Ibanez GIO GRGR330EX im Test: Budget Deluxe?

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(Bild: Dieter Stork)

GIO ist der Serienname für Ibanez‘ Einsteigerlevel – ein bislang eher negativ behafteter Begriff. Im harten Kampf um Marktanteile konnten jedoch zahlreiche Gitarrenhersteller dieser Instrumentengattung inzwischen ein völlig anderes Image verschaffen.

Verglichen mit meist miserabel verarbeiteten fernöstlichen 80er-Jahre-Budgetklampfen, für die gerne tonnenschweres Sperrholz und minderwertige Hardware verwendet wurde, und die zudem vor vier Jahrzehnten schon umgerechnet rund 300 Euro kosteten, ist das neue Ibanez-Modell eine echte Offenbarung.

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Schwer zu erkennen: Schwarze Sharkfin-Inlays auf dunklem Griffbrett (Bild: Dieter Stork)

BLACK ON BLACK

Hallo?! Weder Lagenmarkierungen noch Kopfplattenlogo?! Man muss schon genau hinsehen, um „GIO Ibanez“ auf der mattschwarzen Kopfplattenfront und die schwarzen Sharkfin-Inlays auf dem dunklen Purpleheart-Griffbrett zu erkennen. Doch keine Panik, die weißen Sidedots reichen für zielgenaue Navigation völlig aus. Für den gewohnt recht kantig belassenen, aber dennoch mit Armschräge, rückseitigem Belly Cut und verrundetem Halsübergang ergonomisch geformten RG-Body wurde Pappel verarbeitet. Mit Ausnahme der neuartigen Klinkenbuchse, die mitsamt Zargenplatte aus einem Stück Kunststoff besteht und laut Ibanez sehr stabil und langlebig sein soll, trägt das Pickguard die komplette Elektrik. Hinten gestatten zwei Schlitze im aufgeschraubten Federkammerdeckel direkten Zugang zu den Spannschrauben.

Komplett aus Kunststoff: Neue einteilige Ibanez-Klinkenbuchse (Bild: Dieter Stork)

Der in Höhe der Bünde 1 bis 3 großflächig geschäftete Ahornhals zeigt in seiner Aufnahmetasche etwas Spiel, jedoch garantieren die vier einzeln unterlegten Halsschrauben eine stabile und zudem schwingungsfördernde Verbindung. 24 tadellos abgerichtete und polierte Medium-Bünde verteilen sich auf dem Purpleheart-Griffbrett. Den Klemmsattel, der die Saiten nach Passieren des Niederhalters und des Halsstab-Covers zu den smooth und präzise arbeitenden Mechaniken führt, hätte man gerne um einige Zehntelmillimeter tiefer einpassen können.

Zwei Ibanez-Infinity-R-Humbucker mit Keramikmagneten wandeln die Saitenschwingungen. Verwaltet werden sie mittels leichtgängiger Master-Volume- und -Tone-Potis und eines Fünfwegschalters, der folgende Spulenkonstellationen ermöglicht:

Position 1: Hals-Humbucker

Position 2: Stegspule Hals-Pickup

Position 3: Hals- + Steg-Humbucker

Position 4: Stegspulen beider Humbucker

Position 5: Steg-Humbucker

Das unterfräste, schwebend ausgerichtete Ibanez-Vibrato gleicht optisch nahezu 1:1 einem Floyd-Rose. Über eine Muffe kann das Drehmoment des Steckhebels justiert werden.

Handling und Klang auf Seite 2

Ergonomischer Halsübergang (Bild: Dieter Stork)

KLANGFARBEN

Sowohl am Gurt als auch auf dem Bein gibt sich die GRGR330EX perfekt ausbalanciert. Armauflage, Belly Cut und nicht zuletzt das geringe Gewicht bieten hohen Tragekomfort, der ergonomisch günstige Halsübergang, das Halsprofil, die Bundbearbeitung und flache Saitenlage allerbeste Bespielbarkeit. Ohne Strom liefert die Gitarre kraftvolle, ausgewogene, seidig warme Klangbilder mit reichem Obertongehalt. Sie strotzt nur so vor Schwingfreude, die sich in Form direkter, spontaner Ansprache, lebendiger, flinker Tonentfaltung und achtbarem Sustain äußert. Aus alldem resultiert eine gesunde Dynamik, die ausdrucksstarkes und facettenreiches Spiel unterstützt.

Trotz ihrer Keramikmagnete sind die Infinity-Humbucker nicht wesentlich leistungsstärker als beispielsweise vintage-style PAFs, tönen jedoch klarer, luftiger und akzentuierter beim Akkordspiel, zeigen präzise Saitentrennung, allerdings auch leichte dynamische Defizite. Die Stegspule des Hals-Pickups lässt deutliche Tele-Anleihen erkennen, die Kombi beider Humbucker-Stegspulen einen Hauch von Strat-In-Between-, das Humbucker-Pärchen die gewohnt glockigen Klänge. Während der Hals-Pickup angenehme Wärme bei luftiger Transparenz versprüht, gibt sich der Stegkollege mit straffen definierten Bässen mittig-druckvoll, liefert aber auch akzentuierte Höhen mit ordentlich Biss und reichlich Obertönen.

High-Gain- und Leadsounds werden vom Sustain unterstützt. Beide Potis gestatten über ihren gesamten Regelbereich präzise und kontinuierliche Kontrolle von Gain/Output und Klang. Das Ibanez-Locking-Vibrato arbeitet absolut stimmstabil und nimmt selbst heftigste Bending-Attacken gelassen hin. Unterm Strich empfiehlt sich die Ibanez GRGR330EX für ein breites Spektrum unterschiedlichster Stilistiken von Country/Funky-Clean über Blues- und Classic- bis zu Hardrock und Metal.

RESÜMEE

In den letzten Jahren hat die Qualität von meist despektierlich als Einsteigergitarren bezeichneten Budget-Instrumenten unglaublich zugelegt. Da macht die hier vorgestellte Ibanez GIO GRGR330EX keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil ist deren Verarbeitungs- und Klangqualität wirklich beeindruckend, von der Bespielbarkeit ganz zu schweigen. Einzige Ausnahme macht hier der nicht optimal eingesetzte Klemmsattel. Ansonsten präsentiert sich eine Gitarre für unterschiedlichste musikalische Genres, die selbst bei Profis nicht nur als Ersatzinstrument zum Einsatz kommen dürfte.

PLUS

  • Sounds
  • Klangvielfalt
  • Ansprache, Tonentfaltung & Sustain
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

MINUS

  • Höheneinrichtung des Sattels


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2024)

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