Bestnoten in Resonanzeigenschaften, Dynamik und Sustain

Aufgehübschte Long Scale Paulas: Hagstrom Ltd. Edition Ultra Max Special im Test

Anzeige
Belly Cut (Bild: Dieter Stork)

LONG SCALE PAULAS

Beide Limited Edition Ultra Max Specials zeigen beste Balance am Gurt und auf dem Bein, und der Belly Cut kommt dem Tragekomfort zugute. Die wohlproportionierten Halsprofile liegen angenehm in der Hand und lassen sich auch dank der sorgfältig verrundeten Bundkanten komfortabel bespielen. Ausnahme ist der gewöhnungsbedürftig platzierte Pickup-Schalter des 2HB-Modells (auf der Decke hinter dem Steg). Die traditionellen stufigen Halsübergänge gestatten zwar recht entspanntes Erreichen der oberen Lagen, für die Bünde 21 und 22 muss man dennoch seine Finger ordentlich strecken. Während die Sattelkerben der Mystique auf gleichmäßiges Niveau abgerichtet wurden, zeigen die der Blockbuster Yellow deutliche Höhenunterschiede. In jedem Fall aber gibt es hinsichtlich der Saitenlage bei beiden Sätteln noch Luft nach unten. Ansonsten kann ich der gesamten Verarbeitung Höchstnoten verleihen.

Die lange 648-mm-Mensur ist für eine LP-Type-Gitarre eher ungewöhnlich, beschert jedoch unseren beiden schwingfreudigen Protagonistinnen ausgewogene, kraftvolle Klangbilder mit präziser Saitentrennung, angenehmer Wärme, gesundem Fundament und reichem Obertongehalt. Während sich die Double Pickup unplugged etwas kraftvoller und erdiger mit Stärken in den unteren Mitten präsentiert, gibt sich die Kollegin straffer, knackiger mit leichtem Plus in den oberen Mitten. Dennoch kommen beide selbstbewusst, spritzig, luftig und lebendig daher, zeigen spontane direkte Ansprache, schnelle Tonentfaltung, beste Dynamik und stabiles, gleichmäßig abklingendes Sustain.

Anzeige

Schicke „Foil“-Pickup-Cover (Bild: DIETER_STORK)

Die Lundgren-Design-Fullzise-Humbucker hinken output-mäßig nur leicht hinter vintage-style PAF-Typen her. Trotz ihrer AlNiCo-5-Magnete und etwa doppelter Impedanz hat man die Outputs der Steg- bestens auf die der Hals-Pickups abgestimmt, sodass beim Umschalten keine nennenswerten Pegelsprünge entstehen.

Sie klingen ausgewogen und klar und übertragen die ausgesprochen straffen, definierten Bässe der längeren Mensur in bester Manier. Während der Hals-Pickup des 2-HB-Modells warme, vollmundige, runde Klarklänge mit perkussiven Mitten und samtigen Höhen präsentiert, tönt der identische Pickup der Blockbuster trotz gleicher Hölzer und Bauweise, gleicher (neuer) Saiten, identischer Setups (Saitenlage und -abstand zum Pickup usw.) wesentlich offener, spritziger und lebendiger und gibt auch Obertönen mehr Entfaltung.

Warum wundert es mich also nicht, dass gleiches auch bei den Steg-Humbuckern festzustellen ist? Beide klingen klar, transparent, ausgewogen und besitzen saubere, präzise Saitentrennung, während der der Mystique jedoch durchweg wärmer und in Höhen und Obertönen aber irgendwie defensiver und bedeckter klingt. Dagegen dringt das Pendant der Blockbuster direkter, knackiger, luftiger und spritziger ans Ohr, liefert mehr Obertöne und knackigere Bässe. Für mich bestätigt sich wieder einmal, dass das Holz einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Pickup-Sound auch von Solidbody-Gitarren nimmt.

Während die Humbucker-Paarung der Mystique wunderbar glockige Klänge bereithält, die auch bei cleanem und verzerrtem Solospiel überzeugen, dünnen die drei Coilsplit-Varianten die Humbucker-Sounds nicht nur aus, sondern senken auch deren Ausgangspegel, wenn auch in praktikablen Maßen. Dabei bleiben die Klangcharaktere der Doppelspuler erkennbar. Die Coilsplit-Klänge bieten sich eher für cleanes Rhythmusspiel und modulations-schwangere Arpeggios an.

