Fender Jeff Beck Stratocaster im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Niemand hat sich das Konzept Stratocaster so zu eigen gemacht, so facettenreich ausgelegt und klanglich jenseits aller Grenzen in ungeahnte Sphären gehoben wie Jeff Beck. Diesem umwerfenden Sounds nachzuspüren, ist Herausforderung und Privileg zugleich, auch wenn natürlich niemand jemals wieder so klingen wird wie der große Virtuose – Halleluja!

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Jeffs unerwartetes Ableben hat dazu geführt, dass alle verfügbaren Jeff Beck Stratocasters sofort ausverkauft waren. Das letzte erreichbare Modell stellte uns netterweise das Dresdner Musikhaus Korn (www.musikhaus-korn.de) für einen Test zur Verfügung – vielen Dank dafür!

OPTIMIERUNG DER KLASSISCHEN KONZEPTION

Auch die Jeff Beck Stratocaster steht grundsätzlich auf traditionellem Boden. Leo Fenders Form- und Funktionsprinzipien gelten auch für diese Version immer noch, sind Grundlage und Ausgangspunkt zugleich für eine zeitgemäße Fortschreibung. So verfügt das Beck-Modell über einen Body aus Erle mit den allseits bekannten Komfortkonturen.

Der aufgeschraubte Hals aus Ahorn ist mit einem Griffbrett aus Palisander von 9,5“-Radius kombiniert und verfügt über ein komfortables C-Shape-Profil. Angemerkt sei, dass die erste Ausführung der Jeff Beck Signature Stratocaster mit fettem Baseball Neck kam, was angeblich aber einem Missverständnis geschuldet war. Anders als bei der traditionellen Stratocaster wurde der Korpus vorn im Übergang zum Halsfuß aus ergonomischen Gründen abgeflacht gestaltet (Contoured Heel), die Halsplatte mit diagonal versetzten Schrauben daran angepasst.

ergonomischer Hals-Korpusübergang (Bild: Dieter Stork)

Glanzpolierte 22 Bünde im Medium-Jumbo-Format zeigen tadellose kantenglatte Verarbeitung. Die parallel nach hinten versetzte Kopfplatte ist mit Deluxe Staggered Cast/ Sealed Locking-Mechaniken von Schaller ausgestattet, welche einen Saitenniederhalter überflüssig machen. Vom Kopf her ist auch der Zugriff auf den Halsstab möglich.

Kleine Becksche Besonderheit: Die Saiten werden über einen LSR-Rollensattel mit beweglichen Kugellagern hinüber zum 2-Punkt-Tremolo geführt. Das arbeitet im Messerkantenprinzip, ist an drei Federn frei schwebend aufgehängt und mit Block-Saitenreitern aus Edelstahl ausgestattet. 648 mm Mensur natürlich. Das dreilagige Pickguard der Jeff Beck Stratocaster ist bestückt mit drei Hot Noiseless Singlecoil Strat Pickups (keramische Magneten, ungestufte Pole Pieces). Über den 5-Wege-Schalter lassen sich die Tonabnehmer wie üblich einzeln und in Kombination aufrufen. Geregelt wird mit Master Volume, Tone 1 (Hals-Pickup) und Tone 2 (Steg- und Mittel-Pickup).

LSR-Rollensattel und Locking-Mechaniken (Bild: Dieter Stork)

Die Gitarre ist rundum sauber verarbeitet, ihr Korpus in Surf Green hochglänzend lackiert, der Hals ausgesprochen samtig griffig versiegelt. Alternativ ist die Jeff Beck Strat auch noch in Olympic White zu haben.

FLEXIBILITÄT IN TON UND HANDHABUNG

Irgendwann in den 1980er-Jahren verzichtete Jeff auf die Verwendung eines Plektrums und riss die Saiten fortan primär mit dem Daumen an. Mit gezupften Saiten, per Volume-Regler eingeblendeten Noten und eleganten Tremolo-Modulationen erzeugte er seine charakteristischen Sounds und erschuf einen unikalen Personalstil, der an Ausdruck und Wandlungsfähigkeit unerreicht ist und bleibt. Da es sich bei der Jeff Beck Stratocaster nun um ein Serienmodell handelt, kann es natürlich nicht ausschließlich auf die Anwendung der sehr besonderen Spieltechnik des Meisters gerichtet sein. Das nach Jeffs Vorstellungen gestaltete Instrument ist also selbstredend auch mit herkömmlicher Plektrumtechnik zum Singen zu bringen. Wir Normalsterblichen profitieren auf jeden Fall von Jeffs konstruktiven Optimierungen.

