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Deutsche Bass-Ikone

TopGearCheck! mit Hellmut Hattler

(Bild: Gerald Langer)

In einer (imaginären) Liste der wichtigsten deutschen Rock-&-Fusion-Bassisten würde Hellmut Hattler garantiert unter den drei ersten Kandidaten aufgeführt. Mit seiner Band Kraan schreibt der 73-Jährige bereits seit den frühen Siebzigern Musikgeschichte, aus seinen diversen künstlerischen Nebenschauplätzen ragt neben Tab Two (mit Trompeter Joo Kraus) und Siyou’n’Hell (mit Freundin/Gospelsängerin Isabelle Ngnoubamdjum aka. Siyou) vor allem seine Solo-Formation Hattler hervor.

Von Kraan und Hattler gibt es jetzt jeweils ein neues Album: Kraan haben ihrem Archiv ein bislang unveröffentlichtes Konzert aus dem Bremer Aladin des Jahres 1977 entrissen, zudem feiert die Band Hattler ihr 25-jähriges Bestehen mit der aktuellen Best-Of-Scheibe ‚Happy Birthday Baby – And All The Best Of 25 Years’.

Beide Veröffentlichungen haben wir zum Anlass genommen, um Hattler ein wenig zurückblicken und gleichzeitig einen kleinen Beitrag zu unserer monatlichen Serie ‚Top Gear Check’ beisteuern zu lassen. Hier das Resultat!

Hellmut, was genau hat es mit deinem Best-Of-/Jubiläumsalbum auf sich?

Meine Band Hattler gibt es ja seit dem Jahr 2000, und das möchte ich mit einer speziellen Veröffentlichung feiern. Es ist eine bunte Mischung mit ganz neuen und Best-Of-Titeln, aus unveröffentlichten Studio- und Live-Versionen aus der gesamten Schaffenszeit. Mehr wird allerdings noch nicht verraten.

Daneben gibt es auch ein vermeintlich „neues” Kraan-Live-Album, das 1977 im Bremer ‚Aladin’ mitgeschnitten wurde. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Mit Rückblicken habe ich es ja nicht so, aber es war eine eher turbulente Zeit. Ich hatte gerade meine Emanzipation von der Band in Form meines Soloprojekts Bassball hinter mir und dann doch wieder die Lust, mit meinen vertrauten Lieblingsmusikern zusammenzuspielen. Daraus entstand das Kraan-Album ‚Flyday’ – der Phönix aus der Asche, um anschließend wieder gemeinsam zu touren. Künstlerisch waren wir definitiv in einer Umbruchsituation, geschäftlich weiß ich nicht mehr so genau, aber wir konnten gut von der Musik leben.

Hellmut live mit Kraan (Bild: Steffen Meyer)

Inwiefern hat sich im Laufe der Jahre dein Spiel, dein Sound, Geschmack und dein Equipment verändert?

Der Sound hat ja immer mit dem Angebot an Instrumentarium zu tun. Bei Synthesizern war das ausgesprochen auffällig: Plötzlich hörte man auf vielen Platten die neuesten Anschaffungen heraus. Was mein Instrument betrifft, war ich eher eine treue Seele: Die ersten Jahre hauptsächlich Rickenbacker, seit Anfang der 90er habe ich stets meinen Lieblingsbass mit dabei, ein Custom-Instrument von Status.

Ich habe früh angefangen, alle möglichen und unmöglichen Effekte zu verwenden und mit den ungeschliffenen Saiten – früher Rotosound, heute Elixir – klangen vor allem Chorus-Effekte sehr attraktiv. Aber auch Tap-Delays wie zum Beispiel bei den Songs ‚Wintruper Echo’, ‚Luna Park’ oder ‚Intro Mine’ waren wichtige stilistische Erweiterungen meines Spiels.

Was waren die wichtigsten Lektionen, die du in deinem künstlerischen Leben gelernt hast? Gibt es Dinge, die du mit deinem heutigen Wissenstand anders machen würdest?

Vielleicht das: Zwischenmenschlich den Balanceakt zu schaffen, die Mitspieler zu respektieren, also nicht zu überfordern, eher ermutigen, um die Kreativität des anderen nicht zu beschneiden. Aber insgesamt will ich mir unbedingt meine angeborene kindliche Blauäugigkeit bewahren, um nicht schon im Vorfeld einzuordnen, was geht und was nicht geht.

Mich befremden Musiker ein bisschen, die den Businessman raushängen lassen. Dass es trotzdem immer wieder Entfremdungen und Vertrauensbrüche gibt, schmerzt mich zwar sehr nachhaltig, aber es bringt einen auch wieder zu sich selbst zurück, was wiederum Energie zum Komponieren liefert. Ich wüsste jetzt eigentlich nichts, was ich hätte besser machen können.

Gibt es noch musikalische Ziele, unerfüllte Träume?

Meine Selbstbestimmtheit stand für mich immer ganz oben auf der Lebensliste. Dazu braucht man eine Umgebung, die der eigenen Leidenschaft Platz gibt. Diese Umgebung habe ich vorgefunden und all das probiert umzusetzen, was mich und möglicherweise andere erfreut. Ab den 70er Jahren war das ja der perfekte Zeitraum dafür, um alles auszuprobieren, um unbeschwert seine Talente zu kultivieren, was wiederum Energie freisetzt, wenn es gut klappt – und vor allem sie mit anderen zu teilen.

Hört sich vermutlich etwas theoretisch an, konkret heißt das aber in meinem Fall: Musik zu erfinden, die vorher nicht da war, diese mit begabten Freunden zu erweitern und ans Ohr der Öffentlichkeit rauszulassen. Wenn dann das, was an Resonanz zurückkommt, das widerspiegelt, was du angezettelt hast, ist das Glück perfekt. Ich glaube, ich habe mit meiner speziellen Art Musik zu komponieren fast mehr erreicht, als ich mir als Teenie je erträumt hatte. Ob mich ein weltweiter Nummer-1-Hit allerdings noch glücklicher gemacht hätte, als ich es schon bin, kann ich natürlich nicht sagen.

(Bild: Hans Bürkle)

TOP GEAR CHECK

Wie hat es Hattler so zutreffend formuliert: „Leider ist mein Equipment ziemlich antik, deshalb befürchte ich, dass die meisten Musikgeschäfte abwinken würden, wenn ein Gitarre-&-Bass-Leser dort nach den von mir erwähnten Instrumenten fragen würde.” Wir finden seine Ausführungen dennoch – oder gerade deswegen – sehr spannend.

Bässe

Ich habe in der Anfangszeit meiner Kraan’schen Laufbahn erst einen Fender-Telecaster-Bass und ab ca. 1973 über viele Jahre Rickenbacker-Bässe gespielt. In der 1980ern war ich mit diversen Ibanez-Bässen unterwegs und nach einem Intermezzo mit Warwick blieb ich ab ca. 1990 an einem „Status Graphite”-Custom-Bass hängen. Er wurde nach meinen Wünschen modifiziert, indem ein Kahler-Tremolo-System und mein Lieblingspickup von Alembic eingebaut wurde. Von diesem Modell habe ich (bis auf die Farbe) zwei absolut identische Instrumente, von denen allerdings nur das weiße auch auf der Bühne so richtig gut klingt.

Drei Custom-Bässe: Ritter, Status & Warwick (Bild: Hellmut Hattler)

Es war übrigens mein erster 24-Bünder, der sowohl fürs Grundieren als auch für meine Melodien taugt, was – glaube ich – auf meinem ‚Bass Cuts’-Album ganz gut zu hören ist. Auch die Firma Ritter baute mir zwischendurch einen sehr guten Bass, der auch heute noch hin und wieder im Studio zum Einsatz kommt – genauso wie mein „Sharky”-Fretless-Bass, ein handgemachtes Unikat vom leider inzwischen verstorbenen Magnus Krempel.

Amps & Effekte

In den ersten Jahren mit Kraan schleppte ich zwei schwere Orange Matamps und noch schwerere Orange-Boxen mit zu den Konzerten. Nach vielen Jahren des Tourens mit Tab Two und meinem Glockenklang-Equipment spielte ich rein zufällig über die Gesangsanlage meiner Freundin und Sängerin Siyou und war völlig geplättet von dem Sound ihrer kleinen aktiven und (noch) analogen FBT-Boxen. Nach längerem Suchen trieb mir ein Freund zwei Boxen dieser Baureihe in Spanien auf, und seither ist das meine leichtgewichtige Stereo-Bühnenanlage.

Die Idee dahinter ist, dass ich neben den (ja ohnehin überall) vorhandenen Monitorboxen in Verbindung mit meinen beiden Kisten an jeder Stelle meines Bewegungsfeldes auf der Bühne einen gut hörbaren Stereosound habe. Ein Glockenklang-Bugatti-Preamp und ein nachträglich modifiziertes DigiTech-Multieffektgerät IPS 33B sorgen für einen ziemlich wiedererkennbaren Sound. Zum Umschalten der selbstprogrammierten Presets benutze ich eine Ibanez-Pedalleiste, die genauso uralt ist wie der Rest meines Equipments.

Auf der Bühne benutze ich ausschließlich das erwähnte DigiTech IPS 33B, ein 19-Zoll-Multieffektgerät, das Presets und frei programmierbare Plätze anbietet. Da habe ich mir Delays, Tremolo- und unterschiedliche Chorus-Effekte gebastelt, die meinen Live-Sound produzieren. Da diese Effekte in Stereo sind und auch Stereo sehr gut klingen, habe ich mir einen Stereo-Preamp zugelegt, der das Ganze auch Stereo auf die PA und das Bühnenmonitoring überträgt.

Beide Geräte sind in einem relativ kleinen Rack eingebaut, und dieses schleppe ich nun bereits seit den frühen Neunzigern von Gig zu Gig mit. Im Studio und zuhause spiele ich ansonsten auch immer gern mal wieder mit einem Pigtronix Philosopher’s Tone oder einem Dunlop-Cry-Baby-Basspedal.

Alle Pedale in meiner langen Laufbahn sind übrigens ursprünglich für Gitarren oder Keyboards gedacht – Roland Chorus und Space Echo, Ibanez Phaser, Delay, Chorus, Autowah oder das legendäre Electric Mistress von Electro-Harmonix und das DigiTech Whammy.

 

Bei einigen Pedalen musste ich allerdings die Eingangsspannung neu auf den Output der Bassgitarre justieren lassen, damit sie nicht übersteuern, wie etwa das gute alte Mu-Tron, das auf dem Kraan-Album ‚Wiederhören’ zu hören ist.

Saiten und Kabel

Lange Jahre war ich Endorser für Rotosound-Saiten (roundwound/stainless steel), allerdings hatte ich damit einen ganz heftigen Verschleiß, oft musste ich vor jedem Konzert den kompletten Satz wechseln. Irgendwann wurde mir von Elixir angeboten, Tester für neue Saiten zu werden und da war’s dann um mich geschehen, weil die halt durch ihre Beschichtung die Finger nicht so abraspeln und ausgesprochen lange frisch klingen. Zwischenzeitlich spiele ich tatsächlich zig Konzerte mit einem einzigen Set. Meine Stärken für alle meine Viersaiter waren schon immer .045, .065, .085 und .105, also etwas dicker, als man vielleicht denken würde.

Auch was Kabel betrifft, bin ich längst da angekommen, wo man nicht mehr immer neu nachdenken oder gar hadern muss: Die Firma Sommercable hat seit vielen Jahren ein HH-Signature-Kabel namens Groove+ im Programm. Ausgestattet mit einem ultraflachen Winkelstecker fürs Instrument und einem geraden Klinkenstecker für den Verstärker, das gut klingt, prima rollt (und rockt!) und wohl auch unkaputtbar zu sein scheint.

(Story: Matthias Mineur)

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