu wechseln.

Einfache Bedienung trotz der acht Potis und sechzehn Taster (Bild: Dieter Stork)

BEDIENUNG UND SOUNDS

Einschalten und loslegen. So einfach ist es eigentlich auch schon. Durch die echten Potis fühlt man sich direkt zuhause und kann schnell den Sound formen, ohne irgendwelche Menüs bedienen zu müssen. Und wenn es dann doch mal ganz anders klingen soll? Dann dreht man sich einfach am Value-Rad durch die Presets oder drückt auf den „Amp“-Button, um direkt zwischen den verschiedenen Verstärkermodellen wechseln zu können.

Bei den insgesamt 25 Amp-Modellen gibt es natürlich auch die Klassiker wie einen Blackface-Fender oder einen AC30. Allerdings sucht man bereits nach einem JCM800 vergebens (es gibt einen „J900“) und auch wer einen Rectifier oder SLO erwartet, wird enttäuscht.

Das erste was man nach dem Einschalten hört, ist leider ein deutliches Rauschen. Also erstmal den Tuner an. Immer noch da. Noisegate? Auch aktiv. Tja, so ist es wohl: Beim wirklich leisen Üben zuhause wird das nerven. Sobald man auch nur ein wenig aufdrehen kann oder will, wird das Grundrauschen aber natürlich durch den Amp-Sound überdeckt.

(Bild: Dieter Stork)

Probieren wir doch zum Start mal ein wenig Blackface-Sound mit Vibrato aus. Das Vibrato weiß hier leider nicht so recht zu überzeugen, sodass ich mich lieber dem Ampsound mit ein wenig Reverb zuwende. Das hat eine eindeutig klassische Komponente und kommt dem, was man sich unter „Blackface“ so vorstellt, schon nahe. Dreht man den Reverb weiter auf, so ergeben sich schöne Retro-Sounds.

Drehen wir uns durch die Amp-Auswahl, so fällt nun deutlicher als zuvor auf, dass die Clean-Kanäle der „Overdrive-Amps“ oft recht ähnlich klingen, sodass man sich hier vielleicht auf weniger hätte beschränken können. Wirklich gut gefällt mir jedoch der „Brumo CL“, also ein Cleansound zu dem es interessanterweise auch kein „OD“- Pendant gibt. Er klingt angenehm warm und ausgeglichen.

Die AC30-Sounds liefern das ab, was man bei diesem Namen erwartet und stellen zusammen mit dem J900 die mittlere Gain-Ebene dar. Darüber liegen dann „Hagan“ und „VH44“. Insbesondere letzterer klingt zunächst ziemlich gut und recht authentisch. Insbesondere bei fetten, offenen Riffs macht das richtig Spaß. Wird es etwas komplexer, so fängt der Sound leider an matschig zu werden – etwas was man vom Original so ja eher nicht kennt.

Bei den Effekten ist das meiste, was man braucht, da; die Qualität geht klar. Als Anfänger kann man sich in Ruhe mit den Effekten vertraut machen, als Fortgeschrittener, der den Mooer vielleicht nur als Heim-Amp nutzt, erkennt man schnell, ob ein Song von einem gewissen Effekt profitieren würde. Lediglich der Pitch-Effekt fällt negativ auf: An sich ist er gar nicht schlecht, um mal eben schnell Ideen auszuprobieren, ohne umstimmen zu müssen. Allerdings erzeugt er ein recht deutliches Tremolo. Dieses wird schneller je tiefer, bzw. höher man den Sound verschiebt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Der Mooer SD75 weist fast alle Merkmale eines modernen Modeling-Amps auf: Eine gute Auswahl an Amp-Simulationen und Effekten, eine Jam-Section die zum Mitspielen und Üben einlädt, weitreichende Anschlüsse und genug Power, um zuhause und bei einer Probe zu bestehen. Zu überzeugen weiß der Amp in der Bedienung: Diese ist so simpel, dass man eigentlich nie in die Anleitung schauen muss.

Auch wenn das Grundrauschen bei geringer Lautstärke stört und manche Amp-Sounds ähnlich klingen, hört man doch bei den meisten Amp-Modellen klar die Vorbilder heraus, und auch die Effekte dienen als gute Unterstützung und Erweiterung des Sounds. Wirklich cool ist zudem der kompakte und kabellose vierfach-Switch.

PLUS

● intuitive Bedienung
● Fußschalter
● Amp- & Effekt-Auswahl

MINUS

● Pitch-Shifting
● Grundrauschen

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich müßte den Mooer SD 75 Modelling Guitar Combo wohl doch besser selbst testen,um festzustellen,wie er denn so klingt.
    Nun wird dieser Combo bereits für unter 250,-€uro im Großhandel angeboten,was ja preislich schon eher sehr „billig“ ist.

    Aber,ich gebe zu,daß ich eigentlich noch nie der „Modelling Combo Freak“ war,weil mir diese modernste Digital Modelling Technik immer irgendwie auf den Zünder ging,sei es wegen des sterilen Transistor Sounds oder der vielen Buttons,die bei diesen Teilen ja ohnehin schon für Verwirrung sorgen.

    Ich sag es mal so,ich spiele seit etlichen Jahren echte Vollröhren Combos,weil diese Vollröhren Amps nun einmal verdammt gut klingen und einfach und unkompliziert zu bedienen sind!
    Dieses ganze technische Gewusel nervt bei diesen neuen Modelling Kisten schon gewaltig.Der pure,völlig unverfälschte Klang kommt doch eigentlich ohne überbordende Digitaltechnik aus,dies verwässert doch nur das Klangbild.Und darauf habe ich so gar keine Lust drauf.

    Aber,vielleicht probiere ich diesen Mooer Transistor Combo bei Gelegenheit völlig vorurteilslos einfach selbst mal aus.

    Eine Röhre bleibt eben eine Röhre,daran wird auch die modernste Digital Modelling Technik zukünftig nichts daran ändern.

    In diesem Sinne,alles Gute für euch alle da draußen.
    Bleibt gesund,trägt euren Fetzen von Stoff vor dem Gesicht,und vermeidet unnötige Kontakte.

    Vielleicht ist dieser „Corona Pest Pandemie Spuk“ ja hoffentlich alsbald vorbei,damit das „normale Leben“ endlich wieder in Erscheinung tritt.

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