(Bild: Larry DiMarzio)
Er war Lead-Gitarrist bei Danger Danger, stand mit Größen wie Simon Phillips im Studio und hat eine beeindruckende Solokarriere hingelegt. Andy Timmons gehört zu den Gitarristen, die mit wenigen Tönen ganze Geschichten erzählen. Im Interview spricht er über musikalische Entscheidungen, den eigenen Instinkt und warum weniger oft mehr ist.
Interview
In vielen deiner Stücke erkennt man eine sehr melodische Herangehensweise an die Gitarre. Was sind die wichtigsten Elemente, die du bei der Komposition von Melodien im Kopf hast?
Idealerweise denke ich nicht über bestimmte Elemente nach, sondern lasse mich einfach von meinem Ohr leiten. Ich glaube, dass unsere musikalischen Erinnerungen im Laufe der Zeit beeinflussen, was wir in der jeweiligen Situation spielen. Das passiert intuitiv, aber natürlich kann man das Ergebnis dieses Prozesses analysieren.
Wichtige Elemente einer Melodie sind: 1. das Spiel mit Spannung und Auflösung durch Akkord- und Nichtakkordtöne, 2. die Entwicklung eines Motivs oder 3. das Verwenden von Frage und Antwort in einer Melodie.
Deine Solos zeichnen sich oft durch große melodische Bögen aus. Welche Rolle spielt für dich die Struktur innerhalb eines Solos, und wie findest du den richtigen Spannungsbogen?
Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Solospiel und dem Komponieren von Melodien. Man kann sich Tage, Wochen oder Monate Zeit nehmen, um eine großartige Melodie zu komponieren. In einer Improvisationssituation macht man das Gleiche, nur in Echtzeit.
Dabei nehme ich – idealerweise unbewusst – viele Dinge gleichzeitig wahr: Welche Harmonie liegt zugrunde? Was macht die Rhythmusgruppe? Was habe ich gerade gespielt? Wie reagiere ich auf die anderen Musiker?
Jede Phrase steht in Beziehung zur vorherigen – nicht nur linear, sondern als Teil eines größeren Ganzen. All das passiert nicht auf der bewussten Ebene, aber es sind Instinkte, die sich über die Jahre in mir gefestigt haben.
Du hast mit zahlreichen Künstlern zusammengearbeitet. Gibt es einen Künstler, dessen kreative Herangehensweise oder Arbeitsweise dich besonders beeinflusst hat?
Ich habe die Sessions mit Simon Phillips immer sehr genossen. Seine enorme Erfahrung und seine Arbeitsethik haben mich wirklich inspiriert. Er hat mit so vielen meiner musikalischen Helden gearbeitet – in den besten Studios der Welt – und dabei eine ganz besondere Art des Produzierens und Engineerings entwickelt.
Er weiß immer genau, wie man ein Problem elegant löst – schnell, stressfrei und mit einem Lächeln. Was ich besonders mag: Bevor er loslegt, reibt er sich die Hände, so als würde er sagen: „Alles klar, packen wir’s an!” Das mache ich mittlerweile auch.
Was ist für dich der größte Unterschied zwischen einem Solo-Projekt und einer Kollaboration – und was findest du kreativer?
Das ist schwer zu sagen – ich sehe jede musikalische Situation als kreative Spielwiese. Für mich gibt es da gar nicht so viele Unterschiede. Ob Solo oder im Kollektiv: Entscheidend ist für mich immer, was der Song gerade braucht – selbst wenn das bedeutet, nichts zu spielen.
Natürlich ist Soloarbeit die reinste Form, die eigene musikalische Identität auszudrücken. Aber die Freude, die ich aus Kollaborationen ziehe, ist enorm. Gerade weil sie mich in neue Kontexte bringen – und damit auch Seiten meines Spiels hervorkitzeln, die sonst vielleicht im Verborgenen bleiben würden.
Wie hat sich deine Herangehensweise an Effekte, Pedale und Verstärker im Laufe der Jahre verändert? Gibt es ein bestimmtes Effektgerät oder eine technische Entwicklung, die für dich ein „Game Changer” war?
Ich würde nicht sagen, dass sich mein Ansatz grundsätzlich verändert hat – aber ich habe in den letzten 20 Jahren deutlich intensiver daran gearbeitet, meinen Sound weiterzuentwickeln. Früher lag mein Fokus stärker auf dem Spiel und der Performance.
Der Ton war natürlich auch wichtig, aber ich habe mich damals noch nicht so intensiv auf die Suche begeben – das hat eigentlich erst mit dem ‚Resolution’-Album richtig begonnen. Seitdem bin ich immer wieder neu verliebt in klassische Vintage-Amps.
Mein ganzer Stolz ist allerdings mein eigenes Pedal: Das Halo Dual Echo, das ich zusammen mit Keeley entwickelt habe. Dieser Sound ist für mich die Essenz all der Echo-Geräte, die ich über die Jahre geliebt habe. Und ganz ehrlich: Echo ist für mich kein Effekt. Es ist mein Sound.
Andy Timmons spielt auf dem Guitar Summit, der vom 26.-28. September im Rosengarten in Mannheim stattfindet. Tickets: www.guitarsummit.de/tickets