Zwei Wege zum Erfolg

Test: Darkglass Electronics Microtubes X7

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(Bild: Dieter Stork)

Bass-Zerrer/Preamps werden immer aufwendiger und kommen dabei ausgefuchsten Studio Setups immer näher. Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist, wie kaum ein anderer Hersteller, Darkglass Electronics aus Finnland, der mit seinem neuesten Streich, dem Microtubes X7, wieder einmal zeigt, wie viel Studio-Sound und -Technik in ein kompaktes Pedal passt.

Darkglass kennt seine Zielgruppe und schafft es immer wieder, nicht nur in Sachen Präsentation und Marketing die richtigen Töne anzuschlagen, sondern auch präzise auf die Wünsche der User einzugehen. Und gerade im riesigen Metal-Bereich ist Darkglass unter Bassisten extrem populär – besonders da, wo ein klarer, mächtiger und trotzdem aufgeräumter Zerr-Sound gefragt ist, den man vom Pedal direkt auf die PA geben kann. Das X7 schlägt genau in diese Kerbe und arbeitet mit einem ausgeklügelten Zwei-Wege-Konzept, das man so eher von aufwendigen Studio-Setups kennt.

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Zwei Wege – clean und verzerrt – in einem Bass-Pedal sind erst mal nichts Neues: Die meisten Bass-Zerrer sind heutzutage mit Blend-Reglern ausgestattet, mit denen man dem verzerrten Signal Clean-Anteile beimischen kann, um das Tiefbassfundament zu stärken.

Darkglass verfolgt mit dem X7 ein ähnliches Konzept, erweitert es jedoch sinnvoll: In der Praxis zeigt sich nämlich häufig das Problem, dass die zwei Signale nicht harmonisch miteinander verschmelzen, wenn beide den vollen Frequenzbereich abbilden. Im Studiosektor sowie bei einigen aufwendigen Live-Produktionen wird deshalb eine cleane und eine verzerrte Spur vom Bass aufgenommen.

Die cleane Spur wird durch einen Low-Pass-Filter in den Höhen und die verzerrte durch einen High Pass-Filter in den Bässen begrenzt, danach werden beide Signale wieder zusammengemischt – fertig ist der harmonische Hochglanz-Zerrsound!

Doppelt hält besser

Genauso arbeitet auch das X7, wobei die Frequenzen der beiden Filter mithilfe zweier Mini-Potis frei wählbar sind. Der Low-Pass-Filter für das Clean-Signal lässt sich von 50 bis 500 Hz durchstimmen, sodass man das unverzerrte Signal stufenlos von extrem tief und trocken bis hin zu tiefmittig und dicht abstimmen kann.

Am High-Pass-Filter-Regler geht der Bereich von 100 bis 1000 Hz, was sowohl tiefmittig wollige Zerrsounds als auch metallische Säge mit allen Klang-Schattierungen dazwischen zulässt. Die beiden Signale werden bei Darkglass nicht wie sonst üblich mit einem Blend-Regler zusammengemischt, sondern verfügen über individuelle Lautstärke-Regler (Low Level und High Level); das cleane Signal durchläuft vorher außerdem noch einen Kompressor-Schaltkreis, dessen Intensität man an dem Low Comp-Poti einstellen kann.

Mit dem High-Drive-Regler wird der Sättigungsgrad des High-Pass-Filter-Signals eingestellt; für die Feinabstimmung gibt es dann noch fünf beleuchtete Fader, mit denen sich vier EQ-Bänder sowie das Master-Volume regeln lassen.

Hier stehen zwei Kuhschwanz-Filter für Bässe (+/- 12dB bei 80 Hz) und Höhen (+/-12dB bei 5 kHz) sowie zwei +/-12dB-Glockenfilter für die Frequenzen 500 Hz und 1000 Hz bereit. An den Seiten des robusten Aluminium-Gehäuses finden sich neben den obligatorischen Input- und Output-Buchsen noch ein XLR-Ausgang mit zugehörigem Ground-Lift-Schalter, ein Netzanschluss (9V) sowie ein Parallel Klinke-Output, der das cleane, unbearbeitete Signal ausgibt. Die optische Aufmachung und Verarbeitung ist Darkglass-typisch auf hohem Niveau, einzig die Beschriftung der Filter-Regler hätte etwas größer ausfallen dürfen.

(Bild: Dieter Stork)

Die Mischung macht’s

Eines vorweg: Das Microtubes X7 ist kein Plug-&-Play-Pedal – man muss sich hier schon etwas mit der Materie auskennen und genau verstehen, was die einzelnen Bedienelemente tun. Hat man sich jedoch erst mal reingefuchst, stehen einem diverse Möglichkeiten offen.

