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Test: Mooer Preamp Live

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(Bild: Tom Schäfer)

Muss Kemper jetzt auch zittern? Diese Frage stellten sich wohl viele, als Mooer bekannt gab, dass der Preamp Live mit einer Tone-Capture-Funktion ausgestattet ist.

Hauptfunktion des Mooer stellen jedoch die 50 Preamp-Simulationen dar. Diese können mit der internen Endstufensimulation verbunden und in den IR Loader geschickt werden. So steht ein kompletter und variabler Ampsound zur Verfügung. Und das Tone Capturing? Im Prinzip so etwas wie das Amp Matching bei Bias. Aber schauen wir uns das Gerät mal in Ruhe an.

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Solides Äußeres

Der Preamp Live kommt in einer schmucklosen Verpackung und riecht die ersten Minuten auch ziemlich „nach China“. Das vergeht zum Glück sehr schnell und man erfreut sich daran, dass ein passendes Netzteil (12V), ein USB Kabel und eine deutsche Bedienungsanleitung beiliegen. Letztere braucht man zum Glück fast nie, was durchweg für das Gerät spricht.

Der Preamp sitzt in einem Stahlgehäuse und wirkt sehr hochwertig. Alles ist sauber verarbeitet und fasst sich gut an. Die Verkabelung findet samt und sonders über die Stirnseite statt. Hier finden sich Input, Output, Send & Return, ein XLR Out, MIDI In und Out, ein Kopfhörer Anschluss, ein USB Steckplatz und ein Anschluss für das Netzteil.

Dass bei Geräten dieser Art gerne der (höhere) USB Typ B zum Einsatz kommt ist ja bekannt, zudem liegt ein Kabel bei, also kein Problem. Aber wieso Hersteller bei solchen Geräten immer noch gerne Miniklinken für den Kopfhörer-Out nutzen erschließt sich mir nicht ganz.

(Bild: Tom Schäfer)

Einfaches Bedienkonzept

Ein großer Pluspunkt dieses Gerätes ist die einfache Bedienung. Die Oberfläche ist schon optisch in drei Abschnitte geteilt: Ganz oben finden sich fünf Endlos-Potis für die traditionellen Amp-Parameter Volume, Bass, Mid, Treble und Gain. Das letzte Poti der Reihe ist für den Boost zuständig, welcher durch einen Druck auf den Regler von Pre zu Post geschaltet werden kann. Drückt man das Poti länger, so kann man die beiden internen Noise-Gates einstellen.

Im Mittelteil des Gehäuses befindet sich die Ausgangssektion. Hier regelt man Preset-unabhängig die Masterlautstärke und Presence. Rechts befindet sich ein Poti für das FX-Level des integrierten Loops. Dieser kann sogar von Seriell auf Parallel umgeschaltet werden. Daneben lässt sich die Boxensimulation getrennt für den Klinken- und den XLR-Out ein- oder ausschalten.

Die letzte Reihe bilden die vier robusten Fußschalter. Man hat also vier Presets im direkten Zugriff. Drückt man auf den Schalter des Presets, welches gerade aktiv ist, so schaltet man den Boost. Tritt man auf zwei benachbarte Schalter zugleich, so kann man zwischen Bank A, B und C wechseln. Es ergeben sich also 12 abrufbare Presets mit jeweils zwei Gain Ebenen. Damit kann man doch schon arbeiten.

Um Amp-Modelle zu ändern, benötigt man gezwungenermaßen Software. Da ich mit der Windows Software beim Test vom Mooer GE200 (Ausgabe 04/2018) eher schlechte Erfahrungen gemacht habe und das Update V1.2.2 bei jenem Gerät sogar die Hardware beschädigen konnte, startete ich dieses Mal lieber mit der App. Diese lässt sich easy über den Appstore, bzw. iTunes herunterladen.

Beim Start möchte sie gerne Zugriff auf den Standort meines Gerätes. Dies verweigere ich und prompt stürzt die App ab. Als ich die Rechte beim Neustart gewähre klappt es dafür sofort mit der Verbindung. Die App ist – wie auch die Software für den Rechner – schmucklos aber funktional und lässt sich zügig und zielgerichtet bedienen. Leider lässt sich über die App keine externe Impulsantwort auf das Gerät laden. Aber für das schnelle Editieren ist sie wirklich super.