Im Overdrive-Betrieb erlauben die Hals- wie auch Steg-Humbucker definierte Akkorde, druckvoll stramme Powerchords, durchsetzungsstarke Riffs und singende, dynamische Leadsounds, die vom exzellenten Sustain der Ultra Mäxe getragen werden. Das 3HB-Modell gibt sich etwas bissiger, aggressiver und obertonreicher. Ihr Mini-Humbucker in der Mittelposition verleiht ihr eine eigene Note. Er ist output-mäßig den beiden Fullsize-Mitstreitern ebenbürtig, fügt sich mit seinem hellen, knackig vitalen Klangbild perfekt ins Klangangebot der Gitarre ein und zeigt auch im Zerr-/Lead-Betrieb erstklassige Performance und Dynamik.

Zudem ist er maßgeblich an den Splitsounds beteiligt, die jedoch nicht nur pegelmäßig beträchtlich abfallen. So tönt es blass und bedeckt, bestenfalls warm, wenn auch leicht kehlig (Schalterposition 2) bzw. nasal (Position 4). Zwar ist eine gewisse Anlehnung an bekannte Strat-In-Between-Sounds auszumachen, mir fehlt es jedoch an Spritzigkeit, Transparenz und Frische. Quasi ein Licht am Ende des Tunnels erscheint jedoch, wenn man die Coilsplits mittels Clean-Booster oder Overdrive unterstützt. Es braucht nicht viel Gain um den Sounds Leben einzuhauchen. Das Klangbild breitet sich aus, und plötzlich mischen wieder Höhen und Obertöne mit, und Bässe erhalten mehr Draht und Straffheit. Auf diese Weise lassen sich durchsetzungsstarke Distortionsounds erzielen.

Das als Bass-Cut ausgelegte Tone-Poti filtert Bässe und Tiefmitten am Anfang des Regelweges wirkungsvoll, im weiteren Verlauf dezenter. Bei den Coilsplits entpuppt sich das Filter als Zuviel des Guten. Lobenswert sind die R/C-Schaltungen beider Gitarren, die das Klangbild bei Zurücknahme des Volume-Potis nahezu unangetastet lassen.

RESÜMEE

Die beiden Ltd. Edition Ultra Max Specials stellen zwar weder baulich noch ausstattungsseitig wirkliche Hagstrom-Neuheiten dar, präsentieren sich jedoch als ansehnliche Farbtupfer im Portfolio der Schweden. Obgleich die Verarbeitungsmesslatte hoch liegt, gibt es bis auf die Abrichtung der Sattelkerben nichts zu beanstanden. Resonanzeigenschaften, Dynamik und Sustain erzielen ebenso Bestnoten wie die Sounds der Lundgren Design und des Mini-Humbuckers. Allein die recht blass und motivationslos erscheinenden Coilsplit-Schaltungen des Blockbuster-Yellow-Modells konnten mich erst überzeugen, nachdem ich ihnen per Clean-Booster- oder Overdrive-Pedal gehörig unter die Arme gegriffen hatte.

PLUS

  • Sounds
  • Dynamik & Sustain
  • Klangvielfalt
  • R/C-Schaltkreise
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

MINUS

  • enge Gurtknöpfe
  • Abrichtung der Sattelkerben


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 6/2023
Gitarre & Bass 6/2023
IM TEST: Harley Benton 25th Anniversary: Special Edition Guitars +++ IK Multimedia ToneX Software & Pedal +++ KMS Saddles & Bridges für Telecaster +++ Schecter Nick Johnston PT +++ Guild Surfliner HH +++ Sandberg Florence Bässe +++ Taylor Guitars 417e +++ Orange MK Ultra Marcus King +++ Fender Rumble 800 Combo

Kommentare zu diesem Artikel

  1. >>Während sich die Double Pickup unplugged etwas kraftvoller……?????
    Seid wann funktionieren Pickups ohne Verstärker?Schreibteufel?
    Noch eine schönen Abend:-)

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Das bezieht sich darauf, dass die eine Gitarre zwei Pickups hat, die andere drei 😉
      Die im violetten Mystique-Metallic-Finish ist hier gemeint.
      Grüße aus der Redaktion!

      Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren