(Bild: David McClister)
Altmeister John Fogerty hat seine legendäre Rickenbacker 325 zurückerhalten – genau wie die Rechte an den legendären CCR-Songs der späten 60er/frühen 70er. Jetzt macht uns der 80-Jährige den männlichen Taylor Swift. Zeit für ein ausführliches Gitarre & Bass-Gespräch.
INTERVIEW
John, wie verliert man die Rechte an seinen eigenen Songs – wie kann so etwas passieren?
Na ja, als Creedence 1967 diesen Vertrag bei Fantasy Records unterschieben hat, befand sich darin ein Passus, der besagt, dass wir alle Songs, die wir schreiben, dem Label übertragen − also quasi auf unsere Rechte verzichten. Nur: Das war so formuliert, dass wir es damals schlichtweg nicht verstanden haben, weil wir zu jung und unerfahren waren.
Eine Sache, die ich über Jahrzehnte bereut habe – weil sich der Deal als regelrechtes Gefängnis erwies. Denn nachdem sich die Band getrennt hatte, dachte ich eigentlich, ich wäre frei. Aber dem war nicht so – ich war auch als Solist gebunden. Und: Auch meine neueren Songs gehörten allesamt dem Label. Eine unglaubliche Situation, gegen die rechtlich allerdings nichts zu machen war.
Wie bist du damit umgegangen?
Nun, ich war über Jahrzehnte ein ziemlich unglücklicher und wütender Mensch. Ich fühlte mich betrogen und verraten – und absolut hilflos. Heute nenne ich das meine „düstere Phase”. Denn das war sie auch: Ich habe ein Vermögen für Anwälte ausgegeben – ohne Erfolg. Deshalb habe ich nie öffentlich darüber gesprochen, da ich sonst zu wütend und verletzt rübergekommen wäre.
Damit nicht genug: Du hat dich hartnäckig geweigert, deine alten Songs live zu spielen – trotz reger Nachfrage deines Publikums. Bedauerst du das mittlerweile?
Und wie! Das kann ich erst jetzt wiedergutmachen – als Mensch, der endlich glücklich ist. Der sich an einem guten Ort befindet – physisch und psychisch. Nach all den Jahren hat das ein bisschen was Surreales, Unwirkliches. Aber: Ich weiß es zu schätzen. Bis Mitte der 90er war ich so verletzt was den Verlust meiner Songrechte betraf, dass ich die alten Stücke nie live gespielt habe − weil ich das ganz einfach nicht konnte.
Und deshalb gab es in 25 Jahren lediglich drei Anlässe, bei denen ich mit dieser Regel gebrochen habe. Einer davon war ein gemeinsamer Auftritt mit Bob Dylan, bei dem er mir gesagt hat, ich solle doch ‚Proud Mary’ spielen – sonst würden alle denken, es wäre tatsächlich ein Tina-Turner-Song. (lacht)
Weil es so ein besonderer Abend war, habe ich mich darauf eingelassen, ‚Proud Mary’ zu bringen. Und es hat einen solchen Spaß gemacht, dass ich anfing, mich selbst zu hinterfragen, ob es vielleicht ein Fehler war, diese Stücke aus meinem Set zu verbannen. Das ist meine heutige Sichtweise: Es war zu harsch und unangemessen – gerade gegenüber den Fans, die ja kommen, um mich genau diese Songs singen zu hören – nicht immer nur die gerade neuesten. Aber hey, es war eine schwierige Zeit.
Wann hat sich das Blatt gewendet?
Vor zwei Jahren – als sich meine Frau und Managerin Julie eingeschaltet hat. Ich selbst hatte das schon abgeschrieben, weil ich alles versucht hatte. Also selbst den Kauf der Rechte über einen Mittelsmann – damit Fantasy Records nicht sofort Wind davon bekommt. Aber selbst das hat nicht funktioniert. Die Standard-Antwort war immer: „Diese Songs sind nicht verkäuflich.” Eben, weil ich ihr Goldesel war.
Das änderte sich schlagartig, als Bob Valentine neuer CEO bei Concord wurde – wozu auch Fantasy Records gehört. Er ist umgänglicher als seine Vorgänger, hatte ein offenes Ohr für mich – und hat mich von diesem Fluch befreit. Ohne großen juristischen Aufwand – ganz schnell und unkompliziert. Jetzt gehören meine Babys endlich wieder mir und ich bin so erleichtert und glücklich, wie nie.
Für ‚Legacy: The Creedence Clearwater Revival Years’ hast du 20 Songs aus deinem Katalog neu aufgenommen – nach dem Vorbild von Taylor Swift? Um alle anderen Versionen, die in Umlauf sind, zu ersetzen?