(Bild: Tom Schäfer)

Amps, Boxen, …

Schauen wir doch erst mal, was sich so an Preamps auf dem Gerät finden lässt. Hier macht es einem der Hersteller nicht einfach und liefert im deutschen Manual nur die Standardbelegung der Presets. Diese sind teils mit „Cali Mk3“ recht sprechend.

Zu verstehen, dass hinter „Gas Station“ ein Diezel steckt hat aber etwas gedauert. Zum Glück kann man einfach die englische Anleitung herunterladen und in Klartext nachlesen, welche Modelle bei Preamps und Boxen jeweils modelliert wurden. Bis ich von „Shittcow“ (sic!) auf einen VHT Pittbull gekommen wäre, hätte sonst auch etwas dauern können.


Tone Capture

So, schauen wir uns nun das Tone Capture Feature an. Da leider weder mein Fender Champ, noch mein Earforce Amp über einen Effektloop verfügen, schließe ich das Mooer einfach an meinem Axe-Fx III an und capture da mal ein wenig herum. Alle Kemper Besitzer dürfen nun aufatmen, denn was hier geboten wird, ist selbst laut Anleitung nur eine „erweiterte EQStufe“. Im Prinzip also das, was Axe-Fx, Bias und jeder Match-EQ seit vielen Jahren können. Das fand ich vor ca. 10 Jahren an meinem TC Konnekt Interface schon cool. Wie läuft das Ganze nun ab? Man stellt einfach einen Sound am Mooer ein, der dem Original-Amp den man capturen will möglichst nahekommt. Nun wechselt man in den Capture Modus und kann dort mittels „Source“ und „Target“ schnelle A/B Vergleiche vornehmen. Wenn man nicht mehr näher ans Original kommt, drückt man „Capture“ und spielt so lange, bis die LED nicht mehr blinkt. Fertig. Schon merkt sich der Preamp Live eine weitere EQ Einstellung und das Ergebnis klingt dem Amp noch mal ein Stück ähnlicher.


Generell findet sich im Preamp Live eine recht erlesene Auswahl an Preamps, jedoch könnten dem ein oder anderen ein paar Klassiker fehlen. So gibt es von Fender nur den Blues Deluxe, von Marshall nur einen JCM900 und gar keinen Orange, Soldano oder Rectifier. Dafür sind sehr selten modellierte Amps wie eben genannter Pittbull, ein Diezel Hagen, Engl Blackmore, Bruno Underground, Randall Satan oder der Mesa JP-2C an Bord. Diese recht eigenwillige Wahl finde ich prinzipiell erst mal charmant. So muss man sich halt umschauen, was es für die eigenen Bedürfnisse gibt, statt eh immer wieder beim gleichen Modell zu landen (beim Mooer GE200 gab es noch einen schönen Soldano „schnief“).

Interessanterweise wurde dieses Konzept bei den internen Impulsantworten nur mäßig verfolgt. Hier gibt es gleich zehn verschiedene Fender Boxen, immerhin drei Marshalls, und seltsamerweise fünf Modelle der Ampeg SVT Boxen (1×15, 4×10, 8×10). Dies kann einem natürlich alles egal sein, denn wenn einem was fehlt, spielt man einfach eine externe Impulsantwort auf – und wird glücklich.

… und Sounds

Tja, mein Lieblingstestobjekt, der Soldano, wurde mir ja vorenthalten, dann schauen wir doch mal, was sich sonst so Spannendes findet. Einen Shittcow, äh, Pittbull habe ich auch mal besessen, also starten wir damit. Und siehe da, klingt doch ziemlich brauchbar.

Schnell noch eine passende Box gewählt, in meinem Fall die Soldano L und los geht’s. Ziemlich guter Sound ohne viel Tweaking. Dann mal kurz zum Randall Satan gewechselt. Wow, auch nicht von schlechten Eltern. Wirklich praktisch ist auch tatsächlich die Boost-Funktion, welche in der Pre-Stellung, also vor dem Amp, wunderbar für mehr Zerre sorgt. Schön wäre hier gewesen, wenn der Boost etwas im Ton regelbar wäre um ihn beispielsweise mittiger zu trimmen. Aber Sounds abstimmen funktioniert auch so wirklich gut.