Die Magie liegt hier eindeutig in den Low- und High-Pass-Reglern: Während Ersterer darüber entscheidet, ob das Low-End eher tief, klar und sauber oder doch lieber tiefmittiger, voller und Grundtonreicher sein soll, wirkt sich der zweite Filter nicht nur drastisch auf die Bandbreite des Zerr- Sounds aus, auch die Gain-Struktur wird hier massiv beeinflusst. Niedrige Frequenz-Einstellung führen zu einer deutlich gröberen Zerrstruktur, die eher Richtung Stoner und Classic Rock geht, während höhere Einstellungen in einer messerscharfen, feinen Säge gipfeln, wie sie bei modernen Djent-Metal-Bands à la Periphery zu hören ist.

Gerade bei Settings ab 12:00 erinnert die Zerre durchaus an den hauseigenen B3K-Klassiker oder auch an aggressivere Einstellungen des ebenfalls sehr populären Alpha-Omega-Pedals der Finnen – hier zieht sich eine klare Sound-Ästhetik durch, die man unabhängig vom angeschlossenen Bass schnell wiedererkennt. Beeindruckend fett lässt sich das Clean-Fundament mit dem ausgesprochen harmonisch arbeitenden Kompressor aufblasen – einen so fetten, klaren und definierten Zerr- Sound bekommen tatsächlich nur wenige Bass-Overdrives hin!

Der 4-Band-EQ arbeitet besonders bei den Kuhschwanz-Filtern effizient und angenehm berechenbar; die anderen beiden Bänder kontrollieren prägnante, kehlig-raue Frequenzen, mit denen man sich auch in einem dichten Band-Mix Gehör verschaffen kann.

Die Signalgüte, auch aus dem Direct Out, ist durch die Bank überzeugend. Der Ton ist stets leicht ankomprimiert und „in Form gebracht“ – ein Aspekt des Darkglass-Sounds, der dem Instrument einen klaren Stempel aufdrückt.

Alternativen

Die größte Konkurrenz kommt bei Darkglass aus den eigenen Reihen: Das Microtubes X ist mit der gleichen Filtertechnik ausgestattet wie das X7, büßt jedoch zugunsten eines kompakteren Gehäuses und niedrigeren Preises die umfangreiche EQ-Sektion, den XLR-Ausgang sowie den Kompressor im Clean-Signalweg ein. Wer die Finnen in den letzten Jahren aufmerksam beobachtet hat, wird außerdem wissen, dass früher oder später wahrscheinlich eine noch umfangreicher ausgestattete Ultra-Version der X-Serie kommen wird.

Eine starke Alternative ist außerdem der Tyler von KMA Audio Machines: ein Frequenzsplitter mit schaltbaren Einschleifwegen, mit dessen Hilfe man Zerr-Pedalen in zwei-Wege-Manier cleane, gefilterte Bässe beimischen kann.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Darkglass wird mit dem X7 der eigenen Mission einmal mehr gerecht: Die mächtigen Sounds und reichhaltigen Optionen sind besonders für Rock- und Heavy- Player attraktiv, die stets die volle Kontrolle haben wollen.

Die Vorzüge der gefilterten Signal-Wege zeigen sich vor allem in dem kräftigen, bei Bedarf fett aufgeblasene Clean-Fundament, das manch anderes Bass-Overdrive dünn wirken lässt, während die von sägig-aggressiv bis grob bröselig reichende Zerre mit großer Flexibilität punktet. Dank seiner präzise kalkulierbaren Studio-Qualitäten wird sich das X7 problemlos neben seinen beliebten Brüdern behaupten.

PLUS

  • Filter-Konzept
  • Sound – fette, cleane Bässe
  • Verarbeitung
  • Vielseitigkeit

 

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 2/2024
Gitarre & Bass 2/2024
IM TEST: Charvel Pro-Mod So-Cal HSS +++ Engl E670FE Special Edition +++ Ortega Guitars Tour Player +++ Ampeg Venture V3, VB112 und VB115 +++ Ibanez Iceman IC420FM +++ Walrus Audio Fable +++ Meta Guitars Veil Bass +++ Fender CS Early 55 Strat Trem & Hardtail +++ Lakland Skyline Decade

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Hallo!

    Also 1 Kiloohm Ausgangsimpedanz scheint mir doch sehr hoch zu sein, wenn entsprechend lange Strippen an das gerät angeschlossen werden. Ein eindeutiges Mank.

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