Ganz genau. Das kam ebenfalls von Julie. Sie wollte, dass ich die Songs noch einmal neu aufnehme, um zu zeigen, wie glücklich ich jetzt bin – und dass sie allein der Grund dafür sind. Also damit die Leute nachvollziehen können, was da mit mir passiert ist und wie wichtig die Transaktion der Rechte für mich war. Ich selbst war allerdings zunächst wenig begeistert davon.
Aber weil mein 80. Geburtstag anstand und ich mit diesen Stücken auf Tournee gehen wollte, schien das letztlich gar keine so schlechte Idee zu sein − also den Leuten gleichzeitig ein Album zu offerieren, das zeigt, wo ich gerade bin und dass sie ihren alte John wiederhaben.
Wobei – und das muss ich ganz schnell nachschieben – sich die Aufnahmen als echte Herausforderung erwiesen haben. Als eine Sache, die gar nicht so leicht war. Ich musste mich da wirklich reinknien, um das Beste herauszuholen und sie so originalgetreu wie möglich hinzukriegen – also mit der Energie und der Leidenschaft eines 20-Jährigen. Dafür habe ich mehrere Anläufe und die Unterstützung meiner Söhne Shane und Tyler gebraucht – sie haben mich musikalisch, aber auch moralisch dabei begleitet.
Sie haben mir direkt ins Gesicht gesagt, wenn ihnen etwas nicht gefällt bzw. es nicht dem Original entspricht − wenn ich mich zu weit von der Vorlage entfernt habe. Sie haben mich quasi dazu angestachelt, da einen richtig guten Job zu erledigen und etwas abzuliefern, auf das ich stolz sein kann. Das bin ich – ich halte dieses Album wirklich für sehr gelungen. Und das liegt an der Arbeit, die ich da investiert habe und die sich ausgezahlt hat.
Angeblich hast du dich über die Jahre immer weiter von den Original-Versionen deiner Klassiker entfernt – und z.B. ‚Proud Mary’ ganz anders gespielt als du es hier und heute tust. Musstest du den Song quasi neu lernen, um ihn wieder so hinzukriegen, wie er sein sollte? Und ist es schwer, an sein eigenes, 20-jähriges Ich anzuknüpfen?
Das ist sogar wahnsinnig schwer. Und wahrscheinlich stimmt es, dass ich über die Jahre eher legere und vielleicht auch ein bisschen schlampige Version davon gespielt habe. Einerseits, um es den unterschiedlichen Musikern, die ich dabei hatte, leichter zu machen. Aber auch, weil man halt durchaus schlechte Angewohnheiten entwickelt, die einem selbst gar nicht so bewusst sind.
Also Sachen etwas anders und nicht mehr ganz so fokussiert oder punktiert anzugehen, wie man das früher getan hat − und sich allein dadurch immer weiter vom Original zu entfernen. Einfach, indem man eher das spielt, was man gerade – in dem Moment – fühlt. Also ohne den Anspruch, die Vorlage von einst originalgetreu duplizieren zu wollen. Und ich muss offen zugegeben: Das ist es wohl, was da passiert ist.
Das ist mir bzw. meinen Söhnen aufgefallen als wir die ersten Stücke für das Album aufgenommen habe. Das war eine echte Erleuchtung. Nach dem Motto: „Ich muss mir noch mehr Mühe geben. Ich muss das wirklich noch einmal komplett neu lernen.”
Das war eine Herausforderung, der ich mich gestellt habe. Denn: Ich bin sehr ehrgeizig – und es sind meine Songs. Ich weiß, wie sie klingen sollten und ich wollte sie genauso hinkriegen. Das hat mir nicht irgendjemand vorgeschrieben – das habe ich selbst erkannt und selbst umgesetzt. Ich fürchte, ich habe Julie und die Jungs damit fast in den Wahnsinn getrieben. Aber hey: Es hat sich gelohnt.
(Bild: David McClister)
Stimmt es, dass du das Album erst ‚Taylor’s Version’ nennen wolltest – in Anlehnung an Taylor Swift, die ihre ersten fünf Alben neu eingespielt hat?
Das war ein Witz. Die Idee war einfach: „Wenn ich es so nenne, wird es garantiert ein Erfolg.” Und meine Frau hat mir sogar vorgeschlagen, das Ganze ‚John’s Version’ zu nennen – in Anlehnung daran. Das gefiel mir aber nicht, weil ich über die Jahre ja immer mal wieder einige Klassiker neu aufgenommen habe. Aber halt nicht so – nicht originalgetreu.