Legt man nun Pittbull und Satan auf Presets nebeneinander, fällt auf, dass die Amps bei gleicher Box doch recht ähnlich klingen. Nun noch der PRS Archon daneben. Hm, auch gar nicht so viel anders. Klar, man kann Amps auch im echten Leben ähnlich einstellen, aber hier klingt tatsächlich vieles recht ähnlich. Nicht schlecht, nur eben ähnlich.

Spielen wir doch mal etwas mit der Poweramp Sektion herum. Hier lassen sich andere Endstufenröhren wählen. Zur Auswahl stehen EL34, EL84, 6L6 und 6V6. Während die letzten beiden sehr vernünftig klingen erzeugen EL34 und EL84 seltsame Effekte im Bass. Alles klingt sehr plattgebügelt und übertrieben. Ich würde die Endstufensimulation also eher als zusätzliche EQ Möglichkeit empfehlen, und nicht unbedingt darauf achten, den Röhrentyp des Originals einzustellen.

Mit leichtem Unwohlsein und denselben Problemen wie beim GE200 installiere ich nun die Software für den Rechner, damit ich Impulsantworten laden kann. Oh, ein Firmware Update, super, das spielen wir doch schnell auf. Leider überschreibt das Update alle User Settings inkl. Presets und IRs (davor wird aber auch in den Release Notes gewarnt).

Nun aber ran an die neuen Boxen. Mittlerweile haben sich einige IRs auf meinem Rechner eingefunden und so finde ich auch schnell welche, die mir gut gefallen und die den Sound des Mooers in meinen Ohren nochmal ein Stück nach vorne bringen. Generell spricht aber erst mal nichts gegen die internen Modelle.

Dies gilt auch für Cleansounds. Zunächst fehlt mir ein Fender Twin, aber der Bruno Underground lässt mich schnell glücklich werden. Dazu eine schöne IR einer Fender Box und der cleane Ton steht in wenigen Minuten.

Möchte man nun zwischen Clean, Crunch und Lead wechseln, muss man ja einfach nur verschiedene Presets belegen und auch der Wechsel geht ohne große Latenz vonstatten. Dies dürfte in fast allen Anwendungsszenarien völlig reichen.

Sehr praktisch beim Wählen der Sounds ist oft der Presence Regler neben dem Master. Manchmal fehlt mir hier eine Depth-Regelung, da diese auch Softwareseitig nicht vorhanden ist.

(Bild: Tom Schäfer)

Resümee

Tolle Verarbeitung und eine einfache Bedienung zeichnen das Mooer aus. Die inkludierten Preamps sind zu großen Teilen eher exotisch, aber mit Geschmack gewählt. Sie klingen gut, bieten aber teilweise keine allzu großen Variationen im Sound. Da aber alle Sounds praxisnah gewählt sind dürfte das selten stören.

Dass man fremde Impulsantworten laden und auf 12 Plätzen speichern kann, erweitert die Möglichkeiten des Geräts enorm. Auch das Tone Capture ist ein gutes Feature um die eigenen Sounds noch näher an reale Amps zu bringen.

Auf der Software-Seite funktioniert aktuell zwar alles und insbesondere die Smartphone App macht Spaß, allerdings gibt es einige „Quirks“ an denen Mooer dringend arbeiten sollte. In Summe eine Empfehlung für ein aktuell recht einzigartiges Gerät mit leichten Schwächen.

PLUS

  • Verarbeitung/Gehäuse
  • Bedienung
  • externe IRs zuladbar
  • selten gemodelte Amps zu finden

MINUS

  • Miniklinke für Kopfhörer
  • Software-Macken bei Installation und Updates

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ganz unaufgeregt und ohne Aktionismus: “riecht ‘nach China'” ist ein bisschen drüber. Es riecht ja nicht jeder Chinese und alles Chinesische nach billigem Plastik, oder?

    Beste Grüße

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    1. Please forget about this pre-conception about the chinese. The new industrizl revolution is no more emanating from the wester countries. We have a new world where capzcity of innovation is greater in Asia than in Europe. Either you accept or will just live in the past. This will not change soon as the western generation is in sleeping mode

      Auf diesen Kommentar antworten

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