Von der Handhabung her bewegen wir uns zunächst sowieso auf bekanntem Terrain, alles fühlt sich gewohnt komfortabel an, aber natürlich ist der „Contoured Heel for Easier Access to Upper Frets“ hilfreich für das Solospiel in hohen Lagen. Bleibt also vor allem die Frage nach dem Halsprofil. Auf die Neck-Shapings seiner aktuellen Gitarren angesprochen, antwortete Jeff Beck in einem früheren Interview von Stefan Woldach für G&B:

„Ach, ich habe so viele Hälse gespielt, ich habe keine Vorlieben mehr. Wenn sich mein Spiel auf einem neuen Hals weiterentwickelt, spiele ich halt den eine Weile lang, ganz einfach. Wenn ich zwischendurch eine ältere Gitarre in die Hand nehme, habe ich immer das Gefühl, ich habe einen Cricket-Schläger in der Hand! Ich versuche in Bewegung zu blieben, sozusagen auf den Zehenspitzen. Ich will es gar nicht so einfach haben und will nicht, dass mein Spiel durch einen gewohnten Hals berechenbar oder vielleicht sogar beliebig wird.“

Zurück zu unserem Testinstrument: Der Hals mit C-Shape-Profil fühlt sich im Grunde an wie das gewohnte Modern „C“ aktueller Fender-Modelle, was die Messwerte aus früheren Tests auch bestätigen. Dieser Hals spielt sich dank eines perfekten Setups jedenfalls uneingeschränkt gut und fühlt sich mit seiner samtigen Versiegelung und den glänzend polierten Bünden auch so an. Trocken angespielt klingt es dann schon mal so, wie es sich für eine gute Strat gehört. Die Ansprache ist gut, die Saitentrennung sauber, das Sustain ist lang und gleichmäßig über das ganze Register hinweg zu erzielen.

Nun denn, der vorgeheizte Amp summt bereits erwartungsvoll, gehen wir ans Eingemachte: Die Hot Noiseless Single-Coil Strat Pickups liefern mit ihren keramischen Magneten namensgerecht einen etwas heißeren Output. Dabei fällt von Anfang an auf, dass auch der Begriff Noiseless durchaus keine leere Versprechung ist. Erste Akkorde über den Hals-Pickup gespielt vermitteln ein rundes, ebenmäßig ausgeglichenes Klangbild. Transparenz und plastische Darstellung sind Trumpf: straff und pointiert im Bassbereich, die Mitten geschmeidig daran angepasst und seidig offene Höhen.

Hot Noiseless Strat Pickups (Bild: Dieter Stork)

Clean gespielt vermittelt sich durchaus eine geschmeidige Eleganz mit leicht glasigem Ausdruck, auch wenn das Dynamikfenster nicht ganz so groß ist. Dafür ist aber im Overdrive gut Singen mit linear standfestem Ton, angenehm kehlig und mit starker Obertonentfaltung.

Sehr schön in der Staffelung, da etwas heller gesetzt und um Bässe und Tiefmitten entschlackt, erscheint dann der Mittel-Pickup. Da ist nun schon deutlich mehr Grip im Ton, nicht zu harsch, aber keinesfalls harmlos. In Zerre genommen ist damit auch schon recht druckvolles Spiel in Szene zu setzen. Stramm und kompakt bei Powerchords, zupackend und durchsetzungsfreudig im Lead-Spiel.

Den Gain-Modus beibehaltend schalten wir nun auf den Steg-PU um. Die Präsenz nimmt deutlich zu, der Ton springt schlank zugespitzt sehr direkt und angenehm aggressiv vor und beißt herzhaft zu. Damit kommen wir dem Jeff-Ton natürlich schon recht nahe. Mit etwas runtergedrehtem Tone-Regler etwa, was uns wunderbar mittige Einzelnoten oder Linien beschert, oder wir kämpfen mit offenem Visir und ziehen blank. Da ist dann der scharfe Aufriss zu loben, dieses markante Attack-Verhalten, gefolgt vom schnellen Ton, leicht zu modulieren und ins Obertonnirvana zu schießen. Dass dieser Tonabnehmer bei clean eingestelltem Verstärker dann eher schlank und etwas harmlos klingt, verzeihen wir ihm doch gerne.

In den Zwischenpositionen liegen dann noch zwei typisch kehlige Sounds an, die allerdings vergleichsweise milde Höhen aufweisen. Keine weit offenen Sounds wie bei einfachen Singlecoils also, dennoch ist damit in klaren Verstärkerpositionen noch gut zu arbeiten. Im Overdrive erweist sich das irgendwie gedeckelte Klangbild dann aber sogar noch als unerwartete Stärke. Vom bissigen Lead-Sound des Steg-Pickups her geschaltet haben wir nämlich nun einen mehr weich abgerundeten, hohlwangigen Ton im Anschlag, wunderbar für spontane klangfarbliche Stimmungswechsel.

Nicht zu vergessen, da in diesem Instrument unverzichtbar für die Artikulation im Sinne des Jeff Beck, ist das Vibrato. Es funktioniert nicht zuletzt auch durch den LSR-Rollensattel, bei dem die Saiten über bewegliche Kugellager geführt werden, erfreulich stimmstabil. Spannungen hinter dem Sattel bei der Vibrato-Aktion treten damit erst gar nicht auf, Nebengeräusche werden eliminiert und die Stimmstabilität der Gitarre wird durch die reibungsfreie Auflage der Saiten grundsätzlich verbessert. Auch größeren Modulationen mit dem Hebel begegnet dieses System mit unerschütterlicher Gelassenheit.

Resümee auf der nächsten Seite!

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