Diesen Unterschied wollte ich deutlich machen, damit es keine Verwechslungen gibt. Damit Leute nicht in einen Plattenladen gehen, sich durch die Regale wühlen und bei einer alten Compilation mit denselben Songs landen. Das wollte ich unbedingt ausschließen. Deshalb die Idee mit ‚Taylor’s Version’ oder ‚John’s Version’. Und wer weiß: Vielleicht wäre das sogar die bessere Wahl gewesen. (lacht)
Wenn man sich die 20 Stücke auf ‚Legacy’ vor Augen führt: Wie hast du es überhaupt geschafft, zwischen 1968 und 1971 einen solch imposanten Song-Katalog zusammenzutragen – in gerade mal vier Jahren?
Ich habe wirklich hart daran gearbeitet – bis zu 16 Stunden pro Tag. Sieben Tage die Woche. Das war meine Routine zu der Zeit. Einfach, weil ich die Dinge ab 1968 selbst in die Hand genommen habe. Ich hatte erkannte, dass mein bis dato einziger Hit, ‚Suzie Q.’, nicht einmal von mir stammte. Außerdem hatte ich keinen Manager, keinen Publizisten und stand bei einem Jazz-Label unter Vertrag.
Für mich war also klar: „Du bist ein One-Hit-Wonder, John.” Und das wollte ich ändern – mit meiner Musik. Einfach, weil das die einzige Möglichkeit war: Ich musste mit möglichst vielen tollen Songs aufwarten, um mich in eine bessere Position zu bringen.
Deswegen habe ich jeden Tag von 12 Uhr mittags bis abends 18/19 Uhr mit der Band geprobt und mich dann in mein Apartment eingeschlossen, um zu schreiben – bis etwa 4 Uhr in der Früh. Das habe ich vier Jahre lang durchgezogen, und es hat sich gelohnt: So sind all diese Songs entstanden.
Dein Song ‚Fortunate Son’ ist mit deiner legendären Rickenbacker 325 entstanden – sowohl das Original wie auch das Remake. Dabei galt die Gitarre lange als verschollen. Wie hast du sie zurückbekommen?
Ich nenne sie meine „Acme-Gitarre” – mein ureigenes Modell, weil ich da eine Reihe von Kleinigkeiten verändert habe. Und ich habe sie 1972, nach dem Ende von CCR, verschenkt – weil ich dachte, dass ich mich von allem aus dieser Zeit trennen müsse. Einfach, weil die Erinnerung daran und an die rechtlichen Probleme, die damit einhergingen, verdammt wehtat. So war sie 44 Jahre lang in fremden Händen.
Sie wurde mir zwar mehrfach zum Kauf angeboten – von Händlern, die bis zu 44.000 Dollar dafür verlangten −, doch das war mir zu viel. Irgendwann hat Julie sie dann zufällig im Internet gefunden. Sie stand in Ohio zum Verkauf – und da hat sie zugeschlagen und mir das Teil als Weihnachtsgeschenk unter den Baum gelegt. Es war das Beste, was man mir je geschenkt hat – einfach wunderbar. Shane und ich verwenden sie auf sämtlichen Stücken des neuen Albums. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Sounds – vielleicht sogar der entscheidende.
(Bild: David McClister)
Und: Stecken noch mehr Stücke in der Gitarre – also für zukünftige, neue Alben?
Ich denke schon – einfach, weil Shane und ich so gerne und oft auf ihr spielen. Für das Album hat er damit ‚Up Around The Bend’ aufgenommen – und ich ‚Born On The Bayou’. Sie steht für diesen Sound und bildet die Grundlage für diese Songs – sie ist es, wo alles herkommt. Meine Söhne und ich lieben die Gitarre. Sie ist toll.
Und insofern: Gibt es eine bessere Motivation, um sich mit einem Instrument zu befassen, als eine derart intensive Beziehung? Ich bin mir sicher, dass ich mich in naher Zukunft noch sehr oft mit ihr beschäftigen werde – und es würde mich wundern, wenn dabei nicht noch ein paar neue Songs entstehen würden.
Dann ist ‚Legacy’ eher ein neues Kapitel statt einer Abschiedsgala?
Das würde ich so unterschreiben. ‚Legacy’ zeigt, dass ich es bin, der all diese großartigen Songs geschrieben und gesungen hat. Ich habe da quasi meine Stimme und meine Ausdrucksform wiedergefunden. Und es könnte auch bedeuten, dass da durchaus noch mehr ist. Dass ich noch weitere Stücke in dieser Art in mir habe. Ich hoffe es jedenfalls.
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)